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Expet. «. Redaktion PreAtzen-Reuftadt tl. Meißner Gasse 4. M« Zeitung erscheint Dienstag, Bannerstag und GaanadenD früh. U»,nne«entS- Preis: Nterteljährl. M. 1,50. Zx beziehen durch die kaiserlichen Post anstalten und durch unsere Boten. Bei freier Lieferung in» Hau» erhebt die Post noch eine Ge bühr von 25 Pfg. illhsische VochntuW. Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und tandmann. Amtsblatt für die kgl. AmtShauptmannschasten Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentümter Dresden, Tharandt und Moritzburg. verantwortlicher Redakteur und Verleger Amman» Müller tu Dresden. Jaserate werden bi» Montag, Mittwoch u. Freitag Mittag angenommen und kosten: bie1spalt.Zeile15Pfg. Unter Eingesandt: 30 Psg. Juseraten- Annahmestellen: Die Arnoldische Buchhandlung, Jnvalidendank, Haasenstein LVvglcr, Rudolf Moste, G. L. Daube L Co. in Dresden, Leipzig, Frankfurt a/M., G. Kohl, Kesselsdorf u. s. w. , ,o WIM I« a Nr 114. Dienstag, den 27. September 1892. 54. Jahrgang. Abonnements - Einladung. Auf das mit 1. Oktober beginnende Vierte Quartal der „Sächsischen Dorfzeitung", „WerundfünMker Jahrgang", Nehmen alle kaiserlichen Postämter, Postexpeditionen und Landpostboten gegen Vorausbezahlung von I Mark 50 Pf. Bestellungen an; auch kann das Blatt, wenn es verlangt wird, den geehrten auswärtigen Abonnenten durch die betreffenden Postanstalten gegen Botenlohn von nur 25 Pf. pro Quartal jeden Dienstag, Donnerstag und Sonn« abend pünktlich ins Haus gesandt werden. Diejenigen Pränumeranten in Dresden und Umgegend, »eiche ihre Bestellungen direkt bei uns (Neustadt, kl. Meißner, gaffe 4), oder bei den von uns angestellten Boten machen, erhalten die Zeitung jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend ohne irgend eine Preiserhöhung zugeschickt. Dringend ersuchen wir aber, die Abonnements-Bestel lungen gefälligst sofort machen zu wollen, indem wir bei späteren Aufträgen für die Nachlieferungen der bereits erschienenen Nummern nicht einstehen können. Inserate finden bei der bedeutenden Auflage der »Sächsischen Dorfzeitung" durch dieselbe sowohl in Dresden ud dessen Umgegend, als auch im ganzen Lande die aus, gedehnteste Verbreitung. Die Verlags«Expedition. Politische Weltschau. Deutsche- Reich. Das gewerbliche Unterrichtswesen steht inkeuem anderen deutschen Bundesstaate in so hoher Blüthe wie geradeimK ö nigreicheSachsen. Drese That. fache wird von den Berliner Blättern nicht nur neidlos an- erkannt, sondern dieselben verfehlen auch nicht, in höchst anerkennender Weise die sorgsame Pflege hervorzuheben, welche unsere Regierung diesem Zweige des Unterrichts wesens angedeihen läßt. In dieser Beziehung ist ein Reskript bezeichnend, welches datsächsische Ministerium des Innern der Handelskammer zu Zittau hat zugehen lassen. Es heißt darin u. A.: „Es erscheint geboten, auf die Grund sätze hinzuweisen, welche die Regierung im Einverständ nisse mit der Ständeversammlung bezüglich des Verhält nisses des Staates zu den gewerblichen Schulen bisher beobachtet hat. Diese seit Jahrzehnten bewährten Grund sätze stützen sich auf di: Ueberzeugung, daß eS sich unter den bei unS herrschenden Zuständen im Allgemeinen nicht gerade empfiehlt, gewerbliche Schulen von StaatS- wegen zu errichien oder von anderer Seite errichtete gewerbliche Schulen in Staatsanstalten umzuwandeln. Ausnahmen hiervon bilden die technischen StaatSlebr- anstalten, die Kunstgewerbeschulen, die Baugewerk-, Schiffer, und KlöMlschulen. Wenn die Staatsregie rung fich somit darauf beschränkt, die Nächstbetheiligten zur Errichtung gewerblicher Schulen anzuregen, sie da bei zu berochen und aus Staatsmitteln zu unterstützen, so hat fie sich bislang rn dem hierbei zu Grunde liegen- den Vertrauen auf die Einsicht und Thalkraft der nächst betheiligten Industriellen und Gemeinden im Allge- meinen nicht getäuscht, vielmehr den gewerblichen Schulen durch dies Verfahren die für ihr Gedeihen unentbehr liche stete Fürsorge der Nächstbetheiligten gesichert. Es ist ein durch die Erfahrung vielseitig bestätigter Satz, daß im Allgemeinen derjenige eine Arbeit am Besten besorgt, dem an dem Gelingen derselben naturgemäß am Meisten liegen muß. Nach dem Urtheile unbefangener auswärtiger Fachmänner steht das gewerbliche Schul, wesen in Sachsen hinsichtlich seiner Mannigfaltigkeit und Wirkungen dem anderer Länder keinesfalls nach, vielmehr werben nicht selten Einrichtungen unseres ge werblichen Schulwesens im Auslande zum Muster ge- nommen. Eine solche Anerkennung darf uns zwar nicht davon abhalten, an der Verbesserung und Vervollständi- gung dieses Theiles unseres Unterrichtswesens unab- läffig fortzuarbeiten und den anderwärts entstehenden Einrichtungen auf diesem Gebiete eine fortdauernde Aufmerksamkeit zu schenken. Man kann im Hinblicke auf die gewonnenen langjährigen Erfahrungen wohl behaupten, daß sich der Grundsatz, wonach der Staat als solcher sich nicht mit der Gründung gewerblicher Schulen befassen soll, in wohlthätiger Weise bewährt hat. Bleibt doch auch bei Anwendung dieses Grundsatzes der StaatS- regierung noch immer ein weites und fruchtbares Feld zur thatkräftigen Fürsorge für diesen Zweig deS Unterrichtes. Errichtete der Staat selbst gewerbliche Schulen oder ge. währte er, den oft an ihn herantretenden Gesuchen ent sprechend, solchen Anstalten mehr als das, was nach thunlichster Inanspruchnahme der daran Nächstbetheiligten noch ungedeckt bleibt, so würde zwar die Arbeit, sorge und Verantwortung für die gewerblichen Schulen den Interessenten abaenommen werden, gleichzeitig dürfte aber auch das Interesse der Industriellen und Gemein den für diese Anstalten, die sie dann nicht mehr selbst zu unterhalten hätten, erlahmen. Im Hinblicke auf die rn anderen LandeStheilen den gewerblichen Schulen seitens dir Gemeinden gewährten Unterstützungen muß es auffallen, daß in dem Bezirke der Handels- und Gewerbekammer Zittau den wenigen dort vorhandenen derartigen Anstalten bisher ungewöhnlich geringe ört liche Beihilfen zu Theil geworden sind, so daß die StaatSregierung wiederholt gezwungen war, die daran Betheiligien zu einer auSgiebrgcren Unterstützung aufzu fordern. DaS Ministerium würde es mit Freude be grüßen, wenn diese Erörterungen die Wirkung ausübten, daß die dortigen Bevölkerungskreise, denen dre Ausbildung des gewerblichen Nachwuchses am Herzen liegt, zu einer ! lebendigeren und opferwilligeren Unterstützung deS ge. > werblichen Schulwesens sich veranlaßt sähen, an der Erhaltung und Förderung der bestehenden Schulen sich mehr als bisher betheiligten und da, wo ein Bedürfmß hierzu vorliegt, die Errichtung solcher Schulen anregten. ! In solchen Fällen wird das Ministerium des Innern > nach Maaßgabe der von der Ständeversammlung be, willigten Mittel gern Staatsbeihilfen gewähren " Dem Hilfskomitö, welches sich in der deutschen i Reichrhauptstadt behufs Unterstützung der Nothlerdenden ! in Hamburg gebildet hat, ist seitens des Kaisers das ' nachstehende Handschreiben zuaegangen: „Die Bildung des Berliner Hilft komites zur Linderung des über Ham burg durch die Cholera hereinqebrochenen großen Noth, standes hat mich und Ihre Majestät die Kaiserin und ! Königin, meine Gemahlin, mit lebhafter Befriedigung ' erfüllt. Wir zweifeln nicht, daß der oft bewährte Wohl- tbäligkeitssinn der Berliner Bürgerschaft sich auch diesem ! Werke barmherziger Nächstenliebe mit warmem Herzen zuwenden wird und wünschen dem Komit0 zu seinem edlen Unternehmen GotteS reichsten Segen! Um auch i unserer herzlichen Theilnahme an der schweren Herm- - suchung Hamburgs Ausdruck zu geben, haben wir j unsere Schatullverwaltungen angewiesen, dem Komits i als gemeinschaftlichen Beitrag die Summe von 10,000 I Mark zugehen zu lassen." Der „ReichSanzei^er" veröffentlicht ferner die fol- ' gende kaiserliche Danksagung: „AuL den zahlreichen . telegraphischen und schriftlichen Segenswünschen, welche mir aus Anlaß der glücklichen Entbindung Ihrer Ma- jestät der Kaiserin und Königin, meiner Gemahlin, von j einer Prinzessin zugegangen sind, habe ich zu meiner ! lebhaften Freude ersehen, welch' herzlicher Theilnahme dieses durch Gottes Gnade uns beschiedene Familienglück j in allen Kreisen deS engeren wie d.s weiteren Bater- landes begegnet ist. Mögen Alle, welche mir bei dieser ! Gelegenheit so liebevolle Aufmerksamkeit erwiesen haben, ! meine- aufrichtigen Dankes versichert sein!" Als Tag der Eröffnung der Reichstagssession ist, ! wie von zuverlässiger Seite verlautet, der 22. November ' in Aussicht genommen. Die LZerhandlungen der preußischen Regierung mit : dem Herzoge von Cumberland wegen Auslieferung de- : Welfenfonds nehmen einen erfreulichen Fortgang. Auf beiden Seiten ist man ernstlich bemüht, eine befriedigend^ Feuilleton. Aeimgefunöen. Roman von Wilhelm Appelt. (Nachdruck verboten.) I. Kapitel. Trotzdem der Februar noch nicht zu Ende, gab es im Jahre 1809 im südlichen Theile Tirols bereits die wonnevollste Frühlingszeit. Es war am späten Nachmittage und in wolkenloser Klarheit breitete sich der Himmel über das Paffeier- thal. Tiefes Schweigen herrschte rings umher und nicht ein Lüftchen regte die Wipfel der hohen Bäume. Plötzlich tauchte auf eng gewundenem Waldespfade, der ost über Felsentrümmer und Schuttgeröll emporführte, eine recht sonderbare Gesellschaft auf. Voran schritt, bekleidet mit einem grauen Gewände, ein Mann von einigen vierzig Jahren, dessen Hände durch eiserne Hand schellen gefesselt waren. Sein Gesicht war aufgedunsen und von krankhafter Bläffe. Aus seinen tiefliegenden dunklen Augen leuchtete ein unheimliches Feuer, das edoch mehr nach Innen als nach Außen zu brennen chien. Seine drei ihm nachfolgenden Begleiter waren «mische Soldaten, denen das ungewohnte Bergsteigen ebenso unbehaglich als ermüdend war. Als fie auf einen kleinen freien Platz gelangten, blieben sie ausruhend stehen, wozu sich auch der ge fesselte Mann nicht erst heißen ließ, da er ebenfalls ziemlich ermattet war. Nachdem die Soldaten sich durch einen tüchtigen Schluck Branntwein gestärkt, nahm der Aelteste derselben, seiner Auszeichnung nach ein Korporal, die Feldflasche und hielt fie dem Sträfling an den Mund, welcher das ihm gebotene Labsal dankbar ent gegennahm. Nachdem sie sich gemeinschaftlich auf einem mit Moos überzogenen Felsblocke niedergelassen, theilte der Sträfling auf eindringliches Fragen des Korporals mit, daß er durch volle zwanzig Jahre in Mähren auf dem Spielberge gesessen, wohm man ihn nach seiner Verurtheilung gebracht, da man seiner Verwegenheit wegen ein Tiroler Gefängniß nicht für sicher genug gehalten. „Es handelte sich um eine schwere That — ich hatte unschuldiges Menschenblut vergossen! Es ist grausig, mit einem Ermordeten, der nicht weichen will, die dunkle Kerkerzelle theilen zu müssen; Tag und Nacht grinste er mich mit seinen glanzlosen, starren Todten- augen an!" Mit scheuen Blicken sah der Sträfling vor sich nieder, nachdem er geendet. Die Mordthat desselben ließ die Soldaten jedoch ganz kalt und der Korporal rief unter rohem Lachen: „Unschuldig vergossenes Menschenblut! Menschen blut floß, während Du im Kerker warst, in Strömen, daß es ein ganzes Meer hätte zum Ueberlaufen bringen können!" Hierauf machte es dem Korporal Vergnügen, in seiner derben Art und Weife ein großartiges Stück Weltgeschichte an dem Sträflinge vorüberziehen zu lassen, der noch keine Ahnung davon hatte, was sich die letzten zwanzig Jahre über zugetragen. Von der Erstürmung ' der Bastille und dem Königsmorde angefangen, ging es fort bis auf die blutigen Ereignisse der letzten Tage. Dem Sträflinge wurde davon ganz wirr im Kopfe und er meinte, mit offenen Augen bei helllichtem Tage ' einen phantastischen Traum zu träumen. Als er aber ! auch erfuhr, daß Tirol seit einigen Jahren nicht mehr österreichisch sei, sondern Baiern angehöre, da sprang er ! erschrocken empor und starrte den Sprecher an, als , könne er das Vernommene nicht fassen. Als er meinte, ! daß der Korporal wohl nur Spaß mit ihm treibe, rief ihm dieser zu: „Tragen wir die weißen Jacken der Kaiserlichen? Du mußt doch sehen, daß wir baierische Soldaten sind!" Während der Sträfling seine Blicke über die im Sonnenscheine vor ihm liegenden Berge und Thäler schweifen ließ, klang es immer in ihm wieder: „Tirol ist nicht mehr österreichisch, Tirol gehört zu Baiern!" Nachdem sie wohl eine Stunde geruht haben mochten, zogen sie wieder weiter. Als fie zu einer Waldlichtung gelangten, von welcher aus der Weg zu Thale führte, befahl der Korporal, abermals zu halten; mit der Hand hinunter deutend, sprach er gelassen zu dem Sträfling: „Dort liegt Deine Heimath und unser Dienst hat somit ein Ende. Um uns eine Mühe zu ersparen, kannst Du Dich selbst beim Vorsteher melden, da es ohnehin nur eine leere Förmlichkeit ist." Nach diesen Worten wurden dem Sträflinge die Ketten geöffnet und gleich darauf stand dieser frei und feffelloS inmitten der Berge seines Vaterlandes. Nach-