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Sächsischer Landes-Anzeiger : 04.03.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-03-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188603043
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18860304
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18860304
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1886
-
Monat
1886-03
- Tag 1886-03-04
-
Monat
1886-03
-
Jahr
1886
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 04.03.1886
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Tag liä, »es Ar llerl ja itungsb lstt zum Fächsi schen Lanii les-Aiyeiget^ Ar. SS. — 8. Jahrgang. LerlagS-Expedition: Alexander Siede, Lnchdrvckerei, Lhe«aitz, Theaterstraße L. Donnerstag, 4. März 1886. Durch eigene Schuld. Roma« «n» d« Handeltwrlt von Friedrich Friedrich. Fortsetzung. Nachdruck verboten. „Mache« Eie sich darüber kein« Sorge«, lieber Freund," ent- gegnetr der Handel-Herr. „Gabriele liebt viel wehr ei« stille- häus liche» Leben al» Gesellschaften und Glavz. Wäre eS auf ihre« Willen angrkomu «u, so würden wir zrwlich eingezoge» und einfach gelebt haben. Eie werden mir aber gewiß recht geben, daß ich als der Träger einer ollen mächtigen Firma zugleich die Verpflichtung habe, diese- Hau- nach außen hin würdig zu vertreten. Ich bin e» z«m wenigste« der kaufmäunischrn Wett schuldig, dein ich möchte reicht, daß man sagte, der Besitzer de» Haus,» Damken habe e» darauf abgesehen, jährlich einige Tausend Thal« mehr zurückzulegen." „Eie habe« darin vollkowwru Recht. Ein solcher Reichthn«, wie der Ihrige, muß auch würdig repräseutirt werden," bemerkte der Gutsbesitzer. I« Herzen HSt'e er e» iudeß lieber gesehen, der Handel». Herr hätte möglich viel gespart, weil dadurch da» Srbtheil Gabrielen» »» so größer geworden wäre. „Ich habe jetzt noch «ine Bitte a« Sie, lieber Letzingrn," fuhr Damken fort, „und in der Offenheit, mit der ich sie auisprrche, möge« Sie zugleich den Beweis sebeu, wie sehr ich Ihnen vertraute. Ich Weiß nicht cb Sie ein Mädcdrvherz hinreichend kennen, «m e« stet- richtig zn verstehe«. Sehen Sie, Gabriele hat Ihre Bewerbung mit freiem Willen angenommen, ich glaube iudeß «icht, daß Gabriel« ihre früher« Liebe bereit» gänzlich vergessen hat. Sie bemühte sich dieselbe z« überwinden; unterstützen Sie sie darin «nd zwar dadurch, daß Eie dieselbe mit keinem Worte erwähn«», ja «icht eiuwal audenten Sei«« Eie anfänglich ruhig und möglichst zurückhaltend. Ich kenne Gabriel« und weiß, daß Sie sich aus diese Weise am schnellsten ihre ganze und nugrtheiltr Liebe erwerben. Sodann möchte ich Ihr« Berlobnng mit Gabriele so bald als möglich öffentlich feiern. Gabriele wird dann auch von Andern als Ihre Braut an gesehen, «ud ich kenne sie zn gut, «m nicht z« wissen, daß sie e» daun als einen Betrug gegen Sie, ihren Verlobten, ansehen würde, wenn ihr Herz einen Anderen liebt«. Eine solche Nein« List ist durchaus uothwendig, um den Frauen die Urberwiudung kleiner Schwäche« zu erleichtern. Man darf r» ihnen nur nicht gestehen, welchen Zweck man mit solchen Mitteln zn erreichen strebt, sonst würde man gerade da» Gegenthril erreichen, Die Frauen find nie hartnäckiger, als wenn sie erratheu, daß mau sie von ihren Fehler» und Schwächen befreien will. Sie halte» dann mit unbeugsamem Eigensinn daran fest, um nicht einzu,«stehen, daß e» wirklich Fehler und Schwächen feien." »Ich füg« mich in allen Ihren Wünschen, lieber Freund, wenn ich diesen Ausdruck gebrauchen darf," erwiderte Letzingrn." „Natürlich, natürlich," rief Damlen lebhaft. „Gerade weil Sie «ein Schwiegersohn werden, hoffe ich, werden wir nm so bessere «nd treuer« Freunde sein." Noch eine geraume Zeit schritten Beide in dem Garte« auf und ab nnd waren bemüht, sich einander durch Freundlichkeit und Zuvor komwenheit zn gewinne«, zugleich aber die Absichten, welche sie im Hintergründe hatten, zu verbergen. LS war gleichsam ein Wettkampf zwischen der ruhigen Ueberlegenhrit Letzingen» «nd der feinen Schlau heit Damken». Damken trng endlich den Sieg davon. Er durchschaute Letzingrn durchaus und wußte, daß er e» anf sein Vermögen abgesehen hatte. Kein Zug, selbst «icht da» geriugste Lächeln der Frende entging seinem scharf beobachtenden Snge »nd innerlich jubelte er, daß eS ihm ge lungen war, ihn zu täuschen und zu betrügen. Letzingen erkannte Damken» Plan nicht. Er hatte keine Ahnung, daß er getäuscht wurde uud selbst täuschte, er hatte derhalb auch kein« Ursache, den Handel-Herrn aufmerksam «nd scharf zu beobachte». Er erkannt« Wohl, daß er sehr erfreut war, doch glaubte er hierin nur die Frende, seinen bürgerlichen Name« mit einem adeligen ver binde« zn können, zn «blicke«. Al» Damken endlich heimkehrte, war er voller Pläne für die Zukunft uud für di« Berlobnug-feier. Diese wollte er möglichst glänzend «ud prachtvoll begehen. E» sollt« viel davon gesprochen werde», und durch sie sollte de, Glanz von dem außerordentliche« Reichthn» de» Hanse» Damken noch weiter verbreitet werden. Er hielt die» durchaus für «othvendig, nnd in dieser Beziehung hatte er Recht. S» würde anfgefalle« sei«, wenn er, dessen Baschwendung und Prunksucht bekannt war, die Verlobung seine» einzige» Kinde» still nnd einfach gefeiert hätte. Zugleich hatte er aber anch noch die Absicht, Letzingen dnrch de« Glanz dieser Festlichkeiten z« blende«. Anch hierin inte er nicht, den» je mehr er verbraucht«, auf «ine» »m so größeren Credit konnte er rechnen. Auch die» wußte er. Seinen Fähigkeiten nach hätte Damken eine« au-gezeichneteu Kaufmann nach «euerem Zuschnitt ab gegeben, «» fehlt« ihm indeß jede Lust nnd jeder Ernst dazu. Die Billa und der Park de» Handel-Herrn wurden ««» der Schauplatz der großartigsten «nd prachtvollste« Vorbereitungen zum VerlobnugKseste Gabrielen». Damken entwarf selbst alle Pläne dazu uud leitet« mit rastlosem Eis« deren Ausführung. Uud da» Verdienst mußte ihm «in Jede« lasten, daß er in dieser Beziehung einen feinen Geschmack nnd feine Anlagen, Alle» leicht und gefällig zu arrangiren, besaß. „Ich will", sagt« er» „hier «in kleine» Feenreich schaffen", uud er that e». Die gzoße» Gewäch-Hänser mußten all' ihren Reichthn« an Orangenbäume«, Myrthen, Palme« und Blumen hergebeu, um die Billa und den schönsten Theil de» Parke», den, der sie umgab, gleichsam in ein südliche» Land zu verwandeln. Zahlreiche Lauben- gänge und Baumgrupveu wurde« von Orangenbäumen und Palmen gebildet, und exotische Blumen dufteten und glänzten ringsum. Die größte Pracht hatte Damken für den Abend be rechnet. «eil ihm dann «ehr künstliche Mittel zu Gebote standen, «inen zauberischen Effect hervorznrufe». Di« Billa n»d der Park sollten in glänzender Weise erleuchtet werden. Da» schattige Grün der Bäum« «ud Gebüsche ließ sich durch verschiedenfarbige Beleuchtung in di« herrlichsten tzarbeueontraste und Töne bringen, und all« An stalten dazu waren so geschickt zwischen dem Grün »ud de« Zweigen der Bäume und de» Gebüsche» verborge«, daß sie a« Tage kaum z« bemerke« waren. Für da» Mufikcorp» wählte Damken einen Platz au», der e» den Auge« seiner Gäste verbarg, ohne die Schallwellen der Töne aofznhalten. Auf einem ring» mit Gebüsch umgebenen Platz sollte ,» ausgestellt werde«. Der Tag der Berlobungifeirr rückte immer näher heran. Gebriele sah anf all« diese Vorbereitungen mit gleichgültigen Blicken. Daun und wann erfaßte sie wohl ein bange» und beunruhigende» Gefühl, wenn sie dachte, daß ihr alle diese Vorbereitungen galten, daß sie öffentlich ihr« Hand einem Mann« verspreche« sollte, de« sie verachtete, der ihr zuwider war. Aber dann rief sie sich immer wieder die Wort« de» alte» Steider in» Gedächtniß zurück, daß sie dies Opfer bringen mußte, daß dir» der einzige Weg zur Rettung sei» daß endlich auch für sie die Glücksstunde erschien wie der Helle Stern, den sie an jenem Abende erblickt hatte, der ihre« Herzen so wunderbar« Fassung und Rnhr verliehen. Ja, Hrrrmaun konnte sie nicht verkennen, wenn sie ihm entgegenries: „Deinetwegen, «« nufer Glück zu retten, habe ich r» gethau! Nur der Gedanke an Dich hat mir die Kraft dazu verliehe« I" Dan« träumte sie sich wohl tiefer nnd tiefer in den Gedanken hinein, wie er sie an sein« Brust drücken, wie ein einziger Blick au» seinen Augen all ihre Besorgnisse mit eine« Male verscheuche» werde. Solche Träume zogen durch ihr Herz »ehr und mehr hio, bi» der Gedanke au ihre« Vater «ud die ihn bedrohende Gefahr sie plötzlich uud gewaltsam au» allen glücklichen Bildern der Zukunft hrrauSriß. Er stand, wir er ihr mittheilte, am Rande de- Verderben», rin Schritt noch weiter uud er war unrettbar verloren, er war ei» Bettler. Und doch war sein Sinn nur auf Pracht nnd Glanz gerichtet, doch mühte er sich mit den Vorbereitungen zu einem Feste ab, da» ihr wie eine Herausforderung au da» Geschick schien. Sie wußte nicht, welche Piäne er mit dieser Pracht verband, er dadurch erreichen wollte, ihr erschien sie wie eine Beschleunigung de» Verderben», wie eine Ver höhnung des Schicksals. I« solchen Augenblicken verschloß sie sich iu ihr Zimmer oder achte den entlegensten Thril de» Parke» auf, nur um von de« Bor- lehruvgen nicht» zn erblicken, ja um ihrem Vater selbst auSznweichen. <krr- dem geistigen Leven dev Siebenvnrger Sachsen. Die äußeren Schicksale der Sirbeubürger Sachsen, da» Verhält« »iß derselben z« Krone und Mitfiänden sind seit einer laugen JahreSreibe vielfach erörtert uud klargeflellt worden. Und seit die unerhörten Bedrückungen durch die Magyaren iu Deuschlaud bekannt geworden find, hat «an sich auch hier mit der Geschichte der Sachsen hin und wieder beschäftigt. Seit einer Reihe von Jahren wendet sich der Blick der heimischen Geschichtsfreunde, dem Er»wickelut>g»gang deutscher Wissenschaft folgend, mit Eifer auf die Ersorscharg der Jnrerzvfiünde und des geistigen Lebens ihre» Volkes. Buch dieser Entwickklnngsgang der sächsischen Litterainr geht parallel mit dem de» deutschen Geisteslebens. Wie dort iu trüben Togen der Erniedrig ung daS deutsche Volk Einkehr hielt in sich selbst und deS ReichihumS inue wurde, der in ihm verborgen lag, so hat die sächsische Wissen schaft in der Zeit der fünfziger Jahre diese» JvhrhuvdrrtS. da der Druck de» Absolutismus auf dem Volk« lastet«, das Jvverlebcn des Volke» zu erforschen gesucht, diesem selbst zur Stärkung und Er hebung. ES ist kein Zufcll, daß heute, wo «in stärkerer Druck von de« magyarischen Minorität de» Landes über die Mehrheit auSgeÜbt Wird, gerade diesr Studien wieder hervorgrholt uud vertieft werden, Wieder, damit die Volksseele grkräftigt und aufgerichtet werde. In Deutschland darf man diesen Arbeiten die Kenntuißvahme nnd die Anerkennung nicht versage«. Leu« olles, was zur Erforsch ung de» sächsischen Volke» gehört, gehört zugleich zur Kenutniß der deutschen Volksseele, nnd »S ist auf di« Dauer doch ein uvnatü« licher Zustand, daß mau iu Deutschland mehr weiß von dev Deutschen in Brasilien und Australien, al» von den iu Siebenbürgen. Uud wo eine Litterainr an sich so lesevSwerth ist, wie die sächsische, da sollte man sich um so eifriger nm sie bekümmern. Di« folgenden Zeilen wollen einig« dieser nenrfieu Werke hier kurz berühre». Unter dem gemeinsamen Titel: „Siebeubürgisch deutsche Volksbücher" sind dir Märchen, Sagen uud eine Schilderung de» sächsischen Baurrnleben» erschienen, alle drei werthvollfie Beiträge zur deutschen Culturgrschichte. Die „Deutschen Volksmärchen an» dem Eachsenlande in Sieben bürgen" von Jos. Holtrich erscheinen dabei iu 4. Auflage. Al» sie von dem Sammler einst den Brüdern Grimm vorgelegt wurden, ta waren diese übe« den volkSthümlich deutschen Schatz au» so weiter Ferne hocherfreut und vermittelten den Druck der ersten Auflage Seither find diese Volksmärchen, unter denen sich kein einzige» be- findet, da» nicht au» dem Mund deS Volke» geschöpft und nicht heute noch lebendig wäre, in immer weiteren Kreisen bekannt ge worden und haben sich Freunde erworben bei Jung und Bll. Wie p« sich in den Bauernstuben der Sachsen erholten habe», so sprechen Pr auch an» dem Bnch in ihrer ganzen einfachen, naiven, treuen Ei« konnte ihm nicht wie «inst sorglo» »nd ruhig iu dl« Ange» blicken, er stand «icht «ehr rein «nd Achtung gebietend vor ihr da. Di« Fallen anf seiner Stirn, die ihr früher so ernst «nd würdig gewesen waren, erschienen ihr jetzt wie Fallen eine» unverantwort lichen nnd dnrch nicht» z» «ntschnldigrudeu Leichtst««». Sie konnte mit seinen heimlichen Sorgen kein Mitleid mehr habe», seitdem sie den Grund dieser Sorgen kannte, seitdem fie wußte, daß er, statt ihnen männlich «nd mnthig entgegen ,«trete», sich zu immer größere» Leichtst«»« hinreißeu ließ. Mit Bange« überraschte fie sich oft bei solchen Gedanke«, und doch vermochte sie dieselbe« nicht zu verscheuche«. Jeder Gegenstand, anf de« ih, Auge traf, drängt« mit Gewalt z» ihnen zurück. Sie mußt« sich gestehen, daß fie keine« Vater «ehr hatte, wie fie ihn früher gehabt. Sie konnte sich ih« nicht mehr vertrantuüvoll näher«, er stand ihr fern fast wie ein Fremde». Damken wich seiner Tochter au» einem ander« Grund« au». Er wollte jede AuSeinandersegung mit ihr vermeiden, weil er fühlte, daß er ihr Unrecht that. Gabrielen gegenüber schämte er sich seine» Leichtsinn». Leider war dir» Gefühl de, Beschämung nicht stark g». z, um ihn mit Gewalt an» dem Lebe» nnd de» Leidenschaften zurückzurrißru, denen er sich so lauge Zeit hingegebr« hatte. Erhalte Gabrielen de» Tag ihrer öffentlichen Verlobung mit Letzingen avge« kündigt nnd Gabriele hatte schweigend ihr« Einwilligung gegeben. Wa» hätte e» ihr auch genützt, wenn sie versucht hätte, dies« schwere Stunde «och mit wenigen Tagen hinauSznschiebe« — einmal «nßte fie doch komme». Letzingen war während der Zell der Vorbereitungen zur Ber- lobupg-feie» verreist gewesen. Er hatte Gabriele, seitdem fie ihr« Einwilligung gegeben, erst einmal gesehen und gesprochen. Er hatte fie allein im Park« angetroffe». Eie war ihm freundlich entgegen gekommen, hatte ihm aber dnrch ihr ganze» Benehmen augedentet, daß noch «ine Schranke zwischen ihnen sei, welche er »icht dnrch äußerlich« Zärtlichkeit «ud Aufmerksamkeit überwinden könne, sonder» allein nur dadurch, daß er ihre Achtung in vollkommenem Maße z» gewinnen suche. , „Sie wissen," hatte fie zn ihm gesagt, „au» welchem Grunde ich Ihre Bewerbung anfaugS abgelehnt habe. Ich Hab, Ihn« jetzt mein« Einwilligung gegeben; wenn Eie aber wirklich Neigung z» mir habe«, so erfüllen Sie mein« Bitte, «» ist die erste, welche ich an Sie richte: gönnen Eie «Ir Zeit, wich mit meinem Herzen zurecht zu finden Treten Sir mir nicht näher, al» Sie mir heule stehe«, bleiben Sie derselbe gegen «ich wie bisher, bi» ich mich Ihnen von selbst nähere." L«hingen hatte r» versprochen und mit rrleichterte» Herzen halt». Gabriel« der Zukunft entgegen gesehen. ES war am Voraveud deS BerlobungStage», al» Damken. Gabriele aussnchte. Di« Vorbereitungen hatten seine Bedanken bi» dahin völlig iu Anspruch genommen — jetzt waren fie vollendet» unv er dachte an den folgenden Tag, der ja gleichsam die Entscheid««» seine» ganzen Leben-glücke» war. Jetzt erst fiel e» ihm auf, dast auch Gabriele ihn während der letzte» Zeit gemieden hatte, er kannte den Grund, der fie dazu bewogen, »icht, und die Befürchtung stietz iu ihm ans, daß sie ihr Wort zurücknehmen könne. Da» durste sie nicht, dev« sein« ganz« Zukunft hatte er anf da» eine „Ja" au» ihrem Munde gedarrt» Seine Ehre wäre vernichtet, sein Hau» de« unrettbaren Verderb« prrisgegebeu gewesen — nein, sie durfte nicht zurücktreten, sie mnßt» ihr Verspreche« erfüllen, selbst wenn anch ihr Lebeukglück dadurch z» Grunde ging. Der Gedanke, daß er vielleicht da» Glück seiiW Kinde» vernichte^ hatte Damken» Herz indeß nicht unberührt uud gleichgültig gelaste», uud «»willkürlich trieb r» ihn, da», wo» er an Gabriel« verschuldet, durch um so größere Freundlichkeit und Liebe wieder gut zn mache». Er wußte daß sie ihm ei» Opfer brachte, e, wollte e» ihr möglichst leicht wachen uud durch erhöht« Liebe vergüten. Er traf fie im Park iu einer stillen, schattigen Laube. Schweigens reichte er ihr die Havd zum Gruß uud setzt« sich neben sie. Ihr wehwüibigrr, trauriger Blick griff ih« in» Herz hinein. „Weshalb bist Du so traurig, Gabriele?" fragte er. „Ich hat« Dich tu der letzten Zeit selten lache» sehen; Du bist eine And«»» geworden, al» Du früher warst " Art die Herzen au. Für die Gelehrten aber find fie eine Fundgrube uralter Ueberlieseruug und deutschen Culturlebeu» geworden; Mimir» Brunnen rauscht roch in ihnen. Die „Bilder auS dem sächsischen Banerulebev" von Fr.Frouiu» in 3. Auflage) führen in jenen Theil de» Sachs«uvolk,S ein, der den Grundstein bildet und dcm da» Volk eS zu verdanken hat, daß e» deutsch oeblieben ist. Die Darstellung ist gleichfalls au» dem Lebe» gegriffen: so ist in Siebrvtürgen der sächsische Bauer, wie er hier geschildert wird. Hart urd rouh, schwerflüssig uvd zäh und da- neben bildurgisohig uvd zugäuglich, srcuim uvd treu, am Alten haltend und drch nicht verschloss«« den Neuerungen, ein Bauer guter Art mit seinen guten uud schliuimcn Seite«. Die sitbenbürgischen Sagen hat Friedrich Müller gesammelt. Auch hier welcher Reichihuw! In ganz neuer Weise wird hier von den alten Sachsen erzählt, von ihrem Tichteu uvd Trachte», ihrem Wollen uvd Können, ihrem Lirbcu nnd Leide», Wünschen uvd Hoffen, von ihrem Kämpfe». Siegen vvd Erliege«. Sin uvgcahnt tiefer Einblick öffnet sich dcm Zuschouenden iu die Seele des Volks, eine Fülle neuer, reizvoller Züge aus de» finnigen, vietbewegten Leben der Ahuen tntt hier zu Tag». Mau sieht ans denselben» in wie zahlreichen Erivvervpgen die geschichtliche Vergangenheit sortlebt i« Gedächtniß de» Volkes, und mit welcher Liebe auch das sächsische Volk an seinen Sogen gebildet, mit welcher Treue es sie gehegt. Uud wie charakteristisch sind diese Erzählungen für Laud und Liutel Selbst solche Sagen, welche Gemeingut fast aller abevdländischen Völker sind, tragen hier ein sehr bestimmte» landschaftliches Gepräge, einen eigenthümlicheu, interisiauten Charakter. Die landschaftliche uvd national» Färbung dringt fast allenthalben durch und hat auch solche Sagen, die deutsche» Gemeingut find, wie Bau. Riesen-, Glocken - Sagen, die Faust -Sage ». A. in auffallender Weise um- geschaffe«. Etwa die Hälfte der mitgetheiltku Sagen find historische. Zu allen Zeiten hat sich die dichierde Phantasie des beteu'enden histori schen Factum» bemächtigt, bald bewußt, bald unbewvßt flicht fie neue Züge iu di« Ueberliesernng. Unbekümmert um de» thatsächlichen s ZnIomwevhang der Zustände verändert fie, wa» ihr unbedeutend er scheint und schafft, mit Vorliebe für da» Seltsame urd Ungewöhn liche, die holden Gebilde, die ein goldene» Befitzrhum jede» Bolkrihuw» find. „Tie Soge ist," so sagt der Verfasser im Vorwort, „die ideale Form, in welcher da» Volk sich selbst, seinen Glauben uvd seine Geschichte unabhängig von der objektiven Wahrheit uvd Wirklichkeit uvd oft sogar diesem gegenüber oussaßt." Ein Theil der historischen Sagen weist iu jene Zeit zurück, da nrch keine der gegenwärtig im Laud« sich fireitendeu Nationen da» 'selbe bewohnte. Die Hauptmaste aber gilt dem sächsischen Volke, seinen Erlebnissen und Thaien. Wie diese Thaten selbst keine welt bewegende« waren, so erzählen die Sagen de» Sachsenvolke» von schwerer Heimsuchung in böser Zeit uud rühmliche« That im Kries nnd Frieden, von Kämpfen zwischen einzelnen Gemeinden nnd treuer Nachvarschast, wie die Ansiedler den Boden unter sich gethetlt, da» Land au» einer Wüste in eine wohnliche Stätte für Mensche« uui- gcschafskn. Der Verlasse» erzählt nu» übrigen» nicht nur die sächsischen, Sogen, sonder« auch die der anderen Völker iw Laude: der Magyar. Ruwüneu und Zigeuner. Noch ist, insbesondere unter den Rumänra» unendlich viel zu holen, dem Boden kaum noch da» zu Tage Liegende «uinomweu. Aber auch was hier geboten wird, ist eine erfreuliche Menge und die deutsche Wissenschaft wird reiche Ausbeute darau» ziehen können. Ein anderer Theil des Buches bietet die mythischen Sagen. Die Scheidung zwischen historisch-» o>-d mythlscl-cr Sage ist oft sehr schwer. Nicht abe Sagen beruhen ^u> G<ich>cy:e in gewöhnlichem Sinn. Air die Stämme au der Nord- und Ostsee, am Rhein und Main, so erzählt man sich in Siebenbürgen Riesen- uud Drachen-» Glocken- uud VerwüvschuvgSsogeu, Petrus- und Ehriftuslegeuden. Gewiß find in manchen dieser Sagen uralte Noturmyihea, gewalttg schreitende Götter verhüllt und in mancher von ihnen sind längst vergessene mythilche Vorgänge in» Menschenleben herabgezogen »nd zu Geschichten von rein menschlichem Jvt-rrsse umgewaudelt worden. Allerdings darf man nicht in allen uichthistorischeu Sage» mythische Avkläugr finden wollen. Kein geringer Theil dieser aumuthrudk» Erzählungen ist echt sächsischer Gut, nicht geerbt nnd nicht entliehe». Sie find geschöpft au» der Erfahrung Vieler, au» der Seel« de» Voile». Antworten einer naive» Zeit ans die vielen Fragen, die anch sie bestürmten, entstanden in dem echt menschlichen Drang, de« unfaßbaren gchrimen Grund der Erscheinungen persönlich vor fich zu sehen. Tartu aber spiegelt fich eben da» tiefste geistige Wesen de» Volke». Der Vrrfaffer hat die der ersten Auslage 18b7 beigegrbrne» Erklärungcn sortgelassen: er hatte damals tiefgehende Uvtersochuugen Über Werth uvd Wesen de« Sagen gegeben, di« geschichtlichen Bezüge nachznwrisen. Herkunft, Berbreilnvg. Berwaudtschost-Verhältviffe der selben tlar zu legen versucht. Die Beigabe fehlt diesmal leider; drch auch so ist da» Buch voll Schönheiten, ein Zruguiß eifrigsten Sammrl- fleißeS, eine Zierde der Litieratur, die die Erjorschung der dtvtsche« Volksseele fich zum Ziele setzt. Diesen Arbeite» gesellt fich eine andere zu, die, vom selb« Geist getragen, glricheu Zweckeu dient: .Zur Volkskunde der Siebeubürger Sachs,«" von Zvh. Wolfs. Wien, Gräser, l88b. Es find die kleinen Schriste» Haltrich'S, die hier iu neuer Bearbeitung uvd zvm erste» Male gesammelt vorlirgen. Ein ganze» Meuscheualter ist Hali,ich für di« Erforschung d«A sirbenbürgisch.deutsch«« BolkSihuw» »hätig gewesen. Mit nnrrwüdlichu» Fleiß« hat er auf heimischem Boten da» write Gebiet, da» Jarvt
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