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ächsische DocheiluU 55. Jahrgang Feuilleton Inserate werden bi» Montage Mittwoch u. Freitag Mittag angenommen und kosten: die1spalt.Zeile!5Psg. Unter Eingesandt: 30 Pfg. (Lin unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neu st a , für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dreö en, Tharandt und Moritzburg. verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrmauu WüLer in Dresden. — Jnseraten- Aunahmefttlen: Die Arnoldische Buchhandlung, Jnvalidendam, Haast nsteinL Vogler, Nudols Mojse, G L Daube L Co. in Dresden, Leipzig, Franksurt a/M., G. Nohl, Nesselsdorf u. s. w. Politische Weltschau. Deutsche- Sketch. Wahrhaft beschämend für das deutsche Nationalgefühl sind die Austritte, deren Schauplatz der Reichstag in den letzten Tagen war. Sache deS „hohen Hauses" dürfte eS sein, nunmehr endlich dafür Sorge zu tragen, daß derartige Scenen in der Zukunft nicht mehr stattfinden können. Zunächst sind die Machtbefugnisse des Präsidenten viel zu gering. Derselbe hat wohl da- Recht, Ordnungsrufe zu er- theilen; aber er besitzt nicht einmal die Befugniß, einem Redner da- Wort zu entziehen. Dies kann vielmehr nur seitens deS Reichstages selbst geschehen und zwar auch nur dann, wenn ein Redner sich dauernd vom Gegenstände der Verhandlung entfernt (Z 46 der Ge> schäftSordnung). Im Uebrigen darf sich ein Abgeord neter Ausschreitungen aller Art schuldig machen, ohne daß er mehr als einen Ordnungsruf zu riSkiren hätte. Die „Köln. Ztg." ermahnt nun den Reichstag, im In- terefse seiner Würde und seine- Ansehens die Geschäft». Der Gerichtsthurm. Kriminal-Erzählung von L. Gothe. (L8. Fortsetzung.) Jetzt erhob sich Johanna und wandte den Blick der plötzlich entstandenen Otffnung zu. Aus der letzteren wand sich mühsam ein Mann empor. AIS er jedoch erst ein Knie auf eine der oberen Stufen gesetzt, schwang er sich mit großer Gewandtheit vollends au- der Oeffnung. Der Lichtschein von unten ließ eine hochgewachsene, wohlgebildete Gestalt erkennen. Johanna kannte den Manu, obgleich dessen Gesicht, wie da- ihrige, im Dunkel blieb. LS war Theodor Werner. Höflich verbeugte er sich gegen jene, die den Gruß »nerwiedert ließ Der au- der Oeffnung kommende Lichtschein ver wachte nicht bi» zur Höhe der Fenster zu dringen. „verzeihen Sie, mein Fräulein, daß ich Sie wieder hierher bemüht, die Umstände müssen mir zur Ent schuldigung gereichen", so begann Werner mit aedämpfter Stimme. „Ich bin Ihnen sehr dankbar für ihre heutige Pünktlichkeit. Doch haben Sie dieselbe nicht bewährt hinsichtlich veS Briefe-, den ich Ihnen bei unserer letzten Zusammenkunft an diesem Orte diktirte, wenigsten- habe ich dessen Wirkung auf ihren Herrn Koustn, deu Justitiar, noch nicht wahrnehmen können. Deshalb be. schied ich Sie heute wwder hierher. Sie haben den Lxptd. u. Redaktion DieSden-Neustadl N Meißner Gasse 4. Die Zeitung erscheint Tien,tag, ronnerstaa und Sonnabend früh. Abonnements« Preis: Vierteljährl. M. 1,50 Zu beziehen durch die kaiserlichen Post» vnstalten und durch unsere Boten. Bei freier Lieferung in» Haus erhebt die Post noch eine Ge bühr von 25 Pfg. vldnung zu verbessern und spitlell die Befugnisse de» Präsidenten zu erweitern. So schlägt das Blatt u. A. vor, einen Ehrenrath eivzusetzen, an den sich die von Mitgliedern deS Hause- Beleidigten wenden können, um eine öffentliche Ehrenerklärung zu erhalten. Im österreichischen Abgeordnetenhause hat man gleich falls infolge der antisemitischen Ausschreitungen die Er richtung eines derartigen Ehrenrath.'S beschlossen. Der selbe ist au- neun der angesehensten und erfahrensten M tglieder deS HauseS zu bilden und hat m allen Fällen einzuschreiten, wo daS Ansehen oder die Würde de» HauleS gefährdet erscheint. Eine derartige Einrich tung wäre dem deutschen Reichstage zur Nachahmung zu empfehlen. Selten ist die gesammte Presse so einig gewesen wie in der Berurtheilung Ahlwardt's. Wir stellen im Folgenden eine Blüthenlese aus den hervorragendsten Zeitungen zusammen. Die hochkonservative „Keeuzztg.", welche früher gar zu gern mit Ahlwardt liebäugelte, schreibt nunmehr: „Wir finden das Auftreten dieses Mannes beispiellos und unerhört und nehmen nicht den mindesten Anstand, ihn den „schlimmsten Verleumdern" zuzuzählen. Ahlwardt hat erklärt, daß er bereit sei, II Aktenstücke auf den Tisch des HauseS niederzulegen, welche darthun sollten, daß bei der Verwaltung deS Reichs - JnvalidenfondS sich Dinge zugetragen hätten, durch welche das deutsche Volk um Hunderte von Millionen betrogen worden sei. So lange er diese Zu sage nicht etnzulösen vermag, ist er, da» wiederholen wir, als ein Verleumder der schlimmsten Art anzusthen und zu behandeln." Auch das Organ des Herrn Stöcker, daS „Volk", sagte sich von Ahlwardt lo-, indem eS betont: „Ahlwardt hat einige verdienstliche Handlangerdienste bet der äußeren Verbreitung der anti semitischen Bewegung gethan. Der Werth dieser Dirnste ist von kurzsichtigen, radikalen Politikern in ungebühr licher, ja man kann sagen in einer die Bewegung schä digenden Weise überschätzt worden. Dadurch ward in Ahlwardt jener unselige Größenwahn erzeugt, der ihn immer werter auf die Bahn der SensattonSmacherei drängt. Die Stellung eine- öffentlichen Bolksberalher» und Volks anwaltes ist eine sehr verantwortliche und schwierige. Auf einen so exponirten Posten gehören nur Leute, welche das ihnen geschenkte Vertrauen in jeder Be« ziehung zu rechtfertigen wissen. Trifft diese Erwartung und Voraussetzung nicht zu, dann fort von solchem Posten! Wer sich auf ihm so politisch unklug und un würdig benimmt wie Ahlwardt, gehört nicht dahin, denn er ist seiner Aufgabe nicht gewachsen." — In ähn lichem Sinne läßt sich die „Frankfurter Ztg." ver nehmen, indem sie betont: „Von der Exekution, die an dem Abgeordneten Ahlwardt vollzogen wurde, braucht Brief mit verstellter Handschrift abgeschrieben und ihn auf dem von mir angegebenen Wege an seine Be stimmung gelangen lassen?" „Nein, mein Herr", erwiederte Johanna, zwar ebenfalls mit gedämpfter Stimme, aber in festem Tone. „Ich schrieb, was Sie diktirten, weil ich mich in Ihrer Gewalt befand; aber ich verbrannte daS Papier sogleich, als ich mein Zimmer erreicht hatte." „Ha, Sie wähnen mir jetzt trotzen zu können?! Sind Sie nicht auch in diesem Augenblicke in meiner Gewalt?! Kann ich Sie nicht physisch hier zur Stelle oder moralisch schon morgen vernichten, wie eS mir gefällt?" Mit zwei schnellen Sprüngen war Theodor zwischen Johanna und die Thür gelangt, so daß er ihr den AuSgang aus der Kapelle versperrte, da die Fenster zu hoch waren, um ihr das Entkommen durch eine- derselben zu gestatten. „Was hindert mich jetzt, Sie dort in den unter irdischen Gang hinabzuschleudern, wo außer mir kein Lebender Ihr Angstgeschrei, Ihr TodeSröcheln vernimmt und wo man vielleicht erst nach Jahrhunderten Ihre vermorschten Gebeine ausfinden wird? Wer kann Sie hier schützen?" Johanna war bis zur Holztreppe zurückgewichen und stützte sich auf einen noch vorhandenen Theil de» Geländers. Da» alte Holzwerk knarrte und erzitterte, al» wolle e» zusammen brechen, doch Johanna achtete dessen nicht. „Wer mich schützen kann?" nahm sie da» Wort. „Ich würde antworten: Gott, wenn Sie an ihn »laubten. Doch gibt e» etwa» Andere», wa» Sie Man kann den Reichstag man nicht- mehr -u s Arbeit zu verrichten bedauern, daß er s nachdem ihm einmal die hatte, aber es ^„vativen Ve.jüngungSbade» schmutzige Welle Ahlwardt zugeführt hatte, K -Mihmza mchir «ndn-r udr^ di- .Münch-»-- «<? lli.»- Da« LSstnn und H-»-n g-g-n die Allg. Zig- - de« R-nhdtna-i d-rab ist nur Jud-n °°n Umm- SM -« Social- -m- n-u- und M der R-ichjI°M,büne unkr d-m Schutz- der R-d-sl-U' nnn, I- 7-m T,nb-» wenn er ? B » -in-r B°i!i°«i°mmluag d-n .arme» chnftuch-n m Nord'» «--'in«' g-g-« .d» -«-den Ml». ich.» Sch "mm-° im W-si-"' ,°.uchedd L- fthli.o»- noch dir Bezeichnung der zu plundcinden Hüuser. Besondere Beachiung verdient endlich ein Ernkel der «-«Nol Ruchnchten-, wo-in aus die Schädigung hw wi sen umd, welch, da« «»sehen de« denken Reiches im AuSlande infolge derartiger «mkommmfie erleiden muß. „Russen und h" in dem officlöien Blatte - „wühlen mit schadenfrohem Behagen in dem von Ahlwardt zusammengetragenen Schmutze herum und preisen sich glücklich, daß sie nicht sind wie die Politiker und StaalSm-nner des „lügend- hasten" Deutschland. Auf dre,e Welse ist durch den Patriotismus" eine» Ahlwardt, der mlt Frevlerhand an den festesten Säulen jedes modernen Staatswesen», an der Armee und dem Beamtenihume, rüttelt, eine breite Bresche in den schützenden Damm deS Prestige gelegt worden, der sich bislang um die Grenzen Deutsch lands zog. Mit dem Momente, wo im Osten und Westen die Ueberzeugung von der sittlichen Ueberlegen« heil Deutschlands wankend wird, hat auch die friedliche Lntwickrlung der internationalen Politik ihren Zenith erreicht und eilt dem Abstiege entgegen. In dem Ein drücke, den daS Ausland von dem AhlwardtiSmuS em pfängt, liegt da» wahrhaft gemeingefährliche, geradezu vaterlandtverrätherische Moment der ganzen Angelegen« Helt. Darüber sollte sich Niemand irgendwelcher Selbst täuschung hingeben. Seit dem 22. März d. I. ist der „GeschästSantisemit" Ahlwardt eine Gefahr für da» Vaterland geworden und es kann sich unsere» Erachten» bei Geurtheilung der Folgen seiner Umtriebe nur noch um die Frage handeln, ob man den glimmenden Funken, so lange e» noch Zeit ist, auStreten oder ob man mit ver schränkten Armen zuschauen will, bi» er zur verheeren den, übermächtigen Feuersbrunst an wächst." Interessant ist eine Charakteristik, welche die „Straß burger Neuesten Nachrichten" von dem Abg. Ahlwardt entwerfen. Dieses Organ schreibt nemlich: „Man be- sürchten: Ihr eigenes Verderben! Man wird in meinen Papieren nach einer Aufklärung über mein Ver schwinden suchen und Angaben finden, die Ihre Ge heimnisse aufdecken —" „Ah, Sie sind vorsichtig, mein Fräulein!" unter brach sie Theodor in spöttischem Tone. „Nun, ich ver arge Ihnen daS nicht. Ich will Ihnen auch bekennen, daß es mit der Androhung Ihrer physischen Ver nichtung durchaus nicht ernstlich gemeint war. Ich brauche Ihre Beihilfe und diese können Sie mir nur lebend gewähren. Voller Ernst aber ist eS mir mit Ihrer moralischen Vernichtung, wenn Sie mir zu trotzen wagen. Sie wissen, daß ich sür meine Behauptungen gegen Sw einen Beweis liefern kann —" „Schweigen Sie, Nichtswürdiger!" unterbrach jetzt Johanna ihrerseits. „Auch diese Drohung vermag keinen Eindruck mehr auf mich hervorzubringen. Ich habe sie abgeworfen, die falsche Scheu, die mich monatelang vor Ihrer Drohung erzittern ließ; niemals werde ich mich Schwe^er^" beugen, wie Ihre unglücklich« „Ist dem wirklich so, meine Verehrte, besitzen Sie rn der That solchen Muth, dann bitte ich, mir zu sagen, warum Sie meinem heutigen Rufe gehorsam folgten, anstatt mit Ihrem Galan, meinem Herrn In- qmrentev, auf dem Balle deS Reichsgrafen zu tanzen?" . o" erfahren. Damit Sie aber nicht bleiben, wie sehr eS mir Ernst ist mit dem Kommen-, müssen Sie hören, was ich zuvor zu sagen habe." ' alt- ü?* dränat heute eben nicht. De» alte Melzer hat mir berert» die Nachtvistte abgestattet Abonnements - Einladung. Auf da» mit I. April beginnende zweite Quartal der „Sächsischen Dorfzeitung", „Jünsundfünfzigster Jahrgang", nehmen alle kaiserlichen Postämter, Postexpedittonen und Landpostboten gegen Vorausbezahlung von I Mark 50 Pf. Bestellungen an; auch kann da- Blatt, wenn e» verlangt wird, den geehrten auswärtigen Abonnenten durch die bett essenden Postanstalten gegen Botenlohn von nur 25 Pf. pro Quartal jeden Dienstag, Donnerstag und Sonn« abend pünktlich in» Hau- gesandt werden. Diejenigen Pränumeranten in Dresden und Umgegend, welche ihre Bestellungen direkt bei uns (Neustadt, kl. Meißner, gasse 4), oder bei den von uns angestellten Boten machen, erhalten die Zeitung jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend ohne irgend eine Preiserhöhung zugeschickt. Dringend ersuchen wir aber, die Abonnements-Bestel lungen gefälligst sofort machen zu wollen, indem wir bei späteren Aufträgen für die Nachlieferungen der bereit» erschienenen Nummern nicht einstehen können. Inserate finden bei der bedeutenden Auflage der „Sächsischen Dorfzeitung" durch dieselbe sowohl in Dresden «ud dessen Umgegend, al- auch im ganzen Lande die au-, gedehnteste Verbreitung. Die Verlag»«Expedition.