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Uxpr» «. Redaktion »resäeu-ReuftaUt «. Meißner «ässe 4. Dir Zeitung erscheint Dteufta,, Dannerstaq und «onuavrnd früh. Avonuemeut»- Preis: vtmeljähri. M 1,50. 8» beziehen durch Hie kaiserlichen Post- anstalten und durch unsere Boten. Bei freier Lieferung ins Hau» erhebt die Post noch eine Ge- bühr von 25 Pfg. iilhsische Dochnlunz Inserate werden bi» Montag, Mittwoch u. Freitag Mittag angenommen und kosten: dic1spalt.Zeile15Pfg. Unter Eingesandt: 30 Pfg. Inserate«- Annahmestellenr Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und kandmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschasten Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerr man« Wüller in Dresden. Die Arnoldische Buchhandlung, Jnvalidendank, Haasenstcin LVogler, Rudolf Moste, G. L. Daube « To. in Dresden, Leipzig, Frankfurt a/M., G. Kohl, KesselSdorf u. s. w. Mr. 14. Donnerstag, den 2. Ieöruar 1893. 55. Jahrgang. Abonnements - Einladung. Bestellungen aus die „Sächsische Dorfzeitung" für die Monate Februar und März nehmen alle kaiser lichen Postanstalteu und Postexpeditioven, sowie auch alle Saudbrieflräger gegen Vorausbezahlung von 1 Mark mtgegen. Bereits erschienene Nummern werden, soweit möglich, uachgeliesert. Politische Weltschau. Deutsches Sketch. Der „R. Anz." veröffentlicht nachstehenden kaiserlichen Erlaß: „Im Anschluß an die freudige Feier der Vermählung meiner geliebten Schwester, der Prinzessin Margarethe von Preußen, hat sich mein diesjähriger Geburtstag durch die Anwesenheit vieler, mei nem Herzen nahestehenden erlauchten Fürstlichkeiten zu einem besonders frohen Feste gestaltet. Die herrlichste Freude aber, welche mir aus Anlaß dieser feierlichen Lage geworden, bilden die Kundgebungen der Treue und Anhänglichkeit meines Volkes, welche mir in den mannigfaltigsten Formen und in ungewöhnlich großer Fülle aus allen Gauen des Reiches und auch von außerhalb wohnenden Deutschen -ugegangen find. Vor Allem hat meinem Herzen wohlgethan, so häufig dem Ausdruck einer opferbereiten Vaterlandsliebe und deS Vertrauens in meine auf deS Vaterlandes Sicherheit gerichteten Bestrebungen begegnet zu sein, wodurch meine Zuversicht bestärkt wird, daß diesen meinen Bemühungen unter Gottes gnädiger Führung der Erfolg nicht fehlen werde. Ich bezeuge daher gern auf diesem Wege Allen, welche meiner an meinem Geburtstage so liebevoll ge dacht haben, daß der Zweck ihrer Aufmerksamkeiten, meine Festesfreude zu erhöhen, in vollkommener Weise erreicht worden ist und ich mich zu wärmsten Danke verbunden fühle. Berlin, den 30. Januar 1893. Wilhelm, I. k." Der Besuch des russischen Thronfolgers und der Teast deS deutschen Kaisers auf den Czaren bei Ge legenheit des Frühstücks im Kasino deS Alexander- Regimentes beschäftigt begreiflicherweise die russische Presse. Die panslawistische „Nowoje Wremja" warnt aber vor übertriebenen Hoffnungen, welche hieran geknüpft werden könnten. Der Kaiser habe improvisirt und in der Stimmung gesprochen, welche ihn im Augenblicke beseelte. Die Reden des Grafen Caprivi in der Militär- kommisston drückten dagegen andere Gesinnungen aus und diese würden wohl auch fernerhin nicht geändert werden. Immerhin aber könne man sich in Rußland über den herzlichen Ton der Rede des Kaiser- nur freuen, sowie darüber, einen wie hohen Werth er auf die freundschaftliche Theilnahme deS Czaren an Ereig nissen im Hohenzollernhause lege. Da- sei eine werth- volle Bürgschaft des Frieden- und der Ruhe in Europa. — In Oesterreich äußert sich die „N. Fr. Pr." u. A. wie folgt: Der Trinkspruch gört sich an wie eine feier liche Ankündigung erneuerter Freundschaft nach jähre- langer unverhohlener Entfremdung. Freilich, der deutsche Kotier liebt die pathetische Beredsamkeit und wenn er neuerlich von dem Schwünge seiner Rede eine Probe geliefert hat, so könnte man gemeint sein, es entspreche die Wärme des Tones mehr der Gelegenheit, die ihn färbte, als einer wirklichen Wandlung deS Verhältnisse-, welches so lange getrübt war. Aber wenn auch diese Vorbehalte angebracht erscheinen, so bleibt an dem Toaste noch immer genug der ungewohnten Wärme und Freundschaftlichkeit, um die Annahme zu rechtfertigen, daß in den entscheidenden Gesinnungen zwischen Berlin und Petersburg sich ein Umschwung vollzogen haben muß . .. Heute ist die französische Republik durch häß liche Skandale innerlich zersetzt; unsicher schlottern die Zügel in den Händen einer schwachen Gelegenheits-Regierung und Flkycinet, einst der einzig Dauernde im Wechsel, ist ein todter Mann. Wie nahe liegt es, anzunehmen, daß angesichts dieser Zeichen der Enkel des Czaren Ncko« laus sich der „altbewährten monarchischen Traditionen" erinnert, als deren Schützer in Europa sein Großvater einst sogar d?m König LouiS Philipp die Anerkennung versagt hatte, weil derselbe durch eine Revolution auf den Thron gehoben worden war. Die russische Sonder. Politik hat eS bewirkt, daß Alexander lll. für eine Weile jenen „monarchischen Traditionen" untreu wurde; aber Frankreich selbst erleichtert ihm durch das Schauspiel, welches es darbietet, die Rückkehr zu denselben . . . Deutschland will mit dem russischen Nachbar in Frie den leben und wenn, wie es den Anschein hat, in Ruß land eine ähnliche Gesinnung sich Bahn bricht, so kommt vielleicht die ersehnte Stunde, daß :n Europa Niemand vorhanden ist, der daS Feuer anzulegen sich getraut. In diesem Sinne braucht man nirgends sich beunruhigt zu fühlen, wenn erne russisch deutsche Wieder annäherung sich vollziehen sollte. ES könnte sreilich scheinen, daß eine solche Wiederannäherung gewisse Zu geständnisse Deutschlands an die russische Polrtrk und ramentlich an die russische Orient-Polink zur Voraus etzung haben müsse; aber gegen eine solche Annahme prechen der Vortheil und die Loyalität der deutschen Politik. „Wir haben verwöge der Gleichheit der In teressen zwei zuverlässige Freunde", sagte Fürst BtS- marck am 6. Februar 1888 und Graf v. Caprivi hat keinen Anlaß zu oem Verdachte gegeben, daß er über den Werth und über die Verläßlichkeit der Verbündeten Deutschlands ander- denke. Die Rücksicht auf diese beiden Freunde wird immer da- Maaß der Bereit willigkeit bestimmen, welche- Deutschland der russischen Politik beweist. Diesen Glauben erschüttert der Trink spruch deS deutschen Kaisers nicht, wohl aber steigert er die Aussichten des europäischen Friedens, fall» er in Ruß land daS Echo findet, das ihm aufrichtig zu wünschen ist. — Wir verzeichnen diese Preßstimmen, ohne daß eS uns zur Zeit nothwendlg erscheint, die Berechtigung der einzelnen Aeußerungen zu erörtern. — Bei der zu Ehren des Herzogs von Edinburg gegebenen Festtafel brachte Se. Majestät der Kaiser einen Trinkspruch aus, über dessen bisher nicht bekannt gewordenen Text die „Weser Zeitung" mittheilt: „Die englische Flotte sei für die dewsche nicht nur ern Muster vom technischen und wissenschaftlichen Standpunkte, sondern auch die Helden der britischen Flotte, Nelson u. s. w, wären stets ge wesen und würden immer sein die Leitsterne für die Officiere und Mannschaften der deutschen Marine, welch' letztere nicht minder erfüllt seien von dem Geiste der Vaterlandsliebe, als die Träger jener hochgeehrten Namen. Wenngleich die deutsche Flotte ganz besonder» zur Sicherung der Erhaltung des Frieden- bestimmt sei, so werde sie doch, seiner Ansicht nach, auch ihre Pflicht thun, wenn sie zum Kampfe gerufen würde. Und sollte eS sich einmal ereignen, daß die englische und die deutsch: Marine Schulter an Schulter gegen einen gemeinsamen Feind zu kämpfen hätten, dann würde die berühmte Parole: „England erwartet, daß jeder Mann seine Pflicht thue", welche der größte See held Englands vor der Schlacht von Trafalgar auSge- geben, ein Echo in dem patriotischen Herzen der deutschen Marine finden." Der Kaiser hat dem ehemaligen preußischen Justiz minister vr. v. Friedberg zum 80jähriqen Geburtstage sein Bildniß mit seiner eigenhändigen Unterschrift und ! dem Spruche: ms iwpunk laoossit" gesandt. Diese Worte („Niemand reizt mich ungestraft") bilden die Devise deS schottischen St. Andre- Orden-, der in der Mitte eine Distel mit jener für die stach!,che wehr, hafte Pflanz allerdings sehr bezeichnenden Umschrift führt. DaS zuletzt bis Ende Januar d. I. verlängerte Handelsabkommen zwischen Deutschland und Rumänien vom 1. Juli v. I. ist nochmals und zwar bis zum 31. März d. I. verlängert worden. Die bei der Einfuhr in da- deutsche Zollgebiet vertragsmäßig für einige Nummern deS deutschen Zolltarifs bestehenden Zollsätze find den rumänischen Erzeugnissen b«S dahin -ugestanden. Es hat sich in jüngster Zeit in Berlin unter dem Vorsitze deS KommerzienratheS Kühnemann ein KomttS gebildet, welche- eme Berliner Ausstellung für da» Feuilleton. Der Gerichtsthurm. Kriminal - Erzählung von L. Gothe. „Lache mich nicht aus, Gustav; aber eS ist mir jetzt auch noch völlig Ernst mit dem Wunsche, daß Du diese Nacht lieber hier im Hause bliebest, als daß Du Deine einsame Thurmwohnung aufsuchtest. Bleibe hier, Gustav. Ich thue, al- ob ich Dich jetzt au- dem Hause ließe, um den Vater zu täuschen, der in wenigen Minuten fest schläft. Dein frühere- Zimmer und Bett stehen noch bereit. Morgen in der Frühe, bevor der Vater sichtbar wird, entlasse ich Dich und Du brauchst seinen Spott nicht zu fürchten. Selbst Hannchen soll nicht erfahren, daß Du ihre Bitten doch noch erfüllt hast, wenn Du ihr diese kleine Freude nicht gönnst und auch vor unserer alten Christine kann ich Dein Hierbleiben leicht verheimlichen, wenn Du e- wünschest. Thu' mir den Gefalle», Gustav und bleibe diese Nacht Über hier!" So sprach die wackere Frau, die mich mit der brennenden Lampe auf deu Korridor begleitet hatte, wo ich etwa vier Stunden vorher meinen Regenschirm, Paletot, Hut und Galoschen zurückgelassen hatte und jetzt im Begriffe stand, mir diese Sachen wieder an- zueignen, während der Regen an die Fensterladen schlug und der Wind in heftigen Stößen die de- Laube- be- raubten Gartenbäome erknarren ließ. „Aber, beste Tante — was haben Sie denn nur *) Nachdruck verbot«. heute? Warum soll ich denn in dieser Nacht meiner schönen Wohnung fern bleiben, in welcher ich mich seit vier Monaten ganz wohl befinde?" „DaS Wetter, Gustav und wenn Dir da oben m der Nacht etwas zustieße —!- „DaS Wetter, Tantchen? Ei, was ist'- deun da mit? ES regnet und der Wind geht ein wenig scharf, wie man's in dieser Jahreszeit, in der Mute des No vember, nicht anders erwarten darf. Sind mir durch Ihre freundliche Fürsorge dach alle Mittel gewährt, um etwaigen üblen Folgen eines kurzen Gange- durch Wind und Regen in meiner Thurmwohnuna, wie Sie mein hübsche- Asyl zu nennen belieben, sofort vorzubeugen. Und waS könnte mir denn da oben — um Ihre eigenen Worte zu gebrauchen, beste Tante — gerade in dieser Nacht zustoßen, waS mir nicht auch in irgend einer von den einhundertundzwanzig Nächten, die ich dort bereüS zugebracht, hätte zustoßen können? Für alle Fälle ist za wein getreuer Burgwart mit feiner wackeren Frau do, die, Beide wachsam, ich leicht anrufen kann." Ich batte während dieser Antwort meinen Paletot übergeworfen, war in die Galoschen getreten uud wollte eben nach Hut und Schirm greifen, al- die gute Tante, die Lampe auf den hier befindliche» Tisch stellend, meine au-gestreckte Hand in die ihrige nahm. „Gustav" — sprach sie in bewegtem Lone — „gilt Dir Hannchen- Bitte und mein ernstlicher Wunsch so wenig, daß Du leichtfertig darüber hinwegsehen kannst?" „Aber, bestes Tantchen — ich begreife Sie heute nicht. Ist Ihnen oder Johanna im Geringsten damit gedient, daß ich in dieser Nacht hier im Hause bleibe, so dürfen Sie eS nur sagen und e» versteht sich von selbst, daß ich gehorche, ohne nach Gründen zu fragen. Doch wenn eS sich nur um mich handelt, so müßten andere Gründe vorhanden fein, al- die von Ihnen an geführten, um mich nicht vor mir selbst lächerlich er scheinen zu lassen, indem ich Ihrem Verlangen nach- täme." Ich hätte diese immerhin etwa- herbe Antwort wohl nicht der mit Recht von mir verehrten Frau erthellt, wenn dieselbe nicht abermals der Bitte Johannas oder Hannchen» erwähnt hätte. Meine gute Taute ließ sich jedoch durch meine herbe Erwiederung nicht anfechten. „Rein, Gustav", nahm sie in ihrer sonst gewohnten mütterlichen Weise von Neuem daS Wort. Du brauchst nicht erst zu versichern, daß Du un» gern ein Opfer bringen würdest; wir find von Deiner Bereitwilligkek überzeugt. Ich weiß, daß ein Wort in dieser Beziehung Dich ohne Wettere» veranlassen würde, meinem Wunsche nachzukommen. Aber ich mag Dich nicht belügen. G» handelt sich nicht um uvS, sondern nur um Dich „Aber, beste Tante —" unterbrach ich — immer mehr erstaunt — „sagen Sie mir nur, um wa» es sich denn eigentlich handelt!" „Im Grunde genommen vielleicht um nicht-, Gustav. ! Aber höre mich an . . . Sieh, al- Hannchen vorhin Dich bat — und sie bittet nicht oft, wie Du weißt —" „DaS ist wahr, Tante —" „Ich bitte Dich, Gustav, höre mich einige Augen- blicke geduldig an . . . Als Hannchen so ganz un erwartet Dich bat, bei dem Unwetter dieser Nacht Deine Thurmwohnung zu vermeiden — da drängte eS mick, ihr beizustimmen, ohne daß ich einen anderen Grund