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Sächsischer Landes-Anzeiger : 20.01.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-01-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188601208
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18860120
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18860120
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1886
-
Monat
1886-01
- Tag 1886-01-20
-
Monat
1886-01
-
Jahr
1886
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 20.01.1886
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Sächsischer Landes-Anzeiger. Rr. 15. Mittwoch, 20. Januar 1886. Publikation dt» veawtevpeofionSgeskder. Ab. Lingen» (Lentruw) brantragt. di« Regierungen zu «suchen, mit Maßregeln, welch, d«u Postbeamten Sonntagsruhe und Sonutag»fri«r ermögliche», fortzu- fahreu. Abg. Schräder (fteis.) cvustatirt, daß die Postverwaltung in dieser Beziehung bereit» ihr Möglichste, thu«. Abg. Lingen» wünscht berwaltuug «ach mehrjährigem bewährten Dienst fest avzustelleu. Geh. Rath Fisch,, erwidert, die Damen nähmen die ihnen ge bührend« Stellung ein. Sie könnte« doch nicht so viel leisten, wie «in männlicher Beamter. Abstimmung erfolgt erst bei der dritten Lesung. Bei den anßerordentlicheo Ausgaben de» Etat» erfolgt Vertagung. No« La«-tage. Bei« Beginn der gestrigen Sitzung der zweiten Kammer um halb 1 Uhr bot daS Haus ein recht erregte- Aussehen. Die Tri bünen waren überfüllt. Nach Verlesung der Registrandeneingänge, während welcher die Abgeordneten privatim eifrig debattirten, erfolgte die Vereidigung des neugcwählten Abgeordneten Gutspachter Horst auS Groß-Schönberg. Nach Antritt in die Tagesordnung gelangt der Bericht der fünften Abtheilung über die Wahl des Abgeordneten Mühlig im 24. Wahlkreise des platten Landes zur Berathung. Zu nächst erhält daS Wort der Abg. Geyer: Man hätte die Sache doch viel leichter haben können, wenn man einfach gesagt hätte, dort würde bei der Ungültigkeitserklärung ein Socialdemokrat gewählt w«ü>en, ergo ist die Wahl für gültig zu erklären. Der Bericht selbst sei durchaus unlogisch und widersinnig. Er sei recht ober flächlich und man hätte sich die Arbeit ungemein leicht gemacht. Aus demselben gehe eine ungemeine Unkenntniß der Deputation über die Angelegenheit hervor und er entspräche nicht der Wahrheit. Diese Aeußerung ruft einen Ordnungsruf hervor. Die Vertheidigung des Abg. gegen den Ordnungsruf giebt dem Präsidenten wiederum Anlaß zu einem erneuten Ordnungsruf. — Der Abg. geht alsdann auf die Darstellung der Einzelheiten ein. (Während dessen betritt Minister v. Könneritz den Saal.) Das Recht erfordere, diese Wahl umzu stoßen. Er gebe zu bedenken, daß seine Partei viel höheres Gewicht darauf lege, ob man die Gesetzesverletzung, welche bei der Wahl vorgekommen fei, gutheiße, als auf die Wahl eines Parteigenossen. Seine Partei werde in der Entscheidung für später Material zur agitatorischen Ausnützung finden. — Man würde im Lande vielleicht »rrmuthen, daß sie auch die Verfassung verletzten. Sie wollen nun einmal nicht, daß Socialdemokraten hinein kommen. Sobald sich von uns Jemand zum Worte meldet, gerathen Sie in Aufregung. (Lebhafte Zwischenrufe und Heiterkeit.) In 6 Jahren werden die Wähler selbst das Mandat casfiren. Er sei der Ansicht, daß man aus den Reichstagsverhandlungen sich ein Beispiel für die Behand lung dieser Frage holen könne, wenn auch ein großer Unterschied zwischen den beiden Häusern sei. Zum Schlüsse beantragt Redner nochmals unter Aufzählung aller vorgekommenen Unregelmäßigkeiten die Ungültigkeitserklärung. Er wüßte nicht, was nach dem Lorgefallenen noch sonst zur Ungültigkeits-Erklärung gehöre Sch- Regierungsrath Vodel nimmt die Amtshauptmannschaft gegen die Angriffe des Vorredners in Schutz. Alsdann ergreift das Wort der Abg. Bönisch. Er glaube, der erste Redner habe sich unnöthig erhitzt. Die Abtheilung sei vorsichtig verfahren, gerade, weil es sich um eineu Socialdemokraten gehandelt, daher sei die Ansicht des Vorredners falsch, daß man von vornherein die Wahl hätte für gültig erklären wollen. Falsch sei ebenso die Ansicht, daß jede Ge- seMv?chtzupq..hj? ,tzn nngen vorgekommen seien, dieselben haben jedoch nicht zur Ver hinderung der Stimmabgabe geführt. Abg. Bebel: Der Vorredner hätte seiner Ansicht nach falsch definirt. Er sei der Ansicht, daß man z« ganz anderen Ergebnissen bei sorgfältiger Prüfung kommen müsse. Der Regierungscommissar hätte nicht einseitig Verfahren sollen. Wenn «an in der Lage gewesen wäre, zu sagen, die Protestanten seien verhört worden, hätten jedoch nichts erweisen können, so stände der Bericht in ganz anderm Licht. In der Connewitzer Bekanntmachung fei auch bei der Berichtigung nicht angegeben worden, wo das Wahl local wäre, erst zwei Tage vor der Wahl wurde das Local ange geben. Der angeschuldigte Gemcinderath hätte all' das Material geliefert, auf welches man hier den Beschluß stütze. Wenn genau verfahren worden wäre, so würde auf den Bericht viel mehr Gewicht z« legen sein, als augenblicklich. Er hätte wenigstens gewünscht, daß die Deputation eine Aufforderung an die Regierung gerichtet hätte bei künftigen Wahlen für bessere Einrichtungen zu sorgen. Er könne jedoch nur die Ungültigkeitserklärung beantragen. — Geh. Regierungs rath Bodek hat zu constotiren, daß der Beamte sich genau nach seinen Instructionen gerichtet habe, er hätte die Aussagen der ver hörten Personen für genügend erachtet und voll seine Pflicht gethan. Abg. Ackermann. Die Worte des Abg. Geyer hätten ihn erheitert. De« Abg. Bebel jedoch antworte er, daß die Abtheilung gar keine Veranlassung gehabt hätte, die Protestirenden vernehmen zu lassen, da gar keine Begründungen für den Protest Vorgelegen hätten. Er «eise auf zwei Wahrheitswidrigkeiten im Protest hin, der Eindruck des Protestes sei daher schon kein günstiger. Er gebe ja zu, daß die Sache in Connewitz nicht schön gewesen sei, es sei jedoch eine Reihe von Irrungen vorgekommen. Nach einem Schlußwort de» Referenten Abg. Opitz und nach persönlichen und berichtigenden Be merkung de» Abg. Geyer Kitt die Kammer dem AbtheilungSantrage, welcher einstimmig beschlossen war, bei, die Wahl des Abg. Mühlig für gültig zu erklären. Sächsisches. — Der OberbetriebSinspeetor bei der königl. Porzellan», anu- faktur zu Meißen, Karl Brnnnemann, erhielt de» kaiserl. russische« St. StaniSlaus-Orden 3. Nasse. — Dem Bureaudireetor bei der Geueraldireetiou der StaatS- risenbahnen Ulbricht wurde der Titel und Rang eines Rechnung»- ratheS verliehen. — Der Rector de» königl. Bymnafiu«» zu Leipzig, Prof. vr. Richter, ist zum außerordentlichen Professor an der philosophischen Fakultät an der Universität Leipzig ernannt worden. — Dresden. Für den Monat Mai 1887 wird in Dresden eine internationale Gartenbau-AnSstellung vorbereitet. Der von den vereinigte« Dresdner Gartenbaugrsrllschaften gewählten Ans- stellungScommisfio», zu welcher die Vertreter der bedeutendsten Firmen gehören, ist von Sr. Majestät dem König Albert der in Aussicht ge uowmene AuSfiellungSplatz im königl. Großen Garten bereits Huld' vollst überlassen worden. Die Pläne und Entwürfe für die Gebäude find fertig gestellt, und alle übrigen Vorbereitungen in umfassendster Weise so weit gefördert, daß da» anssührliche Programm demnächst veröffentlicht werden wird. — Der Militär verein l zu Dresden, dessen Mitgliederzahl ca. 1300 bei einem VermögenSbestand von 21,581 ML 65 Pfg. beträgt, hat innerhalb 28 Jahren nicht weniger als 73,963 Mk. für krankenunterstützungru, 63,617 Mk. Begräbnis gelber für verstorbene Kameraden, 17,375 Mk, dergleichen für die verstorbenen Frauen von Mitgliedern, und 29.606 Mk für außer ordentliche Unterstützungen gezahlt, wovnn allein 26,095 Mk. für Thristbescheernngm ausgewendet »urdeu. Mit dieser Gesammtsumme von 184,561 Mk. find zahlreiche Nothfälle gemildert und manchen armen Veteranen, sowie verwaiste» Kindern eine Weihuachtsfreude bereitet worden. — In Serkowitz ist in der Nacht znm Sonntag der über 15 Jahre alte Lehrling de» Klempnermeister» Kleeberg au Kohlenoxydga» erstickt. Der Unglückliche, mit Namen Bruno Mußbach, hatte am Abend heimlich einen sogenannten Löthofeu in seine Schlaf komme« geschasst und angezündet, entgegen dem Verbot seine» Meisters, in der Schlafkammer Abend» Licht anzumachen. Wahrscheinlich hat er noch gelesen und gezeichnet. Müde geworden, hat er sich zu Bett begeben, aber da Alle», Fenster «vd Thür, fest verschlossen war, so konnten die tödtlichen Kohlendünste nicht abziehen, und der arme Bursche ist erstickt; jedenfalls ist er aber sanft verschieden. — Leipzig, 18. Januar. Eine der alten Innungen Leipzigs, die Tuchmacher-Innung, wird sich demnächstauflösen. Dieselbe besteht zur Zeit n,ch aus drei Mitgliedern, von denen nur ein», der Obermeister Herr E. A. Weise, in Leipzig wohnt. Da» Vermögen der Innung, welche» sich auf nngefähr 25.000 M. beläuft, wird an die Stadt gelangen und soll, «ach abzuschlirßender Vereinbarung, zu Zwecken gewerblicher Fortbildung verwendet werde«. — In nuferen Borstadtdörfern, wie auch in der Stadt selbst macht« sich seit einiger Zeit rin GelegeuheitSdieb bemerkbar, ei» unbekannter Manu, der sich in Garyonwohnungen und Schlafstellen einmiethete, bald darauf aber heimlich verschwand, nachdem rr di« Gelegenheit zu einem Diebstahl benutzt oder seine Wirthslrute «nter^falschen Vmspirgelnngen ÄoHt yÄte7° N"ücat überall unter falschen Namen auf, nannte sich Werner, KieSki, Schneider re. und suchte dadurch seine Entdeckung zu vereiteln. Sy verübte er eine größere Anzahl Diebstähle nicht nur am Eigenthum seiner Wirthslente, sondern schädigte, dafern sich die Gelegenheit dazu darbot, auch andere mit ihm znsammenwohnende Schlafburschen. Endlich sollte da» übereinstimmende Signalement dieser gemeingefährlichen Burschen, welche» auf einen vielfach bestraften Stubenmaler Namen» Petz old au» Altenburg hinwieS, der bereits früher schon wegen gleicher Diebstähle und Betrügereien mit Zuchthaus bestraft worden war, zur Ausgreifnug führen. Petzold wurde gestern Nachmittag am Königsplatze polizeilich augetroffen und festgenommeo, alsbald auch als jener Dieb entlarvt und zur Haft gebracht. ES falle« ihm eine Menge Diebstähle an Geld, Uhren, Kleidern, darunter einige erheblicher Art, zur Last, namentlich anch ein Diebstahl von 300 Mark aus einer Wohnung in Eutritzsch, dessen er jedoch nicht geständig ist. Line langjährige Freiheitsstrafe dürfte ihm abermals in Aussicht steheu. — Der erst vor wenigen Wochen wegen Kindes schäudung zu I V, Jahren Zuchthaus verurtheilte, aber gegen eine Caution von 15,000 Mark sreigelafsene Rittergutspachter Richter aus Frohburg ist auf Beschluß de» Gerichtes wieder verhaftet worden. — Rschlitz. Wie segensreich die Einrichtung der Unfallver fichernng ist, dürfte vielleicht au» folgenden kurzen Angaben erhellen, die ganz zuverlässiger Quelle entnommen find. Allein im Rochlitzer ländliche» Bezirke, einschließlich de« größeren Fabrikorte, wie Hart manosdorf, Burkersdorf, Kockisch, Weißthal rc. find in der kurzen Zeit de» Bestehens der genannten ReichSrinrichtung gegen 20 Unfälle, Se«eralsiaat-a«tvalt vo» Schwarze j-. Der SeneralstaatSauwalt und Reichstags abgeordnete v. Schwarze ist in Dresden vorgestern früh gestorben. Die deutsche Rechts wissenschaft und Gesetzgebung hat Ursache, den Verlust dieser aus gezeichneten Kraft zu betrauern. Geboren am 30. September 1816 z« Löba« in Sachsen, durchlief er schnell die Stufenleiter der juristischen Laufbahn und wurde allmälig zum Apellationsrath und OberappellatiouSrath, zum Oberstaatsanwalt und schließlich (1858) zum Generalstaatsauwalt befördert. Die sächsische Regierung zog ihn wegen feines scharfen Verstandes und seine» gesunden praktischen Sinne» zu allen wichtigeren Gesetzgebung«arbeiten heran; aber auch auswärtige Regierungen schätzten seine Mitwirkung auf diesem Ge- biete, und der Kaiser vo» Oesterreich erhob ihn 1875 in de« erb liehen Adelsstand. Seine Arbeiten betrafen hauptsächlich da« Straf- recht und den Strafprozeß, aber auch die Berichtsorganisation, die Einrichtung der Schwur- und Schöffengerichte «. s. w Für die Justiz reform iw Allgemeinen wirkt« er als Mitbegründer und langjähriges Mitglied de» deutsche» Juristentage», der ihm reiche Anregung und Förderung verdankt. I« Reichstage, in welchem er vo« 1867 bis 1883 den vierten sächsischen Wahlkreis (Dresden rechts der Elbe) vertrat, nahm er hervorragenden Antheil an der Fertigstellung des Strafgesetzbuches, de« Strasprozrßordnuug und anderer bedeutsamer Reformwerke; er gehörte zu den fleißigsten Mitgliedern der Eowmisfion für die großen Justizgesetz«, für di« RechtSanwaltSordnung, für die Lorberathong de» Socialistcngcsetzes und viele andere. In den letzten Jahren bekundete er in Wort «nd Schrift lebhaftes Interesse für die Forderungen der Entschädigung unschuldig Verurtheiltrr, der Wieder- einsühruug der Berufung und ähnlicher, dringlicher Reformen. In politischer Beziehung gehörte er der freiconservativen oder deutschen Reichspartei an; sein eouservativer Standpunkt trat namentlich bei der Berathung des Preßgesetze» und des Socialistengesehe» hervor; im Uebrigen aber verhielt er sich maßvoll und war in seinen Aus führungen meist so streng sachlich, daß er sich die Achtung und Be achtung aller Parteien «rang. Sein Andenken wird in der Wissen schaft wie im Parlament und im ganzen deutschen Volke immer in Ehren bleiben. L. T. A°nch ei« Jssbilärinr. Ein Gedenktag eigener Art, dessen aber Niemand gedacht zu haben scheint, war der 4. Januar. An diesem Tage waren gerade vierhundert Jahre vergangen, seit durch den Erzbischof Bert- hold von Mainz das erste Censurgesetz für seinen Sprengel erlassen wurde. Am 4. Januar i486 stellte dieser Kirchenfürft zu Mainz und Frankfurt Büchercensoren an und verordnet?, daß ohne deren Approbation keine deutsche Ucbersetzung der Bibel gedruckt werde. .Da die herrliche Kunst Bücher zu drucken," heißt es in dem Edikt, „in diesem unserem goldenen Mainz entstanden ist und bis zur Stunde auf's Trefflichste hier ausgcübt wird, so müssen wir sie schirmen, daß nicht ihr schöner Glanz getrübt werde." Beiläufig bemerkt, war der Urheber dieser Verordnung derselbe, der sich be- öndcrs um die Errichtung und Sicherung der Unabhängigkeit des Reichskammergerichts so sehr bemühte, welch letzteres auf dem Reichs tage zu Worms am 7. August 1495 eingesetzt und am 31. Octobcr desselben Jahres in Frankfurt a. M. eröffnet wurde. Was die weitere Entwickelung der Büchercensur, dieser schlimm- ten Abart dcr ehrwürdigen altrömischen Censur betrifft, so war die- elbe gar bald in allen deutschen Landen und in ganz Europa ein geführt. Die kirchlichen Oberhäupter thatcn hierzu ihr Möglichstes. Nachdem Papst Alexander Vl. 1496 die Verbote gegen das Lesen und Verbreiten ketzerischer Schriften verschärft hatte, wurde durch die Bulle Leo X. vom 15. Mai 1515 den Bischöfen und Jngui- itoren zur Pflicht gemacht, eine jede Schrift noch vor dem Drucke genau durchzusehen und Kctzermeinungen zu unterdrücken. Auf dem Reichstage zu Nürnberg forderte im Jahre 1522 Karin- nal Ehicregati, daß man alles ohne Erlaubniß Gedruckte weg nehme und verbrenne, Trucker und Verbreiter aber zur Strafe ziehe. Seitdem veranlaßte der päpstliche Stuhl fortwährend Staatsmaßregeln in diesem Sinne. Die Mainzer Stadtbiblio- theil» leichtere», theils schwererer Art zur Anmeldung gelangt; einer derselben sogar mit tödtlichen» Erfolge. Der Steinbrucharbeiter Nckolan Lollo verunglückte in dem Steinbruche Antonio Faechioi» in HartmannSdorf — sogenannter Chemnitzer RathSirnch — dadurch, daß er ein« circa 7 Meter hohe Striuwand während der Arbät hlnunlerpürzte und so schwere Verletzungen davontrng, daß der Un- glückliche in wenigen Stunden denselben erlag. Er hinterläßt «ine Frau und unerzogene Kinder, für welche jetzt «ach de« Gesetz«, je nach dem näheren Befund« gesorgt ist. Wie stand es vor dem um diese Armen? — Stollberg. Zu dem hier beabsichtigt«« Nathhaus-Renba» hat Herr Stadtrath Woll er riuru Beitrag von 20,000 Mark gespendet. — Oberlungwitz. Am Freitag Abend war im Gasthof „Zum Hirsch" ein kleiner Kreis von Vertrauensmännern au» Ober« luogwitz, GerSborf, Abtei-Oberlungwitz und HermSdorf zu einer Ans- spräche bez. Berathung Über Gründung einer Herberge zur Heimath versammelt. Nachdem Herr ?. Laube sein einleitende» Referat mitgetheilt, war mau alsbald einig in dem freudigen und festen Entschluß, eine christliche Herberge iu's Leben zu rufen, dieselbe auf jeden Fall in der Nähe de» Gasthvfcs „Zum Hirsch", da, wo di« Straßen und Wege von Hohenstein, Chemuitz, Stollberg, Lichten- stein und der vier bei einander gelegenen Dorf chasten sich kreuze», an diesem Knoteupuukte durchziehender Wandersleute, anzulegeu und hierzu in den nächsten Tagen schon ein käuskchlS Hausgruudstück oder eiueo der vorhaudeueu und günstig gelegenen Bauplätze für einen Neubau zu erwerben. — Falken au. Da» iu voriger Nummer berichtet« Unglück, welches den Krempelmeister Fischer hier betroffen, hat seinen Ausgang mit dem Tode de- Unglücklichen gefunden. Fischer, ein tüchtiger und braver Arbeiter, stand erst im 29. Lebensjahre und hivtciläßt «ine trauernde Wittw« «nd 2 Kinder. Verhandlungen vor dem Kgl. Landgericht Chemnitz. —tr. Strafkammer IV 16/1. Die WirthschastSgehilfen Moritz Hermann GStz (26 Jahre alt), Karl Franz PS hier (25 Jahre alt), Paul Eduard Gehlert (23 Jahre alt) und Hermann Richard Lang (20 Jahre alt), sämmtlich in Crottendorf wohnhaft, scheinen aus alle diejenigen Mädchen, welche in ihrem Aufenthaltsorte wohnen, eifersüchtig zu sein; denn sie haben in der Nacht zum 7. September v. I. den Wirlhschaftkgehiife» G. auS Wattersdorf, welcher mit einem Crottendorf» Mädchen ein Liebesverhältnis uuterhielt, derartig geschlagen, daß er aus der Stelle bewußtlos liegen ge blieben und dann «ine Woche lang vollständig arbeitsunfähig gewesen ist. Bom Schöffengericht Scheibenberg find Götz zu 2 Monaten, Päßler und Gehlert zu 2 Monaten 2 Wochen und Lang zu 3 Monaten 2 Wochen Se« fängniß verurtbeilt worden. Außer Lang legten die übrigen Angeklagten, welch« unschuldig sein wollten, Berusug ein. Ihr Rechtsmittel wurde aber verworfen. „ . „ . Strafkammer I 18/1. Der Tischler Franz Pohl aus Chemnitz stand unter dcr Anklage der falschen Anschuldigung bez. der Beamtcnbalrivigung. Am 16. August v. I. befand sich Pohl mit seiner Ehefrau auf dem Tanz saale eines hiesigen Gastbofs. Er trank Bier und kam dabei mit dem ihn bedienenden Kellner in Streit, weil dieser ihm — wie er behauptete — aus eine Marl dar überschüssige Geld nicht wiedergegeben. Der Kellner stellte dies in Abrede und schließlich verwies der den Schänkhausdienst ausübende Schutzmann Sch. den Pohl an den Besitzer des Tauzlocals. Dieser lehnte es ab, sich in die Angelegenheit zu mischen und nun hat Schutzmann Sch den Kellner nach seinen Namen gefragt, sich die erforderlichen Notizen gemacht und den Zettel Pohl, den er jetzt auf den Klagweg verwies, übergebe». Pohl gab sich aber damit nicht zufrieden, machte vielmehr auf dem Saale Scandal und wurde schließlich vom Wirth hinausgewiesen. Da er nicht gutwillig ging, wurde er gewaltsam entfernt; ebenso erging eS siiner Ehefrau, die in das Raisonnement ihres Ehemannes angeblich sehr lebhaft eingestiuimt hat. Ucber das Hinausfahren auS dem Saale sehr ausgebracht, machte das Pohl'sche Ehepaar dem Besitzer des Gasthofs im Garten noch eine Sceae, die aber ernstere Folgen nicht nach sich zog. Anstatt über den in seinen äußersten Confequenzen doch selbst verschuldeten Borsall zu schweigen, ergriff Pohl die s,tz«e -ine au das bi-kia- P->ri»elamr gerichtete Anzeige aus, m welcher er behauptete, baß sich der Schutzmann Sch. einer Reihe grober Pflichtverletzungen schuldig gemacht habe- Auf diese Anzeige hin wurden von dcr Vorgesetzten Behörde gegen Sch. Erörterungen angestellt, welche aber ergaben, das die von Pohl aufgestellten Behauptungen völlig grundlos waren. Nunmehr wurde gegen Pohl das Strafverfahren wegen falscher Anschuldigung und bez. Beleidigung eines Beamten eingelcitet. Durch eine große Reihe Zeugen wurde unzweideutig uachgewiesen, daß Schutzmann Sch. sich bei dem in Frage stehenden Vorfälle keiner Pilichtverletzung schuldig gemacht hat, andererseits nahm aber der Gerichtshof an. daß Pohl die in seiner Anzeige behaupteten Thalsachen nicht wider besseres Wißen zur Kenntniß de» hiesigen Polizeiamts gebracht hat. Er wurde daher nur wegen einfacher Beamten beleidigung mit 1 Monat Sefängniß bestraft. Chemnitzer Stadt-Anzeiger. Chemnitz, den IS. Januar. — Als Vorstand de» AichamtS, an Stelle der mit Ende vorigen Jahres ans dem Rathe ausgesch irdenen Herren Stadträthe Spindler und Gehlert, denen das Amt als Vorstand -ez. stellver tretender Vorstand des hiesigen Aichamtes überlragen war, find vo« Rath Herr Sladtrath Paul Bartsch und Herr Etadtraih Max Arnold als dessen Stellvertreter gewählt und nach erfolgter Be stätigung dieser Mahlen durch die Kreishavptmanuschaft zu Zwickau vorschriftsmäßig verpflichtet worden. — Maria Dänivis, die von der Kritik außerordentlich günstig beurtheilte belgische Hof- und Kammersängerin, welche, wie wir schon vor eiuigen Tagen erwähnten, am hiesigen Stadt- Theater gafliren wird, tritt hier schon Ende diese» Monats vnd zwar vom 27. ab auf. Die Künstlerin wird hier im „Barbier von Sevilla", In „Lucia" und in „Faust" von Gounod fingen. thek bewahrt unter ihren alten Drucken ein seltenes Stück, aus acht Quartblättcrn bestehend, vom Jahre 1533 und au» der Druckerei von Ivo Schöffer, dem Nachfolger seines Oheims Johann hcrvorgegangen, welches den Titel führt: „Römischer Keyserlichen Majestät und gemeyner Stände de» heylichcn Reich- Ordnung, aufs jünst gehalten Reichstag gemacht" rc. Darin finden wir auf Blatt 7 „von der Truckerey" das erste allgemeine Censur gesetz. Es heißt darin: „Nachdem durch die unordentliche Truckerey biß anher viel übles entstanden, ergeht das Verbot, etwas neues zu trucken noch fehl zu halten, es sey denn zuvor durch dieselb grhstlich und weltlich oberkeyt darzu verordnet, verstendige Personen besichtiget, des Truckers namen und zunamen, auch die statt, darin solches ge- trucket, mit nemlichen worden darin gesetzet." Der Reichsabschied von 1570 und die Rcichspolizeiordnung von 1577 enthielten die Bestimmungen, daß die Errichtung von Buch druckereien nur tauglichen Personen «erstattet werden solle, welche auf die Beobachtung dcr Reichsgesctze über den Druck von Büchern ver eidet worden sein. Wenn nun auch auf der Uebertretung der Präventivcensur in Deutschland nicht so schwere Leibesstrafen standen wie seit Franz I. in Frankreich (wo sogar dem Drucker mit de« Tode gedroht wurde), so wurde die Sache doch sehr streng genommen und unter Umständen sehr energisch imrfolgt. Die Ueberwachung erstreckte sich nicht allein auf den Drucker, sondern auch aus den Buch händler, die freilich beide damals säst immer in einer Person ver einigt waren. So büßte beispielsweise im Jahre 1524 der Buch händler Johann Hergott in Leipzig wegen Verkaufs verbotener Bücher unter dem Beile des Henkers. Im alten deutschen Reiche bestand bekanntlich ein kaiserliches Büchercommissariat zur Handhab ung dcr Censur in Frankfurt a. M. und die Kaiser gelobten in den Wahlcapitulationen ausdrücklich, strengstens darüber zu Wachen, ein Gelöbniß, das freilich bei der Schwäche der Centralgewalt nur eine sehr mangelhafte Erfüllung zuließ. Wie viel unfreiwilligen Humor die edle Censur in der Folge zu Tage gefördert, das ist zu bekannt, als daß wir nöthig hätten, hier besonders davon zu sprechen. F Z>
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