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54. Jahrgang Dienstag, den 25. Mtoöer 1892 Inserate werden bis Montag Mittwoch u. Freiln,; Mittag angenommen und kosten: die1spalt.Zeile15Pi^ Unter Eingesandt: MPfg. Abonnements - Einladung. Bestellungen aus die „Sächsische Dorszeituug" für die Monate November und Deeember nehmen alle kaiserlichen Postanstalten und Postexpeditioneu, sowie auch alle Laud briefträger gegen Vorausbezah lung von 1 M. entgegen. Bereits erschienene Nummern werden, soweit möglich, uachgeliesert. Jnseraten- Annatzmestellen: Die Arnoldische Buchhandlung, Jnvalidcndank, Haasenstein LVogler, Rudolf Mosse, G. L. Taube « E ». in Dresden, Leipzig, Frankfurt a/M., G. Loht, Kesselsdois u. s. w. Politische Wellschau. Deutsches Reich. Ihre Majestät die Kaiserin beging am Sonnabend im Neuen Palais in Potsdam ihr GeburtSfest. Vorm. 9 Uhr waren die Musikkorps des 1. Garderegiments und der Garde-Jäger erschienen, um der hohen Frau eine solenne Morgenmusik zu bringen. Schon in früher Morgenstunde hatten Se. Majestät der Kaiser und die kaiserlichen Prinzen per sönlich ihre Geburtstagsglückwünsche dargebracht. Die Mitglieder der kaiserlichen Familie und die eingetroffenen auswärtigen fürstlichen Gäste empfing Ihre Maj. die Kaiserin kurz vor der Taufe der Prinzessin - Tochter. Die Tauffeier nahm Nachm. 5 Uhr im Neuen PalaiS ihren Anfang. Die feierliche Handlung vollzog Superin tendent vr. Dryander. Als der fürstliche Zug die JaSpiS- gallerie betreten hatte, stimmte der Domchvr einen Psalm an. Unter den brennenden Lüstersund Kandelabern bildeten die fürstlichen Personen einen weiten Kreis um die Al tarstätte. Im Vordergründe standen mit dem Kaiser die Pathen, soweit diese persönlich erschienen waren: die Frau Großherzogin von Baden, der Großherzog von Mecklenburg Strelitz und seine Gemahlin, die Groß. Herzogin Mutter von Mecklenburg-Schwerin mit der Prinzessin Elisabeth, Prinz und Prinzessin Leopold von Baiern, Letztere bekanntlich die älteste Tochter des Kaisers von Oesterreich, Herzog und Herzogin Karl Theodor in Baiern, Herzog und Herzogin Karl Ferdinand von Schleswig-Holstein-Glücksburg. Diesen zur Seite bez. dahinter standen die Vertreter der fern gebliebenen Pathen: die Erbprinzessin von Meiningen, Herzog Ernst Günther von Schleswig, die Botschafter Rußlands, Spaniens und Englands und der Gesandte Württem bergs. Der König von Dänemark war durch den Ober. Hofmarschall v. Lövenskjold vertreten. Zu den ab wesenden Pathen gehörte außerdem die Kaiserin Friedrich. Auf ein vom Kaiser gegebenes Zeichen wurde der Täufling hrreingebracht. Das Kind ruhte auf einem Kissen von Drap b-r Militärvorlage nicht ein einzelner Gegen- kiivfknönaia Erhöhung von bestehenden Steuern, her- balt?n soll^Es sind die bekannten ObM: Tabak, Bier, LtL, Börsenste^ eine Abgabe von mlandrschem Schaumwein. Dre Vor- b-r-itunaen zur Ausarbeitung dieser sammtltchen Vor- schlüge sollen lebhaft im Gange sein. — WaS den Reichs- ag öetrifft, so wird dessen Entschließung von der Ent- cheidung über die Mil,tärvorlage abhängig sein. Zur Vertbeilung der nothwendigen Mehreinnahmen auf eine 7anze Reihe von Steuerquellen kann man geltend machen, daß aus diese Weise kein Erwerb und kem ProduktionS- rweia derartig überlastet wird, daß er ernstlich in seinem Fortbestehen gefährdet wäre und daß es ohne eine ganz gewaltige wirthschaftliche Umwälzung gar nicht möglich ist aus einer einzigen Steuerquelle die erforderlichen aioßen Mehreinnahmen zu schöpfen; es werden auch schwerlich im Reichstage andere aangbare Wege gezeigt werden LS wird sich für den Reichstag vorzugsweise darum handeln, die Höhe deS Bedürfnisses zu ermäßigen, dann werden auch die Ansprüche auf neue Einnahme quellen sich mindern. Ob jenes gelingen wird, ist frei lich eine andere Frage. Die Regierung soll nicht ge- neigt sein, an der Vorlage, wie sie aus dem BundeS- rathe hervorgehen wird, wesentliche Einschränkungen zu zugestehen , sondern eS lieber auf das Aeußerste an kommen lassen. Die Erlöserkirche in RummelLburg, welche unter dem Protektorate der Kaiserin vom evangelisch-kirchlichen Hilfsverein erbaut ist, wurde in Gegenwart des Kaiser- und der die Kaiserin vertretenden Prinzessin Friedrich Leopold am Freitag feierlich geweiht. Die neue Kirche, unter Anlehnung an Entwürfe deS Baurathes Hase in Hannover, von Baurath Spitta mit einem Kostenauf wands von 236,000 M. erbaut, ist ein gothischer Back steinbau. Den Bauplatz hatte die Stadt Berlin zur Verfügung gestellt. Ihre Majestät die Kaiserin hatte seiner Zeit den Grundstock durch eine Gabe von 20,000 M. auf 40,000 M. erhöht. Durch kaiserl. KabinetSorder ist genehmigt worden, daß alljährlich aus dem ältesten Jahrgange der Militär schule des Militärwaisenhauses zu Potsdam eine An zahl von Militärschülern — jedoch höchstens neun — noch ein viertes Jahr unter der Benennung „Fortbildungs schüler" in dem Mrlitärwaisenhause belassen werden dürfen. Dre den Militärschülern durch die allerhöchste KabinettS-Order vom 23. December 1875 auferlegte be sondere Dienstverpflichtung wird durch das Verbleiben in der Fortbildungsschule nicht verlängert. Das preußische Kriegsministerium hat die Beamten der Militärverwaltung jetzt verpflichtet, in allen Fällen ck'argent mit Schleppe aus gleichem Stoffs. In die Schlep- penrobe ist eine Krone von Gold gestickt. Unter derselben befinden sich die Namen aller Kinder, die darin getauft wurden, mit dem Datum deS TauftageS. Die Groß herzogin von Baden hielt den Täufling während deS Taufaktes über die Taufe. Die Prinzessin erhielt die Namen „Viktoria Louise Adelheid Mathilde Charlotte." Nach dem Schluffe der heiligen Handlung fand in dem an die JaSpiSgallerie angrenzenden Salon vor Ihrer Majestät der Kaiserin, an deren Seite die neugetaufte Prinzessin in der reichqeschmückten Wiege deS Hohen. zollernhauseS lag, eine Defilirkour statt, darauf folgte Galatafel im Marmorsaale. Bei der letzteren brachte Se. Majestät der Kaiser das Hoch auf den Täufling aus. Die Militärvorlage bildet nach wie vor daS Tagesgespräch und sie steht im Vordergründe alles öffentlichen Interesses. Sieht man sich die vorläufige Stellung der Parteien in ihrer Presse zu den be kannten Umrissen des Inhalts der Vorlage an, so springt in Vie Augen: Der Einen Wille ist der Anderen Verdruß. Die Linke wünscht die zweijährige Dienstzeit aber, uneingedenk ihrer früheren Haltung und sogar ihrer Programme, ohne Erhöhung der Friedens stärke; die Rechte dagegen neigt umgekehrt der Ausbil dung aller Tauglichen mehr zu als der zweijährigen Dienstzeit. Dies scheint nun schwer vereinbar zu sein. Ein endgiltiges Urtheil läßt sich doch erst gewinnen, wenn alle Einzelheiten, namentlich die Beweggründe, welche das Vorgehen der für die Politik des Reichs an erster Stelle verantwortlichen Personen bestimmen, genau bekannt sind. Es kann wohl behauptet werden, daß die leitenden Gründe auch manchen Voreinge nommenen noch für die unbedingte Nothwendigkeit der beabsichtigten Heeresreform gewinnen werden. Ob eine Auflösung des Reichstages erforderlich werden wird, wie man so vielfach schon im Voraus gern als be stimmt annimmt, vermag noch Niemand vorauszu- sehen. ES scheint aber als ob die Ziele der Vorlage, insbesondere die Erleichterung der persönlichen Dienst last und die Schonung der älteren Jahresklassen im Kriegsfälle in ihrer populären Wirksamkeit weit mehr unter- als überschätzt würden. Abgesehen nun hiervon ist die Angelegenheit viel zu weit schon vorgeschritten und jetzt noch den Kämpfen auszuweichen, die doch ein- mal unvermeidlich werden, wäre schon eine empfindliche Niederlage, mindestens eine starke Einbuße an Ansehen. Die Sache muß nun eben durchgekämpft werden. Die leitenden Männer, insbesondere Kaiser und Reichskanzler, sind dazu fest entschlossen, wenn auch über die Mangel, Hastigkeit ihres vollen guten Einvernehmen- mancherlei Ansichten bestehen. Auf nationalliberaler Seite be- trachtet man eS als feststehend, daß zur Deckung der Exped. u. Redaktion Dresden-Neustadt, N Meißner Gasse 4. Die Zeitung erscheint Dienstag, Donnerstag und Sonnabend früh. Abonnement»- Preis: »ierteljährl. M. 1,50 Zu beziehen durch die kaiserlichen Post- «istaltcn und durch unsere Boten. Bei freier Lieferung in» Haus erhebt die Post noch eine Ge bühr von 25 Pfg. iiöWe Verheilung. (Lin unterhaltendes Blatt siir den Bürger und (andmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrmau« Wüller in Feuilleton. Keimgefunöen. Roman von Wilhelm Appelt. (Nachdruck verboten.) (12. Fortsetzung.) „'s könnt schon so sein!" brummte er verdrossen- Da blinzelte sie ihm schelmisch -u, indem sie recht verlockend ihre Lippen spitzte. Da konnte er seinen Groll nicht länger aufrecht halten und gleich darauf herzte und küßte er sie, daß sie gar nicht mehr zu Worte kam. Wie mit Purpur übergossen, faßte sie hierauf seinen Kopf, nachdem er sie abermals gefragt, was der Fremde zu ihr gesprochen und verschämt flüsterte sie ihm in's Ohr: „Wenn's in uns'rer zukünftigen Ehe einmal einen Buben geben sollt', wollte er dafür sorgen, daß sein Herr, welcher gar hochgestellt sei und Johann heiße, die Pathenstelle übernehme, was derselbe mit Freuden thun würde, da Du ein so wackerer und treuer Tiroler bist!" „Lieschen", rief Deter jubelnd, indem er sie stürmisch in die Arme schloß, Sonntags giebt'S bereit- das erste Aufgebot in der Kirche und drei Wochen darauf die Hochzeit! Ach, wie freue ich mich doch schon auf unser kleines Hansel!" „Geh, Du bist ein Narr, Peter!" rief sie, während :br aber doch da- Helle Glück au- den Augen leuchtete. Bald darauf wanderte er rüstig dem Thale zu, um den Auftrag des Barons Hormayr zu besorgen. Es war ihm, wie er so dahin schritt, als säßen Lerchen in seiner Brust. Als er an eine offene Stelle des Waldes gelangte, riß es ihn gewaltsam zurück, denn von unten her kamen ihm einige französische Soldaten entgegen. Da war es ihm auf einmal als brenne ihm das Päckchen mit dem gedruckten Aufrufe des Erzherzog- Johann wie Feuer auf der Brust, meinte er doch, sie seien heraufgekommen, um zu spioniren. Ging er seines Weges weiter, so lief er ihnen in die Hände und sie mußten, wenn sie Verdacht schöpften und ihn unter suchten, die Drucksachen bei ihm finden. Kehrte er aber um, so war es ihm nicht möglich den übernommenen Auftrag auszuführen. Einen einzigen Ausweg sah er vor sich. Rechts von ihm zog sich an einem tiefen, steilen Abhange ein kaum handbreiter Pfad dahin, der ungemein gefährlich war. Rasch entschlossen betrat er denselben. Er mochte jedoch kaum hundert Schritte gekommen sein, als eine drohende Stimme an sein Ohr „Zurück, oder eS wird geschossen! Wer ein gute- Gewissen hat, braucht vor Soldaten nicht davonzulaufen!" Peter blickte nicht erst hin, woher der Ruf ge kommen, sondern suchte schnell über den Abhang zu gelangen; bevor er jedoch sein Ziel erreicht, sah er auch auf der anderen Seite einige Soldaten ihn er wartend stehen, während einer der ersteren ihm aber mals zudonnerte: „Zu uns herüber, oder ich kommandire Feuer! Ein-, zwei . ." Bevor das Drei erklang, dem die Schüsse folgen sollten, sauste Peter mit einem gellenden Aufschrei den steilen Abhang über das Schuttgeröll und Felsgeftein hinab, sich mit dem Bergstöcke mühsam im Gleichgewichte erhaltend. Unten angelangt, befühlte er rasch seine Glieder, ob sie noch alle ganz; er war für sein Wage stück mit einigen tüchtigen Hautabschürfungen davon gekommen. Entsetzt hatten die Soldaten dagestanden. Als sie aber merkten, daß Peter nicht viel geschehen, forderten sie ihn auf, heraufzukommen, auf welches hin er ihnen zurief, daß er wohl so Manchen hinunter, Keinen aber hinauffallen gesehen habe. Die Wahrheit dieser Worte einsehend, ließ man ihn laufen, da man meinte, daß er höchstens ein Wilderer sei. Peter rannte nun was er nur immer konnte und erst als er sich in voller Sicherheit befand, hielt er in mitten des hohen Waldes ausruhend seine Schritte an. Da zog er das Päckchen Drucksachen hervor und gleich darauf begann er den Aufruf des Erzherzogs Johann tu lesen; dabei begannen seine Augen in überirdi schem Glanze zu leuchten; der Schluß deS Aufrufe« lautete: _ „Im Hochgefühl unserer treuvereinten Kraft, im Hochgefühl der allgerechten Sache pflanze ich wieder den österreichischen Adler in die Tiroler Erde, in welcher die Gebeine so vieler meiner glorreichen Ahnen ruhen. Tiroler, ich kenne Euch, wie ich keinem Eurer Thäler und Alpen fremd bin. Ich bin gewiß, EuA allerhöchsten Vertrauen-, Ihr zeigen^uH unserer großen Erwartungen würdig be- ikm Ater Ende war, rief er ergriffen, während ihm die Thränen über da- Gesicht rannen: