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Sächsischer Landes-Anzeiger : 10.09.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-09-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188609103
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18860910
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18860910
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1886
-
Monat
1886-09
- Tag 1886-09-10
-
Monat
1886-09
-
Jahr
1886
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 10.09.1886
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Ne sedi-n Wochentag Abends (mit dem Datum des folgenden Tages) zur Ver sendung gelangende unparteiische Zeitung „Sächsischer Landes - Anzeiger" mit dem »eiblatte: „Tägliches UnterhaltnagSblatt" und dem humoristisch illustr. Sonntagsblatt „Lustiges Bilderbuchs kostet monatlich nur SO Pfg. lVostzeitungS-PreiSliste Nr. 4633.) Beiblatt Mm Sächfischen Lanbes-AMiger. Re. 2L« Freitag, den 10. SePtemta 188S. IasertiouspreiS im „Sichs- Landes-«»»!, Raum einer schmalen CorpuSzeile Iki Bei Wiederholung großer Annoncen Si Bei Bestellungen von Auswärts wo» Jnsertionsbetrag (in Briefmarken) beifüg« ^ . licSSilbenCorpuSschrist bilden ca.1 Zeih) y. Zllnrgnng. Der großen Auflage wegen kön»e»Annonce> ^^^^E^^^^^^>>ur^b>s^Boriiiittaa^augenoi^Mp^^^^ 1 Berschlnugene Schicksale. Roma» vo» Marie Calm. Nachdmck verboten. Fortsetzung. Und unu waren sie Man» und Weib. In der alte« gothischen Kirche, die Jda so sehr liebte, waren sie getränt worden. Die Sonne hatte freundlich durch die gemalten Fenster hinein geblickt, und die Bi'der hinter dem Altar: die blaue Jungfrau Maria und der rothe Petru^hatteu «rnsthaft zugeschaot, und das Publikum hatte gesagt, e» sei ein stattliches Paar, und daun hatte« die Freunde ihnen die Hand ge drückt, und es verstand sich ganz von selbst, daß ste glücklich waren. Nun stand Jda im Reiseauzug in ihrem Stübchen und nahm Abschied von de» altmodischen Möbeln, deren jede- eine Erinnerung an den Vater war: von dem Schreibtisch, au dem sie di« Freude des Schaffens kennen gelernt, von dem alten Lehnstuhl, in dem sie so manche Stunde verträumt, vo« dem krausen Tapeteumuster an der Wand, auf dem ihr Blick unbewußt so oft geruht, und doS sie ihrem Gedächtuiß einprägte, um Alles, dis in di« ü'einsteu Details hinein sich genau wieder Vorsteven zu können. Thräne auf Thräue stahl sich über ihre Wange hinab, «ud endlich sank sie schluchzend vor dem Sopha auf die Kniee nieder und barg das Antlitz in die Kiffen. »Jda, meine theure Jda!- sagte eine milde Stimme und ein Arm legt« sich sauft um ihre Schultern. Sie richtete sich auf und versuchte ihre Thriiuen zu hemmen. »Verzeih, Erich —" »Daß Dir der Abschied schwer wird? Das ist ja natürlich! Ich fühle mich fast schuldig, daß ich ihn Dir auferlege.* »Du weißt ja, daß ich Dir gern folge,* sagte sie, durch ihre Thräurn lächelnd z« ihm aufblickeud. »Und Du vertraust mir, nicht wahr? Du weißt, daß ich keinen größeren Wunsch hege, als Dich glücklich zu machen?* »Mein guter Erich I Und ich werde auch glücklich sei«, nur —* »Nur was, mein Lieb?' fragte er, während ein Schatten über seine Stirn hinzog. »Nur muß Alles immer klar «ud offen zwischen uns sein, nicht wahr?* sagte sie herzlich. Und al» sie de« Schatten noch immer bemerkte, fuhr sie fort: „Ich möchte Dir etwa» erzählen. ES ist vielleicht sonderbar, aber ich habe immer die Gewohnheit gehabt, mir unter jedem Namen etwas zu denk«,, irgend eine Eigenschaft damit in Verbindung zu bringen. So erinnerte mich Dein Name, Erich, als ich ihn zuerst hörte, au ehrlich und deshalb gefiel er mir gleich so gut.* »Er gefiiel Dir, weil Du mich für ehrlich hieltest?" fragte er scherzend. Doch lag etwa» Gezwungene- in dem Tone. »Hatte ich da nicht Recht? Weißt Du nicht, was Shakespeare sagt: Ehrlich sein, heißt ein Auserwählter unter Zehntausend«» sein! Kann man Jemandem ein höhere» Lob spenden?* »Freilich — denn «S ist in dieser Welt nicht leicht, in dem Sinn« immer ehrlich zu sein.* Jda blickte ihren Gatten erstaunt an: er hatte da» so sehr ernst, fast düster gesagt; wa» mochte er dabei denken? — Plötzlich aber fiel ihr ein, daß sie selbst ja nicht ganz ehrlich gegen ihn sei: da» Geheimuiß ihrer Schriftstellerei ... Sie wurde ganz verlegen und sagte zögernd: »DaS ist wahr. Wer kann sich rühmen, keinen Ge danken zu haben, den er nicht aussprechen dürfte? Aber zwischen Gatten — mit der Zeit —* Sie wagte nicht weiter zu reden, ste sah nur aus dem alten, ledernen Lehnstuhl, in dem ste saß, innig zu ihm empor, er hatte de« Arm um sie gelegt nud schaute ihr forschend in'S Auge. So hatte er sich nicht getäuscht: auch sie hatte etwas vor ihm zu ver- bergen, ste war sich bewußt geworden, daß ihr freundschaftliches Gefühl für ihren Schwager — »Kinder, e« ist hohe Zeit!* ertönte jetzt Bernhards Stimme von der halb geöffneten Thür her, von wo aus er die Beiden einen Augenblick mit stillem Wohlgefallen betrachtet hatte. Nanua staub hinter ihm, eine große Reisetasche in der Hand. »Ich habe — noch — vor allem — Kuchen hinein gesteckt,* sagt« ste unter Schluchzen, »und Jochen, dies Kästchen hast Du ver- geffen — vo» Betty —* »Ach, die Serviettenringe von der guten Betty, unserer früheren Haushälterin,* fügte ste erklärend zn Erich hinzu, der sich bemühte, noch ein Plätzchen für da» kleine Packet zu finden. Tchma*otze»prrze als Flieg-ntödt-r. Bon vr. Otto Zacharias. Nachdruck verboten. DI« Fliegenplage, unter der wir während der schöne« sonnigen Sommermonate zu leide« haben, hört mit dem Begin« des kalten Herbstwettrr» auf, und insbesondere ist e» der Monat Oktober, wo der Tod in erfreulich-furchtbarer Weise unter dem Fliegenvolk« wüthet. Dann tritt die Zeit «in, wo die Fliegenleicht« maffenhaft an de» Wände« zu hängen pflegen — als charakteristische» Merkmal ihrer TodeSart «inen bi» znm Bersten aufgetriebeneu Hinterleib zeigend. Der Tod, der jetzt dem Gesumme und Gekrabbel de» lästige« Ge schmeißes ein Ziel setzt, erscheint in Gestalt eine- Pilze» (Lwpusu wusoae) «nd «» verlohnt sich scho», uv» einmal die Art und Weise, wie durch diese« Pilz die Bertilgnug i«S Werk gesetzt wird, näher anzusehen. ES giebt nicht» Unwichtiger und Uniutereffante» auf dem Gebiete de» Naturwiffrn», wen« wir nur tief ge«ug i» den Zusammen hang der Erscheinung«« rindringe». Der Beginn de» durch d«n Echmarotzerpilz hervorgernfenr« Nebel» äußert sich bei de« Fliegen durch groß« Trägheit nnd Mattigkeit. Sie vermögen sich kaum «ehr aus de« Beine« z« erhalte«. Sehr bald schwillt auch der Hinterleib stark an «nd zwischen seinen Segmente« brechen drei weiße Ringe hervor, welch« sich mehr und «ehr vergrößern. Diese Ring« rühre« von de« sich mehrenden keulenförmigen Empusa-Zellen her, welche dann an ihrer Spitz« Sporen (d. h. Körperchen, di« z«r Fortpflanzung dienen) bilde«. Wenn diese Sporen das Stadium der Reife erlangt haben, werde« ste fortgeschlendert und hieran» erklärt e» sich, daß wir di« jetzt vorfiudlichen Fliegen-Kadaver fast ausnahmslos mit einem weißlichen Hof umgeben sehen. Wie all« niedere« Pilzforme«, so ist auch die vwpas» museuo ei« sehr einfaches Gebilde und ihr Evtvickel«ngSgang ist daher experr«k«tell ziemlich schwer l» alle« Einzelheiten zn verfolgen. Loh« (186b) «nd Lebert (18b6) lieferten zuerst ei«« genauere Untersuchung. Jetzt ke««en wir de« Verlauf, den di« Fliegen-Epidemi« nimmt, in vollständigstem Detail. Allerdings bleibt e» noch immer unklar, auf welche Weise der Pilz überwintert und wie er gegen Ende de» nächste« Sommer» immer wieder von n««em in den Körper der Fliegen gelaugt. Ei« anderer Forscher (Brrfeld) meint, daß viele der an geschützten Orten überwinternden Fliegen ebenfalls Pilzküme enthielte« und daß vielleicht ans diese Weis« im folgenden Sommer di« ne«e Fliegengeneratiou infizlrt werde. Aber da» ist nur eine Bermnthung; die Frage selbst ist «och offen. Und nu« hielten sich die beiden Schwestern umfangen und ihre Thränen stoffen vereint. Während de- ganzen Wi«terS hatte «in Etwa» zwischen ihnen gestanden, da» Keine recht zu bezeichnen wußte, da» aber ihr sonst so innige» Berhältuiß störte. Sie fühlten Beide, da» früher unbedingte Bertrauen hatte einen Stoß erlitten. Jetzt aber brach die alte Liebe mächtig hervor, Jede fühlte nur, daß st« die theure Schwester, von der ste nie gekeimt gewesen, verlieren sollte. Alle» Störende war vergessen in dem Schmerz de» ersten, ernsten Abschieds. Ganz aufgelöst in Thränen reicht« Nanua dann dem Schwager die Hand. Sie nannte« sich jetzt »Du*, — der alte Moser hatte das beim hochzeitlichen Ehampagner vorgeschlagen, und «S war ja schließlich natürlich; aber Beide waren noch so wenig unbefangen, daß sie nun vermieden, sich anzureden, und so war der Abschied doppelt steif. Dan» begleitete Bernhard da» junge Paar zum Bahnhof. » ES war Abend geworden. Auf der tief gelegenen Station hatte man schon die Lampen avgezündet, oähreud die alte Burg hoch über ihnen noch im letzten Strahl deS Tages erglänzte. Hand in Hand mit Bernhard stand Jda auf dem Perron, indessen Erich die Blllet» besorgte, und betrachtete noch einmal das Bild der theuren Heimath, das ihr nie so poetisch» so schö» vorgekommeu. Jede Berg, spitze schien ihr einen Abschiedsgruß zuzuwinken, jede Heimstätte, malerisch au» blühenden Bäumen sich hebend, schien zu sagen: Hier ist'» so gut sein, warum verläfsest Du nn»? — Und den Freund an ihrer Seite, den keuen, zuverlässigen Freund, mit dem sie so rückhaltlos Alles hatte besprechen können, der sie stets so gut verstanden — auch ihn sollt« sie verlassen. Freilich, ein anderer Freund, der ihr noch weit näher stand, würde ihn ersetzen; sie liebte den neuen Freund — aber das unbedingte Berkauen, das der alt« ihr «ingeflößt, konnte sie dem neuen noch nicht schenken. Sie dankte Bernhard mit warmen Worte« für seine Freund schaft, seine brüderliche Liebe. Voll «nd innig ruhte ihr Blick auf dem guten Antlitz, da» sie uu« für lange Zeit nicht wieder sehen sollte. Auch Bernhard war tief bewegt, kaum seiner Thränen Herr. — Schweigend betrachtete Erich, der unbemerkt dazu gekete« war, die Beiden und eS fiel ihm wieder ein, wie zweifellos e» ihm ge wesen, als er sie zuerst gesehen, daß sie ei« Paar seien. Nn» war sie seine Gattin, aber er meinte, so hingebend habe ihr Auge ihn nie angeblickt, wie jetzt den Freund, bis eS überfließeud sich an deffen Schulter barg. Sie zuckte zusammen, al» Erich ihren Namen nannte. Bernhard legte ihre Hand in die de» Freunde» und sagte ernst: »Mache ste glücklich — sie verdient eSl* Dann noch ein letzter Händedruck, ein letzter Blick empor zu der burggekrönten Stadt, zu dem Dom. der vor wenigen Stunden Zeuge ihres heiligen Gelübde» gewesen — und dahin brauste der Zug. Di« Heimath lag hinter ihr — eine neue Welt, ein neue» Leben wartete ihrer. Das fahle Licht de» Morgen», eine» trüben regnerischen Morgens, lag über dem großen Häusermeer«, Berlin genannt, als da» junge Paar dort anlaugte. Wie lebhaft eS scho« da hergiug, trotz der frühen Stunde! Und wie entsetzlich hoch die Häuser waren, und wie eben di« Straßen «nd wie einförmig: lange, lange Reihe« von Steiumaffen, ohne Individualität, ohne Charakter. Ts war zwar viel bequemer und praktischer, als ihre bergige« Straßen «ud regel losen Häuser daheim, aber schön war eS nicht! Und dies war ihr Haus — ihr künftiges Heim! Erich zeigte empor zu den Fenstern des zweiten Stockes. Iw Erdgeschoß war ein Laden — Band und Zwirn und dergleichen, ein ganz reinliches Geschäft, wie Erich sagte; er hatte eine Wohnung in dieser Gegend, in guter Geschäftslage nehmen müssen, seiner Praxis wegen. Jda wußte ja das auch; dennoch berührt« es sie unangenehm, daß ein nachlässig gekleideter Junge — ungewaschen, wie e» ihr schien — die Läden herunter nahm und, als sie jetzt aus dem Wagen stieg, sie frech austarrte. Sie dachte an ihr grüubekränzteS Breidablick in seinem stillen Thälchen — freilich, das konnten sie in der großen Stadt nicht haben! In ihrer Etage empfing sie da» Mädchen — nett nud zierlich gekleidet, ein echte» Berliner Kind, aber auch mit dem uugenirten Unser« Stubenfliege» werden jedoch nicht lediglich vo« dem Lmpusa Pilz befalle« ES ist i« «euerer Zeit noch el« anderer Feind deS Flieqenlibeu» entdeckt worden, der in der Mykologie unter dem Namen I-abouibsnia wusons anfgeführt worden. Derselbe fiedelt sich in Gestalt eine» wolligen, rothbrauxen Ueberzuge» anf dem Kopfe, dem Bruststück «nd an den Schenkeln der Fliegen an und verbreitet sich vo» da aus weit über den ganze« Körper des Insekt». Freilich wird der Fliegenhasser mit Bedauern vernehmen, daß dies« Pilzform den MnSeideu lange «icht so gefährlich ist, wie di« Empusa. Er wird mit großer Indignation — wie z« fürchten ist — davo« Ktnntniß nehmen, daß mit der l-uboulbeui» behaftete Fliegeu e» sich ganz wohl sein lassen n«d «unter nmhersummr», so lauge nicht der Schmarotzer ihre ganz« Körper-Oberfläche ergrifft« hat. Dagegen dürfte i« fliegeufeindlichen Kreisen die Nachricht große« Interesse erwecken, daß ei« italienischer Arzt, vr. B. Grasfi, ernstlich dara» denkt, de» versuch zu mache«, die Empusa-Krankheit den Fliegen schon im Frühling künstlich einzupflarzen, «m die Menschheit da» ganze Jahr hindurch von einem ihrer lästigsten Quälgeister zu befreien. Wie er da» freilich zu machen gedenkt, da» ist gegenwärtig noch sek« persönliche» Geheimuiß. Ich entnehme die bezügliche Nachricht einer italienischen Fatzeitschrist, die au» der Feder de» vr. Grasfi selbst eine« Aussatz über dieLlaleüri äslls mosoko — also über die Miffethaten der Fliege» — brachte. Wir müssen nunmehr adwarte«, ob der «nragirte Fliegrnfeind vo« RovellaSra (das ist der Wohnort vr. Grösst'-) zu« erwünschte« Ziel« gelaugt. Aber wenn auch Letztere» nicht der Fall sei« sollte, so find einige andere Nntersrrchnngen, di« vr. Grasfi angestellt hat, von uuzweisel- haften» Werth, iusoser« sie zeige«, daß di« Fliege «icht blo» ei« lästiger Gast in unseren Wohnung««, sondern auch ein gefährliche» Feind unserer Gesundheit ist. Zunächst mnß darauf hingrwiese« werden, daß die auf frei lie- gendr Kothmaffe« sich niedersetzeude Fliege leicht da» Vehikel «erden kann, anf welchem ei« entwickelnngrsähigeS Bandwurm-Ei zunächst a«f unsere Nahrungsmittel «ud mit diesen in «nsere« Mage« gelange« kann. Wir find also der Möglichkeit einer Jnficlruug anSgesetzt, wo wir e» gar «icht ahne«. vr. Grasfi hat ««« experimentell festgestellt, daß wir «» bei solche« Erwägungen «icht blo» mit grauer Theorie zu thu« haben. Der genannte Forscher setzte eine« Telle» mit eiuer große« Menge vo« Eiern «i«e» menschliche« Parasiten (Triotiooeplmlus) auf de« Tisch seine» Laboratorium». In einiger Entfernung vo» etwa zehn Metern davon befand sich der Eingang zur Küche. I« letzterer kritlsirenden Blick «ine» solchen. Der Kaffeetisch stand im Wohn zimmer bereit — wie hübsch da» Aller eingerichtet war — viel eleganter, als daheim, aber so ne«, so fremd! Doch sie unterdrückt» da» Gefühl und sprach Erich ihre Bewunderung au» und ihre« Dank, daß er Alle- so schön besorgt habe. »Da» hätte Bernhard nie zu Staude gebracht,* meinte sie, »so etwa» versteht er nicht.* Bernhard — sie dachte an ihn beim ersten Eintritt in ihr neue» Heim, ging «» Erich durch den Sinn. Er half ihr indessen ihre Sachen oblegen. Jetzt löste st« de« Hut, und da» Haar, deffen Knoten so viäe Stunden lang de« Mttel« nnd Stoßen de» Wagen» ««»gesetzt gewesen, fiel plötzlich» aller Bande baar, auf ihr« Schulter« nieder. Jda erröthete tief und wollte die reichen, braunen Massen de den Händen bergen, aber Erich hinderte sie. Bewundernd stand er vor ihr: er hatte sie nie so schön gesehen, nie geglaubt, daß sie so schön sein könnte, als in diesem Augenblick, von lieblicher Scham- röth« übergossen, umwogt von den glänzenden Wellen de» bi» über den Gürtel hinobwallendeu HaareS. : , »Wie neidisch, diese Pracht der Welt zu verbergen!* sagte er endlich, indem er die duftenden Massen durch seine Finger gleite« ließ. »Oder doch mir zu verbergen,* fügte er hinzu. »Ich hatte keine Ahnung von dieser Schönheit.* Jda erbebte. Er war — sie wußte da» ganz genau — da» erste Mal, daß er etwas Aeußere» an ihr lobte, da» erste Lom- pliment, das er ihr machte, und eS war ihr lieber, al» wenn er alle Weisheit «nd alle Tugenden der Welt an ihr gepriesen hätte. Wie liebte sie dies Haar, dem sie sonst nie besonder« Aufmerksamkett geschenkt, um seine» Lobe» willen; wie würde sie e» künftig hege» und Pflegen! . -Ä Aber plötzlich fiel ihr ein» daß ein aufmerksamer Bräutigam das doch längst entdeckt haben würde. »Du hast mich wohl nie ^ recht angesehen,* sagte sie mit leisem Vorwurf, »daß Du e» jetzt , erst bemerkst?* ^ »Ei, mein Kind, wer kann bei dem Haarschmuck junger Damittl^ denn wissen, wa» ihnen eigen nnd was angekauft ist,* lachte Erich. »Auch hast Du eS glücklich z« Stande gebracht, diese ganz herrliche Fülle in ein solche» Minimum zusammenzuzwängeu, daß Niemand bei Dir weder eigne« noch gekauften Haarreichthum vermuthen konnte. Aber ich, der ich stolz bin auf meine Frau und will, daß alle Wett sie schö» finden soll, ich leide da» nicht! Der neidische Knoten muß fort, statt deffen arrangiren wir da» so — ein Arzt versteht auch da» —* Und Jda saß still glücklich da, während ihr Gatte ihr da» Haar nach seinem Geschmack ordnete. ,, * « Ein neue» eigne» Heim! Welche Fra« wäre unempfänglich für seinen Zauber? Und Erich hatte soviel Geschmack dabei bewiese« ; da war nicht die Dutzend-Einrichtung von rothen Plüsch-Möbel« und prunkenden Goldrahmen, nein, da war alle» von vornehmer Einfachheit, mit kunstvollen Schnitzereien, alle Zierrafhe edel «nd harmonisch. Jda fühlte sich bald behaglich in diesen Umgebungen. Nur ihr eigene» Zimmer sagte ihr nicht recht zu, mit dem zierliche« Schreib tisch, den eleganten Nippsacheu — der Contrast war zu groß gegen die ruhigen, alten Möbel de» Vaters. Und besonder» mochte sie nicht hinaussehen: das hohe Hau», so nahe gegenüber, that ihren, an weite Fernsicht gewöhnten Augen ordentlich wehe, die zahllos« Fenster blickten so neugierig zu den ihrigen herüber. — Zehn Mal des Tage» eilte sie in der ersten Zelt an da» Fenster, um, wie daheim, in» Grüne zu schaue», frische Luft zu schöpfen, — und Kat dann jede» Mal enttäuscht wieder zurück. »Schade, daß Sie Berlin zuerst im Sommer kennen lernen, wo e» sich von seiner wenig vortheilhaften Seite zeigt,' sagt« Erich- Freunde, die da» junge Paar zu besuchen kamen Dann aber woltte man ihr auch die Herrlichkeiten der Stadt und Umgegend zeig«; man führte sie in de« Thiergarten, nach Charlotteuburg, zu dem Kreuzberge; Jda gab sich di« größt« Mühe, Alles schön zu find«, aber sonderbar! sie, die ihre kleine Heimath nie verlassen, wurde durch nicht» überrascht, ihre Phantasie hatte die Wirklichkeit immer noch überkoffen. Ein Gute» aber hatte die Jahreszeit: sie brauchten keine oder doch nur sehr wenig« Besuche zu mach«. So konnten sie sich erst waren de» Versuche» halber verschiedene weiße Papierblätter ««»ge legt, um di« Auswurfstoffe der Fliege» leicht sammeln zu könne». Lin« Untersuchung derselben seiten» de» vr. Grasfi ergab nun, daß n demselben Trichocephalu».Eier vorhanden waren. Wen» ich nun auch nicht glaube, daß dies« Eier durch den Rüffel der Fliegen de« Weg in de« Darm gefunden habe« und so n« den l'asoes nach außen gelangt find, so ist doch zu vrrmuthen, daß die zahlreiche», >en Hinterleib de» Insekts bekleidenden Hä,chm zur Tran»loelruug der Eier gedient Hab«. Und da» genügt, «m uu» die Gefahr z« zeigen, der wk ««» anSsetze«, wenn wir ohne Wettere» Kuchen oder Zleisch genießen, auf welchen Fliegen ihre Spaziergänge anSgesührt >ab«n. Daß aber so kleine Wese«, wie Bakterie», sehr leicht da» lküsselrohr der Fliege pasfire« nud a«f diese Weis« in den Darm »«selben («nd vo» da weiter) gelange» können ist a priori wahr- cheinlich nnd vo« Gesichtspunkte der Prophylaxis wohl zu beachten, vr. Grasfi verspricht, anch hierüber Experimente ««stelle» zu wolle«. Doch die» nur in Paranthesel Wir kehren zu unserem Haupt- thema zurück und möchten vor Allem darauf Hinweisen, daß «n» di« enorm rasch sich verbreitende Empusa-Epidemie zeigt, wie verschiedene DrganiSmen im Haushalt der Natur thiitig find, um die allzugroße Zunahme anderer z« verhindern. Jene Pilzarien diene« gleichsam al» Regnlatore» für die Vermehrung der Insekten; ohne ihr« Wirk« amkeit würden wir wohl bald mit zahllosem Ungeziefer einen Kampf «« die bloße Existenz zu kämpfen haben. Aber nicht blo» bie auSgebildeteu Insekten, fanden auch ihr« Larven werden bereit» vou parasitischen Pilzen angegriffen. So ent deckte der bekannte Botaniker Prof. Hallier al» Ursache der sogenannte« MnSkardlne der Kieferspinnrrraupe, k'awLgo salioins, eine» Pilz, der ür gewöhnlich auf Kirfernadeln ansässig ist. Di« Sporen dlese- pilze» gelangen durch de« NahruugSkanal in de« Magen «nd Darm der Raupe und beginne« vo« hier an» ihr« Entwickelung, die damit abschließt, daß sich die Fumago durch den ganzen Körper der Larve verbreitet, da» Blut derselben in Gähruug überführt und so de« Tod de» Ins.«» herbeiführt. Im Hinblick aus de« ungeheuere» Schaden, den die Raup« de- kiefernspinner» da, wo sie massenhaft anftrttt, verursacht, gewinnt die da» Ungeziefer vertilgende Pilzspor« — kotz ihrer mikroskopisch,« Kleinheit — ein« national - ökonomische Wichtigkeit. Während de» Dezennium» 1862 bi» 1872 hat di« Kiefernspiuner-Raupe in de« Provinzen Preußen, Pose«, Brandenburg und Sachsen kolossale Brr« Wüstungen in den Nadrlwaldnnge« ««gerichtet. Befrrsseu wurde« i« Summa 40,600 Hektar Kiefernforsten, davon total entlaubt 10,244 Hektar, so daß man 2 Millionen Kubikmeter an Holz einschlage»
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