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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 29.11.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-11-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188411299
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18841129
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18841129
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-11
- Tag 1884-11-29
-
Monat
1884-11
-
Jahr
1884
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 29.11.1884
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, ^ ' te. Nr. L8V. Sonnabend, 2S. November 1884. GeV« 2. — Am Schwenuiuger-Affaire. Wie vor einigen Tagen Gemeldet, hat die „Rordd Allge« ' milgetheilt. daß gegen da» Vor gehen der medizinischen Fakultät, die sich einstimmig Schwen ningens privaten Umgang verbeten, die .erforderliche Rewe- har" «fotzt sei. Diese «emedur besteht, wie e» nnn heißt, darin, daß der Fakultät durch ein Schreiben de» S> ltuSministn» mitgetheilt worden ist, sie sei al» Fakultät zn einem solchen Beschluß nicht be rechtigt. — Von dem Abgeord. v. Wedell-Malchow, unterflLht von der konservativen Fraktion, ist beim Reichstage ein Antrag ans Lin» sthrnng einer vörseu-, richtiger GeschäftSsteuer eingebracht, der nicht» andere» al» die genau« Wiederholung de» bekannten Beschäfts- penrrentwurfe» ist, d« am 21. Jnui dem Reichstage vom Bundes- rath zuging, aber nicht «ehr zur Berathuug kam, weil wenige Tage darauf dir Session schloß. L» ist die bekannte prozentuale Steuer von »/,«, pro Mille vom Werthe jede» Geschäft» außerhalb der Börse mit den bekannten Sontrollbestimmungen; man geht wohl nicht fehl, «eint die „Frkf. Atz ", wenn «au aunimmt, daß der Antragsteller im EiuverstLndniß mit der Regierung handelt und daß sein Bor gehen im Zusammenhang steht mit der offiziösen Erväruug, daß die Regierung neue Steuervorschläge nicht machen wolle, sondern die Initiative dem Reichstage überlaffe. — Wie der „Magdeb. Ztg." an» Metz geschrieben wird, ist in Sachen der Wahl de» bekannten Abgeordneten Antoine eine Untersuchung eingeleitet worden. Gegenstand derselben wird u. A.die lange vor der Wahl anfgrstellte und al» offene» Geheimniß behandelte Behauptung sein, daß der Protestpartei bedeutende Geldmittel an» Frankreich zur Verfügung gestellt und daß dieselbe« zu unettaubten Lahlbeeiufluffungru verwendet wurden. Die Untersuchung dürste, meint die „N Z.", genügende» Material z» Tage fördern, um für künftige Fälle Anhaltspunkte znr Verhütung ähnlich« Vorkommnisse zu besitzen; Äenso wird sich «geben, i« wie west der verschiedenen Gemeinde beamten gemachte Vorwurf, sich zu Agenten der Protestler hergegebeu z» haben, Berechtigung habe. — Gegen die Wahl de» zweite» Vizepräsidenten de» Reichs tage», Herrn Hoffman» in Rudolstadt, ist eia Protest eingelau en. Da Herr Hosftnanu nur mit 18 Stimmen Majorität gewählt ist, er scheint sein Mandat ernstlich gefährdet. — Da» „Wolff'sche Bureau" meldet, daß der Abgeordnete Windthorst gestern Nachmittag bei dem Amtsgerichte zu Braun schweig für den Herzog von Cumberland drffeu Erbschastsantritt er klärt hat. — Au» Rom wird dem „B. T." gemeldet, daß am 23. d M. die Professoren der Universität Neapel Buonomo (Parlamentsmit- glicd), vr. Fede und Or. Armanui, welche während der letzten Cholera-Epidemie an der Leitung der Cholera-Spitäler einen hervor ragenden Antheil hatten, eine wissenschaftliche Reise nach München »nd Berlin augetreten haben, um dort vergleichende Studien über die Mikroben anznßellen. In Neapel hatten dieselben während der Epidemie ei» Observation--Kabinet zu diesem Zwecke in dem Spital »nlla dlackänllena" eingerichtet. — In da Ehescheidungs-Angelegenheit de» Groß- Herzog» von Hessen und der Gräfin von Hutten-Czaprka, Frau v. Kolemine, ist beim Reichsgericht in Leipzig Termin auf den 12. De zember «. augesetzt worden. Schweiz. Der Tessiner Konflikt, welcher sich bekanntlich an» den Differenzen zwischen da Tessiner Kantonalregierung und de« Gemrinderath von Lugano herau»gebildet hat, ist, wie mau ver schiedentlich meldet, noch imm« nicht beendigt. Rechtsanwalt Saroli, da Käufer de» Enderliu'schrn Grundstück» in Lugano hat bei de« Bunde»g«icht Klage erhoben und verlangt von der Tessiner Kan- loualreginung entweder die gerichtliche Uebergabe jene» Grundstücke» »der zu de« Kaufpreis noch ein« Entschädigung. Im Tessiner Groß rach fand «ine dreitägige Debatte über die Interpellation Respiui's statt, welche zur Annahme eine» Anträge» führte, der die Haltung da Regierung zur Latheidigung der kantonalen Ehre und Unab hängigkeit gegen die Uebergriffe de» Bunde» billigt und belobt. Am Frettag läuft die Frist ab, welche da BundeSrath der Regierung zur Wiederherstellung de» «intus guo in Sachen de» Enderliu'schrn Garten» gestellt hat. Frankreich. Da» Schicksal der Tonkinde batte in der französischen Deputirtenkammer kann durch da» Eingreifen des Ministerpräsidenten al» zu Gunsten der Regierung entschieden be trachtet werden. Jule» Ferry handelte al» sehr geschickter Taktiker, indem er ohne Weitere» einen Theil der Verantwortung für da» Vorgehen in Ostafieu ans da» Kabinet übernahm, um den Rest der selben desto gewisser für die Kammer reserviren zu können. Indem a so die Solidarität zwischen der Regierung und der Kammermehr heft fetz pellte, schuf er sich die Grundlage, ans welcher er sein ost- astatische» Programm d« Zukunft aufzubaueu gedenkt uvd für welche» « «m die Zustimmung der Kammer warb. Diese» besteht in Herbei führung einer Lösung, welche da» Verhältuiß Frankreich» zu China entweder im Sinne eine» Vertrage» oder eine» woäus vivenäi regelt. Al» er den dazu erforderlichen Kredit aus 45 Millionen für da» erste Halbjahr 1885 bezifferte und die» als die einzig richtige Ant wort auf China» jetzige unerfüllbare Forderungen bezeichmte, brach di« Kammrrmehrheit in Beifall au». Die Debatte wird fortgesetzt. — — Dir „Agence Havas" meldet, daß diezwischen Frankreich «nd Marokko bestandenen Schwierigkeiten nunmehr beseitigt seien, indem der Sultan in einem an den französischen Geschäftsträger Ordega gerichteten Schreiben die betreffenden Maß nahmen der marokkanischen Beamten vollständig desavouirt habe. Belgien Die große politische Debatte in der belgischen Kammer hat, wie das bei der Zusammensetzung derselben voraus zusehin war, mit einem äußerlichen Sieg des klerikalen Kabinet» geendet. Wie dem „B. T." gemeldet wird, votirte die Kammer nach den Debatten, welche vor Schluß zwischen den ehemaligen Ministern Frere-Orban und Bara einerseits und dem Kabinetschef Beernaert «egen der Ministerverantwortlichkeitsfrage einen sehr persönlichen Charakter annahmen, eine von dem Abgeordneten Cornesse (von der Rechten) vorgeschlagene Tagesordnung, welche dem Ministerium das Bertrauen der Versammlung ausdrückt Die Independenten stimmten mit der klerikalen Majorität gegen die Linke. England. Es liegen jetzt endlich bestimmte Ziffern darüber »or, wie die englische Regierung die egyptische Finanz frage zn regeln gedenkt. Nach dem „Standard" sind die betreffen den Vorschläge des Kabinet» Gladstone folgende: England schießt 5 Millionen Pfd. Sterl. zur Tilgung der administrativen Lasten vor, »ou denen eine Million für BewäfferungSanlag.n in Unteregyplen bestimmt ist. Die Einkünfte der Daira und der Domänen werden al» Sicherheit für die Anleihe, welche von England zu 3'/, Prozent -arautirt wird, in die englische Bank eingezahlt. Der Zinsfuß der Prioritätsschnld wird nicht reduzirt; aber dieser Schuld wird der Betrag der Entschädigungen für die Verlust« beim Bombardement »on Alexandrien hinzugefügt. Die Daira-Anleihe geht in der unifi- zirten Schuld auf. Der Zinsfuß der ganzen unifizirten Schuld wird nm ein halbe» Prozent reduzirt, wodurch jährlich 320,000 Pfd. Sterl erspart werden. Die Zinsen der englischen Suezkanalaktien werden »m r,4 Prozent reduzirt. Die Daira- und Domänen-Berwaltung wird abgeschafft. — Ein Lei'artikel der „Time»" skizzirt die Vor schlüge der englischen Regierung übereinstimmend mit dem „Standard" »nd meldet, daß die Summe der Entschädigungen für die Verluste beim Bombardement von Alexandrien durch Kreirung von 4,000,000 Pfund neu« fünfprvzeutiger PrioritätSbond» beschafft werden soll — Wie der „Franks. Ztg." mitgetheilt wird, sollen die neuen englischen Vorschläge betreff» Regulirang der egyptischeo Finanzen auch bereit» io Berlin eingetroffen sein. Lokale». Chemnitz, Ü8. November 1881. — Dn Gesangverein .Liederkranz' veranstaltet nächste» Montag den t. Dezember im Saale der „Linde" seinen zweiten Grsellschaft»-Abend, zu welchem da« Programm, wie nicht anders zu erwarten, ein äußerst reichhaltige» und gewählte» ist. — Im Schlachthofe wurde im Laufe de» gestrigen Tage» von Herrn Trichioenbeschauer Hillerdt wiederum trichinöse« Fleisch entdeckt. —* Gestern Vormittag gegen halb 11 Uhr machte der Hau» dien« einer an der Gartrnstraße gelegenen Herberge die Wahr nehmung, daß au» einem Gepäckraum soeb:n ein Paar Stiefel ge stohlen worden war. Er erfuhr von dort verkehrenden Fremden, daß soeben ein junger Bursche mit einem Paar Stiefel fortgegangen sei. E» gelang spät«, den Verdächtigen noch festzuuehwen. Derselbe, ein Web« au» Frankeuberg, war geständig, die Stiefel gestohlen »nd für 2 Mark verkauft zu habe». —* Bei «in« hiesigen Händlerin erschien vor einigen Tagen ein derselben bekannter Slrohhändln und bat die Frau um eine Stoffhose, unter dem Vorgrben, er sei Hausbesitz« in Bablenz und bekomme jeden 1. de» Monats Hauszins, wovon er da» Kleidungs stück bezahlen werde. Die Frau glaubte seinen Worten und übergab ihm das verlangte Kleidungsstück. Wenige Tage darnach erfuhr sie jedoch, daß der Strohhändl« sie betrogen und die erhaltene Hose sofort für 3 Mark verpfändet habe —' In der Chemnitzer Werkzeugmaschinenfabrik ge- rieth ein an einer Shappingmaschine beschäftigt« Arbeiter mit dem Daumen der rechten Hand in die St-uernng der Maschine, wodurch ihm da» vordere Glied de» Daumen» derartig zerquetscht wurde, daß e» amputirt werden mußte. —* Gestern Mittag entstand an der Ecke der Gartrnstraße vor einer Herberge ein großer Menschenauflauf. Die Veranlassung gab ein zugereister Kellner au» München, welcher infolge seines un gebührlichen Betragens au» gedachter Herberge an die Luft gesetzt worden war und nun mit dem Messer in der Hand den Eingang wieder erzwingen wollte. Der Messerheld wurde seh, bald ent waffnet und da er nicht zur Ruhe kommen wollte, durch einen Polizei- beamten festgenommen —* Eine Bewohnerin unsere» Erzgebirges war gestern «ach Chemnitz gekommen, um hier einen Besuch abzustatten. Am Bahn Hof bot sich ihr ein junges Frauenzimmer an, ihr den Weg zu zeigen und ihren Haudkorb zu tragen. Die arglose Frau gestattete ihr beider. Nach Entsernuug der unbekannten Fahrerin machte sie zu ihrem Schrecken die Wahrnehmung, daß ihr aus dem Handkorbe ein Zehnmarkstück gestohlen worden war. Sie erstattete sofort darüber Anzeige und gelang es bald darauf die Verdächtige »nd mit ihr die Diebin zu ermitteln und festzunehmen. —* In einer an der Zwickauerpraße gelegenen Wohnung entstand vorvergangene Nacht ein Brand, der glücklicherweise von den Bewohnern bald gemerkt und wieder gelöscht werden konnte. Es war auf noch nicht ermittelte Weise ein Balken einer dünnen Wand in Brand gerathen, »ou welchem aus da» Feuer sich auf ein Thür gebälk und mehrere darauhängende Kleidungsstücke erstreckt hatte. L—. Bei dem Reinigen der Trottoirs von Schne nnd EiS ist es durchaus geboten, die nöthige Rücksicht auf die Paffanten zu neh me«. Wenn die» allerdings auch in den «eiste» Fällen geschieht, so findet doch mitunter das Gegentheil statt So verfuhr gestern ein Bursche in der Poststraße bei dieser Arbeit so unachtsam, daß er eine vorübergehenden Frau mit seiner Schaufel vor die Brust stieß. Ein Mann, der dies bemerkt hatte, stellte ihn dar»b zur Rede und sagte ihm Dinge, die in keinem Komplimentierbuch stehen dürsten, l Ein edler Freund. Am Donnerstag geht ein hiesiger wohlhabender und achtbarer Bürger de» Weges daher und trifft in! der Person eine» ärmlich gekleideten, doch anständigen Mannes einen alten Freund und Schulkameraden, den er lange, lange nicht mehr gesehen. Erstellt über das Wiedersehen nöthigt er denselben mit in seine Wohnung, fragt ihn nach seinen Verhältnissen, und Jener, der einst bessere Tage gesehen, erzählt ihm, wie er durch allerhand Schick- salsschläge um sei» vermögen gekommen Der wohlhabende Schul freund war tief gerührt und erbot sich edelmüthigerweise, ihm nach Kräften unter die Arme zu greifen, damit er seine Absicht, hier ein kleines Geschäft anzufangen, »»»führen könne. Hoffentlich gelingt es dem Schwerheimgesuchten, sich hier durch Rath und Hilfe seines edlen Freundes eine bescheidene Existenz zu gründen. H— Lieber Mann, Du mußt mir auch so ein Orchestrion zu Weihnachten kaufen, begann dieser Tage die Gemahlin eines hiesigen wohlhabenden Fabrikanten bei dem Weggange au» dem Lokale eine» Restaurant», wo eben ein vorzügliches Orchestrion aufgestellt ist. — Aber liebes Kind, entgegnete der über solch' liebenswürdige Zu- mnthung etwas verblüffte Gatte, was sollen wir damit anfangen? — Nun, im Salon aufstelleu, gab die Gattin zurück. Denke Dir doch, lieber Fritz, wie schön ist es nicht, wenn wir Gesellschaft haben und können dann zugleich bei den Klänge» eines Walzer» von Strauß oder Lanner tanzen. Wirklich, eS geht nicht, liebes Weibchen, schau, — erstens kostet da» Ding ein Heidengeld, zweitens paßt es weit bester in ein Restaurant, als in den Salon eine» Geschäftsmanns, drittens vertrage ich den Lärm, welches es verursacht, nicht, viertens, — Nun gut, unterbrach ihn die Gattin in der Rede, so bist Du erzeusmännchen doch so aufmerksam und beglückst mich mit einem Pianino zu Weihnachten. Uusre Kleine, zwar erst sechs Jahre alt, wird doch nun auch bald Klavierspielen lernen müssen und zudem ist ja ein schönes, klangvolles und nett ausgestattetes Instrument immerhin eine hübsche Zierde jeden Salons. — Nun, dagegen habe ich nichts, meinte der Gatte etwas milder gestimmt, obgleich die Aus gabe dafür, — jener für ein Orchestrion bei Weite» nicht nahe kommt, schloß die Gattin den angefangenen Satz ihres Gemahl». So wird denn die lheure Gattin zu Weihnachten ihren Lieblingswunsch erfüllt sehen und ein Pianino in ihrem Salon aujstellen können. Wenn wir der Wahrheit die Ehre geben wollen, so müssen wir bemerken, daß die Gattin auf den Besitz eines Orchestrion» nie ernstlich Ansprüche zu machen gedacht hatte, sondem diesen Wunsch nur aussprach, um ihr Herzensmännchen wenigstens zum Ankäufe eines Pianino» zu bestimmen. Nun, wie wir gesehen, das ist ihr denn auch gelungen. O, diese Frauen! O— Ein recht bedauerliches Pech hatte gestern Abend ein in einer Fabrik auf dem Altendorfer Wege Beschäftigter. Ans dem lange» Wege bis zu seiner Behausung, fortwährend durch aufgcweichte Schneemassen und Wassertümpel watend, waren seine Stiefel derart durchnäßt worden, daß sie nothwendig trocken gemacht zu Werde« ver langten. Er stellte dieselben daher hinter den warmen Ofen uvd legte sich dann eine halbe Stunde aus's Ohr. Indessen kam seine Frau und machte ein Helle- Feuer im Ofen, um da» Zimmer recht durch zuwärmen. Als nun ihr Mann, da er zum Nachtessen gerufen wurde, ausstand, freute er sich der vom Ofen ausstrahlenden herrlichen Wärme Als er jedoch nach seinen Stiefeln langte, sah er zn seinem Bedauern, daß dieselben sich schrecklich verzogen hatten und ganz ausgedörrt er schiene». Sofort steckte er sie in eine Bütte voll Wasser, um ein Aufweichen des Leder» herbeizuführen. Aber dies Verfahren blieb ohne Erfolg und ließen sich die „Rind-lederne»' nicht wehr in die ur- sprüngliche Lage zurückbriogru. Stillschweigend tröstete der «ermste sich über den Verlust und bemerke tranrig lächelnd nur zu sein« Frau: „Marie, da hast D» die Bescheerung. Wenn Du mft Dir noch nicht ganz im Klaren warst, wa» Du mir zu Weihnachten schenken könntest, — jetzt weißt Dn'». 6.— Welch kulanten Entgegenkommen» die Absender von Briefe» mit ungenauen Adressen, von den Angestellten d« deutschen Reichspost sich zu «freuen habe», davon wöge folgender thatsächlicher Vorfall Zeugniß oblegen. Ein hiesiger Einwohner, Herr B.—, hatte in einem Dörfchen in Pommem eine Tante, welche, nachdem ihr erster Mann gestorben war und sie in den Besitz eine» schönen Bauernhöfe» gesetzt hatte, sich wieder vnheirathete. Den Namen de- von dn Tante Er wählten erfuhr He« B.— vor Jahren im Gespräche mit einem Ver wandten au» WiSkonfin, d« sich hier kurze Zeit besuchsweise aus hielt. Dieser thrilte Herrn B-— sodann auch mü, daß d« neue Onkel da» erheirathete Gut verkauft und sich al» Rentier iu die keine Stadt P.— zurückgezogen habe. Den Namen dieser Siadt hatte Herr B.— im Gedächtniß behalten, jedoch den Namen de» Onkels ver gessen. Als er nun nach Jahren sich genöthigt sah, mit demselben iu Familienangelegenheiten zu korrespondiren, erinnerte er sich wohl, daß derselbe ähnlich geklungen habe wie z. v. Schulze oder Müll«, Bestimmte» Wußte er jedoch nicht. Der Brief hatte Eile; getrost schrieb Herr B. — die Adresse: Henn Rentier Schulze au» dem Dörfchen Z.— in Pommern, jetzt in P. Nach zwei Tagen kam der Brief mit dem Vermerk de» Briefträgers zurück: Ein Rentier Schulz au» Z— rxistirt hi« nicht, wohl aber ein Rentier Wolff au» dem genannten Dörfchen. Dank dieser freundlichen Aufklärung, weiß, nun der Absender des Briefes die vergessene Adresse seines Onkel» und kann der aufmerksamen deutschen Reichspost deshalb nur zu Dank verpflichtet sein. 0.— Abscheuliches Wetter! Erst hat sich's so schön angelaffen und nun thaut der schöne Schnee wieder auf. So klagte gestern Nachmittag eine Geschäftsfrau am Markt ihr Leid einer and«», welche auch damit übereinstimwte und hinzufügte, Frau, es ist schrecklich, da fitzen wir, wer soll bei dem Hundewetter etwa» kaufen. Wisse» Sie was, lassen wir unsere Töchter die Stände versorgen und gehe« wir einen Punsch trinken. Etwas Warmes muß der Mensch i« Leibe haben, sonst „verfriert" er noch vollends. Gesagt, gethan; fi« überließen die Geschäfte den Mädchen mit dem Aufträge, sie zu rufen, wenn ein Käufer käme. Kaum saßen Beide bei einem Glase Punsch, alt die Tochter e.n« der Händlerinnen mit der Benachrichtigung kam, es wünsche Jemand etwas zu kaufen. Schnell wurden die Gläser geleert und man verfügte sich daun eilends zum Berkaufs- stande. Der vermeintliche Käufer entpuppte sich jedoch sehr bald al» ein Witzbold, der statt wirklich Einkäufe zu machen, nur fragte, ob die Damen der Halle nicht Katarrhplätzchen für seinen Husten z« verkaufen hätten. Das war denn doch zu stark! Der „Herr" wartete die Wuthau-brüche der beide» Verkäuferinnen jedoch nicht ab und verschwand so schnell wie möglich, herzlich über seinen „Spaß" lachend. Die beiden aus der Ruhe gestörten Handelsfrauen suchten jedoch ihren Aerger damit zu überwinden, daß sie gingen noch einen Punsch zu bestellen. Als unter vielem Erzählen und Plaudern verschiedene Gläser des edlen belebenden Getränkes vertilgt waren, zeigte die Uhr jene verhängnißvolle Stunde an, wo der Markt geräumt werden muß. Ach, ist das ein Geschäft, seufzten beide, da» grmüthliche Lokal ver- lassend. Wenn es doch frieren möchte, daß Alles nur so kocht; wir arme» Hanüelsfrauen find sehr übel d'rau! — Im Königreich Sachsen ist die Zahl der Schulgebäude im letzten Jahrzehnt von 2152 auf 2265, mithin um 118 oder etwa 5 Proz. gestiegen. — Einen originellen Einfall hat der Georginenzüchter und königl. Hoflieferant Ludwig Pomsel in Wehlen zur Ausführung gebracht. Derselbe hat nämlich von seinen selbsterbauten Trauben eine größere Quantität an die Mitglieder der Kongo-Konferenz nach Berlin mit der Bitte abgesandt, dieselbe möge als Gegenleistung im nächsten Jahre etwa» — Klima von Kamerun rc. nach Deutschland spedireu. In Anbetracht der ziemlich sauren Trauben jedenfalls ein ganz be rechtigter Wunsch! — In der Leipziger kaufmännischen Geschäftswelt erregte i» September v. I». das Verschwinden des Prokuristen der Firma Ro- bolsky (Leder-, Rauchwaaren- re. Handlung), des Kaufmann» Gustav Karl Dietrich, gebürtig au» Altendurg, allgemeines Aussehen, da bekannt wurde, daß Dietrich bedeutender Wechselfälschungen sich schuldig gemacht hatte. Trotz all« Nachforschungen gelang es jedoch erst im Frühjahr d. I., den Verfolgten, der sich in verschiedenen Städte» Italiens aufgehalten, in Genua zu ergreifen und seine Ueberführuug nach Leipzig zu ermöglichen. Die gegen Dietrich und den früheren Buchhändler Karl Ludolf Wilhelm Hülsemann, gebürtig au» Soest, vor der II. Strafkammer des Leipziger königl. Landgerichts fiattge- fundene zweitägige Hauptoerhandlung, die am Mittwoch Abend ihr Ende erreichte, stellte nun fest, daß Hülsemann allein eine große An zahl gefälschter Akzepte bei Dietrich diskontirt und daß Dietrich, al» er Kenntoiß von den Fälschungen erlangt, den Hülsemann behuf» Deckung der noch umlaufenden 3600 M Wechsel geradezu zur Fort setzung der weiteren Fälschungen veranlaßt, ferner daß Dietrich dann auf eigene Faust und unter Mißbrauch des Namens RobolSky für weit über 10,000 M. falsche Wechsel angefertigt und bei der Allge meinen Deutschen Kredit-Anstalt, der Filiale der Dresdener Bank rc. mit Erfolg diskontirt und daß er endlich 1000 M. baar, welche der Robolsky'schen kaffe angehörten, bei der Flucht mitgenommen hatte. Dietrich wurde unter Ausschluß mildernder Umstände zu 6 Jahren Zuchthaus und 10 Jahren Verlust der Ehrenrechte, Hülsemonn da gegen unter Annahme mildernder Umstände zu 2 Jahren 3 Monate» Gefängniß und 3 Jahren Verlust der Ehrenrechte verurtheilt. Vermisch»»». — Wie Brehm zu arbeiten pflegte. Der kürzlich ver storbene Naturforscher Brehm beobachtete, wie das „Berl. Tagebl." schreibt, bei Abfassung seines berühmten Werkes „Thierleben" eine eigenthümliche Methode. Der Belehrte begann um 6 Uhr morgen» seine Vorbereitungen, welche bis 8 Uhr dauerte». Um diese Zeit erschienen zwei Stenographen, um zwischen den aufgeschlagenen zahl reichen Folinnten und Manuskripten (historischen Quellen) Platz z» nehme». Brehm zündete sich jetzt eine Zigarre an, wandelte langsam in dem Zimmer auf und nieder und diktirte dcn Text, und dabei reihte sich in klarster Weise Satz an Satz, so daß später anch nicht die geringste Korrektur erforderlich war. Diese Arbeit dauerte täglich Vormittags von 8—10 und Nachmittags von 2—4 Uhr. Am anderen Morgen überbrachten die Stenographen das in die gewöhnliche Schrift sprache übersetzte Pensum, die inzwischen kopirten Zitate au» andere« Quellen wurden eingefügt und die Arbeit konnte fortgesetzt werden. Bei anderen schriftstellerischen Erzeugnissen war die im Jahre 1877 verstorbene Gat in Brehm'» eine treue Helferin Der Gelehrte sandte während seiner Forschungsreise fast täglich einen stenographischen Be richt an seine Gattin, diese übertrug denselben in gewöhnliche Schrift und legte auf diese Weise den Grund zu den Tagebüchern» welche eine Fülle wissenschaftlichen Materials enthalten und nur thrilweise veröffentlicht sind. — Gne Episode aus Brehm'» Leben wirft ei» Helle» Licht auf den energischen Charakter des Forschers. Bekanntlich unternahm er bereits 1847 mit dem Baron Friedr. Wilh. Müller ein« Reise durch Afrika. Wie es scheint, versuchte der Baron stink
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