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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 03.03.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-03-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188503035
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18850303
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18850303
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote
-
Jahr
1885
-
Monat
1885-03
- Tag 1885-03-03
-
Monat
1885-03
-
Jahr
1885
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 03.03.1885
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Chemnitzer Anzeiger und Ttadtbote. Nr. S1. Dienstag, den 3. März 188b. Seite 2. zurückgingen. Oesterreichische Bahnen vernachlässigt, Elbthalbahn höher. Spekulative Bahnen gut behauptet, fremde Reuten fest, Russen besser. Im Kassaverkehre waren Bahnen meist höher, Banken ruhig, fest. Bergwerke gut behauptet, Industrien ziemlich belebt. Bauwerke und Zementsabriken bevorzugt, deutsche Fonds still. Preußische KoufolS »achlassevd. Bon österreichischen Prioritäten mährisch-schlesische und französische 4proz bevorzugt. Oesterreich-Ungar». Große» Aufsehen erregt der am Frei tag Abend erfolgte plötzliche Tod des ungarische« Abgeordneten und „TimeS'-Konespondenten Ferdinand Eber in Pest. Derselbe war schon seit Monaten von nervösem Leiden befallen, das zeitweilig sein« geistigen Kräfte trübte. Sein erregtes Benehmen im Parla ment verursachte oft seinen Freunden große Sorge. Am 27. v. M. Abend», als er sich anschickte, inS Theater zu gehen, stürzte er vom zweiten Stock die Treppe hinab. Ob dies durch einen plötzlichen Schwindelanfall verursacht oder ob Vorsatz dabei im Spiele war, ist noch nickt aufgeklärt. Frankreich. Die gesummte radikale Presse behauptet, die Ausweisung der Sozialisten sei auf Ersuchen der deutschen Regierung erfolgt, eine Behauptung, die natürlich jeder Begründung entbehrt. — Die Regierung fordert die algerischen Araber zum freiwilligen Eintritt in die eingeborenen Regimenter für die Dauer de» Tonking kriege» gegen ansehnliche Prämien auf. — Die Türken haben aus Eandia 800 Mann stehen, welche im Nothfalle nach Tripolis geschickt werden könne«. — Der Munizipalrath von Paris nahm «inen TadelSantrag gegen den Polizeipräfekten an, weil derselbe sich geweigert hat, eine Interpellation bezüglich der Vorgänge bei der Kundgebung auf dem Opervplatze zu beantworten. England. Aus Konstantinopel wird gemeldet, daß, nach ver läßlichen Mittheilungen, die Rüsten in Afghanistan einrücken werden, -sobald Thauwetter »ingrtrrte» und der Schnee geschmolzen sein wird. —DäS Oberhaus nahm da» von Salisbury beantragte TadelSvotum mit 189 gegen 68 Stimmen an. - Unterhaus. Northcote'S Tadels votum wurde mit 302 gegen 288 Stimmen (also nur 14 Stimmen Mehrheit) abg«lehnt. MÜ der Minorität stimmten 39 Parnelliten und mehrere Liberale, darunter Göschen und Förster. Nach Ablehn ung de» Tadelsvotums Northcote'S schlug Hamilton hierauf ein Amendement vor, in welchem erklärt wird, die Regierung habe in Betreff Egyptens und des Sudans e» «ich» verstanden, eine Politik zu entwickeln, di« daS Vertrauen de» Parlament» und de» Landes gerechtfertigt hätte. Dieses Amendement wurde mit 299 gegen 277 Stimmen abgelehnt. Die „Daily-NewS* glauben, eine geringe Ma jorität für die Regierung werde dieselbe wahrscheinlich zum Rücktritt veranlassen. Der KabinetSrath werde sich mit der EntlaffungSfrage beschäftigen. Die Toryblätter glauben, der Rücktritt de» Ministeriums sei unvermeidlich. Die „Times* sagen, rS frage sich, ob daS Mi nisterium etwa- überleben könne, was unter den gegenwärtigen Ver hältnissen als ernste Niederlage betrachtet werden müsse. — Gladstoue hat seine Demission eingereicht. Man spricht von einem Koalitions-Ministerium aus Wighs und TorrieS. Asten. Nach einem Telegramm des „TimeS'-Korrespondenten in Kalkutta vom 26. Februar ist die Lage au der afghanischen Grenze die folgende: Die Rüsten find an mehreren Punkten bis zu den afghanischen Vorposten vorgerückt, aber zu einem Zusammenstoß ist r» nicht gekommen. Die weitere Entwickelung der Frage hänge von den zwischen London und Petersburg schwebenden Unterhand lungen ab. — Im Gefängniß in Hyderabad hat eine sehr ernste Meuterei fiattgefunde«. Zur Unterdrückung des Aufstandes wurden dl« Truppen herbeigerufen, aber die Wiederherstellung der Ordnung gelang ihnen erst, nachdem 9 Gefangene getvdtet und 30 verwundet worden waren. Chemnitz, den 2. März 1885. —1'. Die Einschätzung zur staatlichen Einkommensteuer naht sich ihrem Ende: bis zum 1b. März spätestens wüsten alljähr lich die Einschätzungs-Kommissionen im ganzen Lande ihre Arbeiten abgeschlossen haben. Den Mitgliedern derselben wird die Beendig uug einer oft recht anstrengenden und unerquicklichen Arbeit will kommen sein. Wenn sie auch Tagegelder dafür erhalten, — werden für 6 Stunden tägliche Arbeitszeit drei Mark gewährt, — so ist da» doch für viele Geschäftsleute, welche zu den Einschätzung» Kommissionen hinzugezogen worden sind, nur ein sehr unzulänglicher Ausgleich für die Opfer an Zeit und Kraft, die sie im öffentlichen Dienste bringen, anstatt sie ihrem eigenen Geschäfte zu Gute gehen zu lasten. — Ueber die heurigen Ergebnisse der Einschätzung in unserer Stadt und deren Umgebung hören wir, daß sich im Ganzen auch diesmal wieder eine Zunahme de» Einkommens Herausstellen wird. Da» Einkommen aus Löhnen und Gehalten inebesondere weist eine Steigerung auf, die einen günstigen Schluß auf die Lage unserer Industrie gestattet. Am gedrücktesten erscheinen die kleinen Gewerbtreibenden und die kleinen Landwirthe, wie überhaupt das Einkommen vom Betrieb der Landwirthschaft auch in den Ortschaften unserer Umgebung im Ganzen einen Rückgang erkennen läßt. Mancher kleine Bauer reicht mit seinem Einkommen noch lauge nicht an da» Einkommen solcher Fabri'ai beiter, die zum Beispiel in der Eisen Stadltheater. (Schauspiel.) Sonnabend, den 28. Februar: „Der Weg zum Herzen", Lustspiel in 4 Akten von A. L'Arronge. Vierzehnte Neuheit! — L'Arronge hat es dem Publikum angethan So olt ein neues Stück von ihm auf dem Repertoir auftaucht, füllt sich das Schauspielhaus und das Publikum findet immer seine Rechnung, wenn auch die gestrenge Kritik zuweilen Grund genug hat, mit dem Verfasser ernstlich rechten zu müssen. So viel ist sicher, daß der gegenwärtige Direktor des „Deutschen Theaters" längst ausgehört hat, die Rolle eines Reformators des deutschen Volksstückes zu spielen, die man ihm nach der Herausgabe von „Mein Leopold" zugeschricben hatte. Längst ist er in das Fahrwasser der Herren Rosen und v. Moser eingelcnkt: Der vornehme Salon ist der Boden geworden sür die Handlung seiner Stücke, wenn seinen Personen auch der feinere Schliff der Konversation fehlt, und die Situationskomik, in der es heißt: Du mußt lachen um jeden Preis! ist an die Stelle der einfachen ge sunden Entwicklung getreten. „Der Weg »um Herzen" ist ein Lustspiel, drs ganz reizende Moniente hat, wir erinnern nur an die überaus köstliche Szene vor dem Spiegel im zweiten und an die Szene zwischen Assessor Scheit und Martha im dritten Akt. Da lacht der Zuschauer, daß ihm die Augen übergehen. Auch an innerlich packenden Szenen fehlt es nicht. Die Wiedereinsetzung des alten Wendel in sein Amt und das ganze Spiel zwischen ihm und dem Kommerzien- rath gemahnt an die besten Stellen der verflossenen Rührstücke und wirkt um so mächtiger, als der GemüthShumor dabei eine bevorzugte Rolle spielt- Auch der ethische Kern hat in dem Lustspiel sein Recht behalten; der Ver- foffer ift kräftigst bemüht, die verirrten Schafe der modernen Gesellschaft auf den rechten Weg zurückzuführen, theilS durch lehrhaften Ernst, theils durch die Geißel drastischer Satire, und so findet er denn auch mit dieser drama tischen Arbeit „den Weg zum Herzen" des deutschen Publikums, wie dies auch au» dem unzweifelhaften Erfolg, den dieselbe hier errungen, zu ersehen ist. Aber dennoch gebricht es dem Lustspiel an jeglicher gründlichen Durch arbeitung sowohl m dem Aufbau und der Entwicklung der Handlung, ale auch in der Zeichnung der Figuren. Die Szenen sind oberflächlich ancinander- gereiht und entbehren der Einheitlichkeit und dramatischen Geschlossenheit La» Stück gleicht einem Körper, dem der feste Knochenbau fehl», der aber durch ein recht buntes, farbenbelebtes Kleid diesen Mangel zu verdecken sucht Die Charaktere sind soweit ganz gut und wahr angelegt; wenn sie aber ihrem Autor in dieser Anlage nicht mehr paffen, so kommt es ihm aus einen «ewaltSruck nicht an; die Hauptsache ist ihm, daß er zu seinen! Ziel kommt. Die plötzlichen, aber sicheren Wandlungen der „Geborenen" und des Kom- gießerei oder anderen gut lohnenden Zweigen industrieller Thätigkeit beschäftigt sind. —rv. Ueber die Erbauung eines Thurm«» für die Paulikirche find die Mitglieder de» Kirchenvorstandes von St. Pauli insofern im Prinzip einig, al» sie dieselbe für wünfchenSwerth und finanziell durchführbar erklärt haben. Gegenwärtig befindet sich, wie wir hören, die Angelegenheit in dem Stadium, daß man dem schriftlichen Gutachten eine» Mannes entgegensieht, welcher für eine hervorragende Autorität im Kirchenbaufache gilt. Derselbe ist um ein solche» ersucht worden, nachdem er bei einer unlängst von ihm vorgenommenen Besichtigung der Kirche die Erklärung abgegeben hatte, daß sie den Thurmbau in der That werth sei und dieser Bau sich in der Weise der bisher vorliegenden Entwürfe werde auS- führen lassen. - Die Jubiläumsfeier deS Herrn Kirchenmusikdir- Schneider verlief gestern in würdigster Weise. Früh ward dem Jubilar von Mitgliedern der Singakademie, Herren sowohl als Damen, ein Ständ chen gebracht, Mittags überreichte eine Deputation ein werthvolleS Geschenk und Abends fand in „Stadt Gotha" ein Festmahl statt, bei welchem zahlreiche Toaste ven Mann feierten, der 2b Jahre lang mit Eifer und Erfolg, mit Energie und Fleiß da» Dirigentenamt der Singakademie verwaltete. — Für verschiedene höhere und Fachlehranstalten sind in nächster Zeit hier mehrere Stipendien zu vergeben. Einige derselben gewährt die „Theodor-Esche-Stiftung." Diese Stift ung gewährt Unterstützungen zum Besuche des hiesigen Realgym nasiums, der kgl. höheren StaatSlrhranstalten hier, der Wirkfchule zu Limbach, dcS Kgl. Polytechnikums zu Dresden und der Kunstgewerb- schulen zu Dresden und Leipzig. Gesuche um Stipendien dieser Art sind bis zum 7. März beim Rathe der Stadt Chemnitz einzu reichen. Ferner ist auch da» „Solbrig'sche Gewerbschul- Stipendium" sür Ostern dieses Jahres zu vergeben und zwar an einen unbemittelten befähigten und gut beleumundeten Gewerb schüler oder Werkmeisterschüler ». in erster Linie an einen Nach kommen de» Herrn Karl Friedrich Solbrig in Harthau; k. in zweiter Linie an einen Schüler, dessen Ellern in Reichenbach i. V. oder in Harthau b. Chemnitz wohnen ; v. in dritter Linie an einen Gewerb schüler oder Werkmeisterschüler, der den obigen Bedingungen entspricht. Der Bewerber muß jedoch bereits Schüler letztgenannter Art sein Gesuche find bis 11. April an die Direktion der technischen Staats lehranstalten hier zu richten. — Vielfach ausgesprochenen Wünschen vachzukommen, fingt morgen, Dienstag, Herr Elmhorst an Stelle des Herrn Hohlstein aus Altenburg den „Manrico". Wir machen im Anschluß hieran noch einmal auf die morgende Vorstellung des „Troubadour' aufmerksam, hoffend, daß derselben der verdiente Erfolg zu Theil werde — Wir fühlen uns veranlaßt, unseren Lesern einige Nummern aus dem herrlichen Programm mitzutheilen, welches das Riese Konzert uns bringt. Der unübertreffliche Tenor wird zunächst die prachtvolle Arie „Ach mir lächelt umsonst" aus „Jakob und seine Söhne" von Möhul, daun Adelaide v. Beethoven, vier wunder volle Lieder, und mit Frl. Waiden zusammen das Hans-Heiling Duett „Nun bist Du mein" singen. Auch Frl. Walden, die d t wunderschöne Jugeborg-Arie und 4 Lieder singt, sowie Herr Karl Heß haben ein prächtiges Programm gewählt. —tu. Im Verein für volksverständliche Gesund heitSpflrge und Naturheilkunde wird am Mittwoch den 4. d. M. Abend 8 Uhr (Elysium) Herr vr. weä. Dock aus St. Gallen einen Bortrag über „das Entstehen und Verhüten von Krankheiten" halten. Den Anhängern der Naturheilkunde ist Herr vr. mell. Dock von seinen früheren Vorträgen her zur Genüge bekannt und eS bedarf gewiß nur dieses kurzen Hinweises, um für den bevorstehenden Bortrag das lebhafteste Interesse zu erwecken und dem Vortragenden ein volles Haus zuzusühren. Wie wir hören, wird Herr vr. weck. Dock am Mittwoch den 11. d. M. noch einen zweiten Vortrag in dem eingangserwähnten Vereine halten und zwar wird er da über „den Einfluß der Bewegung, Arbeit un Ruhe auf die menschliche Gesundheit" sprechen. 4,—. Im Verein „Kranne" in Pfau's Restauration hielt am vorigen Sonnabend Herr Rob. Rewitzer einen höchst interessanten Vortrag über „Agnese Bernauerin." An der Hand der historischen Forschung gab der Herr Vortragende dem Auditorium zuerst ein^n Einblick in die kirchlichen und sozialen Verhältnisse jener Periode nnd zeichnete dann in einem höchst lebenswarmcn Bilde den vom Hauche der Poesie umsponnenen und vom Schleier der Sage ideal umwobenen „Engel von Augsburg," die deutsche Ine; de Castro Der Vortrag, der von eingehenden Studien des Falles Zeugniß gab, beleuchtete das Verhältniß deS Herzogs Albrecht III. von Baiern München zu der schönen Baderstochter ebensowohl vom ethischen Standpunkte wie auch nach der politischen Seite hin und kam am Schluffe des Vortrags, der in interessanten Wechselbeziehungen auch die Gegenwart streifte zu der Ueberzeugung, daß Agnes de» Herzogs rechtmäßige Gemahlin gewesen und daß die Arme daS Opfer eines Justi,morde» geworden, den der Vater Albrechts, Herzog Ernst sanktionirte, wie er ihn vorher besohlen. Wohlverdienter Beifall wurde dem Herrn Redner sür den gebotenen Genuß zu Theil und würde es sicher dankbar ausgenommen werden, wenn Herr Rewitzer sich bald einmal wieder in so fesselnder Weise über irgend einen- geschichtlichen Moment hören lassen wollte. —r. Wie schnell sich eine Menschenmenge ansammelt, .wenn anfangs nur Tiner anhaltend nach einem Gegenstand steht, konnte mau am Sonnabend auf dem Markt wahrnehmen, wo ei« Mann unverwandt nach den Statuen blickte, die auf dem Hause nach der Klosterstraße zu befestigt sind. Nicht lang« währte ,«. da blickten mehrere Menschen nach dem Gegenstand, und al» der Eiste nun be- fragt wurde, meint« er, eibe der Statuen habe sich im Winde bewegt und drohe herabzustürzen. Vernünftige Leut« gingen sofort ihre» Wege», während Anderen die Sache sehr glaubhaft schien. —5 Da» Privilegium „veränderlich" zu sein, hat bekanntlich der April. Die» Jahr scheint jedoch der Herr März auf „Un-' beständigkeit" ebenfalls ein Patent genommen zu haben, denn nach den letzten förmlichen Frühlingstagen, bei deren Jnszengaehen schon allgemein di« Rede war von einer Maffenabdankuug der Wtnterröcke, überrascht e» heute etwa» mehr als unangenehm, daß «S wieder Flocken wirft. Infolgedessen ist die Position „Strohhüte und Sonnen- schirme" vom Wetterparlament wieder gestrichen worden und wird erst später von der betreffenden Kommission berathen werden. mcrzienratheS sind zwar sür den Erfolg ganz tröstlich und geben dem Stück einen sehr versöhnlichen Abschluß, aber wahr sind sie nicht. — Jminerhin lehrt auch diese Novität wieder, daß L'Arronge berufen wäre, der deutschen Schaubühne gute Familienstücke zu schenken, wenn er sich die Sache angelegen sein ließe und mit künstlerischem Ernst und durchgreifendem Eifer an seine Aufgaben ginge- Unsere Lustspielkrä-te waren unter der glücklichen Regie des Herrn Schady mit allerbestem Erfolg bemüht, der Komödie z» ihrem Recht zu verhelfen und wir vcrmuthen, daß der Verfasser diesem stimmungsbelebtcn Zusammenspiel selbst seine volle Anerkennung nicht versagt haben würde Das Brüderpaar Kern war in vortrefflichen Händen Herr Weber verstand cs, den wcichmllthigen, vertrauensseligen und etwas beschränkten Fabrikanten recht iympathisch zu gestalten und zeichnete sich besonders auch durch eine edle Vornehmheit des Auftretens aus. Herr Qua» dt gab der Figur des ehrlichen und rechtschaffenen, aber polternden rud allzeit aufgeregten Kommeizienrnihs ein außerordentlich charakteristisches, sicher durchgearbeitetes Gepräge. Die ganze Leistung konnte wieder als ein KobinetSstück des ge wandten Darstellers gelten Mit überlegener Laune und mit feinster Be tonung der charakteristischen Eigenthümlichkeiten vermittelte Herr Schady de» Assessor v Schott mit seiner staatsanwältlichen Spürnase. Vor Allem lag wieder ein großer Theil der Wirkung seines Spiels in seiner ausdrucks vollen Mimik, besonders in seinem Auftreten gegenüber der schelmischen Martha Kein, einer allerliebsten Liebhaberin, für welche Frl. Lilia in jeder Hinsicht den rechten Ton fand. Die „geborene" von Hohenwerth spielte "rl. Baumgart mit kühler aristokratischer Gemessenheit und Vornehmheit, .altung und Sprache waren gleich entsprechend nnd charakterisirten das unsympathische Wesen der herzlosen Egoistin sehr gut. Daß die Darstellerin auch nach dem Schluß zu nicht allzusehr aus ihrer Referee yerausging müssen wir nur loben. Denn trotz der krampfhaften Anstrengungen des Dichters würde der Zuschauer doch nicht an die plötzliche Seelenwandlung der Dame glauben. Eins nur müssen wir an dem Spiel rügen: Frl Baum gart betonte das Wörtchen „von" bei Erwähnung der Namen „von Strehlen" rc. viel zu auffallend und plump Ein leichtes stolzes Markiren wäre zu verzeihen gewesen, aber diese wenig taktvolle plumpe Absichtlichkeit erinnerte wohl an den dummstolzen Emporkömmling, nicht aber an die wirkliche „Geborene"' Fräulein Elair als Anna war wie immer natürlich und wahr in Wesen und Spiel; dagegen fegte und lärmte Frl. Berger i» der Rolle der übernaiven Julie in unschöner Weise aus der Bühne umher. Sie g-berdete sich in der That, als hätte sie mit lauter Schwerhörigen zu thu». Herr " ordan fand sich mit dem braven Sanders ganz prächtig ab, und Herr ah len spielte den allen Wendel mit rührender Innerlichkeit. vr. LsiPPS. I — Zur Schaffung größerer Sicherheit soll in Zukunft bei den Eisenbahnzügen die sogenannte Signalleine nicht mehr auf der Wagendecke, sondern direkt über den Koupeefenstern hinlaufen» so daß der Reisende, welcher in der «rüsten Nothlage ist, dem Zugführer ein Signal geben zu müssen, nur nöthig hat, heran»- und nach dieser Leine zu greifen. Alle neu zu beschaffenden Personenwagen, sowie alle dergleichen Wagen, welche einer Reparatur zu unterziehen find, haben zur Anführung dieser längst ersehnten Einrichtung direkt über den Fenstern neu angebrachte eiserne Oesen erhalten. — Dresden. Abermals durcheilt die Kunde von einer schauer vollen That unsere Stadt. Gestern, Sonntag Abend, hat der Tischler Hösel hier, Strießenerstraß« 24 wohnhaft, seine Frau und dann sich selbst erschossen. Ueber die Ursache zu diesem entsetzlichen Beginnen ist noch nichts Näheres bekannt. — In Pieschen bei Dresden trat ein 21jährigeS israelitisches Mädchen zum Christenthum über und empfing die heilige Taufe. — Leipzig. Seit Anfang dieses Jahres besteht hier ein Verein „Thirza", eine Gesellschaft von Juden und Christen» zur Be kämpfung antisemitischen Hasses. Der Verein, der offenbar Front machen will gegen die antisemitischen Bestrebungen, welche sich neuer« dingS auch in hiesiger Stadt ziemlich bemerkbar machen, richtet, wie die „Leipz. Ztg." bemerkt, besonders sein Augenmerk auf die gegne rische Presse und sucht gegenseitige wahrheitsgemäße Kenntniß des Juden- und Christenthums zu fördern. Von agitatorischen oder anf- hetzenden Maßnahmen soll grundsätzlich abgesehen werden. — Meerane. Ein von dem hiesigen Fabrikantenverein adoptirter „Normalvertrag", welcher da» Arbeitsverhältniß der Hausweber zu den Fabrikanten feststellen will, wird Seiten» der hiesigen Weber in heftiger Weise angcfochten. Der „Fachverein für Weber" hielt am vorig»» Montag im Saale des Kaiserhofes eine öffentliche Versammlung ab, in welcher jener Vertrag als ein Mach werk bezeichnet wurde, das den ganzen Weberstaud herabwürdige; der HauSweber sei ein Handwerker, der für Rechnung arbeite, der sei» Handwerkszeug selber halte und alle Vorarbeiten mit übernehme, weshalb ihm auch die bei Herstellung der Maaren abfallende Garn« reste rc. gehören. Nach Schluß der mehrstündigen Debatte wurde die folgende Resolution fast einstimmig angenommen. „Die heutige im Kc-iserhof zahlrcichst besuchte öffentliche Versammlung des Fachverein» für Weber erklärt: Das von dem hiesigen Fabrikantenverein auS- gefertigte Schriftstück, genannt Normaloertrag, ist nur eine einseitige Forderung, welche alle Rechte sür die Herren Fabrikanten in Anspruch nimmt, alle Pflichten dagegen auf die Schultern der ohnedies durch die allzuniedrigen Webtöhne schwerbedrückteu Hausweber wälzt, und ist deshalb sür alle Weber unannehmbar." — Zwickau. Bezüglich des ausgesetzten Kindes, über welche» wir in letzter Nummer berichteten, ist Folgendes bekannt geworden: Der uneheliche Vater desselben wurde in einem nahen Dorfe ermit telt und ist durch denselben auch der Name der Mutter des Kinde», die dasselbe hier ausgesetzt hat, festgestellt worden. Dieselbe stammt aus Baden, lernte Betreffenden in Straßburg kennen und kam jetzt hierher, sich des Kindes zu entledigen. Da die Richtung ihrer Ab reise bekannt wurde, dürste ihre Ergreifung bald erfolgen können. — In Kling enthal hat sich ein Verein zur Gründung einer Herberge zur Heimath gebildet, der bereits an Jahresbeiträgen 1 iS Mk. erhält. — In Buchholz konnten die Zinsen einer ca. 2500 Mart betragenden Luther st iftung, auch eine Frucht der LutherjubiläumS, an ein Buchholzer Kind zu akademischen Studien zum ersten Male verliehen werden. — Buch Holz. Gestern Abend in der 6. Stunde wurde der Handarbeiter Johann Ehregott Süß in Neudorf in einer Boden kammer erhängt aufgefunden. Süß befand sich wegen eines Vergehen» in gerichtlicher Untersuchung. — Die Stadt Plauen entwickelt sich immer mehr zur Groß stadt, ja sie strebt darnach, in manchen ihren Einrichtungen verschiedene Großstädte zu überflügeln. So hat sich betreffs der Düngerabsuhr Oper. Die Benefiz-Vorstellung unserer dramatischen Sängerin, Frl. Agnes Mandern — „Lohengrin" von R. Wagner — legte auf's Neue »in be redtes Zeugniß dafür ab, bis zu welch' hohem Grad der Beliebth it es die geschätzte Künstlerin während ihres zweijährigen Wirkens an hiesiger Bühne zu bringen wußte, und wie gern das Chemnitzer Publikum bereit ist, sich für wahrhaften Kunstgenuß dankbar zu bezeugen. Ein volles HauS — notabene außer Abonnement — lebhafter und gewiß herzlich gemeinter Applaus beim Austritt nnd bei jedem Aktschluß, sowie vor allen Dingen eine beinahe über reiche Spende an Blumen und Lorbeeren müssen dafür sprechen. Frl. Mandern versteht eS eben, sich durch ihren aus dem Herzen kommenden, einfach edlen und natürlichen Gesang in die Herzen der Zuhörer hineinzusingen. Ein minutiös genauer und peinlich korrekter Gesang, edler dramatischer Ton, noblr Vortragsweise und ein volles Aufgehen in dem Charakter der darzustellenden Person — das sind die Vorzüge, die wir der liebenswürdigen Künstlerin nickt oft genug nachrühmen können, und die ihr stets und überall den größten Erfolg sichern werden. Auch ihr« Elsa, mit der sie bereits im vorigen Jahre reüflrte, war wieder so recht eine Leistung ersten Ranges, der gegen über nur rückhaltlose Anerkennung am Platze ist. Den weitaus größten Theil deS während des Abends reichlich gespendeten Beifalls kann Frl. Mandern getrost auf ihr Konto setzen. Die Vorstellung nahm im Allgemeinen einen recht befriedigende - Verlauf. Unterlassen können wir aber nicht, eine- Mißstandes, eines wunden Punktes unserer Oper zu erwähnen, der in dieser Saison vielleicht noch nicht so schroff hervortrat, als gerade in der Lohengrin-Aufsührung, dem aber im Interesse des allgemeinen Ganzen, des Total-Eindruck- energische Abhilfe Noth thut- Es ist geradezu eine Schande, welch geringen Werth die Herren vom Chor — mit einzelnen rühmlichen Ausnahme» — aus ihr AcußereS legen, eine Unverfrorenheit, daß sie es wagen, sich so dem Publikum vorzusühren. ES cheint den Herren vollständig gleich zu sein, was sie vorzustellen haben, ob- öauern, ob Edelleute — eine dementsprechende Maske zu machen, damit die Handlung glaubhaft erscheine, ist der Mehrzahl viel zu viel. Ein paar rothe ilecke auf die Backenknochen in aller Geschwindigkeit gemacht — und fertig ist die Maske. Daß durch solche Nachlässigkeiten der Gesammt-Eindruck einer Vorstellung nicht nur bedeutend geschmälert, sondern stellenweise in da» Lächerliche gezogen wird, ist selbstverständlich — daS waren doch wahrhaftig nicht die markigen Gestalten der Edlen und Fürsten von Brabant, mit denen Kön'g Heinrich die Hunnen bekämpfen wollte. Und wenn eigener Trieb und Ehrgeiz nicht vorhanden ist, so meinen wir, ist es Pflicht der Regie und Direktion, eine derartige Apathie nicht zu gestatten und energische Abhilse- zu schaffen.
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