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ßxpe». u. Redakttm, kielde»-Re«fta»t v Meitzner »affe 4. Lie Zeitung erscheint rienftag, Launerftog und »»«««dend früh. , fl-»«ue«ertt»- Drei»: ^tteIjLhrl.Mk.1^0. Zu beziehen durch kaiserlichen Post- «lstaUcn und durch unsere Boten. dti freier Lieferung tn« Hau» erhebt die Post noch «ne Ge- dahr von 2b Psg. äch sischk D ochellung. Lin unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshaupttnannschasten Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentümter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Nedakteur und Verleger Kerrmann Müller in Dresden. I«ser»t» werden bi» Montag, Mittwoch u. Freitag Mittag angenommen und kosten: die1fpaIt.Zeile1bPfg Unter Eingesandt: «PK- Inseraten» Annahmeftelenr Ivi Die Arnoldische Buchhandlung, Jnvalidendank, HaastnsteinLLogler, Rudolf Moye, ». L. Daube L Lo. tu Dresden, Leipzig, Hamburg, Berlin, Frankfurt a/M. n. s. w. Ar. 154. Sonnabend, den 31. December 1887. 49. Jahrgang. Ä/lit dem ersten Januar 1888 tritt die „SLekslselrv »vrlLettnnM" in ihr SV. Wir wiffeu wohl, ein halbes Jahrhundert ist nur eine kurze Spanne Zeit im Laufe der Weltgeschichte; immerhin aber darf es als eine erfreuliche Thatsache bezeichnet werden, wenn ein Unternehmen, wie eine Zeitung, heul' zu Tage, da wir unter dem Zeichen der rücksichtslosesten Konkurrenz leben, auf ein 5UjährigeS Bestehen zurückblicken kann. Ja, es ist vieS eine Empfehlung für das Blatt selbst. Beweist cS doch, daß die „Sächsische Dorfzeitung" gehalten, was sie bei ihrer Gründung versprochen, datz sie dem Landmann wie dem Städter, d. h. einem Staatsbürger stets eine anregende, unterhaltende Lektüre geliefert, datz sie durch die wechselvollen Schicksale der seit ihrem Bestehen verflossenen Jahre den treuen Leser getreulich geleitet und sich so ein freundliches Willkommen in Stadt und Land bereitet hat. Auf diese Weise ist es ihr gelungen, sich nicht nur daS Vertrauen der Abonnenten, sondern auch das der hohen Behörden, dessen sie sich seit langen Jahren in ihrer Eigenschaft als erfreut, zu erwerben und zu erhalten. Den Lesern, denen unser Blatt schon längst ein lieber alter Freund geworden, Grutz und Dank in der Hoffnung auf ein noch recht langes Zusammenleben. Den neuen Freunden aber, die wir uns hoffentlich noch recht zahlreich erwerben werden, die Zusicherung, datz die „Sächsische Dorfzeitung" nach wie vor bestrebt sein wird, ein gutes, deutsches und zwar spcciell sächsisches VvtksdlLtt zu heitzen und zu sein, wahr, gerecht und human, in würdiger Sprache und dabei doch gemeinverständlich zu schreiben, aus den sich ost überstürzenden Zeitereignissen daS Wichtigste heraus- zugretfen und Jedem etwas, nur den Feinde» der Bildung und des Fortschrittes nicht das Erwünschte zu bringen. Mit dieser Versicherung treten wir in deu 50. Jahrgang unseres Blattes ein. Abonnements-Einladung. Auf das mit dem I. Januar beginnende erste Quartal der „Sächsischen Dorfzeitung", „fünfzigster Jahrgang", nehmen alle kaiserlichen Postämter, Postexpeditionen und Landpostboten gegen Vorausbezahlung von t Mark 50 Pf. Bestellungen an; auch kann das Blatt, wenn es verlangt wird, den geehrten auswärtigen Abonnenten durch die betreffendes Postanstalten gegen Botenlohn von nur 25 Pf. pro Quartal jeden Dienstag, Donnerstag und Sonn abend pünktlich in- Haus gesandt werden. Diejenigen Pränumeranten in Dresden und Umgegend, welche ihre Bestellungen direkt bei uns (Neustadt, kl. Meißner- gaffe 4), oder bei den von uns angestellten Boten machen, erhalten die Zeitung jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend ohne irgend eine Preiserhöhung zu geschickt. Dringend ersuchen wir aber, die Abonnements-Bestel lungen gefälligst sofort machen zu wollen, indem wir bei späteren Aufträgen für die Nachlieferungen der bereits erschienenen Nummern nicht einstehen können. Inserate finden bei der bedeutenden Auflage der „Sächsischen Dorfzeitung- durch dieselbe sowohl in Dresden und dessen Umgegend, als auch im ganzen Lande die aus gedehnteste Verbreitung. Die Verlags-Gxpediton. Zum neuen Jahre! Wiederum geht ein Jahr zur Rüste und mit den verschiedensten Empfindungen sehen wir eS scheiden. Eitel Glück und Freude hat es wohl Niemandem ge- Feuilleton. Die kleine Hand. Kriminal.Novelle von Gustav Höcker. (S Fortsetzung.) Es war eins gegen hundert zu wetten, daß ihr dieselbe nicht zur Empfehlung gereichen konnte und darauf setzte Frau Bredow ihr Vertrauen. Frei lich fehlten auch die Zeugnisse, denn Flora Lohm, wie die Bewerberin sich nannte, hatte bisher noch keine derartige Stellung bekleidet. Sie war ältern- lo-, die Tochter eines kürzlich verstorbenen Gelehrten, der ihr nichts hatte hinterlassen können, sie mußte nun für sich selbst sorgen, sah weniger auf hohen Gehalt als auf eine anständige Behandlung und wollte sich keine Mühe verdrießen lasten, um die Zufriedenheit ihre- Brotherrn zu erwerben. SS gefiel Frau Bredow, daß ein Mädchen aus besserer Familie sich willig zu einer dienenden Stellung bequemte, um sich ehrlich durch die Welt zu schlagen; der Styl des Briefes war korrekt und bekundete eine Verstandsreife, welche die Vermuthung Frau Bredow'- über die äußere Persönlichkeit nur bestätigte, so daß sie im Geiste eine sehr gesetzte Jungstau vor sich sah, deren gefurchte Stirn schon von mannigfaltigen LebenS- prüfungen zu erzählen wußte und so setzte sie sich über die anderen Bedenken hinweg und ließ durch Rudolf, der im Geschäfte die Stellung eines Buchhalter- und Korrespondenten ausfüllte, dem Fräulein schreiben, wenn es mit dem und dem Gehalte bei freier Station und bracht, ebensowenig aber nur Leid und Trübsal. Pflegt doch das Schicksal Licht und Schatten im menschlichen Dasein ziemlich gleichmäßig zu vertheilen. Wohl scheint manchmal unser Lebenshorizont derart verfinstert, daß wir verzweifeln möchten; aber man harre nur auS und schließlich wird doch ein Sonnenstrahl des Glückes die Finsterniß durchbrechen und unser erstarrtes Herz er wärmen. Sollte jedoch das scheidende Jahr diesem oder jenem auch nicht eine einzige der auf dasselbe gesetzten Hoffnungen erfüllt haben, so murre er auch dann noch nicht; frage er sich vielmehr, ob er nicht vielleicht selbst die Schuld daran trägt. Wie oft klagen wir das Schicksal an, während do» über uns herein, brechende Unheil häufig doch nur eine logische Konsequenz unserer eigenen Thaten ist! Derartige Betrachtungen sind gerade am Sylvesterabend am Platze. Mögen wir im einsamen Stübchen oder im trauten Kreise unserer Lieben weilen: werfe ein I der einen Blick auf das alte Jahr zurück und pflastere er den Eintritt in das neue mit guten Vorsätzen! Dann wird auch der Glückwunsch in Erfüllung gehen, den wir heute unseren Lesern zurufen: Gesegnetes Neujahr! Politische Weltschau. Deutsches Reich. Eine höchst seltsame Nachricht bringt das .Reuter'jche Telegraphenbureau- auS San Remo. Danach soll dem deutschen Kronprinzen von maaß- gebender Seite der Vorschlag gemacht worden sein, er möge angesichts seiner schweren Erkrankung seine Zustim mung dazu ertheilen, daß im Falle des Ablebens des Kaisers nicht er, der Kronprinz, sondern Prinz Wilhelm, wenn auch vorläufig nur als Regent, die Regierung über- nehme. Der Kronprinz soll jedoch diesen Vorschlag als Reisevergütung zufrieden sei, so möge e- sich als engagirt betrachten, worauf umgehend die zustimmende Antwort eintraf. Frau Bredow's Enttäuschung, als einige Tage darauf eine junge Dame, deren Schönheit an die Prin zessinnen aus Tausend und einer Nacht erinnerte, sich als die neu engagirte Verkäuferin vorstellte, möge sich der Leser selbst ausmalen. Frau Bredow wollte sie ohne Weiteres wieder fortschicken, Flora berief sich je doch mit großer Festigkeit auf die ichnftlichen Berem- barungen, die zwischen beiden Theilen beständen und da die Dame des Hause- zu sehr Geschäftsfrau war, um etwas zu verschenken, so scheute sie vor einem Proceß zurück, der voraussichtlich damit endete, daß sie dem schönen Kinde die Reisevergütuug und den Lohn für ein Vierteljahr sammt den Unterhaltungskosten für die gleiche Zett herauszahlen mußte Zudem gab es alle Hände voll zu thun, auf einen raschen Ersatz konnte nicht gerechnet werden; Frau Bredow entschloß sich also wohl oder übel, in den sauren Apfel zu beißen und Flora zu behalten, nahm sich aber vor, ihr bei dem ersten Anlaß zu kündigen. Von diesem Vorhaben kam sie jedoch bald wieder zurück. Daß die neue Verkäuferin sehr anstellig war und sich schnell in ihre Pflichten einlebte, konnte Frau Bredow'- Herz nicht rühren, sie fühlte sich bei einer viel schwächeren Seite gepackt. Der Ruf von Flora'S bestechender Schönheit nemlich lockte Alt und Jung, Kurgäste und Einheimische in den Laden Wer von dessen reichhaltigen Vorräthen nicht- brauchte, der schuf sich ein Bedürfmß, um sich von dem reizenden Mädchen bedienen zu lassen; selbst die Damenwelt erschien in unannehmbar zurückgewiesen haben Vorläufig zweifeln wir noch sehr an der Richtigkeit obiger Meldung; sollte sich dieselbe aber wirklich bestätigen, so könnten wir un- mit dem dem Kronprinzen gemachten Vorschläge keineSweg- einverftanden erklären. Nach unserer Auffassung ist die augenblickliche Sachlage folgende: Das Thronfolgerecht deS Kronprinzen dürste völlig unabhängig von dem Stande seiner Gesundheit sein; gleichviel, an welcher Krankheit er leidet, gleichviel, wie sein jeweilige- Befinden ist — in dem Augenblicke, in welchem das Throafolgerecht seine praktische Bedeutung erhält, wird der jetzige Kronprinz von selbst König von Preußen und deutscher Kaiser. Keine Jntrigue fände auch nur den schwächsten staats rechtlichen Anhaltspunkt, um dagegen Protest zu er heben. Die einzige Möglichkeit wäre, daß man dem Kronprinzen, falls sein Befinden es erfordern sollte, die Ausübung der Kronrechte erleichtert. Am 24. No vember hat der Kronprinz an den Reichstag telegraphier: „Mit Gottes Hilfe hoffe ich, daß durch den Aufenthalt in südlicher Lust die bereits wieder fühlbar werdende günstigere Wendung in meinem Befinden mir gestatten wird, meine Pflichten gegen daS Vaterland wieder in vollem Maaße zu erfüllen." So lange der hohe Patient selbst noch so fest auf seine Genesung hofft, sollte man »hm mit Vorschlägen, wie der obige, fern bleiben. DaS neueste ofsicielle Bulletin über das Befinden deS Kronprinzen besagt: Die zuletzt aufgetretene Wuche rung am linken Taichenbande hat nicht weiter um sich gegriffen, sondern sich in eine Geschwürsflocke umgewan. delt, welche schon zu vernarben beginnt; in der Um gebung derselben ist eine Verdickung deS Taschen- bandeS, sowie eine Neigung zur Schleimabsonderung bemerkbar, welch' letztere jedoch bereits im Nachlaßen begriffen zu sein scheint. DaS Allgemeinbefinden ist, wie seit Wochen, durchaus befriedigend. ungewöhnlicher Anzahl, ihre Neugier zu befriedigen. Frau Bredow hatte die beste Aussicht, in dieser Saison alle ihre alten Ladenhüter lo- zu werden; sie feierte einen glänzenden Sieg über die gesammte Konkurrenz und der gewichtige Schatz der Ladenkaffe, den sie all- akendlich in ihren Sekretär verschließen konnte und der daS Drei- und Vierfache früherer Sommereinnahmen betrug, kitzelte ihre unersättliche Geldgier. Mit ArguSaugen hatte sie über Rudolf und der gefährlichen neuen Hausgenossin gewacht, aber obwohl sie zwischen B iden keine Berührungspunkte zu entdecken vermochte, welche über die geschäftlichen Wechselbezie. Hungen zwischen Laden und Kontor hinauSreichten, so sollte sich daS Gefürchtete doch hinter der Mutter Rücken vollziehen. Rudolf war zweiundzwanzig Jahre alt und, wie sein Vater, eine hoch und kräftig aufgeschossene Gestalt. Die Unverdorbenhut seines GemüthS sprach auS seinem feinen offenen Antlitz, aus welchem zwei Augen wie ein thaufrischrS Bergißmeinnichtpaar hervorleuchteten. Sein kastanienbraune- Haar krümelte sich in natürlichen Locken: die kräftigen Augenbrauen und der zierliche kecke Schnurrbart erhöhten durch ihre Limen da- An. gen.hme und Männliche seine- Gesicht-. Jeder junge Manu trägt sich mit mehr oder weniger hochfliegenden Plänen. Solchen unbestimmten Hoffnungen auf eine verheißungsvolle Zukunft sah Rudolf durch die Mutter eine enge Grenze gezogen, denn eS war ihr Wille, daß er da» Geschäft übrr» nehmen und an der Seite ferner Kousine ein glücklicher Ehemann und ehrbarer Bürger de- kleinen Städtchen- Werden sollte.