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... tzpü. «. Rtdattio« treSden« Neustadt L. Meißner Gasse 4. ve Zeitung erscheint Lteusta,, Ha««ersta, und «aauaden» früh. Idauuemenld- Preis: ^rttljLhrl.Mk.IM z, beziehen durch diserlichen Post- Malten und durch uusrre Boten. Hei Krier Lieferung VB pau« erhebt die «ätz noch eine G«- Hhr von 2b Psg. Sächsische Dorheilling. Lin unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Amtsblatt für die kgl. AmtShauptmarmschasten Dre-den-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften de- kgl. Amtsgericht- Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrmai»« Müller in Dresden. Inserate werden bi» Montag, Mittwoch u. Freitag Mittag angenommen und kosten: dielspaliZetlelSPfg. Unter Eingesandt: 80 Psg. Iusrrate»- Anuahmestelenr Die Arnoldische Buchhandluna, InvaUdendank, Haascnstein LBogler, Rudolf Mosse, G. L. Daube L Co. in Dresden, Leipzig, Hamburg, Bertin, Frankfurt a/M. u. s. w. Dienstag, den 13. September 1887. Ar. 108. 49. Jahrgang. Politische Wellschau. Deutsche- Reich. Die Kaiserzusammenkunft ist noch immer nicht von der Tagesordnung abgesetzt. Gut nnterrtchtete Kreise Berlin- halten daran fest, daß eine solche geplant und voraussichtlich noch in Scene gesetzt wird. Sicher ist, daß die kaiserliche Familie am 12. d. M. vormittag- nach Stettin abreist, wo sie nachmittag- 4'/» Uhr eintrifft. Die „Neue Stettiner Ztg." bringt bereit- ein ausführliche- Programm für den Aufenthalt. Auch sonst werden Angelegenheiten, welche mit der Kaiserzusammenkunft in Beziehung stehen, angelegentlich besprochen. Da- Hauptinteresse darunter nimmt die Mittheilung in Anspruch, daß zwischen den Drei-Kaiser-Mächten biö Frühjahr d. I. Lereinbaruvgen in bestimmter Form bestanden hätten, die nunmehr, da sie nicht erneuert worden, ihre Lrledigung gefunden hätten. Bereit- vor einiger Zeit Halle die „Nordd. Allg. Ztg." am Schluffe einer längeren Notiz darauf hingedeutet, jetzt bringt die „Köln. Ztg." von bestunterrichteter Seite eine Bestätigung der Mit- lheilung. DaS Verhältniß Deutschlands zu Rußland ist jedenfalls eine- derjenigen Dinge, die am Sorg samsten von der Regierung verschleiert werden. Auch die Streislichtrr, welche die Fehde der „Nordd. Allg. Ztg." und der „Köln. Ztg." auf diese- Gebiet unserer auswärtigen Politik hat fallen lassen, beleuchten weniger, alS daß sie in'S Ungewisse führen. Viel fach wird angenommen, daß der ganze Kampf der Officlösen nur ein geschickte- Scheinmanöver gewesen ist. Sicher ist, daß die deutsche Regierung e- abgelehnt hat, Schritte bei den Kabinetten von Wien, Rom und London zu Gunsten de- russischen Vorschläge- einer Mission Grnroth zu thun. Dieser Vorschlag, der vor etwa 14 Tagen durch den russischen Geschäftsträger in Konstantinopel der Pforte unterbreitet wurde, ging be kanntlich dahin, einen russischen General nöthigenfallS mit Hilfe türkischer Bayonnette in Bulgarien einzu» führen, damit er dort als Kommissär, in Wirklichkeit aber alS einstweiliger Regent, dis Bulgaren zur Bot mäßigkeit unter Rußlands Befehle zurückführe. Dieser Plan ist nun gescheitert, da Deutschland erklärt hat, eS könne den russischen Antrag nur dann unterstützen, wenn die Pforte ihn zu dem ihrigen mache. Die Türkei aber macht ihr Einschreiten wieder von der Zustimmung aller Kabinette abhängig und da Deutsch land zur Vermittelung in dieser Angelegenheit nicht die Hand bot, ist die ganze Sache als aufgegeben zu betrachten. Die in diplomatischen Schachzügen so gewandten Staatsmänner der Pforte haben vermuthlich keinen anderen AuSgang erwartet und lachen sich jetzt in'S Fäustchen; nicht minder hoch befriedigt sind aber auch die Oesterreicher, die eine Unterstützung Rußlands feiten- Deutschland- dem letzteren sehr verübelt hätten. Mit dem Verlaufe de- Katholikentage- in Trier ist man im Vatikan zufrieden. Man hat an den daselbst zuletzt erhobenen Forderungen betreff- de- Ein- spruchrechtes, der Rückberufung der Jesuiten, sowie der Rückgabe der Schule an die Kirche keinen Anstoß ge nommen. Der „Moniteur de Rome" belobt die deutschen Katholiken wegen der Zurückhaltung, mit der sie berr „specifisch politischen Problemen" beim Trierer Proceffe auSgewichen seien; sie hätten so ihre Unterwerfung unter die päpstliche Politik bezeugt. — Daß die Regierung der Kurie gegenüber sich zu einer näheren Bestimmung deS Einspruchsrechts Herbeigelaffen hat, scheint jetzt zweifellos. Einer Korrespondenz der „Hamb. Nachr." zufolge hat die Regierung erklärt, gegen solche Priester, welche ihre priesterlichen Pflichten erfüllen und ihre staatsbürgerlichen Rechte auöüben, einen Einspruch nicht erheben zu wollen; wer in dieser Beziehung sein« Pflicht und Schuldigkeit thue, gegen den habe der Staat absolut keinen Grund einzuschreiten. — Auch in Baden wird jetzt eine Kircheovorlage nach dem Vorgänge Preußens und Hessens erwartet. DaS Befinden de- deutschen Kronprinzen ist ein gutes. Trotz der regnerischen Witterung macht derselbe jeden Morgen einen Spaziergang. Täglich kommt eia Telegramm vom Kaiser Wilhelm nach Toblach, daS sofort erwiedert wird. — Fürst Bismarck ist in Berlin eingetroffen, wo derselbe trotz der vorgerückten Stunde, io welcher seine Ankunft erfolgte, von zahlreichen Per sonen begeistert begrüßt wurde. Am 23. September feiert Fürst BiSmarck sein 25jährigeS Jubiläum alS Staatsminister. Nach allem Gebrauche werden im preußischen Staatsdienste 25jährige Dienstjubiläen amtlich nicht gefeiert. Immerhin geht aber auS zahlreichen bekannt gewordenen Vorbereitungen hervor, daß in weiten Kreisen deS deutschen Volkes dieser für die Entwickelung der deutschen Geschicke hoch- bedrutuvgSvolle Tag in würdiger Weise gefeiert werden wird. Auch daS preußische StaatSministerium als solches wird sich an der Feier dieses TageS in besonderer Weife bethätigen. Die Manöver deS 1. (ostpreußischen) Armeekorps sind glänzend verlaufen. Prinz Albrecht sprach am Schluffe derselben sämmtlichen Truppevthrilen seine Anerkennung auS, indem er hinzufügte: er werde sich in gleicher Weise in dem Sr. Majestät dem Kaiser zu erstattenden Berichte auösprechen. — Am 10. d. M. nachmittags hat der Prinz die Rückreise nach Berlin angetreten; auf dem Bahnhofe wurden ihm noch stür mische Ovationen gebracht. Den Seeman-vern bei Wilhelmshaven lag die Idee einer Forcirung der Jahde zu «runde. Da- Angriff-- geschwader bestand auS den Panzerschiffen „König Wil helm", „Kaiser", „Oldenburg", dem Aviso „Pfeil", den Kreuzerfregatten „Stein", „Moltke", „Gaeiseaau", „Prinz Adalbert" und mehreren größere Schiffe mar- kirevden Barkassen. Wilhelm-Haven wurde durch da- Panzerschiff „Friedrich Karl", da- Schulschiff „MarS" und mehrere Panzerfahrzeuge, sowie durch d»e Torpedo- bootsflotille unter Befehl deS Prinzen Heinrich vertheidigt. Von dem Angriffe der Torpedoboote giebt em Korrespon dent folgende anschauliche Schilderung: „Der Kampf wurde jetzt allgemein und die Kanonade immer heftiger, so daß eS unmöglich war, die Bewegungen eine- ein zelnen Schiffe- zu verfolgen, zumal der dicke Pulver- kampf ganze Gruppen vollständig dem Blicke entzog. DiefeS schien denn auch der Moment zu sein, welchen die TorpedobootSflotive zum Angriffe zu benutzen hatte. Die unheimliche schwarze Schaar hatte sich hinter dem hohen Schulschiffe „MarS" versteckt gehalten, sie schoß nun plötzlich auS ihrem Hinterhalte hervor und befand sich in überraschend kurzer Zeit mitten zwischen den Schiffen deS feindlichen Geschwader-. Man schien ihren Angriff erwartet zu haben, kenn zur selben Zeit war da- Ge- knattere auS zahllosen Revolverkaaonen zur Abwehr der Boote vernehmbar, wodurch im Ernstfälle gewiß da rin« oder andere Boot vernichtet worden wäre. ES schien jedoch, als ob daS Panzerschiff „Kaiser" und die Kreuzerfregatte „Prinz Adalbert" alS durch einen Torpedoschuß vernichtet avzusehen seien, da beide Schiffe von Torpedobooten förmlich umschwärmt waren. Da- feindliche Geschwader hatte inzwischen «ater beständigem Feuer und Feuern geschwankt und nahm feinen Kur- Wieder nach See zu, als ein Signal vom Fort dem Geschützkampfe ein Ende machte." — Prinz Ludwig von Baiern, der den Manöver» beigewohnt, hat am 9. d. an Bord deS Panzerschiffe- „Kaisers" den Officierea ein glävzevdeS AbschiedSsest gegeben. Die Nachrictt, daß die Getreidezollerhöhung den Gegenstand einer der ersten Vorlagen, die dem zusam» mentretenden Reichstage zugehen, bilden soll, wird von anderer Seite bezweifelt. Jedenfalls ist damit die Vor lage nur aufgeschoben, ebenso wie die Alters- und Invaliden-Versorgung nicht in erster Reihe den Reichs tag beschäftigen wird, da die Regierung erst io eine eingehende Prüfung der Frage eivgetreten ist. Die „Konserv. Korr." schließt eine in eindringlicher Sprache gehaltene Schilderung deS landwirthschaft- lichen NothstandeS mit der Forderung, daß die durch ein Gesetz zu bestimmenden höheren Getreidezölle sofort rückwirkende Kraft erhalten sollen. „Um einem Händler nicht wche zu thun, können nicht zehn Landwirthe zu Feuilleton. Sarah Bernhard s Schützling oder Ein blinder Passagier. Novelle von I. HariSberg. <2 gonseyuna.) Fritz war eS im nächsten Augenblick, alS hörte er «wen fernen, halberstickten Schrei in der Lust zitternd verhallen. Er nahm jedoch keine groß« Notiz davon, sondern schickt« sich an, «bevfallS in den vermeintlichen Hohlweg, der sich al- ein langer grauer, vor den dunklen Tannen läng- deS BergeS hinauf ziehender Streifen vor seine Augen stellte, hinunterzuspringen. Im letzten Augenblick kam ihm indessen denn doch noch ein Bedenken über diese- Wagviß; er blieb am Rande stehen und frug mit lauter Stimme den Dorangegaagenen, ob er sich etwa durch den Sprung wehe gethan. Albert gab keine Antwort. Fritz wiederholte die Frage und zwar auS voller Lunge; aber fein Rufen blieb ungehört. Ein unbeschreibliche- Angstgefühl be mächtigte sich nun seiner; er tastete mit den Füßen auf dem Boden umher, um einen größeren Stein zu finden. AlS er im Besitze eine- solchen war, rief er Albert nochmals laut zu, er möge doch etwa- von sich hören lassen, dann gab er seine Absicht, die er mit dem Steine vor hatte, kund und da seine Wort« wieder in den Wind gingen, so führte er dieselbe au-. — Ein furchtbarer Schreck fuhr im nächsten Augenblick durch seine Glieder. „Barmherziger Gott, ich Unglücklicher!" die ent setzliche Wahrnehmung, daß Albert in den fast 200 Meter tiefen Steinbruch hinabgefallen war, ließ ihn ohnmächtig zusammenbrechen. AlS er nach einer Weile wieder zum Bewußtsein kam, bemächtigte sich seiner die furchtbarste Selbstanklage; er mußte sich gestehen, daß eine große moralische Schuld an dem schrecklichen, grauenvollen Ende seine- Freundes auf ihm laste. Ein Gedanke tauckte in ihm aus — Albert in den Tod nach zufolgen. VS war aber, als ob ihn eine unsichtbare Hand von diesem Abgrunde zurückhielt. Er versuchte zu beten — eS ging nicht. Seine Angst und Erschütterung war zu groß; die Verzweiflung und der furchtbarste Seelenschmerz ließen ihm keine ruhigeren Gedanken zu. Ueber eine Stunde war bereit- verflossen, alS der Un glückliche nach schwerem Seelevkampfe sich entschloß, den entsetzlichen Gang nach Hohenschwand zu unternehmen. An d«S Aufsuchen deS zerschlagenen Körper- in dem großen Steiobruche konnte er nicht denken, da ihm dessen Zugänge gänzlich unbekannt waren. Mit schwankenden Schritten und avgstklopfendem Herz trat er den schweren Gang an. ES fiel ihm nun nicht schwer, den AuSgang au- dem Walde zu finden; eine halbe Stunde später näherte er sich seinem Heimath-orte. Im Wohnzimmer seiner Verwandten war noch Licht. Albert'S Mutter kam ihm biS an die HauSthüre ent gegen. Fast wollte ihm die Brust zerspringen, als er in ihr besorgte- Gesicht, welches da- Kerzenlicht in ihrer Hand beleuchtete, sah. „Gott im Himmel, Fritz, waS soll daS bedeuten?" fragte sie den allein Heimge kehrten in vorwurfsvollem Tone. „Wo bleibt Albert? Und wo um deS Himmel-Willen treibt Ihr Euch denn um diese Zett herum?" Fritz war nicht im Stande, auch nur ein Wort hervorzubringen; er folgte ihr, an allen Gliedern zitternd, in die Wohnstube, in welche gleichzeitig auch der OrtS- vorsteher halbangekleidet trat. Daselbst ließ er sich ganz gebrochen auf einen Stuhl nieder; ein kalter, heftiger Fieberfrost bemächtigte sich seiner. Mit unzusammen hängenden Worten vermochte er noch dem Aelternpaare von der Katastrophe Kenntviß zu geben, dann wurde e- Nacht vor seinen Augen — da- Bewußtsein verließ ihn . . . Beinahe zwei Wochen vergingen, bi- die klaren Gedanken de- jungen Maler- auS den schweren Nerven» sieberphantafieen wieder in'S Lebe« zurückkehrtev. Er erwachte nicht in Hohenschwand au- seinen Fieberträumen, sondern im Gefängnißlazareth in B. Im ersten Augen blicke glaubte der Genesende, als seine Blicke die kahlen Wände der Jsolirzelle streifte«, er befinde fich in einem abgesonderten Raume deS BürgerspttaleS. Auf seine diesbezügliche Frage war man so Huma«, ihn vor der Hand bei diesem Jrrthume zu belassen. DaS Ereigniß jener Nacht trat nun mit grauenvoller Lebendigkeit vor seine Augen. Er hielt die Bilder anfänglich für Aus geburten seiner Fieberphantafie, die fich noch in seinem Denkvermögen festgehalten und versuchte, sie zu ver scheuchen. Sie kehrten aber immer wieder und über zeugten ihn endlich von ihrer wahren Identität; auch über seinen Aufenthalt-ort sollte er bald da- Nähere vernehme«. Der Untersuchungsrichter kam an einem der folgenden Tage an sein Bett, um ein Protokoll über da- beim Plattenfeld-Steiabruche Geschehene aufzunehme«. Dieser theUt« ihm unter Anderem mit, er habe fich wieder holt selbst angeklagt, die Schuld an dem Tode seine-