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ExPeL. ll. Retzaktlo« rrt»»t«.«rusta»t N. Meißner Lasse 4. Die Zeitung erscheint Ttenfta«, T»nnerstaa und konnadcnd früh. Abonnements« Preis: dierteijähri. Mk. 1,50. Zu beziehen durch dir kaiserlichen Post« ausialten und durch unsere Boten. Bci freier Lieferung ins Haus erhebt die Post noch eine Ge bühr von 25 Pfg. Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Amtsblatt str dir kgl. AmtShauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften de« kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für di« kgl. Forstrmtämter Dresden,. Tharandt und Moritzburg. verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrmann Müller in Dresden. Inserate »erden biS Montag, Mittwoch u. Freitag Mittag angenommen und kosten: die1spalt.Zeile15Pfg. Unter Eingesandt: 30 Pfg. Jnserateu- Annahmestellenr Die Arnoldische Buchhandlung, Jnvalidendank, Haasrnstein LBogler, Rudolf Mosse, , G. L. Daube L Co. in Drc-den, Leipzig, Hamburg, Berlin, Frankfurt a/M. u. s. w. Dienstag, den 2. August 1887. 49. Jahrgang. Abonnements- Einladung. Bestellungen auf die „Sächsische Dorfzeitung" für die Monate August und September nehmen alle kaiserlichen Postaustalten und Posterpedittonen, so wie auch alle Landbriesträger gegen VorauSbezah luvg von 1 Marl entgegen. Die DerlagS-Expedition. Politische Weltschau. Deutsches Reich. Papst Leo XIU. hat an den Kar- diaalstaatssekretär Rampolla ein längeres Handschreiben gerichtet, worin eS u. A. heißt: In Preußen harrt daS Werk der Herstellung deS Friedens auf religiösem Gebiete noch immer der Vollendung. Der bis sitzt erreichte erheb liche Fortschritt in dieser Hinsicht, sowie die wohlwollende Gesinnung des deutschen Kaisers und der gute Wille, von dem wir fortdauernd seine Regierung beseelt sehen, lassen unS jedoch auf Erfolg unserer Bemühungen behufs weiterer Besserung der Lage der katholischen Kirche in Preußen und auf die Befriedigung der gerechten Wünsche der katholischen Bevölkerung hoffen, welche sich durch ihre Entschlossenheit und ihr standhaftes AuSharren so hoch um die Religion verdient gemacht hat. Glücklich wären wir, wenn wir auch auf tue übrigen nicht katho lischen Staaten den guten und heilsamen Einfluß unserer Kirche auSdehnen und so der Sache der Ordnung, deS Friedens und deS öffentlichen Wohles unsere Unterstützung leihen könnten. Die Gewalt, mit welcher wir bekleidet find, umfaßt ihrer Natur nach alle Zeiten und Orte; demgemäß ist eS unsere Pflicht, daS Wachsthum der Religion zu fördern, wo sie bereits eine bedeutende Verbreitung besitzt, wie in den Vereinigten Staaten Lmerika'S und die Missionen in den noch barbarischen und heidnischen Ländern zu begünstigen. Aber noch ein anderer Punkt nimmt beständig unsere Aufmerksamkeit in Anspruch; wir meinen unsere gegenwärtige Stellung in Rom und den unheilvollen Zwiespalt zwischen dem römischen Papstthume und der italienischen Regierung. In einer so bedeutungsvollen Angelegenheit wollen wir unsere Anschauung eingehender entwickeln. Mehr denn einmal haben wir daS Verlangen geäußert, daS Ende dieses Zerwürfnisses zu sehen. Noch in der Allokution an daS Konsistorium vom 23. Mai haben wir Zeugniß von unserer Entschließung abgelegt, in hervorragender Weise wie auf die anderen Natioaen, so auch auf Italien unser Bemühen behufS Herstellung deS Frieden- auSdehnen zu wollen. Um dieses Ziel zu erreichen, genügt eS aber nicht, für ein besonderes religiöses Interesse zu sorgen, feindselige Gesetze abzuschaffen oder zu ändern, ungünstige Stimmungen, von denen wir bedroht sind, zu beseitigen; vielmehr muß außerdem und an erster Stelle in entsprechender Weise die Lage deS Oberhauptes ' der Kirche geregelt werden, welche seit vielen Jahren durch Gewalt und Unrecht seiner unwürdig geworden und mit der Freiheit d»S apostolischen AmteS unver träglich ist. Zu diesem Zwecke haben wir in der er wähnten Allokution alS Grundlage deS Friedens die Gerechtigkeit und die Würde deS apostolischen Stuhles bezeichnet und für unS «ine Stellung gefordert, in welcher der römische Papst Niemandem unterworfen ist und eine volle, nicht nur scheinbare Freiheit genießt. Die unbedingte Voraussetzung der Herstellung deS Frie dens in Italien ist die Wiederherstellung einer wahren Douverainetät deS römischen PapsteS. Die ganze katho lische Christenheit, welche über die Freiheit ihres Ober hauptes so eifersüchtig wacht, dürfte sich nicht beruhigen, biS dessen gerechten Ansprüchen genügt sein wird. ES ist unS nicht unbekannt, daß Staatsmänner, welche durch die Macht der Thatsachen gezwungen sind, an zuerkennen, daß die gegenwärtige Lage des PapstthumeS eine unhaltbare ist, über andere Pläne und AuSkunitS- mitttl nachsinnen. Aber daS sind vergebliche und nutz lose Versuche, wie auch alle diejenigen ähnlicher Art, welche unter trügerischem Scheine den Papst in Abhängig keit von Italien belassen würden. Der Fehler liegt in der Natur der Verhältnisse, wie sie gegenwärtig bestrhen m>d keine Mildenmg »der äußere Rücksichtnahme wäre geeignet, diese« Grundfehler zu beseitigen. Im Gegen theile lassen sich leicht Fälle oorauSsehen, wo dre Lage deS PapsteS eine noch mißlichere werden könnte, wie bisher, sei eS, daß umstürzlerische Elemente oder Per sönlichkeiten daS Uebergewicht erhielten, sei eS, daß zum Schaden deS PapstthumeS Kriege oder sonstige Gewaltakte auSbrägen. DaS „Journal de St. Pstersboorg" — so schreibt man von offiziöser Seite auS Berlin — hat die deut schen Zeitungen offenbar nicht aufmerksam gelesen, wenn eS keine Erklärung für die Angriffe findet, welche neuerdings die Presse in Deutschland gegen die russi schen FondS richtet. Laut und oft genug wurde eS bereits gesagt: die RechtSverachtung, welche in dem UkaS vom 26. März liegt, erschütterte auf daS Tiefste daS Vertrauen Deutschlands zu der Sicherheit deS russischen StaateS. DieS führte zu jenen Erörterungen, welche den russischen Kredit in feiner heutigen frag würdigen Form erscheinen lassen. Unter diesem Gesichts punkte hatte der Ukas vom 26. März nützliche Folgen. Ohne ihn genösse der russische Staat möglicherweise heute noch daS blinde, unverdiente Vertrauen, kessen er sich bislang in Deutschland zu erfreuen hatte. Die Wiener „Neue freie Presse" lenkt die allgemeine Aufmerksamkeit auf den dänischen Kriegsminister Bahnson und auf dessen in letzter Zeit wiederholt gehaltene Reden, die von offenen und versteckten Drohungen gegen Deutschland förmlich durchtränkt seien. Gefährlich rr- scteine ja daS dänische Revanche-Bekürfniß an sich nicht, aber als Symptom der europäischen Lage wäre eS sehr beachtenSwerth. Betreffs der Stimmungen, die am russischen Hofe herrschen, habe man nirgends so genaue Kenntniß wie in Kopenhagen und welcher Art jene Stimmungen seien, daS zeige die Unverfrorenheit, mit welcher der dänische KriegSminister seinem Haffe gegen Deutschland Ausdruck verleihe. Die Zusammenkunft deS Kaisers Wilhelm mit dem Herrscher von Oesterreich-Ungarn wird nunmehr bestimmt am 6. d. M. in Gastein stattfinden. Die letzten fünf Jahre haben der deutschen Kriegs flotte einen recht bedeutenden Zuwachs gebracht. Von dem Baue zahlreicher Torpedoboote abgesehen, sind m dem gedachten Zeiträume: ein Panzerschiff, zwei Panzer fahrzeuge, »ine Kreuzerfregatte, drei Kreuzerkorvetten, ein Schiffsjungen-Schulschiff, zwei AvisoS und ein Kreuzer, im Ganzen mithin elf größere Kriegsschiffe vom Stapel gelaufen, während der Bau von seckS anderen Kriegsschiffen in Angriff genommen ist. Fast auS dem gesammten Bereiche deS Mittelmeer- beckenS liegen Meldungen über ungewöhnlich hohe Tem- peraturverhältniffe vor und Hand in Hand damit geht die Nachricht, daß auf Sicilien die Cholera-Epidemie auSgebrochen sei. Von amtlicher Seite io Berlin wird nun darauf aufmerksam gemacht, daß vom Standpunkte der internationalen Hygieine aus diese Nachricht um deswillen nicht als alarmirend betrachtet zu werden braucht, als eS scheint, die Cholera habe nunmehr den Zenith ihrer internationalen Bedrohlichkeit überschritten und sei im definitiven Rückgänge begriffen Da die Seuche nur noch in begrenztem Rayon unter abnormen Wärmegraden und auch da nur in beschränktem Maaße zum AuSbruche gelangt, so ist vielleicht Hoffnung vor handen, daß die Cholera über kurz oder lang auch dre letzten jetzt noch auf europäischem Boden behaupteten Positionen endgiltig räumen wird. Die zur ReichSkaffe gelangte Ist-Einnahme betrug vom 1. April biS Ende Juni d. I., verglichen mit den entsprechenden Einnahmen im Vorjahre: Zölle 52.860,983 M. (4- 5,205,169 M), Tabackssteuer 1,515,189 M. (4- 166,106 M.), Zuckersteuer 59,657,333 M. (4- 12.943,451 M.), Salzsteuer 9,154,012 M. (4- 80,963 M.), BranntweinSsteuer und UebergangS- abgabe von Branntwein 11,066,557 M. (- 50,992 Feuilleton. Schatten! Kriminal-Novelle von N. I. Ander-. (10. Fortsetzung) Di« Einrichtung deS Zimmers war die gewöhnliche, wie man sie in allen kleinen Gasthäusern findet: ei« Bett, vor demselben ein Stuhl nebst einem kleinen Bett vorleger, neben dem Bett eine starke defekte Waschtoilette mit der unvermeidlichen Karaffe, ein großer runder Tisch mit einer rotheo und darüber einer kleinen weißen Decke, auf demselben ein Porzellaaschreibzeug. ein dito Leuchter mit einer halben Stearinkerze, eine Streichhölzerbüchse, in der Nähe des Fensters eia altes wurmstichiges Schreib, palt und nahe der Thür eia breiter grünwollener Klingel zog mit Messingring, mehr zur Unterhaltung alS für den dienstthuenden HauSknecht bestimmt, welcher eia Läuten gewohnheitsmäßig zu überhören pflegt. DieS war die Ausstattung deS Zimmers, in dem sich der Kriminal-KommiffariuS befand und woselbst, wenn den Worten deS WirtheS zu trauen war, der letzte Be wohner sich so behaglich gefühlt hatte. Vorsichtig ging Kühn zur Thür de» Zimmers, öffnete dieselbe und überzeugte sich, daß Niemand auf dem Flur anwesend war. Er trat wieder tv'S Zimmer zurück, die Thüre hinter sich schließend. Er mußte etwas Wichtige- suchen. Er hob die Klappe deS alten SchreibpulteS auf, durchforschte jedes Fach, auch den kleinsten Behälter desselben mit einer Sorgfalt, al- wvlle er Reichthümer entdecken. Vergeblich! ES war nicht-, gar nichts, biS auf ein paar Stücke Papier, die von einer zerrissenen Zeitung herzurühren schienen, darin enthalten. Er verließ daS Pult, trat zum Bett, von welchem er nacheinander sämmtliche Kiffen entfernte. Auch diese Untersuchung lieferte keinerlei Resultat und alS er selbst die Waschtoilette wie jeden Raum deS ZimmerS durchsucht hatte, ließ er mit der Miene ge täuschter Hoffnung von weiterem Suchen ab. Er trat zum Fenster, öffnete dasselbe und blickte hinau» auf die Straße. Ueber die Häuser hinweg winkten ihm in nicht zu weiter Ferne die blauen Berge. O, wie glücklich, wie frei, wer dort oben wohnen könnte! Die reine GotteSluft einathmend, ledig der eisernen Pflicht, ledig alle- Zwanges! Dort drüben nahe der Straßen ecke, in jenem zweistöckigen stattlichen Hause ruhte sie, von süßem Schlummer umfangen. Ob sie wohl von ihm träumte, wie er ihrer jetzt gedachte? Dem Beamten wurde eS weich um'S Herz. Ein seltsames Sehnen stimmte ihn fast zu Thränen. WaS würde er darum geben, wenn er sie sein eigen nennen könnte! Wenige Minuten mochte sich Kühn solchen Gedanken überlassen haben, alS er plötzlich daS Fenster schloß und sich nach dem im Zimmer befindlichen Ofen begab. Suchte er hier, wonach er so emsig forschte? Jedenfalls, denn nach dem er die Mesfingthür desselben geöffnet hatte, wühlte er, ohne Rücksicht auf seine Kleidung in der Asche umher. Der Ofen mußte lange nicht benutzt worden sein und sprach ebensowenig, wie die Möbel deS ZimmerS, für die Reinlich- keitSliebe deS WirtheS. Asche, Zigarrenstummel, alte Streichholzschachteln und Papierstücke befanden sich hier beisammen, so daß man annehmrn mußte, die biedere Wirthin habe den Ofen zugleich alS passendsten Aufenthalts ort für den Kehricht benutzt. Der Kriminal-KommiffariuS mußte wohl ein großer Liebhaber von Autographien sein, kenn er wendete jedem Stückchen Papier, daS in seine Hände gerieth und namentlich jedem beschriebenen Zettel eine staunenSwerthe Aufmerksamkeit zu. ES waren der Papierstücke viele vorhanden und schon hatte Kühn wohl eine Stunde mit seinen For schungen hingebracht, al» er eben wieder ein etwa» größeres Stück Papier dem Aschenhaufen eatnahm. Kaum hatte er eS geglättet, alS er sich mit dem freu digen AuSrufe: „Gewonnen!" zum Fenster begab, um hier seinen Fund noch einmal im Hellen Sonnenlicht zu prüfen. Er mußte mit dem Erfolge zufrieden sein, denn ein heiteres Lächeln umspielte seine Lippen, während er daS Papier sorgfältig faltete und in seiner Brieftasche barg. Hierauf warf er die übrigen Papierschnitzel wieder in den Ofen, zog da» Beinkleid auS und legte eS für den HauSknecht zum reinigen zurecht, dann öffnete er die vorher abgeschlossene Thür lesse und suchte noch einmal daS Lager auf. Gleich darauf öffnete der Haus knecht die Thür, um die Kleider in Empfang zu nehmen, die er vorschriftsmäßig zu reinigen hatte. „Der hat aber einen festen Schlaf", sprach der HauSknecht für sich, alS er daS laute Schnarchen ke» Herrn vernahm. Etwa eine Stunde später brachte er die Kleidungsstücke zurück und kurze Zeit nachher erschien Kühn in der Gaststube, um seine Rechnung zu begleichen. „Nun, mein Herr, hat Ihnen daS Zimmer ge fallen?" fragte der Wirth freundlich.