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E^xd u. Sktdatti»» tz»«4den»Ae»ftadt L Meißner Gasse 4. Dit Zeitung erscheint Ttenftag. tzeunersta» und -annadend srLH. Adounement»- Prei»: dtMcIjührl.Mk.1^0 Zu beuchen durch die kaiserlichen Post» Anstalten und durch unsere Voten. Pei freier Lieferung Kd Hm» «hebt die Jost noch eine Ge» Ühr von 8b Pfg. Sächsische VocheitunS. Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Amtsblatt für die kgl. AmtShauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrma«» Müller in Dresden. Jnferite »erd« bi» Montag, Mittwoch u. Frei lag Mittag angenommen und kosten: »ielspaltZeilelbPf» Unter Eingesandt: SO Pfg- Inseraten» Annahmestellen: Die Arnoldische Buchhandluna, Invalidcndanr. Haasenstein LBoglerh Rudolf Mosse, G L. Daube « Ta», in Dresden, Leipzig Hamburg, Berlin, Frankfurt a/M. Zlr. 67. Donnerstag, den 9. Juni 1887. 49. Jahrgang. An das inserirende Publikum! Bei Aufgabe von kleineren Inseraten ersuchen vir die geehrten Besteller von hier und auswärts, den Betrag dafür (pro 1-spaltige Zeile --12 Silben 15 Pf.) gefälligst gleich zu entrichten oder in Briefmarken etnsenden zu wollen. — Die Inserate müfsen am Tage vor Erscheinen des Blattes bis IS Uhr mittags in unserer Expedition sein. Die Verlags »Expedition. Politische Weltschau. Deutsches Reich. Anläßlich der jüngsten Arbeilerunruhen in Belgien wird von beachtenS- werther Leite geschrieben: „Wenn trotz der Nähe deö HerdeS der belgischen Bewegung in den in dustriellen Centren deS westlichen Deutschlands bis her nicht daS Mindeste von einer Rückwirkung jener Vorgänge auf die deutsche Arbeiterbevölkerung wahrzu- nehmen ist und auch wohl nicht zu befürchten steht, daß in dem weiteren Verlaufe der Bewegung eine solche Rückwirkung eintreten wird, so liegt der Grund dafür in den ungleich besseren socialen und wirthschaftlichen Verhältnissen der deutschen Arbeiter. Dieselben fühlen weder den Stachel politischer Rechtlosigkeit, noch sehen sie sich von der Gesetzgebung ihre- Vaterlandes vernach lässigt. Da- VeryaNniß zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer steht in Deutschland im Durchschnitte auf einem ungleich höheren Niveau, als in Belgien. Die Auffassung, daß die Beziehungen beider Theile sich lediglich nach den pekuniären Interessen der Arbeitgeber zu ge stalten haben, bildet in Deutschland eine mehr und mehr verschwindende Ausnahme; der deutsche Arbeitgeber wird sich seiner socialen Pflichten durchweg in immer höherem Maaße bewußt und eine Reihe der hervorragendsten Industriellen geht in dieser Hinsicht mit glänzendem Beispiele voran. Dazu kommt, daß der Verdienst der deutschen Arbeiter ungleich höher ist, als der, welcher in den entsprechenden Industriezweigen Belgiens erzielt wird. In dem rheinisch-westfälischen Montan- und Jndustriebezirke verdient der Arbeiter sowohl beim Bergbau als in der Eisenindustrie daS 2—2'/,fache von dem, was der Belgier bei überdies zumeist längerer Arbeitszeit erwirbt. Infolge dieser günstigeren Lage fühlt sich der deutsche Arbeiter weit behaglicher als der belgische und daS Bei spiel einer Bevölkerung, welche nach allen Richtungen unter ihm steht, reizt unseren Arbeiterstand nicht zur Nachahmung an. Können wir daher auch der Ent wickelung der Bewegung in Belgien mit voller Ruhe zusehen, ohne ein Uebergreifen deS BrandeS in unsere Grenzen befürchten zu müssen, so soll damit doch nicht gesagt sein, daß wir nunmehr die Hände in den Schooß legen und aufhören dürften, die weitere Besserung unserer Arbeiterverhällniffe zu erstreben. Wir werden im Gegen theile in den Vorgängen jenseits der Westgrenze einen dringenden Ansporn erkennen, auf dem betretenen Wege energisch fortzuschreiten. Die Wirtschaftspolitik wird eS alS eine der ersten Ziele ansehen müssen, den Ar beitern die Gelegenheit zu auskömmlichem Ver dienste zu sichern, die Regierung wird mit allem Eifer darauf Bedacht zu nehmen haben, ohne Verzug den Schlußstein in den Bau der Gesetzgebung zur Sicherung der Arbeiter vor den Folgen der Arbeitsunfähigkeit einzufügen. Auf dem Gebiete deS Arbeiterschutzes muß geschehen, waS sich ohne ernste Gefährdung der betreffenden Erwerbszweige thun läßt, um einer über triebenen Ausbeutung der Arbeitskraft, namentlich der Frauen und Kinder, entgegenzutreten. Freilich wird be sonders auf diesem Gebiete Vorsicht und nüchterne Er wägung der tatsächlichen Verhältnisse Platz greifen müssen; sonst liegt die Gefahr nahe, bei dem besten Willen und in der wohlwollendsten Absicht den Arbeitern schweren Schaden zuzufügen. Ein drastisches Beispiel, wie leicht mit allgemeinen Verbotsbestimmungen auf diesem Gebiete direkt nachtheilige Folgen für weite Kreise der Bevölkerung erzielt werden können, liefert der Not schrei auS dem oberschlesischen Industrie- und Montan bezirke über die Vorschläge der Arbeiterschutzkommission. DaS Verbot der Arbeit von Kindern im schulpflichtigen Alter und vor Allem daS Verbot der Beschäftigung von Arbeiterinnen bei den Hütten-Hammerwerken heißt die ökonomische Grundlage für den Lebensunterhalt der dortigen zahlreichen Arbeiterbevölkerung geradezu ver nichten. Ohne die Mithilfe von Frau und Kind würde, da die dortige Industrie bei ihrer geographisch so un günstigen Lage ohne Gefährdung ihrer Eristenz- und Konkurrenzfähigkeit an eine Erhöhung deS Arbeitslohnes nicht denken kann, der Verdienst zahlreicher Arbeiter familien unter daS jetzige, kaum deS Leben- Nahrung und Nothdurft gewährende Niveau hinabsinken und damit zugleich ein schwerer Rückschritt in gesundheitlicher, geistiger und sittlicher Hinsicht sich vollziehen. DaS sind ohne Zweifel keine normalen Zustände, aber der Gesetzgeber muß doch mit ihnen rechnen. Auch gegen andere Vorschläge der Kommission erheben sich ernstliche Bedenken auS den Kreisen der Betheiligten. Wenn daher auch im Reichstage bei Vielen der lebhafte Wunsch obwaltet, auf dem Gebiete deS Arbeiterschutzes nach so mannigfachen verfehlten Anläufen endlich etwas Positives zu Stande zu bringen, wenn dieser Wunsch auch noch durch die Vorgänge in Belgien unterstützt wird, so ist doch die sorgsamste und eingehendste Prüfung aller diesbezüglichen Vorschläge geboten und gerade im Interesse der Arbeiter erscheint es gerathen, nur wirklich spruchreife Fragen zur Diskussion zu stellen. Kaiser Wilhelm hat auS Anlaß seines 70 jährigen Jubiläums alS Chef deS in Liegnitz garnisonirenden KönigS- grenadier-Regimentes folgende KabinettSordre erlassen: „AlS ich vor 10 Jahren mit meinem Regiment« den Tag feierte, an welchem mein in Gott ruhender Vater mich vor 60 Jahren zum Chef desselben ernannte, ist mein Denken und Hoffen nicht so weit gegangen, daß mir auch noch die Feier meines 70jährigen Jubiläums ver gönnt sein werd,. DeS allmächtigen GotteS Gnad, reicht aber weiter, alS daS Denken der Menschen und so stehe ich auch heute noch an der Spitze meine- Regimentes, voll deS tiefsten DankeS für die göttlichen Fügungen und mit der alten, im Herzen tief festge wachsenen Liebe und Anerkennung für mein Regiment. Der Rückblick auf die jetzt verflossenen zehn Jahre zeigt nicht die sturmbewegte Zeit und nicht die glor reichen Kämpfe, von denen ich dem Regiment« bei meinem 60jährigen Jubiläum mit gehobener Empfindung sprechen konnte. Cs ist eine Zeit treuer und recht schaffener Friedensarbeit gewesen. Aber auch diese ge währt dem Soldaten hohe Ehre, denn in ihr allein liegt die würdige Bewährung deS erworbenen Ruhmes und die Sicherheit, daß di« Fahnen deS Regimentes in der Stunde ernster Prüfung — möge sie kommen, wann sie wolle — wieder die alten Ehrenstellen finden werden. In 70 Jahren der Zusammengehörigkeit lernt man sich kennen und so blicke ich, wie mit hoher Befriedigung auf die Vergangenheit meines Regimentes, auch mir festem Vertrauen auf dessen Zukunft. Ich rufe dem Regimente auch heute zu, wie ich «S vor zehn Jahren gethan habe: Gedenkt meiner jederzeit, auch wenn ich nicht mehr bei Euch bin, wie ich mich meines Regi mentes bis zu meiner letzten Stunde erinnern werke! Seid dessen eingedenk, daß mein Regiment immer zu den besten der Armee gehören muß, daß jeder künftige Ehrentag deS Regimentes die beste Feier der Erinnerung an mich sein wird. Möge Gottes Segen jederzeit bei Euch sein!" Das officirlle Bulletin über das Befinden deS Kaisers besagt: Der Monarch hat sich auf der Reise nach Kiel eine Erkältung zugezogen, welche zwar nicht von ernsteren Erscheinungen begleitet ist, jedoch E«. Majestät nöthigt, daS Zimmer zu hüten. Was di« Ursache der Erkältung betrifft, so ist dieselbe wohl darin zu suchen, daß der Kaiser bei dem feierlichen Akte der Grundsteinlegung der Schleuse zu Holtenau trotz deS sehr scharfen Nordoststurmeö wiederholt daS Haupt ent blößte. Bei der Fahrt auf der „Pvmmerania" hatte Feuilleton. Zn geheimer Mission. Novelle aus den letzten Zeiten der französischen Direktorial - Regierung. (14. Fortsetzung.) Eines derselben zog eine Brieftasche auS seinem Rocke, blätterte hastig in den darin enthaltenen Papieren herum und reichte dann einige der letzteren seinen Kollegen. In leisem Flüsterton« schien man zu berathschlag«n, wo mit dem Officiere zu beginnen sei; Fouchs war der Einzige, der sich abseitS an ein Tischende gesetzt hatte, m einem vor ihm liegenden Folianten blätterte und ge wisse Aktenstücke mit Aufmerksamkeit durchlaS. Coraly nahm diesen Moment der Unterbrechung wahr und verließ geräuschlos ihren Sitz. Fahle Bläffe lag auf ihrem Gesicht«, abrr ihr Auge strahlte in trium- phirendem Glanze. AlS sie hinter dem Kapitän vorüberging, steckte sie einen Papierstreifen zwischen die Finger seiner Hand, preßte dann diese fest in der ihrigen und war unbemerkt auS dem Salon verschwunden. Ohne irgendwie auffällig zu werden, beförderte der Olficier den Zettel in seinen Hut und nahm folgende, mit einer Bleifeder flüchtig auf daS Papier geworfene Worte wahr: „.Ich glaube noch vor Ihrem Weggange für Ihre Verhaftung garautiren zu können. Die Herren hahen entsetzliche Furcht vor Ihnen. Bleiben Sie standhaft und hegen Sie Vertrauen."" DaS letzte Wort hatte Coraly unterstrichen. Die Mitglieder deS Direktoriums schienen ihre leis* geführte Unterredung zu Ende geführt zu haben, si* setzten sich wieder in Positur und warfen ernste Blicke auf den Kapitän. BarraS erhob sich. „Kapitän", sagte er, .glauben Sie ja nicht, durch Ihre Auseinandersetzungen unseren Argwohn beschwichtigt zu haben. Wir werden jetzt zu einer kurzen Schluß- berathung zusammentreten, während welches Vorganges Sie daS Kabinet, welche- an diese Ecke deS SalonS stößt, alS Ihren einstweiligen Aufenthalt benutzen werden. Man wird Ihren Namen rufen, wenn man Ihre Gegen wart wieder wünscht." Reymond schritt stolz auf daS Kabinet zu. ES war ein äußerst prächtig auSgestatteteS, mit rosafarbenen Tapeten auSgeschlageneS Zimmer, von einem blendenden Lichte übergossen. DaS mit goldenem Zier- rathe geschmückte Mobiliar bot in dem Wiederschein der Kerzen, von Palmenschmuck und ähnlichen erotischen Gewächsen umgeben, einen feenhaften Anblick. Die Fenstervorhänge waren zugezogen und verschlossen den Blick nach außen. Vor den Fenstern vernahm man deutlich schwere Tritte und hin und wieder daS Geklirr von Waffen. Reymond zog ein wenig ken Vorhang zurück, ein Blick sagte rhm, daß daS Hau- von Be waffneten umstellt sei. Behutsam Verriegelte er die nach dem Salon führende Thür und warf sich dann in ein mit purpurfarbenem Damast bezogenes Fauteuil, um in ungetrübter Seelenruhe seinem Schicksale eutgegen- zuharren, da- vielleicht schon entschieden war. Eine Viertelstunde fast saß unser Gefangener auf dem Sopha deS kleinen KabinetS und durchblätterte, um einen Zeitvertreib zu haben, die Bücher, welche in eleganten Einbänden vor ihm auf dem Tische standen. Plötzlich entsteht ihm zur Seite ein knarrende- Ge räusch. Er springt von seinem Sitze auf und erblickt eine kleine Thür in der Tapete, von derem Vorhanden sein er nicht daS Geringste geahnt hatte, wie durch ein Zauberwort geöffnet. Eine junge Dame erscheint auf der Schwelle und tritt, sich scheu umblickend, in daS Gemach; eS ist Coraly. Ein ansehnliche- Packet trägt sie unter dem linken Arm». „Kapitän", flüstert sie Reymond in'S Ohr, „die Augenblicke sind nicht mit Gold aufzuwiegev. Man wird Sie ergreifen und in den Kerker werfen lassen. Ohne die Gewißheit zu haben, ob Sie ein Rebell find oder nicht, wird man rücksichtslos gegen Sie vorgehen; schon der Umstand, daß Sie sich im Gefolge deS großen Generals befinden, dessen Zurückkunft man mit Schrecke» entgegensirht, genügt, die schwerwiegendsten VerdachtS- gründe gegen Sie vorzubringen. Da find Kleider! Ent ledigen Sie sich Ihrer Uniform und liefern Sie Ihren Säbel freiwillig an mich ab, ehe man Sie alS Ge fangener dazu zwingt." „Coraly", versetzte der Kapitän, indem er die zarte Hand deS Mädchens bewegt an sein vor Rührung überwallendeS Herz preßte, „entzückende, großmüthige Coraly! . . ." „Großmüthig? . . . wohl möglich, wenn ich über lege .. . aber machen Sie sich lieber fertig, Kapitän .. Reymond entledigte sich seine- Uniformrocke- und i hüllte sich in einen dunkrlgrauen Mantel, den er auS