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Upeb ». Redatti«» Arr»»eu.«enstabt L Meßner »afle 4. Ur Zeitung erscheint rtenftag, Pauurrfta» mck Lounaden» sr^h. Adoil»e«e»t»- Pret»: »ieneWri.Mk.lM. Zu beziehen durch die taiserlicheu Potz, «staltea und durch unsere Boten. Ui freier Lieferung k»H«u» eihi bl die M »och eine Ve» M vou LS Pf,. Llhsische DochnluM Ein unterhaltendes Blatt sirr den Bürger und Landmann. Amtsblatt für die kgl. AmtShauptmannschasten Dresden-Altstadt, und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften de- kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrman» Wüller in Dresden. Inserate »erde» di» Montag; Mittwoch u. Freila, Mittag angenommen und kosten: »ielspaltAeile ISPfg. Unter Eingesandt: SO Pfg. ' Joseraten» Annahmestellen: Die Arnoldifche BuchhandMna, Jnvalidendnm, HaaicnsieinchBogle^ Rudolf Mosfe. <8. L. Daube « T». w Dresden, Leipzig, Hamburg, Berlin, Frankfurt aM. u. s. w. Ar. 66. Mustag, den 7. Juni 1887. Politische Weltschau. Deutsches Reich. Einem Berichte über die Feierlichkeiten, welche mit der Inangriffnahme deS PaueS deS Nord-Ostsee-KanaleS (stehe auch unseren heutigen Aufsatz) verbunden waren, entnehmen wir fol gende interessante Einzelheiten: Die durch den Kaiser Wilhelm vollzogene Grundsteinlegung der Holtenauer Schleuse gestaltete sich bei herrlichstem Wetter zu einer glänzenden Feier. Die Fahrt deS Monarchen von Kiel durch die Buchenwälder bei der Vorstadt Düsternbrook über Bellevue und Belvedere zum Dorfe Holtenau und von dort über die alte Schleuse, den Ciderkanal ent lang, zum Festplaye glich einem wahren Triumphzuge. Biele Tausende von Fremden, seit frühester Morgenstunde in Crtrazügen und Ertradampfern herbeigeströmt, be lagerten die Feststraße, zu deren beiden Seiten un zählige Familien und reich verprvviantirte Karawanen den Kaiser erwarteten, denn die Stadt Kiel freute sich nicht nur über die Anwesenheit deS greisen Helden- kaiserS, nein, sie erblickt in der Feier auch den Beginn eines neues Zeitabschnittes ihrer Entwickelung und ihres Aufblühens. Gegen 9'/, Uhr waren Alle — mit Ausnahme der Fürstlichkeiten — auf dem reich und sinnig geschmückten Festplatze versammelt. Genau in ter Mitte des zukünftigen Schleusenbeckens erhob sich ein in riesigen Dimensionen auf der kaiserlichen Werft theilweise in Eisenkonstruktion erbauter, mit Takelage versehener SchiffSrumpf, an dessen beide Wände sich halbkreisförmig die Festtribünen ansckloffen, die mit Fahnenstange» Gipsbüsten, _ Löwenköpfep, Wappen, Schildern, Emblemen und ähnlichen Gegenständen ge- schmückl waren. In einer Nische im untersten Theile deö Vorderstevens, von einer am Bugspriete lehnenden schwertführenden Germania dräuend und schirmend über ragt, befand sich der Sitz deS Kaisers, ein rosa sammet- goldener Thronseffel mit Baldachin und deutschen Reichs- emblemen. Gegenüber zur Linken in weitem Bogen waren den Ministern und sonstigen Würdenträgern ihre Litze angewiesen. In dem in der Mitte freibleibenden Raume erblickte man in der Größe eines mittleren TischeS den granitenen, schon in den Erdboden einge- sügten würfelförmigen Grundstein; noch weiter im Vordergründe befand sich der Pavillon für den 200 Mann starken Sängerchor. Nachdem kurz nach 10 Uhr auch die Prinzen Wilhelm, Heinrich und Leopold von Preußen, sowie Prinz OSkar von Schweden auf dem Festplatze eingetroffen waren, herrschte erwartungsvolle Spannung und dann plötzlich ward daS Brausen deS Windes durch ein donnerartiges Hurrah übertönt. DeS Kaisers vier spännige Equipage rollte heran. Abermals eine span nungsvolle Pause. Da erschien auf der Freitreppe rechtö von dem Schiffsrumpfe der greise Monarch, dem die Prinzen Wilhelm, Heinrich und Leopold entgegen- fchritten. Unter begeisterten HochS begab sich der Kaiser, nur sehr wenig vornübergebeugt, mit elastischen und auffallend großen Schritten, schier mit unglaub licher Rüstigkeit, zum Thronseffel. Nachdem derHvlo- narch Platz genommen, wieS der Minister v. Bötticher in einer kurzen Ansprache darauf hin, daß schon lange der Kanal geplant gewesen sei, daß aber erst daS deutsche Reick neu habe erstehen muffen, bevor man zur Ausführung deS Projektes hätte schreiten können. Nun mehr überreichte Graf Lerchenfeld dem zum Grundsteine berangetretenen Kaiser Hammer vnd Kelle auf blau seidenem Kiffen, während der ReichStagspräsident v. Wedell-PieSdorf ibm Mörtel auf einem silbernen Teller darbot. Nackdem der Minister von Böt ticher inzwischen in die Höhlung deS Grundsteines verschiedene auf die Feier bezügliche Dokumente,' des gleichen einige ReichSmünzen rc. versenkt hatte, vollzog Kaiser Wilhelm die sinnbildliche Maurerarbeit, indem er den Wunsch aussprach, „daß dieses FriedenSwerk dem Frieden zur Ehre, dem Volke im Kriege zur Wehr, dem Reiche zum Heile und Segen gedeihen möge." Wieder war Jedermann erstaunt über deS Kaisers wenn auch nicht laute, so doch trotz deS sausenden WindeS gut vernehmbare Stimme. ES war genau halb 11 Uhr, als der Kaiser, sichtlich bewegt, mit leise zitternder Hand die drei Hammrrsckläge that. Nackdem die Prinzen und alle Würdenträger diesem Beispiele gefolgt waren, fiel der Frauen- und Männerckor mit dem Halle- lugah au» Händel'- „MesfiaS" «in. Sodann sprach mit lauter Stimme Hofprediger Kögel den SegenSspruck, der darin gipfelte: Im Sonnenscheine deS neuen Reiches werde ein neues, großes Werk unternommen auf dem Boden jener Provinz, deren Wahlspruck: „Aus ewig ungetheilt!" lautet, plötzlich öffnete sich der KreiS der Marineofficiere; man machte dem Prinzen Heinrich eine Gaffe, der, freudig erregt, zu der an dem Festplatze liegendm „Pommerania" eilte. Trotz deS scharfen WindeS hatte sich der Kaiser entschlossen, an Bord des Schiffes zu gehen, um die Flottenparade abzunehmen. Lange schritt der Monarch inmitten seiner Officiere hin und her, bald mit diesem, bald mit jenem freundliche Worte wechselnd, insbesondere dem Hofprediger Kögel lange und herzlich die Hände drückend; dann begab er sich durch ein Spalier von jüngeren Marine-Officieren und Kadetten, immer wieder stehenbleibend und mit Vielen sprechend, zur „Pom- merania". Jetzt folgte plötzlich ein wunderbares Schau spiel: Ueber dem Wasser nach Kiel zu blitzt eS, dann erkracht ein Donnerschlag, unmittelbar darauf ein zweiter, dritter und bald kann man die einzelnen Schüsse nicht mehr zählen. Deutschlands Flotte grüßt den Kaiser 49. Jahrgang. mit ehernem Munde. Mehr alS 30 Kriegsschiffe geben in Pausen von 30 Sekunden je 33 Salutschüsse ab. Der ganze Kieler Hasen ist in Pulverdampf gehüllt, ununterbrochen donnern die Kanonenschläge, eS ist ein Krachen, wie in einer Seeschlacht und obwohl den Zu schauer eine Entfernung von über 1000 Metern von den Kriegsschiffen trennt, fühlt man doch den Luftdruck der Schüsse. Im ersten Treffen liegt voran der Aviso „Blitz", daS schnellste Schiff der deutschen Marine, m»t sämmtlichen in Kiel statwnirten 14 Torpedobooten. Daran schließen sich die Panzerschiffe „König Wilhelm „Kaiser" und „Oldenburg" mit dem Avtso „Pfeil". DaS zweite Geschwader besteht aus den Kreuzerfregatten „Moltke", „Stein", „Gnelsenau" und „Prinz Adalbert" mit den Echiffsjungenschulschiffen „Niobe", „Ariadne und „Louise". Das Reservegeschwader bilden die AuSfall- korvetten „Sacksen", „Baiern", „Württemberg" und „Baken". Inmitten deS Geschützdonners formnt sick plötzlich daS Torpedogeschwader, welches unter deS Prinzen Heinrich Kommando steht, in 2 Divisionen und zischend sausen die kleinen sckwarzen, kaum über die Wasserfläche emporragenden Ungethüme zwischen den Panzersckiffen und Korvetten einher; dabei ununterbrochen mit eigenthümlichem, wiederholten Pfeifen, daS sich wie daS kurz auSgestoßene Bellen eines auf den Schwanz getretenen HundeS anhört, ihre Signale gebend. Svlcke gewaltige Flotte sah der Kieler Hasen nicht seit der Zeit krS Krrmkrieges, wo dort zeitweilig die vereinigten Ge schwader Englands und Frankreichs lagen, ca. fünfzig jener stolzen Drei- und Vierdecker, die jetzt längst aus der Mode gekommen find. Eine Viertelstunde dauerte die Kanonade, dann folgte eia anderes Bild. Mit katzen artiger Geschwindigkeit kletterten die Mannschaften sämmt- licher Kriegsschiffe in die Raaen, in wenig Sekunden waren sie oben und wie auf Kommando ward „still gestanden" auf den Quermasten, trotz deS WindeS gerade gerichtet wie zu Lande. Langsam fuhr die „Pommerania" mit dem Kaiser an Bord vorüber, von jedem Schiffe grüßte dreimaliges Hurrah den Monarchen. Gegen 12 Uhr war die Flottenparade beendet und der Kaffer begab sich in daS Schloß nach Kiel zurück, um dort an dem Festbiner theilzunehmen. Der LandtagSmarschall Graf Rantzau brachte den Toast auf den Kaiser auS, während dieser auf daS Wohl der Provinz SckleSwig- Holstein trank. Um 4^, Uhr trat der Kaiser nebst Gefolge die Rückkehr nach Berlin an. Der Kaiser, welchen die Fahrt nach Kiel dock etwas angestrengt zu haben scheint, hat sich veranlaßt gesehen, die für Sonntag in Aussicht genommene Reise nach Liegnitz, woselbst er sein Jubiläum als Chef deS 7. Jnfanterie-RegimenteS feiern wollte, aufzugeben. — Der den deutschen Kronprinzen behandelnde englische Arzt vr. Feuilleton. In geheimer Mission. Novelle aus den letzten Zeiten der französischen Direktorial-Regierung. (13. Fortsetzung.) „Wir thun eigentlich Unrecht", ließ sich Barra- vernehmen, „hier mit der Anmaßung von Usurpatoren zu handeln. Wir können unmöglich daS arme Fräulein auS ihrer eigenen Behausung entfernen. Im Ganzen wird Ihnen ja übrigens die erprobte Schweigsamkeit der Dame bekannt sein." Fouch» war schließlich einverstanden. Alle übrigen Anwesenden baten Eoraly, sich als absolute Herrin diese- HauseS wie sonst anzusehen. Coraly rührte sich nicht vom Fleck. Fühlte sie sich durch daS ungerechtfertigte diktatorische Auftreten der Direktoren verletzt oder »ar ihr Dableiben nur ein Akt äußnster Vorsicht? Wir sind geneigt, da- letztere anzu- nehmeu, wenn auch vielleicht etwas gekränkter Stolz mit unterlief. „Bürger Minister", sagte Gohier zu Fouchö, „wollten Sie uv- über den Auflauf Bericht erstatten, der vor zwei Etuuden fast unübersehbare Menschenmassen vor dnn Nationalpalaste zusammenführte?" DaS Auge deS Ministers streifte mit flammendem Blicke die Züge Reymond'-. BIS ginge ihm die ganzrSache nicht da- geringste an, saß dieser unbeweglich in seinem Lehnsessel und tändelte mit den Gliedern seiner Uhrkette. „Der Kapitän hier", versicherte Fouch6, „wird im Stande sein, Ihnen den Wahrheitsgemäßesten Bericht zu erstatten." „Wie? WaS?" rief Moulin- empört auS, „da- Aufwiegeln deS Volkes war ein Werk dieses OfficierS?" „Kapitän", unterstützte Gohier seinen Vorredner, „eS war eine offene Empörung, eine Empörung offenbar nach Ihrem Wunsche und Willen." „Rechtfertigen Sie sich, wenn Sie^eS können!" rief Barra- dem Osficier zu. Reymond erhob sich und trat an den Tisch. Den Hut unter dem linken Arm geklemmt, die Rechte auf die Kante deS Tische- stützend, »arf er stolz sein Haupt empor und redete die Versammelten an: „Bürger Direktoren, gestatten Sie mir vor allen Dingen, einem Erstaunen Ausdruck zu verleihen, da- sich meiner bemächtigt, da ich mich urplötzlich und ohne jede Vorahnung alS Gefangener eines hohen Gerichts höfe- betrachten muß. Ohne Argwohn betrete ich diese- Hau-, um einer lieben-würdigen Dame auf ihre Eia» ladung mit meinem Besuche zu erwiedern; sorglo- trete ich ein, ohne eine Ahnung von dem Verbrechen zu haben, dessen man mich beschuldigt und ehe ich auch nur im Stande bin, über die Sonderbarkeit deS mir durch den Präsidenten bereiteten Empfange- nackzudenken, ehe ich noch mein Gedäcktniß anzustrengen vermag, mir über daS unerklärliche Benehmen, daS man mir gegenüber an den Tag legt, Aufklärung zu verschaffen, sehe ich mich plötzlich al- Angeklagter einem Gerichte gegenüber, da-, wie ich mir wohl bewußt bin, nur mit äußerster Strenge vvrzugehen gewöhnt ist Ein Militärgericht selbst läßt dem Jnkulpaten einig, Stunden zu seiner Vorbereitung und gesellt ihm einen Vertheidiger bei." „Kapitän", betheuerte BarraS, „halten Eie sich weder für einen Gefangenen, noch für eine» Angeklagten. Man bittet Sie ja um nicht- weiter, alS den Grund anzugeben, der, war eS nun ein absichtlicher oder nickt, daS Volk in eine derartige Aufregung versetzte." „Mein Auftreten, Bürger Direktoren", erklärte Reymond, „entsprickt durchaus demjenigen eines OfficierS, der gerade und offen auf sein Ziel loSschreitet. ES war mir der ehrende Auftrag zu Theil geworden, Ihnen im Namen mein,- Generales die Feldzeichen, welche die letzterfochtenen Siege in Aegypten in unsere Hände fallen ließen, sowie eine Anzahl officieller Depeschen zu über mitteln. AlS ich mich meine- Auftrages entledigt und meine Papiere, den Regeln der militärischen Formalitäten gemäß, geordnet hatte, war ich der Ansicht, über die nächste Zeit frei verfügen zu dürfen und glaubte in keiner Weise gesetzwidrig zu handeln, wenn ich eitngen Personen Besuche abstattete, die in intimen Beziehungen zu meinem Obergeneral und anderen Offerieren der ägyptischen Okkupationsarmee stehen. Unter Anderem hatte ich die besondere Ehre . . ." „Von Madame Bonaparte zwei bi- drei Mal em» pfangen worden zu sein", ließ eine Stimme sich vernehmen. „Ein einziges Mal nur, Bürger Direktoren." „Sie haben ihr Vieles über den Zustand der Armee mitgetheilt, waS Sie unS zu verheimlichen für gut befanden." „Ich hatte ihr Briefe de- General- Bonaparte zu überbringen und ich hoffe von Ihnen, Bürger, daß Jhre Wißbegierde sich nicht bi- auf den Inhalt derselben erstrecken wird."