Suche löschen...
Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 19.04.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-04-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188404191
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18840419
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18840419
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-04
- Tag 1884-04-19
-
Monat
1884-04
-
Jahr
1884
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 19.04.1884
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Ein Prinz Kung ist der Vater deS minorennen Kaisers und gilt als einer der Führer der Kriegspartei, und man glaubt, daß die Maß regelung ihn und nicht den Prinzen Kung, den Präsidenten des Tschung-li-Aamen, der zu den Chefs der Friedenspartei gehört, be troffen habe, denn Li-Hung-Tschang, der ebenfalls dieser Partei ange hört, ist verschont geblieben. Es scheint daher, daß die Kriegspartei von der Kaiserin-Regentin deSavouirt worden ist, und deshalb glaubt man, daß die Stunde erfolgreicher Unterhandlungen bald schlagen werde. Deshalb begiebt sich auch der französische Gesandte in Peking, Herr Patenotre, nach Ost-Asien, wird aber, bevor er auf seinen Posten geht, die Eröffnungen Chinas abwarten." England. I» England beginnt die erregte Diskussion über die egyptische Frage einer ruhigeren Erörterung Platz zu machen. Man sieht die Lage Gordon'S in Khartum nicht mehr als eine so hoffnungslose an, wie sie die Oppositionsblätter immer hinstellen, wenn man sich auch nicht verhehlt, daß seine Situation weit davon entfernt ist, eine beneidenSwerthe zu sein. ES scheinen aber die Dinge in Khartum in der That nicht so schlimm zu stehen, als sich vermuthen ließ; besonders sind die Verbindungen der Stadt nach Norden zu nicht gänzlich unterbrochen, da von Gordon noch immer von Zeit zu Zeit Nachrichten einlaufen. Mit Spannung sieht man in London den Ergebnissen der Verhandlungen Admirals Hewett mit dem König Johannes von Abyssinien entgegen, deren eigentlicher Zweck aber noch strenges Geheimniß ist. Italien. Aus Neapel wird eine Katastrophe gemeldet, bei welcher ein Soldat in der Kaserne fünf Kameraden erschoß und andere lebensgefährlich verwundete. Es läßt dieselbe darauf schließen, daß die Reglements in der italienischen Armee wenig streng gehandhabt werden. Andernfalls würden die Soldaten außerhalb des Dienstes sich nicht im Besitze scharfer Patronen befinden. lieber den Vorfall selbst berichtet der „Secolo" nachstehende Mittheilungen: In der Kaserne Pizzofalcone zu Neapel fand ein Wortstreit zwischen dem lombardischen Soldaten Zanoletti und dem calabresischen Korporal Trovato statt, wobei der erster« über die Calabrefen im Allgemeinen sich wenig glimpflich äußerte Ein anderer Soldat, Salvatore Misdro, der ebenfalls aus Calabrien stammt, mischte sich in den Streit ein, so daß einige „Chargirte" dazwischentreten mußten. Hierauf näherte sich MiSdro seinem Bette, holte, ohne daß er bemerkt wurde, aus der Patronentasche mehrere Patronen, lud sein Gewehr und gab eine Anzahl Schüße auf alle diejenigen ab, welche die Kalabresen beleidigt haben sollten. In der Wuth wandte er die Waffe dann gegen die übrigen im Zimmer befindlichen Kameraden, bis es endlich gelang, den Verbrecher zu entwaffnen. In der Bürgerschaft von Neapel hat der Vorgang große Bestürzung verursacht; derselbe beweist überdies, wie schroff noch die regionalen Gegensätze sind, welche den Norden Italiens vom Süden trennen. TtzMtieu. Die Aufmerlsamkeit der spanischen Regierung wurde in letzter Zeit durch die kubanische Frage in Anspruch genommen. Wiederholt tauchten auf Kuba Jnsurgentenbanden auf, die indessen sämmtlich, bis auf diejenige Aguerro's, von den Regierungstruppen niedergemacht worden sind. Trotzdem erscheint die Situation auf der Insel nicht unbedenklich; eS herrscht hier eine große wirthschaftliche Krisis, die ihren Ursprung in der mißlichen Lage der Zuckerindustrie, der Hauplindustrie der Insel, hat. Die spanische Regierung scheint so gut wie nichts zu thun, um dieser Nothlage abzuhelfen und die Klagen der durch Mißernten und die Sklavenemanzipation schwer ge schädigten Zucker-Plantagenbesitzer zu berücksichtigen. ES ist daher begreiflich, daß die Verstimmung auf der Insel immer mehr um sich greift und daß früher oder später abermals ein ernster Ausstand auSbricht. Türkei. In Konstantinopel ist ein kleiner Ministerwechsel ein- getreten. Der Minister des Aeußern, Arifi Pasch«, hat aus noch unbekannten Gründen seine Entlassung erhalten und ist durch Assym Pascha ersetzt worden, der schon einmal kurze Zeit Minister des Aus wärtigen war. Skandinavien. Der jüngst zum Verlust seines Amtes ver- urtheilte norwegische Staatsminister Selmer ist, den „Hamburger Nachr." zufolge, wieder in den Dienst des Staates eingetreten, indem ihn der König vor seiner Abreise von Christiania zum General- Auditeur ernannt hat. ES stehen gegenwärtig außerordentlich viele Aemter ledig und man erwartet bald zu hören, daß auch die übrigen abgetretenen Minister einen neuen Platz gefunden. Der vormalige Staatsminister Kierulf wird allgemein als Hof-Chef nach dem ver storbenen General Fleischer genannt, und ebenso heißt es, daß Staats rath Holmboe Auktionsverwalter in Christiania werden soll. Nord-Amerika. Anläßlich der Unruhen in Cincinnati wird darauf hingewiesen, daß auch in anderen Städten und Staaten der Union eine bedenkliche Korruption in den Gerichten herrscht. Den Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote. Nr. vl. Sonnabend, is. April. Seite 2. Nachweis dafür sucht der Verfasser eines Artikels im März-Heft der Monatsschrift „Century" zu führen. Nach demselben sind im letzten Jahre in den Ver. Staaten 1500 Mordthalen verübt worden, auf die Todesstrafe gesetzt ist. ES haben indeß nur 93 Individuen diese ihre Verbrechen am Galgen gebüßt. Für vorangegangene Jahre stellen sich ähnliche Zahlenverhältniffe dar und der Verfasser deS „Cen tury "-Artikels schließt daraus, daß jährlich von 14 Mördern, die nach Recht und Gesetz den Tod verdient hätten, nur ein einziger an den Galgen kommt. Derselbe Verfasser spricht gleichzeitig die überraschende Wahrnehmung aus, daß im letzten Jahre die Zahl der dem Henker Verfallenen um 25 Prozent von der durch Richter Lynch in die Ewigkeit Beförderten übertroffen wurde. Es seien nämlich im Jahre 1883 in den Ver. Staaten 125 Menschen gelyncht und wie vorher schon angegeben, nur 93 an den „legalen" Galgen gebracht worden. In Massachusetts wurden in dem Zeitraum von 1860—82 im Ganzen 170 Personen des vorsätzlichen Mordes angellagt, davon nur 13 über führt und nur 9 gehenkt In Newyork zählte man während der vier Jahre von 1873—77 im Ganzen 185 Mordthaten, oder im Durch schnitt fast eine in jeder Woche. Während dieser Periode erlitten indeß nur 4 Verbrecher den Tod durch Henkershand, oder gerade eine im Jahr. Machrichten aus Chemnitz und Unrqegend. Chemnitz, den 18. April 1884. —13. Dem Baue unserer Kirchen sieht das Publikum mit Span nung entgegen und besonders richtet sich die Aufmerksamkeit auf die Kirche von St. Nikolai. Wie wir erfahren, ist aber hier erst ein besonderes Uebereinkommen der Gemeinde mit unserer Stadtverwaltung abzuwarten, da man beabsichtigen soll, die Rampe bei der Kirche abzntragen und die Stollbcigcr Straße zu erweitern. — Daß der Verkehr während der Osterfeiertage auf hiesigem Hauptbahnhose trotz der ungünstigen Witterung ein ganz bedeutender gewesen ist, läßt sich daraus erkennen, daß gegen 59,000 Passagiere ab- und zureisten, während außerdem noch auf der Linie Dresden- Neichenbach ca. 12,000 Passagiere über Chemnitz reisten. Es wurden im Ganzen auf dem Hauptbahnhofe, sowie auf dem Bahnhofe in der Nikolaivorstadt 17,881 Billets zu den Feiertagen ausgegcben, 3790 mehr als im Vorjahre. — Der Geschäftsbericht der Chemnitzer Aktienfärberei und Appretur-Anstalt (Körner) in Chemnitz für 1883 erweist zwar auf Färberei- und Appretur-Konto ein um M. 37,791 größeres Bruttoerträgniß als dar des vorhergehenden Geschäftsjahres, indessen beziffert sich der Bruttogewinn von 1883 gleichwohl nur um M. 1536 höher als der von 1882 und bleibt gegen diesen nach Einstellung der von der Harthauer Anlage absorbirten Summe von M. 5849 noch um M. 4313 zurück. Wenn es angesichts dieses Verhältnisses und bei dem Beschlüsse des Aufsichtsrathes, die Abschreibungen größer als dies seither der Fall war, vorzunehmen, nun leider nicht möglich war, die Vertheilung einer Dividende vorzuschlagen, so bleibt doch zu beachten, daß der Umfang der vorgenommenen Abschreibungen eine wesentliche Konsolidirung der Geschäftslage zur Folge hat. Als miß liche Umstände, welche das Resultat der vorjährigen Arbeit wesentlich schmälerten, Werden mehrere bezeichnet. Neben der Vertheuerung des Feuerungsmaterials und einem, relativ größeren Aufwande an Löhnen steht namentlich der Färb- und Appretur-Material Verbrauch des wegen bemerkbar höher ein, weil man sich Anfang vorigen Jahres gegenüber einer enormen Hauffs im Prelle von Anilinsalz wegen Erzielung einer mäßigeren Notirung genöthigt sah, ein größeres Quantum auf Lieferung zu nehmen. Der verbleibende Reingewinn von M. 2649 soll dem Reserve-Fonds überwiesen werden. — GesternAbend gegen 7 Uhr wurde die Berufsfeuer wehr nach dem Hause Gartenstraße 19 rcgnirirt, woselbst infolge einer schlechten Esse ein Schadenfeuer entstanden War, welches nur durch Zufall zum Ausbruch gelangt sein soll. Nach kurzer Zeit ge lang eS den Bemühungen der Feuerwehr, des Feuers Herr zu werden und konnte der Mannschaftswagen schon gegen 8 Uhr die Brandstätte wieder verlassen. —* Gestern Vormittag entstand in einer Wohnung an der Lerchenstraße ein Gardinenbrand dadurch, daß ein 5jähriger Knabe ein Streichholz angezündet und damit unter das Sopha ge leuchtet hatte, um eine Kugel zu suchen, hierbei aber der Gardine mit dem brennenden Hölzchen zu nahe gekommen war. Die dazu kommende Mutter des Knaben riß den brennenden Vorhang sofort herab und löschte das Feuer. — * Gestern Abend in der 8. Stunde erregten 2 Männer, wie sich später herausstellte, ein Anstreicher und ein Eisendreher, in einer Restauration an der Linienstraße durch ihr ungebührliches Auftreten den Unwillen des Wirths und der übrigen Gäste. Der Die Treue gebrochen. Novelle von H. S. Waldemar. (Fortsetzung.) Nachdruck verboten. „Blond ist Deine Braut, sagtest Du?" „Ja- hellblond und blauäugig, keine Schönheit, aber ein lieb liches Gesicht." Eine dunkle Röthe färbte Alexanders Antlitz, er beugte sich über den Tisch, um äußerst sorgfältig die Asche seiner Zigarre in den vor ihm stehenden Becher abzustreichen, und ein eigenthümliches Lächeln zuckte um seinen hübschen Mund. „Weiß Deine Braut, daß Du heut' früh angekommen bist?" fragte er weiter. „Sie erwartete mich schon gestern Abend zu einem Stelldichein, welches sie sich recht romantisch ausgedacht hatte, und wird sehr ent täuscht darüber sein, daß ich heut so sehr prosaisch meinen Besuch bei ihr und der alten Dame anmeldete." „Von welcher alten Dame sprichst Du?" „Nun, von Frau Oberst von Genzburg natürlich." „Ah hat Dir Deine Braut viel von ihr mitgetheilt?" „Das eigentlich nicht, aber nach der Art, in welcher sie sie stets erwähnt, habe ich mir ein sehr ansprechendes Bild der Dame entworfen und bin nun sehr gespannt darauf, zu sehen, wie weit die Wirklichkeit meiner Vorstellung entsprechen wird." Wieder zuckte ein Lächeln über das Gesicht des jüngeren Freundes. Der andere stand auf, um sich zu dem beabsichtigten Besuch anzu kleiden. Als er den Hut zur Hand nahm, sagte Alexander: „Empfiehl mich Deiner Braut vorläufig unbekannterweise und auch der gnädigen Frau, falls Du ihre Bekanntschaft machst." IV. In dem Hause der verwittweten Frau Oberst von Genzburg saßen zur selben Zeit zwei junge Mädchen in traulichem Plaudern beisammen, beide blauäugige Blondinen, aber wie verschieden von einander! Um das rosige Gesicht der Einen, die wir schon kennen, schmiegt sich das goldig schimmernde Gclock in weichen Wellen, und die fröhlichen, blauen Augen lachen in ungetrübter Lebenslust, während das bleiche Gesicht, von welchem das sandfarbene Haar glatt zurück gestrichen ist, und die waffcrhellen Augen der Andern nur von schüch ternem Begnügen reden Wer das Verhältniß der Beiden nach ihrem Aeußeren beurtheilen wollte, müßte ohne Besinnen die erste für die Tochter des Hauses und die andere für ihre Gesellschafterin halten, während in der That doch unsere Bekannte vom Pavillon es ist, welche eine derartige bescheidene Stellung einnimmt. Jetzt aber sitzen sie traulich beisammen wie Freundinnen, die sie in Wirllichkeit auch sind, doch klingen die Worte vorwurfsvoll, welche die Tochter des Hauses spricht: „Du böse Jda, mir all die Zeit kein Wort davon zu sagen!" „Verzeih, Vally," bat die Andere und drückte zärtlich die mit Ringen reich geschmückte Hand der Freundin, „verzeih, sieh, ich fürchtete, wenn Deine Mama erführe, daß ich Braut bin und viel leicht mich bald verheirathen würde, könnte sie die Absicht ausgeben, mich zu Euch zu nehmen, und ich hatte Euch in den wenigen Wochen in Warlingen so sehr lieb gewonnen. Ich hatte wohl auch nicht so ganz Unrecht mit dieser Vermulhung, denn weißt Du, Vally, ich habe Helene — Deine Mama, noch niemals so ernst gesehen als heut früh, als ich ihr mein Bekenntniß ablegte. Sie wandte sich ganz empört von mir ab, und erst, als Frau Rösener hinzukam und ein paar begütigende Worte zu meinen Gunsten redete, wurde sie wieder freundlich. Gestern war ich schon nahe daran, Dir alles zu gestehe», als Du so besorgt warst wegen meiner Kopfschmerzen, die ich doch nur vorgeschützt hatte, um allein zu Hause bleiben zu können, da ich ihn erwartete." „Und Du hast umsonst gewartet, arme Jda!" Diese stand hastig auf und trat an's Fenster. „Er kann jetzt jeden Augenblick kommen," sagte sie, und als sie sah, daß auch Valeska sich von ihrem Sessel erhob, „geh' nicht fort, Vally!" „Du erwartest Deinen Bräutigam, Liebe, es ist doch wohl natürlich, daß ich Euch allein lasse." „Ich bitte Dich, geh nicht, bleibe bei mir!" „Närrisches Mädchen, gestern Abend wolltest Du ihn allein empfangen, und heut — doch horch, man klingelt, auf Wiedersehen! Du findest uns im blauen Zimmer, wenn er uns zu sehen verlangt, und wir sind sehr neugierig aus ihn." Und damit eilte sie hinaus, ohne auf Jdas Bitten zu achten. Ein Diener meldete den Negierungsrath Lindegg. der Fräulein Saldern zu sprechen wünsche und einige Sekunden darauf trat der Erwartete ein. Aber jetzt eilte ihm die Braut nicht so stürmisch entgegen, sie reichte ihm erröthend und schüchtern ihre Hand, mit welchem Gruße er sich freilich nicht begnügte, sondern das liebliche Mädchen zärtlich in seine Arme schloß. Nach den ersten Begrüßungsworten kam die von ihr mit Bangen erwartete Frage: „Hast Du gestern lange auf mich gewartet in Deinem einsamen Sommerhaus?" „Nicht so sehr lange, denn ich erfuhr, daß sich der Zug ver späten würde." Wirth verabreichte ihnen daher nichts mehr und gebot ihnen, sein Lokal zu verlassen, Hierauf nun fingen die Exzedenten furchtbar an zu schreien und zu schimpfen, so daß sich gar bald eine Menge Leute vor dem Hause auf der Straße angesammelt hatten. Erst als die Exzedenten bemerkten, daß nach polizeilicher Hilfe gesendet worden, suchten sie das Weite. Sie kehrten aber, nachdem die Beamten sich wieder entfernt, wiederholt in das Lokal zurück und erneuerten jedes- yzal ihren Exzeß. Erst beim dritten Mal gelang es, einen derselben festzunehmen und in Gewahrsam zu bringen. —* Einer an der Ludwigstraße hier wohnhaften Witt frau war vor einigen Wochen aus ihrer Wohnung ein Etui mit einem goldenen Ring, mit weißem Stein, im Werthe von 21 Mark gestohlen worden. Ihr Verdacht lenkte sich auf einen jungen Mann, der wiederholt mit ihrem Sohne verkehrt hatte. Der Verdächtige, der sich wegen eines anderen Vergehens schon in Untersuchungshaft befindet, war auf Vorhalt geständig, den Ring gestohlen zu haben. Er will den Ring für 1 Mark verkauft haben. —* Eine hiesige Fleischersehesrau bemerkte dieser Tage, daß aus der Ladenkasse ein Betrag von wenigstens 2*/, Mark ent wendet worden war. Ihr Verdacht lenkte sich schließlich auf den bei dem Fleischer in Arbeit stehenden Geselle», der auf Vorhalt nach längerem Leugnen schließlich des Diebstahls geständig war. —* Gestern Nachmittag bemerkte ein Polizeibeamter auf dem ReichenhainerWeg ein paar Männer, welche mit einem Korb voll Rosenstöcken aus einer Gärtnerei herauskamen und einem dritten in einiger Entfernung sie erwartenden Manne zuwinkteu. Das Gebühren der drei Unbekannten erregte Verdacht und veranlaßte den Beamten, sich bei dem Gärtner nach den Männern zu erkundigen. Er erfuhr von diesem, daß die Männer die Rosenstöcke zum Verkauf ausgeboten hatten, von dem Gärtner jedoch, da dieser den recht mäßigen Erwerb der Stöcke bezweifelte, abgewiesen worden waren. Der Beamte eilte nunmehr den Männern nach und veranlaßte die selben, ihm nach der Polizeiwache zu folgen. Es stellte sich in der Folge heraus, daß der Eine der Männer die Stöcke unter betrüge rischen Vorspiegelungen sich aus einer Gärtnerei der Ostvorstadt ver schafft hatte. Die Rasenstücke hatten einen Werth von zirka 25 Mk. Der Betrüger, gegen den übrigens noch weitere Klagen Vorlage», wurde der Justizbehörde zugefühlt. —». Am zweiten Osterfeiertag ist in der Nähe der oberen Mühle in Altchemnitz abermals ein Fischotter gefangen worden. —8. Schon wiederholt ist darauf hingewiesen worden, beim Auf- oder Absteigen in die oder aus den Pserdebahnwagen die größte Vorsicht beobachten zu wollen. So stürzte wiederum beim Abspringen von einem schnellfahrenden Pferdebahnwagen am gestrigen Nachmittag auf der Zwickauerflraße ein Postbeamter, welcher sich hierbei nicht unerheblich an Gesicht und Händen verletzte. L—. In einem nur wenige Stunden von. Chemnitz gelegenen größeren Dorfe, in dem ein Theaterunternehmer seinen Thespiskarren aufgestellt hatte, wies der dortige Pfarrer am Palm sonntage von der Kanzel herab besonders darauf hin, daß man de» heiligen Tag nicht durch den Besuch der Theatervorstellung entweihe» solle. Der Theaterunternehmer, den ein leeres Haus an dem Tage angähnte, auf welchen er ganz besonders seine Hoffnung gestellt hatte, mußte infolgedessen mit leerem Geldbeutel, Wohl aber mit Sorge» beladen, von dem Dorfe wieder abziehen. Lokal-Erzahlirnge« für den Mnzeiger. — p. Zu einem im benachbarten G. am ersten Osterfeiertage abzuhaltenden Hochzeitsschmause hatte die Mutter der Braut, ia deren Hause die Hochzeit gefeiert wurde, von einem bei Dresden wohnenden Verwandten drei Stück Hechte in lebendem Zustande zugeschickt erhal ten. Die Sendung erregte natürlich allgemeine Freude, ebensowohl durch die dadurch bekundete Aufmerksamkeit selbst, wie auch dadurch, daß namentlich zwei der gefräßigen Burschen von sehr respektablen Dimensionen waren und sich als wirkliche bemooste Häupter präsen- tirten, die schon eine erkleckliche Anzahl Jahre der Schrecken der Mit bewohner ihres heimathlichen Teiches gewesen sein mochten und sonach einen äußerst ausgiebigen Beitrag zur Hochzeitstafel zu liefern versprachen. Zum gerechten Erstaunen der Betheiligten aber fand die Mutter der Braut beim Schlachten der Geschenkten in dem Magen des Einen der beiden „Teichältestcn" ein Pfennigstück aus dem Jahre 1777. Da durch die Tradition das erwähnte Jahr im Allgemeinen als ein „glückliches" bezeichnet wird, so beabsichtigt Frau K... das unter so eigenthümlichen Verhältnissen gefundene Geldstück vergolden zu lassen und als Familienrelique aufzuheben. Selbstverständlich prophezeit in folgedessen Alt und Jung auch den jungen Neuvermählten „ungeheu res" Glück im neuen Hausstande, was, da überdies „Er" wie „Sie" reichlich mit irdischen Gütern gesegnet sind, kaum ausbleiben dürfte. „Wer konnte Dir das sagen, Jda?" Sie legte ihm, wiederum erröthend, die kleine Hand auf die Lippen und sagte schmollend: „Ach, sprich nicht mehr von meinem thörichten Einfall, den Du so sehr lächerlich gefunden hast, erzähle mir lieber von Deiner Reise, Deinen Plänen. Wo wohnst Du jetzt?" „Vorläufig noch bei meinem Freunde Alexander von Rothe», wie ich Dir bereits schrieb." „Du hast mir nichts davon geschrieben, Werner." „Doch, Herzchen, in meinem letzten Briefe." „Nein, ganz gewiß nicht, ich würde es nicht vergessen haben, da ich Herrn von Rothens Namen schon häufig gehört habe." „Ich weiß es ganz genau." Jda unterbrach ihn eifrig. „Ich will Dir den Brief sofort zeigen, um Dir zu beweisen, daß ich ihn aufmerksam gelesen habe." „Nicht jetzt, Herz," wehrte er, „es hat Zeit und ist doch wahr lich nicht so wichtig." „O doch, es ist immer wichtig, zu erfahren, welche von zwei streitenden Personen im Recht ist. Ich bin sogleich wieder hier." Und sie entwand sich seinem Arm und sprang hinaus. Werner sah ihr kopfschüttelnd und nicht ganz zufriedenen Blickes nach. So kühl hatte er sich den Empfang seiner Braut nicht vorge- stcllt, am allerwenigsten nach ihrem letzten Briefe, auch hatte er ge glaubt, sie nach dem Verlauf der letzten zwei Jahre weniger kindlich zu finden. Aber sie war ja allerdings noch sehr jung, und gerade die knospenhafte Lieblichkeit ihres ganzen Wesens war es gewesen, die den ernsten Mann gefesselt hatte. Sie ließ ihn ziemlich lange warten, er hatte Zeit, seine Um gebung zu mustern. Und wieder bemerkte er den Duft, der schon dem Briefe seiner Braut entströmte. Aber dort war die Erklärung dafür, auf einem Seitcntische hielt ein schlankes Kelchglas einen Strauß der weißen Glocken. Unwillkürlich neigte Lindegg sein Gesicht darüber und in diesem Augenblick kam Jda zurück. „Liebst Du auch den Jasmin? Helene mag ihn so gern." „Helene?" JdaS Gedanken weilten bei dem gesuchten Briefe, sonst hätte ihr der eigenthümliche Ton auffallen müssen, in fwelchem Lindegg den Namen wiederholte. „Ja, Frau von Genzburg," sagte sie leicht hin. „Ah, — nun, und der Brief?" (Fortsetzung folgt.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)