Volltext Seite (XML)
Exped. u. Rcdaktio« LreSden-Neustadt kl. Meißner Lasse 4. Die Zeitung erscheint Dteuftap, Danuerfta» urch «»nnabeut früh. AbonuemeutS- Pret». vierteljährl. Ml. 1^0 Zu beziehen durch die kaiserlichen Post- mftalten und durch unsere Koten. Sei freier Lieferung WS HauS erhebt die host noch eine Ge bühr von 25 Pfg. iilhsislhe Dorheilmg. Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrman« Wüller in Dresden. Inserate »erden bi- Montag, Mittwoch u. Freitag Mittag angenommen und kosten: dielspalt.ZeilelbPsg. Unter Eingesandt: S0 Pfg. Inseraten» Annahmestellen: Die Arnoldisch« Buchhandlung, Jnvalidendank, HaascnsteinLLogler^ Rudolf Mosse, G. L. Daube « C». io Dresden, Leipzig, Hamburg, Berlin. Frankfurt a/M. u. s. w. Donnerstag, dm 5. Mai 1887. 49. Jahrgang. An das inscrirende Publikum! Bei Aufgabe von kleineren Inseraten ersuchen wir die geehrten Besteller von hier und auswärts, hm Betrag dafür (pro 1-spaltige Zeile 12 Silben 15 Pf.) gefälligst gleich zu entrichten oder in Briefmarken einsenden zu wollen. — Tie Inserate müssen am Tage vor Erscheinen des Blattes bis 12 Uhr mittags in unserer Erpedition sein. Die Verlags - Expedition. Politische Weltschau. Deutsches Reich. Der Reichskanzler Fürst BiSmarck hat anläßlich deö Falles „Schnäbele" unter dem 28. v. M. eine Note an den französischen Botschafter in Berlin, Herbette, gerichtet, worin zunächst konftatirt wird, daß der genannte Polizeikommiffar auf deutschem Gebiete verhaftet und auf Grund untrüglicher Beweise der Spionage überführt worden ist. „Die gerichtliche Ver- urtheilung Schnäbele'S" — so heißt eS dann in dem Schriftstücke wörtlich weiter — „dürfte unter diesen Umständen nicht zweifelhaft sein und voraussichtlich um so strenger auSfallen, als der Angeklagte bei seiner ! sirasbaren Thätigkeit daS Ansehen gemißbraucht hat, welches ihm seine amtliche Stellung verlieh. Schnäbele ! hat daS für den internationalen Verkehr unentbehrliche Vertrauen dadurch geschädigt, daß er seine Autorität benutzte, um deutsche Reichsangehörige für Geld zu ver brecherischen Handlungen gegen ihr Vaterland zu ver leiten. Durch diesen Amtsmißbrauch wird m den Augen deS Gerichtes die Strafbarkeit Schnäbele's er höht, unabhängig von der Frage, ob derselbe in höherem Auftrage gehandelt hat oder nickt. Die deutsche Regierung erlaubt sich diesen Gesichtspunkt für den Fall hervorzuheben, daß Schnäbele nach seiner erfolgten Freilassung von Neuem auf deutschem Gebiete betroffen werden sollte. Wenn der Unterzeichnete eS für seine Pflicht gehalten hat, diesmal nock den Befehl zur Freilassung Schnäbele's von dem Kaiser zu erbitten, so iss er dabei von der völkerrechtlichen Auffassung geleitet worden, daß Grenzüberschreituvgen, welche auf Grund dienstlicher Verabredungen zwischen Beamten benachbarter Staaten erfolgen, jederzeit als unter der stillschweigenden Zusicherung freien Geleites stehend anzusehen seien. CS erscheint nicht glaublich, daß der deutsche Beamte Gautsch den Schnäbele zu einer Besprechung in der Absicht aufge fordert hat, dessen Verhaftung zu ermöglichen; eS liegen aber Briefe vor, welche beweisen, daß Schnäbele, als er verhaftet wurde, sich an der Stelle, wo dies geschah, infolge einer mit dem diesseitigen Beamten getroffenen Verabredung befand, um gemeinsame amtliche Geschälte zu erledigen. Wenn die Grenzbeamten bei derartigen Gelegenheiten der Gefahr auSgesetzt wären, auf Grund von Ansprüchen, welche die Gerichte deS Nachbarstaates an sie machen, verhaftet zu werden, so würde in der dadurch sür sie gebotenen Vorsickt eine Erschwerung der laufenden Grenzgeschäfte liegen, welche mit dem Geiste und den Traditionen der heutigen internationalen Beziehungen nicht in Einklang steht. Der Unterzeichnete ist daher der Meinung, daß für derartige geschäftliche Zu sammenkünfte jederzeit freies Geleit zugesichert werden muß. In diesem Sinne hat er, unter voller Anerkennung der Berechtigung des Verfahrens der diesseitigen Gerichte und Beamten, daö Sachverhältniß dem Kaiser dargestellt und dieser hat dahin zu entscheiden geruht, daß in Anbe tracht der völkerrechtlichen Grundsätze, welche für unbe dingte Sicherstellung der mit internationalen Verhand lungen betrauten Personen sprechen, Schnäbele trotz seiner Festnahme auf deutschem Gebiete und trotz der gegen ihn vorliegenden Schuldbeweise in Freiheit zu setzen ist." Die obige Note dürfte in ganz Deutschland mit Genuglhuung gelesen werden; bei aller Friedfertig keit deS ToneS wird doch der Würde deS Reiches vollauf Rechnung getragen. Die panslavistischen Blätter in Rußland geben ihrem Aerger darüber Ausdruck, daß der Fall „Schnäbele" nickt Anlaß zu einem deutsch - französischen Kriege ge boten hat. Die „Now. Wrem." spricht ihre Ver wunderung darüber auS, daß Frankreich sich mit der einfachen Freilassung Schnäbele'S auf Befehl des deutschen Kaisers, die also ganz einer „Begnadigung" gleich sehe, begnüge und der „Swjet" geht nock einen Schritt weiter, indem er über deS Fürsten Bismarck grenzenlose Anmaaßung raisonnirt. Derselbe lasse jetzt bereits, wenn eS ihm in seine parlamentarischen Manöver paffe, fremde Unterthanen auf fremdem Gebiete ver haften. Nachdem sich das Blatt so in die Wuth hinein geredet hat, versteigt eS sich zu der Behauptung, „Deutsch land lenke die Welt durch Meuchelmord nach seinem Willen." Nach Ansicht des Blattes sind auf Veran staltung der deutschen Regierung Skobeleff, König Ludwig II. von Baiern und Andere gestorben. „ES fehlt nur noch" — fährt der „Swjet" wörtlich fort — „daß Schnäbele jetzt „plötzlich" ebenfalls stürbe, wie überhaupt alle Leute mit dem Tode abgehen, die Deutschlands Mißfallen erregt haben." — Wir geben diese Auslassungen deS „Swjet" nur wieder, weil sie einen trefflichen Beweis dafür liefern, wie geistig un reif noch ein Theil der russischen Presse ist. Der russische General Baron KaulbarS ist am 2. d. M. mit Familie in Berlin eingetroffen. — Der Sohn deS Staatssekretärs im Reichsjustizamte, Or. v. Schelling, bisher als Regierungsasseffor im auswärtigen Amte beschäftigt, wurde zum Generalkonsul in Pokohama ernannt und wird sich in diesen Tagen auf seinen Posten begeben. Die Branntweinssteuervorlage soll in den Bundes- rathSauSschüffen zu umfassenden Debatten geführt haben. Die erste Sitzung dauerte über fünf Stunden, da an geblich die Vertreter der süddeutschen Staaten verschie dene Bedenken gegen den Gesetzentwurf erhoben. Doch scheint es schließlich trotzdem gelungen zu sein, eine Verständigung zu erzielen. Bislang ist die Vorlage noch nicht an den Reichstag gelangt, da die Feststellung einer Anzahl von Tabellen, welche als Anlage beigefügt sind, die Ueberweisung an daS Parlament verzögert hat. Was die Branntweinssteuervorlage selbst betrifft, so weiß die „Liberale Korresp." darüber Folgende- mitzutheilen: DaS Gesetz bezieht sich zwar auf daS ganze Reick, jedoch sind für daS Gebiet der nord deutschen Steuergemeinschaft und für dasjenige der süddeutschen Staaten besondere Bestimmungen getroffen. Für Norddeutschland wird vorgeschlagen, den Bren nereien eine Steuer von 50 M. pro Hektoliter aufzuer legen, was einem Gesammtertrage von 112 Millionen M. gleickkommen dürfte. Da nun aber angeblich der Ertrag der Konsumsteuer in dem neuen Gesetzentwürfe nur aut 100 Millionen M. berechnet wird, so scheint die Re gierung eine bedeutende Verminderung deS Konsums infolge der Eteuererhöhung vorauszusetzen. Dazu kommt noch, daß den bestehenden Kartcffelbranntwein-Brenne reien eine dauernde Steuerermäßigung von 20 M. pro Hektoliter gewährt werden soll. Es handelt sich also nicht mehr darum, für eine UebergangSzeit den be stehenden Brennereien d»e Einfügung in die neuen Steuerverhältnisse zu erleichtern, vielmehr soll denselben jährlich eine Reickssubvention von etwa 40 Millionen M. gewährt werden. WaS die Bestimmungen deö Gesetz entwurfes betreffs der süddeutschen Staaten anlangt, so verlautet darüber bislang nock nicktS Näheres. Der im preußischen Abgeordnetenbause von agrari scher Seite eingedruckte Antrag auf Erhöhung deS Zolles für gekämmte Wolle von 2 M. auf 20 M. pro Doppelcentner scheint wenig Aussicht auf Annahme zu haben. Sogar die Interessenten selbst, denen angeblich damit eine große Wohlchat zugedacht ist, machen gegen diese Maaßregel Front. In der „Leipziger Monats schrift für Textilindustrie" läßt sich nemlich der Vor sitzende des Vereins deutscher Wollkämmer und Kamm garnspinner, Franz Dietel, folgendermaaßen vernehmen: „Nach den beigegebenen Motiven ist der Antrag im Interesse der deutschen Wollkämmereien gestellt worden; daß aber die Initiative zu dem Anträge von diesen Feuilleton. In geheimer Mission. Novelle aus den letzten Zeiten der französischen Direktorial»Regierung. Der Abend deS 2. Juli 1799 lagerte seine Schatten über daS Häusermeer der französischen Hauptstadt, als vor einem der vielen, im edelsten Renaiffancestyle er bauten Paläste der Vorstadt St. Honora sich ein Officier mit Ungestüm auS dem Sattel schwang. DaS Erstaunen des herbeieilenden Portiers wurde nicht wenig rege gemacht, als er den Reiter mit barscher Stimme Einlaß verlangen hörte und mit hochgehobener Laterae harrte er schweigend einer Aufklärung über den LesuchSzweck deS ihm völlig Unbekannten. Die Kleidung des OfficierS bestand auS einem Uniformrocke dunkelgrüner Färbung; hoher, bis über die Kniee hinaufreichenden Reiterstiefeln, weißledernen Hosen und einem messingbeschlagenen Helm, auf dem sich der Staub in solchen Mengen niedergeschlagen hatte, daß eS fast unmöglich war, die Kokarde zu erkennen. DaS Sattelzeug seines Pferdes war mit ver schossenen Goldstreifen gesäumt, der Maatelsack schien sich längst seines Inhaltes entäußert zu haben; zu beiden Seiten des Sattels schauten die Kolben zweier ungeheurer Halfterpistolen heraus. Ein türkischer Säbel, kessen Scheide mit kostbaren Steinen besetzt war, vervollständigte die Bewaffnung des OfficierS. „Kapitän", redete der Portier den Reiter an, während er flüchtigen BlickeS die Epauletten desselben musterte, um sich seiner militärischen Rangstufe zu ver gewissern, „Bürger Kapitän, in diesem Hause werden Sie keinen Insassen finden ... es ist zum Verkaufe ausgeboten . . „Zum Verkaufe ausgeboten!?" wiederholte der Officier, während er bemüht war, daö eiserne Querftück seinem Pferde aus dem Gebisse zu nehmen und den Sattel loSzuschnallen „und seit welcher Zeit sucht man einen Käufer?" Der Portier hielt mit der Antwort an sich. Der Klang in der Stimme deS OfficierS schren eigenthüm- liche Empfindungen in ihm wackgerufen zu haben. „Ah, ich verstehe", fuhr dieser fort, während er seinem Pferde noch immer eine peinliche Sorgfalt widmete, „dieses Gebäude war daS Eigenthum irgend eines Emr- granten, welches von der Nation, die ja überhaupt nur vom Emigriren Vortheil ziehen kann, als gute Beute betrachtet und eingezogen wurde. Nun, tue Nation wird gewiß gute Gründe zu ihrer Rechtfertigung bei bringen können. Doch lassen w«r baS, Bürger. Schaut einmal mein Pferd an, ein herrliches Thier, arabischer Vollbluthengst, wie Ihr sehen könnt. Leider finde ich die Ställe leer, aber die Scheune da scheint mir mit Heu gefüllt zu sein. Weiset da drinnen meinem Pferde einen vorläufigen Platz an, macht eS ihm so bequem wie möglich, Heu biö an die Kniekehlen und eine drei fache Ration guten HaferS. DaS gute brave Thier hat mit mir von Kairo biS hierher zu Wasser wie auf dem festen Boden ein tüchtiges Stück Weg s zurücklegen müssen, glaub'S gern, daß der gute Kerl müde geworden ist . . . Nun, zum Donnerwetter, seid Ihr denn an den Boden geschmiedet? WaS habt Ihr da Maulaffen feil zu halten. Vorwärts, Bürger, kommt lieber meinen Befehlen nach!" Der Officier ergriff nach diesen Worten daS Pferd am Zügel und schritt selbst auf das Thor der Scheune loS, als sei er mit der Lage der einzelnen Lokalitäten schon seit langem vertraut. In sich steigender Verwirrung folgte der Portier seinen Schritten. Knarrend flog daS Stallthor unter den Anstrengungen deS Fremden auf. Er suchte für sein Pferd den anscheinend besten Platz auS, erklomm hierauf eine unsichere hin- und her schwankende Leiter, welche ihn ein Stockwerk höher brachte und kam, mit mehreren Schütten Heu beladen, wieder herab. Dreimal wiederholte sich diese Operation in der selben Weise. Als die um daS Pferd herumgelegten Heuhaufen fast den Bauch desselben berührten, griff der Officier nach einer wollenen Decke und bearbeitete mit der Kraft und der Gewandtheit der Jugend streichend und reibend die Weichen deS Hengstes. „So!" sagte er endlich, indem er sich den Schweiß von der Stirn wischte. „Vor allen Dingen hüllt da- Thier in die wollene Decke da. ES wird daS Beste sein, eS eine halbe Stunde tüchtig schwitzen zu lassen, dann wird eS wohl so weit bei Kräften sein, um seine Ration Hafer mit bestem Appetite verzehren zu können. UebrigenS laßt eS Euch hier allen Ernstes gesagt sein, daß ich Jedem, der das Unglück haben sollte, meinem Pferde auch nur einen Trunk WafferS zu reichen, ohne