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Uxped. «. Nedakttou rre-be»-Ne«ft«b1 L Meitzner «affe 4. Die Zeittmg erschein« Dienstag, Donnerstag mch eonnabenb früh. >bo«ne«e»t-» drei-. Htettclsührl. Mi. 1^0. «, beziehen durch die kaiserlichen Post» «stallen und durch unsere Boten. Sei freier Lieferung Ul» Hau» erhebt die Lost noch eine Ge bühr von 25 Pfg. Sächsische VochtiluG Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und Sandmann. Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentümtvr Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerrmanu Wüller in Dresden. Inserate werden bi- Moulay Mittwoch u. Arrttag Mittag angenMMN« und koste«: die1spalt.Zeile15PlA Unter Lingesaodt: S0 Pfg. Inseraten» A«nah«estelenr Die Arnoldische Buchhandluna, Invalidendank, HaasknsteinLBoglert Rudolf Moste, G L. Daube L in Dre-den, Leipzigs Hamburg, Berlins Frankfurt a/M. u. s. w. Mr. 30. Donnerstag, dm 10. Wär; 1887.49. Jahrgang. Politische Weltschau. Deutsche- Reich. Die „Nowoje Wremja" wirft die Frage auf, welche Folgen die Bewilligung deS Septeunate» seitens deS deutschen Reichstages für Europa nach sich ziehen werde und gelangt dabei zu folgendem Resultate: „Deutschland wird eine bedeutend verstärkte Armee besitzen, infolge dessen auch Oesterreich- Ungarn geneigter denn bisher sein dürfte, auf die Pläne deS Fürsten BiSmarck einzugehen. Daß unter diesen Umständen der Wunsch deS deutschen Reichskanzlers, die Hindernisse, die seinen Plänen im Wege sind, zu beseitigen, noch wachsen muß, ist selbstverständlich. An der Spitze dieser Hindernisse steht unzweifelhaft die Haltung Frankreichs und Rußlands. Weder in Paris noch in Petersburg zeigt sich die geringste Lust, die eigenen nationalen Interessen denen Deutschlands zum Opfer zu bringen. Fürst Bismarck weiß sehr wohl, daß jene Zeit nicht mehr wiederkehren wird, wo JuleS Ferry mit Berlin liebäugelte und nach kolonialen Annektionen, welche die französische Nation mit dem Verluste Elsaß-Lothringens auSsöhnen sollten, angelte. Mit dem Sturze deS Ministeriums Ferry verwandelte sich Frankreich auS einer deutschfreundlichen Macht wiederum in einen Staat, der nur auf den geeigneten Augenblick wartet, um Revanche nehmen zu können. Dem deutschen Kanzler wird nunmehr nicht- anderes übrig bleiben, als nochmals über Frankreich herzufallen. In diesem Momente dürfte aber Rußland auf der Scene erscheinen. Alle bisher gemachten Versuche, das Ezaren- reich hiervon abzuhalten, sind gescheitert. Vergeblich hofft man io Berlin, daß die Russen die Dienste der deutschen Regierung in Anspruch nehmen werden. Weder daS Sinken unseres Kurses noch die Ausfälle der deutschen Offiziösen gegen unsere Finanz- und Zoll politik haben unsere Unparteilichkeit erschüttern können. Mit einem Worte: Deutschland wird eS nie gelingen, im Falle eines Krieges mit Frankreich die Neutralität Ruß lands dadurch zu erkaufen, daß eS daS „bulgarische Loch zustopst", eS kann aber um diesen Preis den Frieden er halten und zwar den wahren Frieden, nicht jenen, für den es sich jetzt vom Kopfe biS zum Fuße rüstet. Einzig und allein Rußland vermag Frankreich von einem Angriffe auf Deutschland abzuhalten. Wenn man aber in Berlin glaubt, der Friede könne unentgeltlich oder mit einem kleinen Balkan-Almosen an Rußland erkauft werden, so ist dies ein Jrrthum, dessen Schaden vor Allem Deutsch land selbst erfahren wird. Der Status quo, wie er gegenwärtig provisorisch besteht, ist weder für Ruß land noch für Deutschland ungünstig und wenn man ihn jetzt in eine vollendete Thatsache verwandelte, so würde Rußland besser thun, Sympathien für sich in Pari- zu suchen, als in Berlin, wo man einen falschen und unpraktischen Geiz zu Tage legt. Der Friede hängt heute nur davon ab, wie und ob man die ge rechten Forderungen Rußlands respektirt. Wenn die selben von Deutschland nicht unterstützt werden sollten, so dürfte Rußland nichts anderes übrig bleiben, als die Ereignisse ihren Gang gehen zu lassen und zwar zu Ungunsten deS deutschen Reiche»." Mit Bezug auf die Vollstreckung deS Todes urtheiles an den aufständischen Osficieren in Rustschuk (siehe unter Bulgarien) schreiben die hochofficiösen „Berl. Pot. Nachrichten": Die von der bulgarischen Regent schaft vorgenommene Erekution charakterisirt sich als eine Maaßregel, welche in den maaßgrbenden Kreisen Europas gewiß ernste Beachtung gefunden haben wird. Indem man sich den Verurtheilten gegenüber zu einem energischen Vorgehen entschloß, hat man in Sofia einen Weg betreten, dessen Fortsetzung und Ende sich einst weilen noch nicht übersehen läßt. Auf den Eindruck, den die Vollstreckung deS TodeSurtheileS auf das russische Kabinett hervorbringen wird, darf man gespannt sein. Denn daß mit der Erschießung der aufständischen Offi- ciere die Sache ihre Erledigung gefunden hat, wird wohl Niemand glauben wollen, der al- aufmerksamer Beobachter dem EntwickelungSgange der bulgarischen Zustände gefolgt ist. DaS Präsidium des Reichstages wurde Sonntag Nachmittag 3'/, Uhr von dem Kaiser in feierlicher Audienz empfangen. Der Monarch begrüßte die Herren mit großer Herzlichkeit und sprach seine Freude darüber auS, daß die Annahme der Mtlitärvorlage nunmehr gesichert erscheine. Er habe sich nur sehr schwer ent schließen können, die Auflösung deS vorigen Reichstages zu verfügen; doch daS sei unvermeidlich gewesen, da daS Parlament in seiner Mehrheit trotz der ausführliche« Darlegungen deS Kriegsministers sich von der Noth wendigkeit der Einführung deS Eeptennates nicht habe überzeugen lassen. WaS die äußere Politik betrifft, so berührte der Kaiser nur das Verhältniß der preußischen Regierung zum Papste. Scdon als Leo XIU. den Thron bestiegen, habe er die Ueberzeugung gehabt, daß sich mit diesem ein friedliches Einvernehmen werde Herstellen lassen. Diese Ueberzeugung sei mit der Zeit stärker und stärker geworden und deshalb habe er auch dem Papste den Schiedsspruch in der Karolinenfrage übertragen. Auch in der Zukunft hoffe er mit der Kurie in gutem Einvernehmen zu verbleiben. Nochmals auf die Militärvorlage zurückkommend, gab der Kaiser dem Wunsche Ausdruck, daß dieselbe thunlicyst schnell und mit möglichst großer Majorität angenommen werden möchte. DaS Aussehen deS Kaisers war vortrefflich. Die Audienz dauerte etwas über zehn Minuten. Der Reichstag hat in seiner nur eine Stunde währenden Sitzung am Montag die Militärvorlage in erster Lesung angenommen. Nachdem der KriegS- minister Brousart v. Schellendorsf daS HauS um eine möglichst einstimmige Annahme deS Gesetz entwürfe- ersucht hatte, ergriff der Führer der National- liberalen, v. Bennigsen, daS Wort, um u. A. zu erklären: „ES ist der lebhafte Wunsch meiner politischen Freunde, daß dieser Gesetzentwurf ohne kommissarische Berathung in wenigen Tagen erledigt und unverändert angenommen wird. In diesem Sinne hat sich auch die Mehrzahl deS Volke- durch ihre Abstimmung gelegent lich der Nenwahlen ausgesprochen und eö dürfte daher wenig angebracht erscheinen, wollte man die Debatte über die Militärvorlage benutzen, um Meinungsverschie denheiten z. B. auf socialem Gebiete zum AuStrage zu bringen." Richter-Hagen vertheidigte hierauf kurz den Standpunkt, welchen die deutschfreisinnige Partei in der SeptennatSfrage einnimmt und erklärte, seine Partei werde auch jetzt nur für die Erhöhung der Präsenzziffer deS HeereS auf drei Jahre stimmen. Die Redner der ultramontaneo Partei, Windthorst und Reichensperger, betonten, sie könnten noch keine be stimmte Erklärung betreff- ihrer Stellungnahme dem vorliegenden Gesetzentwürfe gegenüber abgeben, sintemal die Stichwahlen noch nicht sämmtlich vollzogen und somit die Mitglieder deS EentrumS auch noch nicht voll ständig zugegen seien. Die konservativen Abgg. v. Kar- dorff und v. Helldorff endlich erklärten, ihre Partei würde jetzt, da eine nativnalgesinnte Mehrheit im Reichs tage vorhanden sei, AlleS aufbieten, um diese Majorität zu erhalten. Fürst Bismarck wohnte der Sitzung bei, ohne in die nur kurze Debatte einzugreifen. — In seiner Sitzung am Dienstag trat der Reichstag in die Berathung deS ReichShauShaltöetatS ein. Der Abg. Frhr. v. Huene (ultramontan) erklärte sich für eine be schleunigte Berathung deS Etats, ferner für eine Steuer reform, soweit sie nicht die Einführung von Monopolen zum Zwecke habe, indeß sprach er sich gegen die ReichS- einkommensteuer auS, welche die Rechte der Einzelstaaten bedrohe und die auch praktisch schwer durchführbar sei. Der Abg. Frhr. v. Maltzahn (konservativ) kündigte einen Antrag an, betreffend die Abkürzung der EtatS- berathung und ging dann näher auf die Frage der Steuerreform ein, deren Ziele er kennzeichnete. Was die ReichSeinkommenfteuer betreffe, so lasse sich über dieselbe erst ein Urtheil fällen, wenn diesbezügliche detaillirte Vor schläge gemacht worden seien. DaS aber könne er schon jetzt erklären, daß seine Freunde gegen diese Steuer nicht deshalb wären, weil sie die Reichen treffe, son dern weil rechtliche und praktische Bedenken gegen daS Projekt vorlägen. Der Abg. Rickert (deutschfrei- Feuilleton. Der Legionär. Eine wahre Begebenheit aus Deutsch-Oesterreich- schwerer Arlt von Emil König. (9. Fortsetzung.) „Du thust mir weh, Annerl!" sagte Franz im Tone leichten VorwurfS. „Ich kannte wohl Deinen Namen; aber sonderbarer Weise nicht Deinen Ge burtsort und ich hatte, in meiner Liebe zu Dir alles Andere vergessend, nie danach geforscht. AlS ich nach einer kurzen Reise nach Wien zurückkehrte, galt mein erster Besuch Dir; leider aber fand ich Deine Wohnung verschlossen und auf meine Anfrage gab mir der Haus meister die kühle Antwort: Die alte Dame sammt ihrer Nichte seien auf'S Land, wohin, wisse er nicht. Die zurückgelaffene Adresse konnte er nicht finden; sie müsse verloren gegangen sein. Ich habe Dir daS schon so oft wiederholt und Verzeihung für mein Still schweigen gefunden, da ich doch nicht einmal wußte, wohin ich meine Briefe adressiren sollte. Und, bei Sott! eher hätte ich an den Zusammensturz d,S Weltall- geglaubt, alS Dich, als ich mich Deinem Vater unter der MaSke eine- Postillons vorstellte, alS dessen Tochter zu finden." „Wie war ich aber erst überrascht", rief fie, „alS ich in dem jungen Postillon die theuern Züge «eine» Franz zu erkennen glaubte, den ich im Stillen schon der Untreue angeklagt! Mir flimmerte eS vor den Augen; ich mußte, wollte ich nicht aufjauchzen in unnennbarer Lust, mich entfernen; ich durfte mich doch nicht vor dem Vater verrathen. AlS ich aber auf meiner Stube allein war und mich wieder gesammelt hatte, da sann ich und sann, wie mein Franz in die Postjacke gekommen und konnte den Faden nicht finden, bis Deine Erzählung mir endlich daS Räthsel löste." „Ja, noch immer steht mir jener Moment vor der Seele, als ich zu Deinem Vater in'S Zimmer trat. Du saßest am Fenster und sticktest und schautest erst gar nicht auf zu dem armen Postknechte. Dein Vater, der meine Zeugnisse durchblätterte, achtete nicht auf mein Erstaunen und auf meine Blicke, die starr auf sein Kind gerichtet waren und argwöhnte nichts von unserer Be kanntschaft. — So ist es unS bisher denn glücklich ge lungen, unsere Liebe geheim zu halten vor Jedermann und sie still in unserer Herzen Gärtchen zu pflegen, biS nun daS Mißgeschick diesen Sachse hierher führen muß, der mich zu verderben droht. — Erkennen soll er mich übrigens nicht. Ich werde Gesicht und Gestalt schon zu verstellen wisse«, daß er in mir nicht- Anderes zu erblicken glauben soll, als einen Postknecht gewöhn lichster Sorte. Wer kann denn überhaupt sagen, ob ich nicht VuteS, statt deS Bösen, welches Du vermuthest, von ihm zu erwarten habe? Dein Vater hat für mich eine Auszeichnung «egen meines BlasenS beantragt. Vielleicht will er sich persönlich überzeugen, wie »ch da- Horn und die Peitsche handhabe!" „Wollte der Himmel, eS wäre so!" seufzte Anna. „Ich will zur heiligen Jungfrau doppelt inbrünstig beten und fie um ihren Schutz anflehen, damit dieser Kelch an unS vorübergehe!" So ist daS Menschenherz! Wie der Ertrinkende sich an den Strohhalm klammert, so richtet auch der schwächste, matteste Hoffnungsstrahl, der in daS Dunkel unserer Trübsal schimmert, den Muthlosen wieder empor. Draußen in den Zweigen der Bäume im Garten sang die Nachtigall ihr unvergleichliche- Lied der Liebe-- ahnung, LiebeSlust und Leid und drinnen lagen sich eia Paar edle, reine Menschenkinder wonnetrunken in den Armen und ihre Herzen kosteten daS süße Ahnen der ersten Liebe, ihre beseligende Lust und ach! — ihren bitteren LeidenSkelch! Durch daS offene Fenster sandten die Rosen und Nelken ihren balsamischen Duft herauf und der Alhem der Geliebten berauschte den Jüngling und die Jung frau — der lange, innige Kuß ihre- Erwählten. AlleS hauchte Liebe, Liebe! „Es wird Zeit, Geliebter! Geh, geh! Bald graut der Tag, bald sendet die Sonne ihre Strahlen zwischen den Bäumen und die Felsen der Abtei hernieder!" „Noch einen Kuß, mein Herz, mein Annerl — und Muth, Muth!" „Möge Dir der Morgen Trost und Beruhigung bringen!" Nachdem der Legionär vorsichtig au-gelugt und nichts Verdächtige- entdeckt, schwang er sich wieder au» dem Fenster herab auf die Mauer. „Gute Nacht!" hauchte Anna. „Annerl! So muß ich scheiden?" war die leise, geflüsterte Antwort. Dann beugte sich ein Lockenkopf auS dem Fenster nieder und der Geächtete drückte einen letzten heißen Kuß auf die warmen Rosenlippen seine» Mädchen-.