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M. L« - 5. Jahrgang. ^ Unvar ^er <AF/ und Blndtbote. ^ Mitvmch, 18. Klm« 18«. 5/ Unparteiisches Tageblatt für Chemnitz und Umgegend besonders für die Vororte: Altchemnitz, Altendorf, Bernsdorf, Borna Ebersdorf, Kurth, Gablenz, Slöfa, Helbersdorf, Hilbersdorf, Kappel, Reustadt, Schöua« Die Abonnenten erhalten mit tzem Anzeige» allwöchentlich L Unterhaltungs-Blätter, sowie da» llseitig«, reich- illustrirt« humoristische Anzeiger-Bil-erbntb. Abonnementsbestellungen, vierteljährl. 150 Pf. (Zutr. »0 Pf.), mouatl. 50 Pf. (Zutr. 15 Pf.), nehmen an die BerlagSexpeditiou und Ausgabestellen in Chemnitz und obige» Bororieu. Außerhalb dieser Ort« Eauu der Anzeiger nnr bei den Postanstalt«« — PostzeituugS-Preisliste für 1885 Nr. 1114 — bestellt -««den. In Oesterreich-Ungarn ist d« Chemnitz« Anzeig« zum Abonaementspreise von vierteljährlich 1 Gulden 54 Kr., monatlich 52 Kr. (exkl. Agiozuschlag) durch die Postanstalte« zu beziehen. Jusertion-pret-r die schmale (Ispaltige) KorpuSzeile od« deren Rau« 15 Pfennige. — — Unter Eingesandt pro Zeile 30 Pfennige. — Auf groß« Annoncen und Wiederholungen Rabatt. — Annoncen «Annahme für die nächste Nummer bi» Mittag. — Ausgabe jede» Wochentag Nachmittag Atmoueeubestellunge« von answärt» «olle «au de» Jns«rtiou»betrag stet» beifüge« (klein«« Betrüg» in Briefmarken) je 8 Silben der gewöhnlichen Korpusschrist bilden «in« Zeile «ud koste» 15 Pfennige. HerlagS-Exvedition: Wiest», Ruckdruckerei, Chemnitz, Theaterstraße 48 (ehemalige» Bezirksgericht, gegenüber dem Kasinos. Bekanntmachung. Von den Haushaltplänen der Stadtgemcinde und der Schulgemeinde aus das Jahr 1885 werden Druckexemplare, soweit der Vorrat- reicht, aus Ver langen in der Stadtbuchhalterei unentgeltlich abgegeben. Chemnitz, am IS. Februar 1885. Der Rath der Stadt Chemnitz, cs, l)r., Andre, Oberbürgermeister. Jähn. Steckbrief. Gegen den Agenten Anton Manilius Bock, zuletzt hier, in Mittweida bei Scheibenberg am 18. April 1842 geboren, welcher flüchtig ist, bez. sich verborgen hält, Ist die Untersuchungshaft wegen gewinnsüchtiger Prioaturkunden« Fälschung verhängt. Es wird ersucht, denselben zu verhaften und dem nächsten Amtsrichter znzusübren. Chemnitz, den 14. Febmar 1885. Königliche Staatsanwaltschaft. Liebe. Rchtr. Oeffentliche Zustellung. Der Färbereibelider Emil Dehnert zu Mittweida, vertreten durch den Rechtsanwalt Schneider daselbst, klagt gegen den Buchdrucker Emil Neuhaus, früher in Mittweida, jetzt unbekannten Aufenthalts, wegen einer DarlehnS- forderung von 500 M. s. A. mit dem Anträge auf Bernrtheilung des Be klagten zur Bezahlung von 500 M. sammt Zinsen zu 4'/, v. H. jährlich vom 6. Januar 1883 zahlu! und zur Tragung der Rechtsstreitskosten, sowie die Aus zahlung de- bei dem König). Amtsgericht MiUweida hinterlegten Betragt von 300 M. s. A. an den Kläger geschehen zu lasten, ladet dm Beklagten zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits vor die Zweite Zivilkammer des Königlichen Landgerichts zu Chemnitz auf Dienstag, den 21. April 1885 Vormittags S Uhr mit der Aufforderung, einen bei dem gedachten Gerichte zugelasteneu Anwalt zu bestellen. Zum Zwecke der öffentlichen Zustellung wird dieser Auszug der Klage bekannt gemacht. Chemnitz, den 14. Februar 1885. Steinmetz, Gerichtsschreib« des Königlichen Landgerichts. des Skste«,«r-e» ««zeige*». Vom 17. Februar. Wien. Der Kaiser stattete dem Ministerpräsidenten Grafen 'Taaffe und der Gräfin Taaffe anläßlich deren silberner Hochzeit -einen Besuch ab. Paris. Nach e'ner Meldung aus Shanghai ist dort das Gerücht von einem Gefecht zwischen den französischen und chinesischen Schiffen in der Nähe von Sheipo» verbreitet. lieber das ResultatAerlautete -noch nichts. Rom. Wie die „Agenzia Stefan!" meldet, hat der Minister des Aeußern, Mancini, gegenüber der wiederholten, mündlichen Reklamation des türkischen Geschäftsträgers wegen der Besetzung von Maffauah an die frühere spontane Erklärung Italiens in dieser -Frage erinnert und hinzugesügt, daß die Besetzung in Folge der in -jenen Gegenden gestörten Ordnung erfolgt sei, und daß Italien von -den Vorstellungen der Pforte zu Gunsten der Rechte des Sultan-, die man nicht außer Acht zu lasten beabsichtige, Akt genommen habe. Manciri sprach gleichzeitig die Hoffnung aus, daß dieser Zwischenfall -durch de» Austausch von Erklärungen beider Mächte in befriedige»der Weise geregelt werden könnte. London. Wie das Bureau Reuter erfährt, hat die englische Regierung endgillig den Bau einer Eisenbahn von Sualin nach Berber -beschlossen. Die bezüglichen Arbeiten würden sofort begonnen. London. Wie das Reuler'sche Bureau aus Kairo meldet, ist 'auf Wunsch des Generals Wolseley Hassan Pascha das Kommando Aber ein egyptisches Kavalleriekorps für die Expedition im Sudan angeboten worden Die bezüglichen Verhandlungen, welche seit gestern stattfanden, haben dazu geführt, daß Hassan das Kommando angenommen Hat. Derselbe soll zuerst die Annahme davon abhängig gemacht haben, ^ -daß 4000 Türken eingestellt würden. Wie es heißt, würde Hassan den Titel General Gouverneur des Sudan» fühlen. Bon dieser Maß- ^ regel wird ein guter Eindruck auf die Bevölkerung des Sudans er-, Märtet, da dieselbe den Beweis liefern soll, daß England die Erober ung des Sudan» nicht für sich beabsichtige. London. Heute fand ein Kabinetsrath statt. Gladstone richtete -ein Schreiben an die ministerielle Partei, worin es heißt, daß sofort mach Zusammentritt des Parlaments am 19. Februar Dinge von -äußerster Wichtigkeit dessen Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen würden. .Times" meldet avS Alexandrien: Prinz Hassan wird entgegen der Meldung deS Bureau Reuter, wonach derselbe das Kommando deS ägyptischen Kavallerie Korps annehme, als Zivilkommifsar des Khedives Wolselcy's Stabe beigegeben. London. Ein kleines Pulvermagazin ist in Gibraltar -explodirt. Es wurden neun Soldaten und acht Zivilisten -getödtet. Petersburg Die Gerüchte über einen Bormarsch der Russen -auf Herat und über ihre Absicht, Herat unter russisches Protektorat zu stellen, werden von bestunterrichteter Seite als durchaus unrichtig «Gezeichnet. (Weitere Telegramm« siehe am Schluß des redaktionellen TheileS.) westlichen Afrika und bis zum Ozean über 400 geographische Meilen weit gefolgt. Die Engländer haben den Niger und seinen Zufluß, den Biuuö oder Benutz beinahe bi- zum Tschad-See durchforscht, während Kapitän Camerou von Zanzibar aus den ganzen Kontinent südlich von der Wasserscheide deS Kongo vis an den atlantischen Ozean in Benguela durchreist hat. Di« Portugiesen sind unter den Herren Capello und Jven» und de Sepra Piuto von Benguela Mt« 12« s. Br. ungefähr 60 geographische Meilen südlich vom Kongo aufge brachen, haben den Kontinent zwischen dem 12. und dem 15' s. Br. durchmesseu und einen ungeheuren Landstrich und das Thal von zwei großen nördlich fließenden Strömen durchforscht, wurden aber von den Eingeborenen abgehalten, diese Gewässer bis zu ihr« Bereinignng mit dem Kongo zu verfolgen. Wir besitzen nun eine allgemeine Kenntniß von Afrika vom 10» nördlich vom Aequator bis zum Kap der gute» Hoffnung, mit Inbe griff des zentralen und südlichen Afrika, und nnr da» Gebiet südlich von Algerien und der westliche Sudan jenseits Darf»» sind uns noch theilweise eine unbekannte Welt. In diese Region aber streben die Franzose« von Algerien und die Deutschen von Egypten au», aH Forschungsreisend« einzudriugen und in kürzester Zeit wird nun Afrika, so weit es seine allgemeinen Charakterzüge betrifft, er forscht sein. De* Hongo. Das letzte Hinderniß für den erfolgreichen Abschluß der Berliner Kongo-Konferenz, deren eminente Tragweite für die Ausbreitung der Kultur und für die Weltwicthschaft allgemein anerkannt wird, ist endlich beseitigt Ein Telegramm au» London meldet soeben die mit großer Spannung erwartete Anerkennung der afrikanischen Kongo- Gesellschaft von Seiten Portugals. Unser Reichskanzler kann also mit voller Befriedigung auf das nach viermonatlicher gemeinschaftlicher Arbeit vollendete Werk zurückblicken und da- Verdienst für sich in Anspruch nehmen, der Zivilisation und dem Handel «inen sicheren Weg in das zentrale Afrika gebahnt und un» den entsprechenden Antheil hierbei verschafft zu hoben. Angesicht- dieser neuen Theilung -er Erde, wie sie sich unter den Augen der Zeitgenoffen vollzieht, 'wird eine zusammenfassende Darstellung der Ereignisse und Ent deckungen im Kongo erwünscht sein, bei welcher wir einen orientirenden Aussatz au» dem .Auslände" zu Grunde legen. Noch vor wenigen Jahrzehnten war der Kongo, dieser gewaltigste Strom Südafrikas, auf welchem heutzutage Aller Augen gerichtet sind, kaum in seinem Mündungsgebiet näher bekannt. Vor zehn Jahren brach Stanley von Zanzibar nach den großen Binnenseen Östafrikas auf mit der Absicht, womöglich den ganzen Kontinent zu durchreisen und zu ermitteln, ob der Lualaba LivingstoneS der Kongo sei. Wir wußten damals noch wenig von dem zentralen oder dem westlichen Afrika. Die auf den Karten punktirt bezeichneten Läufe der Ströme und Gebirge waren au- der Einbildungskraft und den unbestimmten Berichten der Eingeborenen geschöpft. Schweinfurlh hatte den Sudan und Darfur und die westlichen Arme des Nil er forscht; allein beinahe ganz Afrika südlich von Algerien und westlich vom Nil und den großen Seen war uns unbekannt. Seiiher ist Stanley dem Lauf de» Kong» von den großen Seen nach dem Potttische Rundschau. Deutsches Reich. Reichstag. Die zweit« Berathung der Zolltarifnovelle (Getreidezölle» wird fortgesetzt. Abg. Günther (Reichspartei > führt aus, daß der vorgeschlagene Roggenzoll die in landwirthschafllichen Kreisen daran geknüpften Hoffnungen nicht voll erfüllen werde, ebenso wenig aber auch die von der Gegenseite ge äußerten Befürchtungen, und begründet dann den Antrag der wirth- schaftlichen Bereinigung, den Zoll auf Roggen und Weizen gleichmäßig auf 3 Mark für den Doppelzentner festzusetzen. Wenn man für beide Getreidesorten verschiedene Zollsätze einführe, so müsse man auch verschiedene Zollsätze für Mehl festsetzen. Redner weist das hohe Interesse nach, welches gerade die deutsche Industrie an der Blüthe der Landwirthschast habe. Wenn sich der Körnerbau mehr und mehr ausdehne, würden Hunderte von Millionen im Lande bleiben, die der Industrie zu Gute kommen. Di« Erhaltung des inländischen Absatzgebiete« sei mehr Werth, als die de» amerikanischen, welches ja doch dereinst mit der Entwickelung der Industrie in Amerika nach und nach verloren gehen werde. Wenn Sie da» Spiel an der Börse, schließt Redner, nicht höher schätzen, al» die ehrliche produk tive Arbeit, daun stimmen Sie der Zollerhöhuug und speziell dem Satze von 3 Mark für beide Getreidesoll«» zu. (Beifall recht-, Zischen bei den Freisinnigen.) Abg. Wiemer (Sozialdem.) bekämpft die Zollerhöhungeu. Wenn man dem Bauernstände helfen wolle, so solle man ein sogenannte- Heimstättengeseg schaffen. Holtzmann habe bereits sehr richtig ausgeführt, daß Sachsen zwei Drittel seines Ge- treidebedarss einsühren müsse, vr. Frege habe getagt, daß die Ge- treideproduktion gesteigert werden könne; aber das geschehe dann auf Kosten anderer Betriebe, und wenn mehr Getreide gebaut werde, so werde auch das Angebot vermehrt und somit de» Bauern nichts genützt. Nur dem Großgrundbesitzer kämen die Zölle zu Gute. Die Erhöhung der Getreidezölle gebe der Linken, besonder» den Sozial demokraten eine mächtige Waffe. Abg. v. Fischer (nat.-lib): Er sei kein Agrarier, aber man müsse doch den Thatsachen Rechnung tragen, daß die Getreidepreise heute niedriger stehen als je und daß die Produktionskosten nicht mehr gedeckt werden. Man rathe zum Uebergang, zu einem anderen Betriebe. Da- sei leicht ge sagt. Auch sei es eine Grausamkeit, zu fordern, die deutsche Land wirthschast solle mit ihren Traditionen brechen, weil man aus theoretischen Gründen ihr die nothwendige Hilfe versagt. Es sei nicht wahr, daß die Zölle speziell im Interesse deS Großgrundbesitze» verlangt würden; sie würden namentlich auch in Süddeutschland gefordert, wo der Großgrundbesitz weniger in Frage komme wie in Nsrddeutschland. Jo Süddeutschland habe sich selbst die BolkS- partei zu den Getreidezöllen freundlich stellen müssen, sonst wären die Herren nicht hier. (Widerspruch bei den Volksparteilern.) Stimmen Sie den Erhöhungen zu, Sie werden damit den kleinen Mann nicht schädigen, der ganzen Nation aber nützen. (Beifall.) Abg. Loreozen (deutsch freis.) stellt in Abrede, daß in Schleswig-Holstein ein land- wirthschaftlicher Nothstand bestehe, dem durch Zölle abgeholfen werden könne. Wenn die Regierung Finanzzölle brauche — und er wolle ihr solche nicht versagen — so möge sie dieselben auf Luxusgegen stände legen. Graf zu Stollberg-Wernigerode (kons.): In unserer Zeit herrsche Ueberproduktiou und zwar in allen Ländern; da müsse es unsere Aufgabe sein, unserer Produktion zunächst das heimische Absatzgebiet zu erobern, und dann unseren Export zu erweitern. Abg. Thomsen (deutsch-freis.) erklärt sich prinzipiell gegen jeden Zoll, der nothwendige Lebensmittel Vertheure. Die Landwirthschast bedürfe de» Zolle» nicht, sie habe keine bevorrechtete Stellung zu beanspruchen. (Beifall links.) Staatssekretär von Burchardt weist die Behauptung Dirichlet'S zurück, wonach die zur Begründung der Vorlage gegebene« Zahlen unrichtige seien. Die verbündeten Regierungen hätten für Roggen nur eine Verdoppelung des Zolls beantragt, weil di« Roth- läge de» WeizenbaueS stärker sei» als die de» Roggrnbaue» und weil die Erhöhung des Weizenzolls auch dem Roggen durch eine Erhöhung der Nachfrage nach solchem indirekt zu Gute komme, endlich auch mit Rücksicht darauf, daß der spanische Haudelsverlrag unseren Roggen zoll gegenüber den meistbegünstigten Nationen bindet. Die verbündete« Regierungen würden indeß, wenn das HauS die Erhöhung de» Roggenzolls auf 3 Mark beschließe, dem keinen Widerstand entgegen setzen. Fürst von Hatzfeldt-Trach'nberg (Reichspartei) motivirt gegen» über seiner früheren Haltung seine Stellungnahme zur gegenwärtige» Vorlage mit der zweifellosen Nothlage der Landwirthschast. Sir wollten keine Vertheuerung der uothwendigtzen Lebensmittel. Rickrrk" bekämpft dann die Ausführungen de» Reichskanzler», nach denen die deutschen Ostseestädte durch Zoll nicht gelitten hätten. In groß«, Prinzipienfragen lerne man nicht mehr. Er wiederholt, daß die Vorlage nur dem Großgrundbesitzer zu Gute komme. Möge »an seine Partei verlachen oder Volksaufwiegler nennen, sie würde nach wie vor gegen «ine Politik ankämpfeu, die in der Geschichte keine gut« Stelle einnehmen werde. Reichskanzler Fürst Bismarck: Der Appell de» Vorredners an die Weltgeschichte über die Verderblichkeit der Kornzölle sei nichts als eine tendenziöse Unwahrheit. Mau sei miß vergnügt, daß sich Groß- und Kleingrundbesitzer einmal vereinigt hätten, um der bisherigen Ausbeutung ihrer Lage entgegenzw- treten; den keinen Grundbesitzer gegen den großen auSzuspielm, sei nichts als ein gewöhnliches sozialistisches Hetzmanöver. Hätte« wir 1879 die Schutzzölle nicht eingeführt, so wäre ein allgemeiner wirthschaftlicher Zusammenbruch bei un» erfolgt. Wenn 25 von 45 Millionen der Bevölkerung Noth leiden, so müsse gegen eine solche Kalamität Abhilfe geschaffen werden. lieber die Mittel dazu find sich Regierung und Majorität einig. Finden Sie sich mit Ihrem Herzen ab, wie Sie wollen und stellen Sie Ihre Meinung al» richtig hin, ich glaube, wa» ich glaube und lasse mir nicht» abstreite« (lebhafter Beifall rechts, lebhaftes Zischen links). Schelpert (Zen trum) plaidirt in drastischer Weise für die Zollerhöhung. Der Frei handel habe uns da» Geld aus den Taschen gezogen. Richter pole- mifirt gegen den Reichskanzler. Die Getreidezölle seien ein Unrecht gegen den armen Mann, den seine Partei dagegen schützen wolle. Der Antrag der freien wirthschaftlicher, Bereinigung, den Zoll mf Roggen auf 3 Mark pro Doppelzentner zu erhöhen, wird mit 192 gegen 151 Stimmen angenommen. Dagegen stimme» die Freisinnige», Sozialdemokraten, Bolkspartei, ein Theil der Nationalliberalen «ud diejenigen Mitglieder des Zentrums und der Reichspartei, welche u« eine Verdoppelung des Roggenzolles wünschten. Mit 229 geg«, 113 Stimmen wurde sodann, entsprechend der Regierungsvorlage, der Weizenzoll gleichfalls von 1 auf 3 Mark erhöht. Morgen foM die Berathung de- Sperrgesetzes und die Weiterberathung der Zolb- tarifnovelle. — Die ReichStagSkommisfion für das UnfallverficherungSgrseh nahm di- Vorlage über die Ausdehnung der Unfall- und Kranken versicherung auf die Trausportgewerbe an und tritt Mittwoch in Re Berathung de» UnfallverficherungSgesetze» für die land- und forst- wirthschaftlichen Arbeiter ein. — Dem Reichskanzler ging eine von 108 landwirthschaftlichen Vereinen Unterzeichnete Petition zn, worin gebeten wird, es möge die Initiative zur schleunigsten Herstellung der vertragsmäßigen Doppelwährung ergriffen werden. — De« BundeSrathe ging ein Gesetzentwurf zu über den Schutz de» z«r Anfertigung von Reichskafleuscheinen verwendeten Papier» gegen uräe- fugte Nachahmungen. — Die Hochzeit der Prinzessin Heinrich der Niederlande mit dem Prinzen Albert von Sachsen-Altenburg findet bald nach Ostern statt. Frankreich. Bei dem gestrigen Begräbniß de» Redakteur» Jules Balles erregte ein mit der Aufschrift „die deutschen Sozialisten in Pari» ihrem Gefährten" gewidmeter Beilchenkranz große-Aufsehen. Rufe, wie: „Nieder mit Deutschland!" „Verjagt die Deutschen!" drangen durch den Tumult. Am Grabe fanden diese Demonstrationen im Verein mit Steinwürfen und Handgemenge ihre Wiederholung. Baillant, Rochefort und Redakteure des „Cri du Peuple" hielte» Reden, unterbrochen durch die Rufe „Viva la commune, rcvoiution sociale!" Das Auseinandergehen war ruhiger. — Die Pariser Regierung ist von der englischen Polizei benach richtigt worden, daß die von ihr gemachten Nachforschungen festgestellt haben, daß Dynamit nicht allein aus Amerika, sondern auch au» Frankreich, und zwar über Calais, nach England eiugeführt wird Infolge dieser Mittheilung ordnete die Regierung Nachforschungen an; sie ist jedoch der Ansicht, daß über Calais nach England gehende» Dynamit in der Schweiz fabrizirt und nur über Frankreich be fördert wird. England. Man erwartet in London da» Erscheinen einer königl. Proklamation, welche zehntausend Mann der Reserve einberust.