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39. Freitag, den W. November R839 Sächsische Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger «nd Landmann. Nedigirt unter Verantwortlichkeit des Verlegers C. Heinrich. Von diesem Blatte erscheint jeden Freitag ein Bogen für den äußerst billigen Preis von 9 Pf. Auch wird jeden Monat eine feine Lithographie gratis beigegeben. Atte Postämter und Buchhandlungen nehmen, gegen viertel jährige Vorausbezahlung von 10Gr., Bestellungen darauf an und können die geehrten auswärtigen Pränumeranten das Blatt nach jedesmaligem Erscheinen daselbst kostenfrei entnehmen. — Einzelne Nummern kosten 1 Gr. Etwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, werden unter der Adresse: „An dieRedactioN der Sachs. Dorfz., Heinrichsche Buchdruckern in Dresden," erbeten. R e s i d e n z l e b e n. (Beschluß.) . Die zweite Vorstellung des Wünsche'schen Kunstwerkes *) versetzt uns plötzlich aus der ländlichen Umgebung in das geräuschvolle und bunte Treiben des Städters und dessen noch halb dem Winter angehörige Frühjahrsvergnügungen. Ein glänzender Ball beginnt sofort beim Aufstie gen der Gardine in ein m reichgelchmückten Gar tensalon,. vor welchem bereits Einzelne und Paare in den grünenden Anlagen des Gartens den war men duftenden Hauch des Frühlings genießen! Wir sehen auf einmal unser ganzes Residenzleben en miniature vor uns, sogar die Hanswurste und ihre Nachäffer fehlen nicht, uns zu belustigen, wenn auch gerade nicht in der fashionablen Tracht eines Dandy, doch in der bunten Carnevalsjacke des Ar- lequin's. Oben auf der von Säulen getragenen Galerie des Salons sitzen an der Balustrade die Musiker, mit der ganzen Gewandtheit und Beweg lichkeit der lebenden ihre Instrumente kunstge recht handhabend und, den Blick auf die Noten geheftet, ein Jeder seine Pausen haltend und wie der am bestimmten Orte präcis mit einstimmend in die Harmonie des Orchesters; nur der Contre- *) Dieses vaterländische Kunstwerk des Herrn Mecha- nikusWünsche aus Neugersdorf: „Die vier Jah reszeiten," (zu sehen im großen Rauch Haus aufdcr Schefselgasse allhier) Vas wir den geehrten Lesern als eine höchst belustigende Unterhaltung zur eigenen Anschau ung empfehlen, geruhten selbst Jhro Königlichen Majestäten und die übrigen Höchsten Herrschaf ten vor einigen Tagen in Augenschein zu nehmen und mit huldvoller'Anerkennung zur großen Freude des be scheidenen Künstlers zu beehren. D. Red. - bassist erlaubt sich im Gefühle seiner künstlerischen Routine und Sicherheit, seine Blicke oft über die Noten hinweg unter den Anwesenden Herumschwei fen zu lassen und dieselben neugierig durch seine Brille zu betrachten, ohne jedoch im Geringsten seine Schuldigkeit im Greifen und Streichen sei ner colossalen Baßgeige zu versäumen, und wie nach jenes Bauers bekannter naiver Beschreibung „bestreichet er sie um und um und greift ihr im Gesichte 'rum." Am posMichsten sind die Geiger, wie sie mit wahr haft Sttaußischem Eifer und Beweglichkeit ihre kleinen Violinen bearbeiten. Jetzt giebt der Schau steller dem Orchester das Zeichen zur Beendigung des Tanzes, und die Musik schweigt, um auf sei nen Wink sogleich einen andern Tanz zu beginnen. Eine rauschende Galoppade oder ein zierliches Schottisches tönt durch den Saal, und ganz nach den modernen Regeln der Kunst, dem Takte der Musik und der Angabe des in der Mitte di- rigirenden Tanzmeisters führen die eleganten Paare der Ballgäste den Tanz in allen seinen Nüan- cen und Touren, Pausen und Abwechselungen, bald im Chaffee, bald drehend, bald hüpfend aus, während ein im Vorgrund^ sein Wesen treibender Arlequin die anmuthlgen und naturgetreuen Be wegungen dieser so kleinen (nur einige Zoll hohen) und kunstreich gearbeiteten Figürchen nachzuahmen und damit den Äeschauer zu belustigen sucht, was ihm um so mehr gelingt, als er eine unverkenn bare Aehnlichkeit mit einem längst von unsrer Bühne verschwundenen beliebten Komiker hat. — Auch hier, wie anderswo, giebt es Perso nen, welche den Schafkopf spielen, nur mit dem Unterschiede, daß es hier auf eine, Niemand