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33. Freitag, den 18. GetoS er 1839. Sächsische Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Landmann. Redigirt unter Verantwortlichkeit des Verlegers C. Heinrich. Bon diesem Blatte erscheint jeden Freitag ein Bogen für den äußerst billigen Preis von 9 Pf. Luch wird jeden Monat eine feine Lithographie gratis beigegeben. Alle Postämter und Buchhandlungen nehmen, gegen viertel jährige Vorausbezahlung von 10Gr., Bestellungen darauf^an und können die geehrten auswärtigen Pränumeranten das Blatt nach jedesmaligem Erscheinen daselbst kostenfrei entnehmen. — Einzelne Nummern^ koste» 1 Gt. Etwaige Beiträge, welche dev Tendenz des Blattes entsprechen, werden unter der Adresse: „An die Redactton' der Sachs. Dorfz., Heinrichsche Buchdruckerei in Dresden," erbeten. Die Neise der Stephanianer nach St. Louis. (Fortsetzung.) Die Steuerleute wendeten die höchste Kraft an, und der Kessel drohte zu zerspringen. Die auf dem Deck liegenden schweren eisernen Ketten, welche in mit Rädern versehene Kasten gelegt wurden, kutschirte man nach Befinden von einer Seite des Schiffes auf die andere, so daß die Last jedesmal von der festliegenden Seite hinwegkam. Die Passagiere mußten gleichfalls §uf das Verdeck kommen und dasselbe Manöver mitmachen. So lief Alles auf das erfolgte Commando von einer Seite zur andern, wie es eben die Lage des Schiffes erfor derte. Die „Selma" walzte sich auf diese Weise mit Mühe bis zum Ende der verschlammten Stelle hindurch, wo ihr dann ein tieferes Fahrwasser zu Hülfe kam. Lauter Jubel brach unter der Mannschaft aus, als sie sich auf diese Weise in den Stand gesetzt sah, ihre Reise fortzusetzcn; die Passagiere aber dankten Gott, daß dre so nahe Gefahr glück lich an ihnen vorübergegangen. — Sie sangen frohen Muthes: Bald ist es überstanden, Bald wird das Schifflein landen In unserm Kanaan; M Dann wollen wir mit Singen Viel Dankesopfer bringen Dem HErrn, dem großen Wundermann. . . Dann geht die Fahrt noch weiter, .. Dort, wo die Jakobsleiter Lom Sternenhimmel zeigt; Dorthin, wo JEsus wohnet, ' Zur Rechten Gotte- thronet, Wo Sturm und Sünd' auf ewig schweigt. Die Fahrt ging nun ungestört vorwärts und Alles freuete sich der nahen Ankunft in St. Louis, wo die drei früher abqegangenen Schiffe bereits angekommen waren. Die „Selma" erreichte dieses Ziel am 19. Februar. Sogleich eilten alle bereits kn St. Loms an wesenden Stephanianer, die Geistlichkeit an der Spitze, an Bord des angekommenen Dampfschiffes, um den ehrwürdigen Bischof, welchen sie nach derselben Anleitung, wie die Passagiere des „Olbers" ebenfalls hierzu erwählt hatten, zu begrüßen. Aber Martin Stephan wies alle Begrüßungen von sich und erwiederte auf die verschiedenen Anreden, Gra tulationen u. dergl. nur mit einem Kopfschütteln und mit abwehrenden Mienen und Gesticulationen — der arme Mann'konnte nicht reden, er hatte einen bösen Hals, und seine Verehrer mußten sich bis zu einer gelegenem Zeit vertrösten. Sogleich wurde ein Wagen herbeigeschafft, und der Bischof fuhr in seine bereits eingerichtete Woh nung, welche sich außerhalb der Stadt, zwischen der zweiten und dritten Straße, am sogenannten Jndlanerhügel, im Hause des Ür. Whtte befand. Das Innere dieses Locals war kostbar ausnröblirt» Tische, Spiegel rc. von Mahagoniholz füllten es aus, und Alles und Jedes war auf das Brillanteste eingerichtet; ja die Pastoren hatten in St. Louis ebenfalls ein sehr schönes Sopha gekauft, während man auf der „Selma" auch eins mitbrachte. Da diese Sachen eben nicht wohlfeil waren und alle aus der gemeinschaftlichen Kasse besorgt wurden, so erschienen die tadelnden Bemerkungen,"welche früher auf der „Selma" Hemacht worden, allerdings nur zu gegründet.