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93 Politische Weltschau. Gin Gei blatt zur Sächsischen DorHeitung Silo L4. Spanien. DieWahlen in Madrid sind bis jetzt auf die entschiedenste Weise zu Gunsten der Exaltirten ausgefallen. Die Journale enthal ten beißende Artikel gegen Espartero, der mit 80,000 Bajonetten unthätig bleibt. , England. London, 3. August. Nie ist in Friedenszeiten, sagt das Morning Chronicle, mit solcher Thätigkeit für die Armee geworben worden als in diesem Augenblicke. Aus der gan zen Umgegend, besonders aus den Ackerbaubezir ken, kommen junge Leute nach London, um Dienste zu nehmen. Diejenigen, die brauchbare Rekruten liefern, erhalten eine Belohnung von 10 — 20 Schill., und die ostind. Comp. gibt 10 Schill, für Rekruten von 5 Fuß 5 Zoll unter 30 Jahren, und 15 Schill, für solche, die 5 Fuß 7 Zoll messen. — Nach dem Age werden vier Linienschiffe mit größter Eile für das mittelländische Meer aus gerüstet. — Gestern wurden einige untere Stadttheile von BirminghAm überschwemmt, da ein Theil des 30 Fuß hohen Ufers des nahen Worcesterkanals in Folge der heftigen. Regengüsse, die einen Theil der Umgegend unter Wasser gesetzt hatten, in einer Lange von beinahe 50 Fuß war weggerissen worden. — Nach dem Scots man wird die verwit wete Königin in Kurzem nach Edingburg reisen, wo im Palaste Holyrood Zimmer für sie in Be reitschaft gesetzt werden. Auch der Herzog und die Herzogin von Cambridge werden im Septem ber dort erwartet. Frankreich. Paris, 4. Aug. Die Nach richten aus Rußland in Bezug auf die Türkei (s. Türkei) beschäftigen hier alle Gemüther: die polit. Blätter füllen damit ihre Spalten und das Cabinet seine Zeit aus, weil häufig Ministerrath im Hotel der auswärtigen Angelegenheiten und Adnnralitätsrath im Ministerium der Marine, in dessen Bureaux die größte Thätigkeit herrscht, ge halten wird.— Auf gleiche Weise setzt die orient. Frage alle große Cabinete in Bewegung. Als Goethe vor länger als 50 Jahren seinen Faust schrieb, war die Türkei ein Land, von dem man blos wußte, daß der Sultan oder Großtürkd dort herrschte und daß es sehr weit von uns lag. So konnte er einen guten Bürger sagen lassen, wie ruhig und behaglich man seine Pfeffe rauchte, , wenn hinten weit in der Türkei die Völker aufeinander schlagen. Bei den meisten Franzosen liegen alle andere Län der K-das (dort unten) und selbst ein Zeitungs schreiber wußte von Oldenburg nicht mehr, als daß es la-bas läge! Die Gazette de France theilt aus einem Tou- louser Blatte einen mit Präcision. und Klarheit geschriebenen Artikel (wahrscheinlich von Hrn. v. Villöle, dem ehem. Finanzminister Karl X., der in Toulouse lebt) mit, nach welchem seit der Ju lirevolution der Staatsbedarf eine Summe von 900 Mill. Fr. extra verschlungen hat. Die in der Casauba gefundenen Schätze des letzten Dey von Algier sind dabei nur zu 60 Mill, angeschla gen, was nach glaubwürdigen Gerüchten über die eigentliche Summe, vermuthen läßt, daß auf dem weiten Wege nach Paris diverse Mill, an diver sen Fingern kleben geblieben sind. Der Oppositionsausschuß, welcher sich unter dem Vorsitz Odilon-Barrots mit der Entwerfung eines Projects der Wahlreform beschäftigt, hat fol gende sechs Punkte als die Elemente der herbei zuführenden Reform aufgestellt: 1.) Abschaffung. des Wählbarkeitcensus; 2) Einführung eines Tag geldes von 20 Fr. für die ganze Dauer der Kam mersitzung; 3.) Verleihung des Wahlrechts an die Mitglieder der städtischen ÄZahlcorporationen; 4) Steigerung des Minimums der Wahlversamm lungen von 150 auf 600 MrHlieder; 5) unbe dingter Ausschluß derjenigen Staatsbeamten, von der Deputirtenkammer, welche bisher nur bedin gungsweise gewählt werden konnten; 6) Unfähig keit der Deputirten zur Uebernahme öffentlicher Ämter während der ganzen Dauer der Legislatur. Wenn dieses Programm, wie man erwarten kann, den Beifall aller Parteien erhält, welche sich bis her in der allgemeinen Idee der Wahlreform ver einigten, ohne ihren Zweck bestimmt zu formuli- ren, so wird jedenfalls diese wichtige Frage in der Sitzung des künftigen Jahres ihrer Lösung um einen großen Schritt näher gebracht werden. Am 6. Aug. sind die beiden Kammern durch königl. Ordonanz geschlossen worden. — Hr. Thiers ist am 5. angekommen und hatte schon eine mehr stündige Audienz beim Könige. — Eine Verordnung des abgetretenen Mi nisters Gasparin setzte unter Andern jest, daß die Sträflinge selbst mit ihren Wärtern oder Dien Werkmeistern keine Gespräche führen sollten, wo zu dann die Zeitung „l'Univers" hr'nzufügt: „Was steht zu befürchten, wenn man zu diesen Diensten bei den Gefangenen Männer von bewährter Sitt lichkeit gewählt hat? Sollte man nicht eher gün stige Ergebnisse solcher Gespräche hoffen dürfen? Der Minister hat dieses Bettrauen Nicht stetheilt,