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sächsische Dorfzeitung Bezugsbedingungen: » vi« ..vorfzeitung« erscheint jeden Wochentag nachmittag, d Uhr mit dem Votum den folgenden Laz«». Vie vezug^edühr betrügt iHv Mark l>t»rl«ljührltch oder bv pfg. für jeden Monat. Vie vorfzettung" ist zu beztrhen durch die kaiserlichen 0oslanstalt«n, di« candbriestrüg«, und durch unser« Voten Sei freier Lieferung in, Hau, erhebt oi« Post noch di« Sustrllungrgedühr von «S pfg. lelegramm-Udr.: Vorfzeitu»g vrerden. Anzeiger für Stadt und Land mit der Beilage: „Illustriertes Sonntags-Blatt" Amtsblatt für die Ngl. Amtshauptmannschasten Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für das Rgl. Amtsgericht Dresden, die Ugl. Zorstrentämter Dresden, Moritzburg, Tharandt und die Gemeinden Gberlößnitz und Radebeul. Anzeigen-Preise: Vie «inspalilg« Seil« ld pfg., unter „Eingesandt- -t? pfa Ux i^uen-Unnah»»» erfolgt bi, mittag» IZ Uor. nnnahmepellen sind: Unsere ibeschüftrstelle, Nein« Meißner G.ilse lde. 4, 2noalid«ndank, Kaasenstein Si Vogler, Nud. Mols«, <b. L Vaub« 8- So. in Leipzig, Frankfurt a IN-: <b ll»hltnli«st«t»dorr; hnao MüchlerinitStzsthe». droda,e>tto Vittrich in ltemeiiLorf, lsugo Mpitz in L^bniß-Neuostra, tmil Nollau in Nadedeul, nnd. Lrimm in vre^en-wolstittz, Fredrich »eucher» in Losstdaud«, wuo liumrth in Lotta, Mar Zenrich «u Losch wttz. Telephon: Dresden, Nr. AYIK. Dresden, Sonnabend, den 24. Juni 1905. Nr. 144. 67. Jahrgang. Das Neueste. König Friedrich August traf heute in Metz ein. Eine Kundgebung der nativnalliberalen Partei Sachsens erklärt, daß die Partei sich mit der Verschleppung der sächsischen Wahlrechtsreform nicht zufrieden geben werde. Der König von Schweden soll sich sehr ab lehnend gegen den Plan verhalten, einen Prinzen aus dem Hause Bernadotte als König von Norwegen einzusetzen. Die Note Rouviers lehnt, wie erklärt wird, die Note einer Marokkokonferenz nicht ab, stimmt ihr jedoch auch nicht zu. Im englischen Unterhaus brachte Balfour eine Bill ein, wonach der Kommission zur Untersuchung der Betrügereien bei den Lieferungen für die Truppen in Südafrika besondere Vollmachten ver liehen werden sollen. Im kaukasischen Gouvernement Eriwan haben Kosaken den Aufständischen empfindliche Verluste beigebracht. Zur Marokko Angelegenheit. Die Marokko-Angelegenheit geht ganz und gar nicht nach dem Wunsch der englischen Presse und man darf wohl auch sagen, der englischen Regierung. Der Spott, mit dem man das Einschreiten Deutschlands nach dem Besuche des Kaisers in Tanger überschüttete, ist schon lange verraucht. Den Standpunkt, daß England und Frankreich unbekümmert um Deutschland ihres Weges wandeln würden, und daß für Deutschland an der marokkanischen Tafel kein Platz sei, mußte auch bald aufgegeben werden. Jetzt triumphierte man, daß Deutsch land mit seinem Konferenzvorschlage sich die gebührende diplomatische Schlappe holen werde, und als England am Schluß der vorigen Woche durch seinen Gesandten in Fez die Einladung des Sultans kurz und bündig ablehnte, warf man sich in die Brust und erklärte die deutsche Marokkopolitik für gescheitert. In den Spalten der meisten großen Blätter Englands widerhallte e^ in allen Tonarten an leitender Stelle, daß die deutsche Politik eine Niederlage erlitten, daß den deutschen „Machenschaften" ein Strich durch die Rechnung ge macht worden sei, denn da England seine Teilnahme an der von Deutschland befürworteten Konferenz ab lehnte, würden auch Oesterreich-Ungarn, Italien und die Vereinigten Staaten, die nur bedingungsweise ihre Teilnahme zugesagt, zurücktreten, denn ohne England sei die Konferenz nicht denkbar. Das Blatt hat sich merkwürdig schnell gewandt und wer sich die diplomatische Niederlage und eine außerordentliche diplomatische Blamage zügezogen, ist nicht Deutschland, sondern England. Man batte nämlich in Downing Street vergessen, daß das ausschlaggebende Wort in der Konferenzfrage nicht von London, sondern von Paris aus gesprochen wird und man hatte es un- beareiflicherwcise unterlassen, ehe man so energisch das „Nein" sprach, die Willensmeinung des durch einen Freundschaftsvertrag verbündeten Frankreichs einzuholen und in Erfahrung zu bringen, welche Stellung es in dieser Frage einzünehmen gedenke. Die „Times" hatte allerdings kleine Bedenken, daß die Sache nicht ganz glatt gehen könnte und daß nian vielleicht vorsichtiger gehandelt hätte, die Entscheidung Frankreichs abzuwarten. Gleich dem „Globe" und anderen unionistischen Blättern hielt eS aber das große Cityblatt für ganz ausgeschlossen, daß Frankreich bei der bestehenden enlenlo oorlliale ander- handeln könnte wie England, da es andernfalls die englische Diplomatie bloßstellen würde, was leicht zu einer Störung der entstandenen innigen Beziehungen zwischen beiden Mächten führen könnte. Die Sache war einfach die, daß man sich, von Unmut über das Einschreiten Deutschlands erfüllt, dazu hinreißen ließ, Frankreich zu der gewünschten Stellung nahme in der Konferenzfrage zu zwingen. Der über eilige Schritt hat jetzt seine Früchte getragen. Es zeigt sich, daß Frankreich in Unterhandlungen mit Deutsch land stand, die zu dem führten, was England vermieden misten wollte: Abhaltung der Konferenz und eine offen bare Entente und Annäherung zwischen Deutschland und Frankreich. Es ist da interessant die Haltung der Blätter zu beobachten, die am Sonnabend noch so siegesfreudig und gewaltig in das Horn bliesen. Dem größten Radau macher, dem deutschenfressenden „Globe", ist der Atem ganz ausgegangen; er hat heute kein Wort über die ganze Sache übrig und beschäftigt sich in leinen Leit artikeln mit allem anderen, nur nicht mit der brennend sten Tagesfrage: Marokko. Die meisten anderen Blätter tun dasselbe. Die „Times" schweigt sich redaktionell gleichfalls wacker aus, überläßt aber dafür ihrem Pariser Korrespondenten das Wort, um ihre Leser auf den ent standenen Umschwung vorzubereiten. Er erklärt zuerst mit Bedauern, daß es durch deutsche Agenten gelungen ist, die französischen parlamentarischen Kreise mit dem Verdachte zu erfüllen, daß England danach strebt, Frankreich in einen Krieg mit Deutschland zu verwickeln, um so seinen Unmut gegen Deutschland Luft zu machen. Frankreich sei aber nichts weniger als geneigt, diese Rolle zu spielen und die Kastanien für England aus dem Feuer zu holen. Es wolle jedenfalls mit Deutsch land auf gutem Fuße bleiben, und die Konferenz sei dadurch in das Bereich der Möglichkeit gerückt, werde aber doch nur formaler Natur sein, so daß es auch England möglich sein dürfte, an derselben teilzunehmen. Dabei ist ihm um die anglo-französische Entente bange, da die deutschen Intrigen in Paris, die man „dort nicht so gut kennt wie anderwärts", leider fruchtbaren Boden finden. Dieses Gefühl, daß die entenle eorckiale mit Frankreich gefährdet ist, findet übrigens ziemlich allgemeinen Ausdruck, und wenn nicht alle Anzeichen trügen, geht man darin nicht irre. Politische Weltschau. Deutsches Reich. In Gegenwart des Kaisers wurde gestern in Kiel im Garten der Marineakademie die vom Kaiser der Akademie geschenkten Büsten des Vizeadmirals v. Jachmann und des Admirals v. Knorr enthüllt. Später begab sich der Kaiser auf den Turbinen kreuzer „Lübeck" und nahm an einer Probefahrt des Kreuzers teil, von der er um 12 Uhr zurückk.hrte. An Bord der..Hohenzollern" empfing der Kaiser den Fürsten von Monaco, der auch zum Frühstück geladen war Unfall der „Hohenzollern". Bei der Ein fahrt m die Schleuse zu Brunsbüttelkoog am Mittwoch mittag rannte die „Hohenzollern", auf deren Kommando brücke der Kaiser sich befand, so heftig gegen das Schleusentor, daß dieses beschädigt wurde. Das Kaiser schiff hat, soweit festgestellt werden konnte, keinen Schaden genommen, doch mußte die Schleusenkammer sofort außer Betrieb gesetzt werden. — Bei der Regatta der Kriegs schiffboote sind gestern drei gekentert, verschiedene andere havariert. Niemand ist verunglückt. Zur Reichsfinanzreform verlautet in parlamen tarischen Kreisen, daß der Bundesrat in den nächsten Wochen wohl kaum mehr in die Lage kommen wird, sich mit den vom Reichsschatzsekretär Frhrn. v. Stengel ausgearbeiteten Finanzplänen zu beschäftigen; zunächst soll vielmehr, gleich mit Beginn des Herbstes, in Berlin eine Zusammenkunft der Finanzminister der Einzelstaaten in Aussicht genommen sein. Die geplante Personentarifreform soll nach den Angaben eines Berliner Blattes eine Verteuerung der jetzigen Fahrpreise bedeuten. Die thüringischen Staaten befinden sich schon seit langer Zeit in recht arger Finanznot Jetzt wird, um diesem Uebel zu steuern, von angesehenen dortigen Zeitungen der Vorschlag gemacht, anstatt der acht Ministerien und 26 Verwaltungsämter, die viel Unter haltungsgelder fordern, eine für alle Staaten gemeinsame Oberbehörde zu schaffen, auch ein gemeinsames thürin gisches Verkehrsamt zu erstreben. Die Eisenacher Kirchenkonferenz hat gestern ihre Beratungen begonnen. Die Sonnenwendfeier der deutschen Stu dentenschaft am Bismarckturm in Friedrichs- ruh fand am Mittwoch programmgemäß statt. Die Beteiligung war eine sehr zahlreiche. Die Festrede hielt Direktor Ohly auS Bergedorf. Bei dem auf die Feier folgenden Kommers in Aumühle wurde ein Huldigunastelegramm an den Kaiser gesandt. Oesterreich-Ungarn. Der offiziöse „Magyar Nemzet" schreibt bezüglich der vom Abgeordnetenhause und Magnatenhause beschlossenen Mißtrauensvoten, die Regierung gedenke, ein Verhalten zu befolgen, das der Verfassung nach jeder Richtung ent pricht. Minister präsident Baron Fejervary ist gestern nach Wien ab gereist; er wird heute vom Kaiser in Audienz empfangen werden. Frankreich. Gestern wurden die Gebeine der in den Kämpfen von 1870/71 gefallenen Franzosen, Deutschen und Garibaldiner feierlich unter Es korte von Truppen nach dem neuen Kirchhof in Dijon überführt. General Labatut widmete allen Gefallenen warme Worte des Gedächtnisses. Der Bürgermeister von Dijon ehrte besonder- das Andenken der Deutschen. Die Note Frankreichs über Marokko ist dem deutschen Botschafter übergeben worden In dem ziemlich langen Dokument gibt Rouvier, wie ver lautet, zunächst einen historischen Ueberblick über die Frage und hebt ganz besonders die Lage hervor, in der sich Frankreich aegenüber Marokko befinde. Rouvier erklärt dann, Frankreich habe sich stets als Anhänger der „offenen Tür" in Marokko und als Anhänger der Integrität des marokkanischen Gebietes und der Souveränität des Sultans gezeigt. Zur geplanten Konferenz äußert sich der Minister weder zustimmend, noch ablehnend; er stellt in der Note gewissermaßen eine akademische Erörterung über die Gründe an, die für und gegen die Konferenz sprechen und über die Bedingungen, unter denen die Konferenz in den Augen der französischen Regierung Daseinsberechtigung haben würde. Rußland. In den gestrigen Mittagsstunden entstand während einer Monstre-Prozession aus Anlaß des katholischen Feiertages in der Krakauer Vorstadt zu Moskau infolge Diebesalarms eine Panik. Vier Personen wurden schwer, 30 leicht verletzt. Viele Fensterscheiben wurden zertrümmert. — In Lodz haben die Manifestanten mit Racheakten begonnen. In der Sredniagaffe wurde ein Kosak erschossen, das gleiche geschah in der Nckolajewskagasse; in der Balutyvorstadt wurden zwei Polizisten erschossen. Im Kreise Scharuchan (Gouvernement Eriwan) zerstörten Aufrührer, deren Zahl auf 37 000 an gegeben wird, vier armenische Dörfer und wurden dann bei einem Angriff auf das verschanzte Ulianoraschan mit einem Verlust von etwa 100 Toten zurückgeschlagen. Das Dorf Chulundian wurde 3 Tage von Soldaten gehalten. Nach Eintreffen einer *Sotnie Verstärkung schlug der Kommandeur der Truppen die regelrechten Anstürme der Aufrührer ab und brachte ihnen große Verluste bei. Getötet wurde ein Anführer mit grünem Turban. Nachts gingen die Kosaken zum Angriff über, nahmen 870 Mann gefangen und erbeuteten eine schwarze Fahne mit der Hand des Propheten und eine Menge Waffen. Es wurden mohammedanische Proklama- tionen aufgefunden, in denen die Schiiten und Sunniten zu gemeinsamem Kampfe aufgefordert werden. Schweden-Norwegen. Aus der dem schwedischen Reichstage zugegangenen Vorlage hat man den Schluß gezogen, König Öskar werde einem Prinzen des Hauses Bernadotte zugestehen, die norwegische Krone anzunehmen. Dagegen spricht jedoch folgen des: Als der norwegisch geborene ftühere Gesandte in Madrid Graf Wedel-Jarlsberg sich in Stockholm an läßlich dieser Sache aufhielt, schenkte der König ihm nicht Gehör. Ein etwaiger Antrag an Dänemark be züglich der Einsetzung eines dänischen Prinzen würde dagegen, wie sicher verlautet, nicht auf Widerstand stoßen. Amerika. Der Bericht des Staats kommissars Hendricks wird soeben veröffentlicht, der das Verhalten der Beamten der Eauitable-Gesell schaft drastisch geißelt und eine neue Gesetzgebung für das Versicherungswesen empfiehlt. Er sagt auch, Ryans Verfahren werde kaum das Vertrauen wiederherstellen, und empfiehlt, jedes Surplus über 7 Proz. Dividende alljährlich den Policeninhabern zu geben. Roosevelt nennt in seinem Brief an Morton die Equitable- Methoden verbrecherisch. In einer Ansprache an Studenten der Clark-Uni versität erklärte Präsident Roosevelt, das Land sei Deutschland verpflichtet für die Art und Weise der studentischen Erziehung. Er wünsche, die Amerikaner könnten besonders sich den deutschen Idealismus zu eigen machen, ebenso den scharfen, praktischen, gesunden Verstand, der die Deutschen befähige, ihren idealistischen