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Seite 4. — „Sächsische Dorfzeitung." — 23. Juni 1805. D Weitzer Hirsch. 22. Juni. Wie wir hören, wird über dem Grabe unsere- leider so früh dahingeschiedenen vr. Lohmann auf unserem stillen Waldfriedhofe ein präch tige- Denkmal errichtet, da- der rühmlichst bekannte Bild hauer ' Obrist in München au-führt. — Da- am Mittwoch von der Kapelle de- 1. Grenadier-Regiment- Nr. 100 au-geführte Waldparkkonzert dürste wohl von über 1000 Personen besucht gewesen sein, worunter auch sehr viele Dresdner waren. Nächsten Sonntag vormittag 11 Uhr spielt im Waldpark die Kapelle des Jnfanterie-Regiment- Nr. 177 unter Leitung de- Herrn Musikdirektors Röpenack. — Wachwitz, 22. Juni. Infolge Ablebens des bisherigen Pächter- der Elb - Kahn - Ueberfahrt soll diese Fähre auf sechs Jahre baldigst verpachtet werden. An gebote nimmt der Gcmeindevorstand entgegen (9 Wachwitz. 22. Juni. Die öffentlichen un entgeltlichen Impfungen finden hier am Donnerstag den 6. Juli, nachmittags 5 Uhr, im Gasthofe „Königs Wein berg" statt. Aus der Provinz. — Berthelsdorf, 21. Juni. Eine unfreiwillige Fahrt nach der Reichshauptstadt machte dieser Tage eine hiesige ältere Witwe. Sie weilte Pfingsten zu Besuch bei ihrer Schwester in Dresden. Als sie die Heimreise an treten wollte, stieg sie in ihrer Eile in den ersten besten Zug. Aber welcher Schreck, al- der Schaffner rief: „Alles au-steigen?" und ihr auf die Frage, ob sie nun in Herrn hut sei, geantwortet wurde: „Sie sind in Berlin." Die Beamten nahmen sich der Frau freundlich an und be förderten sie nach ihrer Heimat zurück. — ErdmaunSdorf, 21. Juni. Gestern früh 7 Uhr ist der 45 jährige verheiratete Geschirrführer Klemens Liebscher von hier auf der Landstraße von Erdmannsdorf nach Chemnitz durch Herabstürzen von einem Holzfuhrwerke tödlich verunglückt. — Falkenstein, 21. Juni. Die Stickerei-Industrie scheint sich jetzt wieder etwas zu beleben, da die Nachfrage nach Stickern und Stickereipersonal eine regere geworden ist. — In nächster Nähe unserer Stadt sind größere Wiesenflächen aufgeforstet worden. Sowohl das Rittergut als auch die Stadtgcmeinde haben umfangreiche Wiesen grundstücke mit Fichten bepflanzen lasten. In gesundheit licher Beziehung sowohl wie auch mit Rücksicht auf bessere Wasterverhältniffe ist dieses Vorgehen sehr er freulich. — Hainichen. 21. Juni. Die Rentnerswitwe Reißig, deren Sohn nach Hinterlassung einer größeren Schuldenlast flüchtig wurde und sich in Paris das Leben genommen hat, war bereits einmal wegen Verdachts des Meineides in Hast genommen, aber wieder freigelassen worden. Sie ist jetzt erneut in Untersuchungshaft genommen, da Wechsel im Umlauf find, die ihren Namen tragen, trotzdem sie beschworen hatte, daß sie keinen Wechsel unterschrieben habe. Die 70 jährige *Frau wird allgemein bemitleidet, da es " nicht ausgeschlossen erscheint, daß sie ein Opfer ihres be trügerischen Sohnes geworden ist. — Otlsnitz t. B., 21. Juni. Der bekannte Berufs fahrer Thaddäus Robl durchraste dieser Tage mit seinem Automobil in übermäßig schnellem Tempo die Straßen unserer Stadt. In Plauen wurde die Persönlichkeit des Fahrers festgestellt. Er wurde in eine Ordnungsstrafe genommen, die er auch bereitwillig zahlte. Der Weltmeister will wahrscheinlich seine mannigfachen Mißerfolge auf dem Zement neuerdings durch Schnelligkeitsrekorde auf dem Auto wettmachen. — Zittau, 21. Juni. Die große Baumwollspinnerei von F. A. Hiebsch im benachbarten Grottau ist heute vor mittag ausgebrannt. Alle Maschinen, Vorräte und Material sind vernichtet. Tages » Ereignisse« — Spandau. Der Hausbesitzer Lüdke m der Ga- tower Straße hier wurde Mittwoch früh tot, mutmaßlich er mordet, aufgefunden. Er vermietete Schlafftellen an pol ¬ nische Erdarbeiter von den Charlottenburger Rieselfeldern. Unter diesen wird der Täter gesucht, besten Spur von der Polizei schon entdeckt worden sein soll. — Breslau. In Altstadt, Kreis Neustadt, wurde der BauerngutSbefitzer Cebulla von seiner Ehefrau und seinem Stiefsohn nach vorangegangenen Familienstreitig keiten ermordet. Die beiden Mörder wurden verhaftet. — Posen. Der im zweiten Jahre dienende Kano nier Rakutta vom 20. Feldartillerie-Regiment mißhandelte den Rekruten Wilicki, der ihm das Gewehr schlecht geputzt hatte, mit einem Besenstiel und Fußtritten in den Unter leib derart, daß Wilicki gestorben ist. — Nürnberg. In dem bayerischen Grenzorte Geis feld schlug der Blitz in das unterwegs befindliche Fuhr werk eines Bauunternehmers und tötete den Kutscher und beide Pferde. — Kiel. Oberleutnant zur See Arnoldi wurde nachts mit schweren Stichwunden in der Lunge auf der Eichkoppel nahe Kiel aufgefunden und ins Lazarett gebracht. Der Täter ist bislang unbekannt. — Darmstadt. Der Verband Deutscher Journa listen- und Schriftstellervereine, der augenblicklich hier tagt, wählte Hamburg zum Orte für den nächstjährigen Dele giertentag. — Köln. Die Ruhestörungen im Süden der Stadt wiederholten sich Dienstag abend. Eine Volksmenge von etwa 10 000 Personen hatte sich angesammelt; etwa 250 Schutzleute zu Fuß und zu Pferd waren zur Aufrecht- erhaltung der Ordnung aufgeboten. Als aus der Menge unter Johlen und Pfeifen wiederum Wurfgeschosse gegen die Schutzleute geschleudert wurden, gingen diese mit der blanken Waffe vor; gleichzeitig sprengte die berittene Polizei die Menge auseinander. Bier Personen wurden durch Säbelhiebe erheblich verletzt, mehrere andere erlitten leichte Verletzungen. Erst gegen 1 Uhr nachts war die Ruhe wiederhergestellt. — Straßburg. Zwischen Schlettstadt und Limmers- heim wurde ein Bauerngefährt vom Zuge überfahren. Ein Mann und eine Frau wurden getötet. — Pilsen. Mit seiner Familie zur Waffenübung eingerückt ist der Reservist Mayer des Landwehr-Jnfanterie- Regiments in Pilsen. Da seine Frau und drei Keine Kinder durch die Einziehung des vom Taglohn lebenden Familienhauptes völlig mittellos erschienen, wurde dem Manne bedeutet, um seine Befreiung vom Waffendienste einzukommen. — Sch io (Provinz Vicenza). Gestern fand hier der erste freie Aufstieg des dem Grafen Almerico da Schio gehörigen lenkbaren Luftschiffes „Italia" mit günstigem Erfolge statt. Die Lenkungsmanöver gelangen vollkommen, doch mußte der Ballon infolge einer Beschädigung des Steuerrades nach 35 Minuten niedergehen. Handel, Industrie und Derkebr. 8 In der gestern abgehaltenen Generalversammlung der König-Friedrich-August-Hütte, Potschappel bei Dresden, in der sechs Aktionäre mit 767 Stimmen anwesend waren, wurde die Tagesordnung einstimmig er ledigt. Die auf 6 Prozent festgesetzte Dividende ist sofort zahlbar. Neueste Telegramme. — Kiel, 22. Juni. Der Kaiser besuchte heute vormittag die Kaiserliche Werft. — Kiel, 22. Juni. Die zweite und letzte interne Wettfahrt des Kaiserlichen Jachtklubs für KriegSfchiffboote begann heute vormittag S Uhr 1V Minuten bei völligem Westwinde und bedecktem Himmel. Gemeldet haben sich 1l6 Jachten. ES wird die abgekürzte Bahn gesegelt. — Wien, 22. Juni. Das Herrenhaus nahm den Zolltarif sowie das Zolltarifgefetz an. Sämt liche Redner sprachen die Hoffnung auö, daß es ge linge« werde, die wirtschaftliche Einheit mit Ungarn cküfrechtzuerhalteu. Handelsminister Call erklärte, die Regierung hoffe, der österreichischen Volkswirt- schäft auf der erprobten bisherigen Zollgemeiuschast eine weitere Periode der Stabilität zu sichern und so eine grundstürzende Veränderung, wie eS die Lösung dieser Gemeinschaft und die Störung der beiden Staatsgebiete dc treffenden zahllosen wirt- schafttichen Bedingungen wäre, zu vermeiden: sie werde aber auch stets die österreichischen Interessen wahren Nächste Sitzung am 3V. Juni. — Budapest, 22. Juni. Die Unabhängigkeit-- Partei beschlaft in einer gestern abgehaltene« Ko«, ferenz, in allen Gemeinden und im ganzen Lande einen passiven Widerstand gegen das unparlameu- tarische Regime ins Werk zu setzen. Der leitende AuSschuft der koalierten Linken beschlaft, während der Dauer der Vertagung des Reichstages ununter brochen zu tagen, um die Regierung zu kontrollieren. Die liberale Partei nahm ans Antrag Graf LtSzaS eine Resolution an, die ausspricht, daft sie die er folgte Vertagung des Reichstages als gegen den Parlamentarismus verstossend erachtet, sie mift- billige und jede Solidarität mit dieser Handlung der Regierung verleugnet. — Turin, 22. Juni. Die Gräfin Monttguoso reifte, von Florenz kommend, auf dem Wege nach Frankreich hier durch. — Petersburg, 22. Juni. Grotzfürst Nikolaus Nikolajewitsch, Geueraliuspetteur der Ka- vallerie, ist unter Belassung in seiner Stellung als Generaladjutant zum Vorsitzenden des Landes- Verteidigungsrates ernannt worden. — Petersburg, 22. Juni. Ein gestern bekauntgegebener Erlaft besagt: Angesichts der Not wendigkeit der Prüfung der Hauptfragen der Ver waltung des fernen OstenS mit der im Reiche in Geltung befindlichen allgemeinen Ordnung für die Erledigung der Geschäfte der Gesetzgebung und der höheren Verwaltung zu vereinigen, wird die Auf- Hebung des Sonderkomitees für den fernen Osten nebst der Kanzlei dieses Komitees befohlen. — Lodz, 22. Juni. In den Straften der Stadt wurden gestern nachmittags grofte Kund- gedungen veranstaltet, woran etwa 70 000 Personen teilnahmen. Die Menge zog mit 25 roten Fahnen durch die Straften. ES wurden aufwieglerische Reden gehalten. Die bewaffnete Macht war an« fänglich nicht anwesend. Später schritt Militär ein und machte von der Waffe Gebrauch. Dabei wurden etwa 18 Personen getötet und etwa 100 verwundet. — Stockholm, 22. Juni. Die schwedischen Blätter miftbilligen den Vorschlag der Regierung. „Stockholm Dagblad" meint, wenn der Reichstag die Regierungsvorlage billige, werde er dadurch den Mißerfolg der schwedischen Politik in den letzten 100 Jahren besiegeln. Gleichwohl falle eS schwer, zu anderen, als dem vorgeschlagenen Schritte, zu raten. „Nya Dagligt Allehanda" schreibt: Die Re- gierung riet dem König de« Weg, der unter de« gegenwärtigen Verhältnissen der unglaublichste und unklügste ist. ES steht fest, daft die Regierung der führenden Stellung in ernsten Zeiten nicht ge wachsen ist. — Chri stiania, 22 Juni Die norwegischen Blätter geben der allgemeinen Befriedigung über den Vorschlag der schwedischen Regierung zur UnionS- krisis Ausdruck und sagen, daft man mit Recht die friedliche Auflösung der Union erwarten dürfe. Der russisch-japanische Krieg. — Tokio, 2^. Juni. Reutermeldung. Eine amtliche Depesche meldet: Eine unserer Abteilungen in Nordkorea besetzte Kangsong am 20. d. M. voll- ständig. Einige lausend Russen mit Artillerie zogen sich gegen das 12 Meilen nördlich liegende Siusong zurück. „Merkwürdig, daß die Tochter dann einen so ent arteten Geschmack hat! Wo bleibt da die Vererbungs theorie, was Doktor?" „Sie haben gut Witze machen! Der Narben lacht, wer Wunden nie gefühlt!" „Sagt Schiller, wissen wir, Doktor!" „Eigentlich Shakespeare ..." „Ach, das ist doch unter Kameraden ganz egal! Aber meinetwegen denn : Shakespeare! Was jedoch die Wunden anbelangt: ich hatte mit dreizehn Jahren ein vollständig ausgewachsenes Verhältnis mit Mondschein promenaden, Liebesschwüren und allerdings nur einem, aber dafür auch fast fünf Minuten langen Kuß! Ja, ja! UebrigenS dieselbe Geschichte wie bei Ihnen: der Alte von ihr brachte uns auseinander." „JustuS Plümecke, Sie sind ein Ungeheuer!" sagte der Doktor und wandte sich dann an den Kellner, der ihm die Einladung zu einem Skat im Nebenzimmer überbrachte. Und da gerade Redenz, der Apotheker von Lindenhall, erschien, der dem unverbesserlichen Spott vogel Gesellschaft leisten konnte, so sagte er zu. JustuS war ungefähr bei seinem dritten Schoppen angelangt, und der sich nach und nach bevölkernde Stammtisch hatte eine Partie „Merino" begonnen, an der er nicht teilnahm, weil ihm der Name dieses Spieles zu ominös war, da erhob sich im Nebenzimmer ein Wortwechsel, der durch Doktor Mühling« heute wirklich krqtzbürsttge Art immer lebhafter wurde. „Was haben denn die?" fragte JustuS den Wirt. „Soviel ich gehört Hobe, soll der eine falsch bedient haben!" flüsterte dieser. „Dafür hat ihm der Doktor erst einen „Faulen Kopp" angehängt und nachher sogar von „Schwindel" gesprochen. Na und nu werden sie sich gleich au den Köpfen haben! ' „Wer sind denn die Herren?" „Der eine ist Redakteur an unserm Tageblatt. Aber dem ist das Malheur nicht passiert. Dem andern, den ich nicht kenne! Hören Sie bloß, wie laut sie werden. Ach, wenn Sie doch da mal Frieden stiften wollten, Herr Stadtrat!" „Hm . . . wollen mal sehn!" meinte JustuS und erhob sich, während der Apotheker sagte: „Das ist recht, JustuS. Stopf den Krakehlern die Mäuler. Man kommt ja ganz durchweg! . . . Trumpf, mei^e Herren!" Als Justus eintrat, Hütte er gerade, wie Doktor Mühling dem Fremden etwas von „Zeugen schicken" hinwarf und in diesem Augenblicke blitzte, obwohl er eigentlich ganz andere C edanken haben sollte, eine Idee durch seinen Schädel. Ein Duell! Ja, das war's, was er für feine Preiskonkurrenz brauchte! Ein Pistolenduell mitten im Walde mit Sekundanten und Pflasterkasten! Eine unbezahlbare Gruppe! Aber war eS möglich, davon ein Bild zu bekommen? Wenn sie einen Platz gewählt hätten, wie den Finkengrund, wo er sich ungesehen in der alten zerfallenen Jägerhütte hätte postieren können, dann allerdings! Er mußte die Sekundanten beein flussen! Natürlich, daS mußte ja gehen! Gleich hinterher jedoch kreuzte ein ganz anderer Gedanke sein Hirn. „Pfui, JustuS, schäme Dich," ließ sich der vernehmen. „DaS nennst Du menschlich, obrigkeitlich, anständig? Nur Deiner Liebhaberei zu stöhnen, willst Du einen Akt zulasten, gegen besten barbarischen Charakter Du sonst so tapfer loSgezoge« bist? Wer garantiert Dir, daß diese beiden Hitzköpfe in die Luft paffen? Wenn nun Dein Freund Mühling getroffen würde? Könntest Du den Jammer Deines Patenkindes, der Leonore, ertragen?" Dabei zeigte ihm seine nichtsnutzige Phantasie freilich schon wieder ein anderes Bild, das seine Photo- araphierwut lockte, so schnöde er sich auch dabei vorkam: Leonore mit fliegendem Haar zu dem gefallenen Ge liebten eilend! Eine grelle Morgenbeleuchtung dazu. Das aufkeimende Laub des Buchenwaldes. Der in starrer Reue zu Boden stierende Gegner! Es war abscheulich! Nie war ihm das Gefühl seiner eigenen Verderbtheit so klar geworden wie in diesem Augenblicke. Das mußte er sühnen dadurch, daß er diesen Streit beilegte, wenn er nicht bis ans Ende seiner Tage ein schlechtes Gewissen haben sollte! Und so trat er denn entschlossen zu den Entzweiten und sagte so drollig es ihm nur über die Lippeu wollte: Ein großartig gemütlicher Skat, wahrhaftig! Braucht Ihr keinen vierten Mann, Kinder? „Ich erinnere mich nicht, mit Ihnen . . ." „Schweine gehütet zu haben?" unterbrach der Stadttat vergnügt den erregten Gegner des Doktors. „Nein, haben Sie auch nicht, lieber Herr! Aber da» Radfahrerfest in Güldenberg haben wir doch zusammen mitgemacht, wenn ich nicht irre! Sie gehörten sogar zum BergnüaungSkomitee!" „Das stimmt allerdings!" gab der Angeredete, höflicher werdend, zu. (Kortfttzuag folgt.) ««rlr^r «,rl -n»U»«rtltcher Krttz «Rll.r, »1U X» N«»l sämtlich i» Druck ixr «. Hitorichschn, Vr»«nei in DrrHdrr,