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Sächsische vorszeitmg ileleqrmnm-Ndr.: Vorfzeitvng Dresden. 67. Jahrgang. Dresden, Sonnabend, den Z. Juni 1905. Nr. 127 Bezugsbedingungen: yk .vorfxttung- «rsch«tnt j«d«n w»ch«»1o> ^chEag, » Uhr mir dem VaNnn de» folgenden >«,«». vt« veptgrgedühr beträgt 1^0 Marl ^.NelUhrttch oder b0 pfg. für jeden Manat, vt« ,P,rfz«ftnng' ist zu beziehen durch dt« kaiserlichen poltanftalten, dt« Landbriefträger und durch unter« Vai«», »ei freier Lteferuug in» yau» erheb« «,« poft noch di« 2ust«Uun,»gebühr von 4d pfg. Anzeiger für Stadt und Land mit der Beilage: „Illustriertes Sonntags-Blatt" Amtsblatt für die Agl. Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für das Ngl. Amtsgericht Dresden, die Ngl. Forstrentämter Dresden, Moritzburg, Tharandt und die Gemeinden Gberlößnitz und Radebeul. Politische Weltschau. Deutsches Reich. Im Beisein des Kaisers und der fremden Fürstlichkeiten fand am Mittwoch die Frühjahrsparade der Berliner Garnison auf dem Tempelhofer Felde statt. Der Kaiser hat dem Fürsten Nikolaus von Montenegro den Schwarzen Adlerorden, der Fürst von Montenegro dem Kaiser das Großkreuz des tscherma- gorischen Unabhängigkeits-Ordens verliehen. Das Kronprinzenpaar wird am Tage nach der Vermählung nach dem Jagdschloß Hubertusstock, das ihm von dem kaiserlichen Vater zur Verfügung gestellt worden ist, übersiedeln und dort die Flitter wochen verleben. Die zuerst geplante Reise nach Oels soll, wie verlautet, wegen der immer noch nicht ganz erloschenen Genickstarre in Schlesien aufgegeben worden sein. In Hubertusstock werden bereits für den Empfang des kronprinzlichen Paares Vorbereitungen getroffen. Der Bundesrat stimmte in seiner Sitzung vom Mittwoch den Gesetzentwürfen, betr. Aenderungen des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Zivilprozeßordnung, zu. Ebenso fanden Annahme die Gesetzentwürfe für Elsaß-Lothringen über das öffentliche Vereins- und Ber- sammlungsrecht und über die Synodalordnung für die reformierte Kirche in den Reichslanden. Das preußische Abgeordnetenhaus hat sich am Mittwoch bis Anfang Juli vertagt. Die vom Abgeordnetenhaus beschlossenen Verschärfungen der Warenhaussteuer sind vom Herrenhaus abgelehnt worden. Die württembergische Abgeordnetenkam mer lehnte einen Antrag auf Zulassung konfessionsloser Volksschulen mit 53 gegen 9 Stimmen ab. In der neuen preußischen Rangliste findet sich das Eiserne Kreuz nur noch bei Generalen und Stabsoffizieren. Von den Generalen haben es noch 241, von den Regimentskommandeuren 75, von Oberst leutnants 12 und von den Majors 3. Das Eiserne Kreuz I. Klasie ist in der aktiven Armee nur noch in 19 Exemplaren vertreten und zwar nur noch bei Generalen. Mit Dampfer „Eduard Woermann" sind am Mittwoch 35 Offiziere, 527 Mann und 3M Pferde nach Südafrika abgegangen. Frankreich. Ein Bombenattentat ist gestern in Paris auf den dort weilenden König Alfons von Spanien verübt worden. Als der König, dessen Wagen von einer dichten Kürassier-Eskorte umgeben war, nach Beendigung der Gala - Vorstellung in der Oper gegen 12',2 Uhr durch die Rue de Rivoli fuhr, wurde aus der Menge in der Richtung des Wagens des Königs eine Bombe geschleudert, welche mit lautem Knall explodierte. Ein Schutzmann, eine Frau und die Pferde mehrerer Kürassiere wurden leicht verletzt. Zwei Individuen wurden verhaftet; man glaubt, daß der Attentäter ein Ausländer ist; es heißt, daß die Bombe mit Nägeln geladen war. Unter der Volksmenge herrschte große Entrüstung über den Anschlag. Bei der Bomben explosion sind, wie weiter gemeldet wird, zehn Personen leicht verletzt, ein Polizist, der durch ein Pferd um geworfen wurde, hat das Bein gebrochen Die Schuld der beiden verhafteten Personen hat sich noch nicht fest stellen lassen. Der König legte große Geistesgegenwart und Unerschrockenheit an den Tag. Bald nach dem Geschehnis erhob er sich im Wagen und sagte ruhigen Tone- zu seiner Umgebung: Es ist nichts, meine Herren, beruhigen Sie sich, dann wandte er sich zur Menge und sagte gleichfalls: Beruhigen Sie sich, es ist nichts geschehen. Der Zug hielt nicht an. Der König setzte sich wieder und erzählte dann munteren Tones dem Präsidenten Loubet von den früheren gegen ihn gerichteten Anschlägen. Die Bombe zersprang an der linken Seite des Wagens, wo Loubet saß. Die Wand des Wagens zur Seite Loubets wurde durchlöchert. England. An dem vorgestrigen Jahrestage des Unterganges des „Großen Kurfürsten" be gab sich der deutsche Konsul in Dover auf den Friedhof von Shorn cliffe, wo über IM Mann von der er trunkenen Besatzung de- Kriegsschiffes begraben liegen, und legte an ihrem Denkmal einen wundervollen Kranz nieder. Spanien. Ein in Paris weilender Hannoveraner, welcher den König von Spanien in der deutschen Literatur unterrichtete, erzählt, Kaiser Wilhelm fei in allen Stücken Alfonfos Ideal. Mit lebhafter Befriedigung berichtete der König Pon seinem Zusammensein mit dem Dos Reueste. Der Landtagswahl-Aufruf des national' liberalen Landes verein« für Sachsen ist erschienen- Die Hauptversammlung des Vereins findet am 18. Juni in Leipzig statt. Auf den König von Spanien ist in Paris auf der Heimfahrt von der Opernvoistellung in der Nacht vom Mittwoch zum Donnerstag ein Bombenattentat verübt worden ; der König blieb unverletzt. In Lüttich ist ein internationaler medizinischer Kongreß für Arbeiterunfälle eröffnet worden. Frankreichs Sondergesandtschaft zur Hochzeit des deutschen Kronprinzen ist von Paris nach Berlin abgereist. In der Seeschlacht in der Korea-Straße hat Admiral Fölkersam auf dem Panzer „Osljabja" den Tod gefunden. Der Nernichtungskarrrpf im Dsten. In dem furchtbaren Vernichtungskampfe, der in der Koreastraße zwischen Japanern und Russen aus gefochten wurde, hat sich die aufgehende Sonne in der japanischen Kriegsflagge als das richtig gewählte Sinn bild für eine Nation erwiesen, die, weise Berechnung und kluge Zurückhaltung mit staunenswerter Kühnheit und Todesverachtung verbindend, in kaum 15 Monaten der Kriegführung sich einen Platz in der ersten Reihe der Weltmächte gesichert, alte, tief eingewurzelte Rassen- Vorurteile kurzerhand zerstört hat und in ihrer Auffassung militärischer Dinge und Pflichten der Nation wie der Krieger zum glänzenden Vorbilde für viele ältere Staaten von Jahrhunderte altem Kriegsruhm geworden ist. Daß die Seeleute, die, unter diesem Banner fechtend, eine neue Aera für ihr Vaterland und für die ganze Welt einleiten, in dem unvermeidlich gewordenen Entscheidungs kampfe Außerordentliches leisten und ihren vorher er worbenen Ruf ausgezeichneter Kriegstüchtigkeit bewähren würden, davon war jedermann überzeugt, aber daran haben sie selber ebensowenig wie die außenstehenden Beobachter zu denken gewagt, daß sie einen so voll ständigen Sieg erringen würden, wie er jetzt unzweifel haft erkämpft worden ist. 18 russische Schiffe, darunter 6 Linienschiffe, zum Teil allerneuester Konstruktion, ruhen auf dem Grunde des Meeres, fünf haben die Flagge gestrichen, nnd ob es dem bisher entkommenen Reste, bestehend aus einigen Panzern und Torpedofahrzeugen, gelangen wird, gleich dem kleinen schnellen „Almas" den schützenden Heimat hafen zu erreichen, ist noch fraglich. Allein der materielle Verlust, den Rußland erlitten hat, ist auf über 200 Millionen zu veranschlagen, ganz abgesehen von den riesenhaften Summen, die die Ausrüstung der Flotte durch zu Fabelpreisen gemietete Dampfer während der Ausreise erfordert hat. Auch das sonst so reiche Ruß land kann heute diese Verluste nach denen, die in und vor Port Arthur, bei Liaujang und Mukden entstanden sind, nicht ohne weiteres verschmerzen; in immer bedenk licherem Matze schmilzt die von Witte so fürsorglich angesammelte Goldreserve zusammen. Aber wichtiger noch als die materielle Schädigung und die mit ihr zusammenhängenden Sorgen um die Zukunft ist für den Augenblick die Tatsache der hoffnungslosen militärischen Unterlegenheit dem Gegner gegenüber. Was an Schiffen in der Ostsee und in Ostasien noch schwimmt, zählt für den Krieg nicht mehr mit; den Verträgen zuwider die Schiffe der Schwarzen- Meer-Flotte durch die Dardanellen auf den Kampfplatz hinauszuführen, ist heute mehr als je ausgeschlossen. Aber selbst wenn die Zustimmung Englands und dec Türkei hierzu zu erlangen wäre, so würde die Kriegs lage keine Aenderung erfahren; denn nicht die fehlenden Schiffe und Kanonen waren eS, die die Vernichtung der Flotte herbeiführten, sondern daS Fehlen des Per sonals, das die vorhandenen Schiffe und Kanonen richtig zu handhaben und zu verwenden verstand. Die vorliegenden Daten reichen in keiner Weise aus, um bestimmte taktische und technische Folgerungen an sie zu knüpfen. Nur das eine geht aus den knappen amtlichen Berichten des Siegers mit völliger Klarheit hervor, daß schon gleich von der ersten Begegnung mit dem Feinde an der innere Zusammenhang zwischen den russischen Schiffen und Divisionen und ihrer Ober leitung gänzlich verloren ging. Die einzelnen Ab teilungen, in denen sich nach der alsbald erfolgten Sprengung des Gros die einzelnen Schiffe noch zu- sammenhlelten, mußten rettungslos den Verfolgern unterliegen, die ihre ursprünglichen Schiffsverbände aufrecht erhielten und sich alle die unermeßlichen Vor teile zu eigen machten, die eine gründliche taktische Schulung und das bis zur Vollkommenheit durch gebildete Verständnis zwischen den Führern und den Untergebenen mit sich bringen. Nach den neuesten Meldungen lautet der amtliche japanische Bericht über die russischen Verluste wie folgt: Die folgenden 6 Schlachtschiffe sind gesunken: „KnjäS Suworow", „Imperator Alexander Ul.", „Borodino", „Osljabja", „Ssissoi Welik", „Nawarin". — Die fol genden 5 Kreuzer sind gesunken: „Admiral Nachimow", „Dmitri Donskoi". „Wladimir Monomach", „Swiet- lana". „Schemtschug". Der Küstenpanzer „Admiral Uschakow" ist gesunken, ebenso sind 2 Spezialschiffe, ..Kamschatka" und „Jltisch", und 3 Torpedobootszer störer gesunken. 2 Schlachtschiffe, „Orel" und „Im perator Nikolai I.", 2 Küstenpanzer, „General-Admiral Apraxin" und „Admiral Senyawin" und 1 Torpedo bootszerstörer „Biedovy" sind genommen. Also hat Rußland 22 Schiffe mit einem Gesamttonnengehalt von 153411 Tonnen verloren, außer dem Kreuzer „Almas", von dem man in Tokio annimmt, daß er ge sunken sei. Der japanische Marineminister Baron Uamamoto hat an Admiral Togo in Beantwortung der von diesem erstatteten Schlachtberichte folgende Depesche gesandt: Das zweite und dritte Geschwader des Feindes, welches alle seine Fahrt nach dem Osten begleitenden Schwierig keiten glücklich zu überwinden vermochte, hat sich als eine nicht zu unterschätzende Macht gezeigt, aber Ihr Geschwader hat, indem es den feindlichen Geschwadern den Weg zu ihrem Bestimmungsort verlegte, diese in Verwirrung gebracht und fast alle ihre Kampfeinheiten zerstört oder genommen. Ihr Sieg endet hiermit nicht, Sie haben auch des Feindes Oberbefehlshaber in Ihre Gewalt gebracht. Für unsere nationale Sache ist es außerordentlich erfreulich, daß Sie einen solchen Sieg errungen haben Ich sende Ihnen meine aufrichtigsten Glückwünsche und nehme diese Gelegenheit wahr, des Kaisers Ruhm zu künden. Ihnen und denen, die unter Ihrem Befehl stehen. Dank zu sagen für den beschwer lichen Dienst, welcher sich über viele Monate erstreckte und meinem Mitgefühl für die Toten und Verwundeten Ausdruck zu geben. Der achte Bericht des Admirals Togo, eingegangen am 31. Mai, lautet wie folgt: Der Kommandant der „Kasuga", die heute nachmittag mit den überlebenden Mannschaften des „Dmitri Donskoi" zurückgekehrt ist, berichtet, daß der „Dmitri Donskoi" am Morgen des 29. Mai nach Oeffnung der Ventile sank und daß die an Bord befindliche Mannschaft, einschließlich der Ueber- lebenden von der „Osljabja" und dem Torpedoboots zerstörer „Bouinui", auf der Urleung-Insel landete. Es scheint, daß „Bouinui" den Admiral Roschdjestwenski und seinen Stab nebst 200 Mann von der „Osljabja" am Nachmittag des 27. Mai vor dem Sinken des Flagg schiffes an Bord genommen hatte, daß aber, als der Torpedobootszerstörer nicht recht vorwärts kam, Roschd jestwenski und sein Stab auf den „Biedovy" über gingen; als dann „Bouinui" nordwärts fuhr, stieß er am Morgen des 28. Mai auf den „Dmitri Donskoi"; nachdem die an Bord des „Bouinui" befindlichen Russen auf den „Dmitri Donskoi" gebracht waren, sank der Torpedobootszerstörer. „Osljabja" erhielt am Sonn abend nach Angabe geretteter Russen gleich zu Beginn der Schlacht einen Schuß in den Turm, durch den Admiral Fölkersam getötet wurde; das Schiff sank dann, von weiteren Schüssen getroffen, um 3 Uhr nach mittags. Die Ueberlebenden von dem „Dmitri Donskoi" erzählen, sie hätten, als der Kampf am Sonnabend mittag am heißesten war, zwei russische Torpedoboots zerstörer sinken sehen; somit sind, falls dies richtig ist, fünf russische Torpedobootszerstörer gesunken. Der Menschenverlust der Ruffen in der letzten Seeschlacht wird, von den in japani che Gefangenschaft Geratenen abgesehen, auf 7000 bis 9000 Mann geschätzt. Es ist zu befürchten, daß die Mehrzahl davon umge kommen ist; zahlreiche Leichen wurden bereits an den benachbarten Inseln angeschwemmt. Anzeigen-Preise: Vt« «tnspaltig« S«N« I» pfg., unter „Ltngesandt- 40 pfg anzeigen.klnnahin« «rfolgt dt» mittag, «2 Uhr. — N nnahm «stellrn find: Uns«« Oelchasl»ft«n«, Netn« Mettzner Gaste Nr. 4, 2nval!hendank,LaaI««ftein Sl Vogler, Lud. Moss«, G. L. Vaud« Lo. in Leipzig, Frankfurt a. UL: » LohltnUefftl^rf: kuao Müchlertn tlStzfthen. droda. <vtto vinn t, in »eitzrndorf, Hugo Euch in Leubnitz-Niuostra, st milNoilau in Lad«l»«ul, Lud Orimm in vr«»den. Wölfnitz, Zrtedrich T«uch«rl tu koste da ud«, Letnh. wöfth« tu Morttzdurg Otto nunath tn totta. Max Zeurtch tu Losch Mitz Telephon: Dresden, Nr. 2916.