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Seite 9u „Sächsische Dorfzeitung." — 1. Juni 1WK. Himmelfahrt (905. Bon Alwin Römer. (Nachdruck verboten.» In den holden Lenz gebettet Liegt, dem Jenseits traut verkettet Und mit Sehnsucht hold gepaart, Line Feier, die im Innern Mr soll wecken ein Erinnern An de- Heilands Himmelfahrt! Au« dem lauten Frühlingsreigen Löse dich und laß dir zeigen, Wie in rühr'ger Geister Schar, Licht umstrahlt von goldner Sonne Gott als Schöpfer neuer Wonne Wiederum auf Erden war! Primelgold und blauer Flieder, Finkenschlag und Lerchenlieder Ueber samtner Wiesenflur, Fern im jungen Buchenlaube Das Gegurr der wilden Taube Künden seines Waltens Spur! Tief im Kelch der Blumensterne Schuf er neue Lebenskerne, Künft'ger Lenze Keim und Saat, Daß dereinst am Erntetage Frühlingspracht auch Früchte trage — Und der Tag der Ernte naht! . . . Dir auch winkt dereinst ein Schnitter, Und von Erdenlust und -flitter Ruft dich eine Stimme heim: Gleich' dann nicht den tauben Blüten, Die im Sonnenglanz verglühten Ohne neuen Lebens Keim! Hoch im Blau und dir zu Füßen Laß dich mahnen, laß dich grüßen Von den Wundern hehrster Art, Daß sie deine Seele bilden, Bis zu seligen Gefilden Dein auch wartet Himmelfahrt! . . . Am «Himmelfahrtstage. Von Ernst Konrad. (Nachdruck verboten.) Am liebsten hätte er dies Jahr die Pfingstfahrt ganz unterlassen. Was konnte es in seinem Heimat städtchen denn auch weiter Neues geben? Das wußte er schon im voraus: Papa würde von neuem sein Gesicht in ernste Falten legen, Mama über die Not der schweren Zeit, Tante Lene über die Zeit der schweren Not klagen und Großvater Lehmann würde ihn zwei mal am Tage hinaus nach seinem Garten schleppen, um ihm dort die Kultur, Pflege und das Blühen der Stachelbeersträucher zu demonstrieren. Und die Cousine Ella? Na, die mit ihren anzüglichen Redensarten, die konnte ihm am allerersten gewogen bleiben. Fritz Grohmann verzog ärgerlich den Mund. Nun ja, er hatte Pech gehabt und war durch das Abiturium geraffelt Das war aber fünf anderen seiner Kamera den auch noch passiert und außerdem der pure Zufall gewesen. Weshalb hatten ihn die Examinatoren gerade nach dem gefragt, auf das er sich nicht präpariert hatte? Alles andere wußte er, aber danach hatte ihn keine Menschenseele gefragt! 's war eben peckws gewesen. Als er während der Oslertage nach Hause gekommen war, hatte es den schon erwähnten wehleidigen Empfang gegeben und Cousine Ella hatte ihn spöttisch begrüßt: „Na, da ist ja unser Primaner vom Gymnasium zu Kapernaum!" Diese Bosheit hatte ihn mächtig gewurmt und er hatte sich vorgenommen, dem dummen Mädel das bei erster Gelegenheit ordentlich heimzuzahlen. Die Fahrt auf der staubfreien Landstraße durch die grünenden Felder stimmte ihn schließlich milder. Seine Finger beschäftigten sich liebevoll mit dem Schnurr bärtchen und es wurde ihm ganz elegisch zu Mute, als er Ella's gedachte 's war doch ein hübsches Kind; mit ihren beiden Blondzvpfen sah sie ganz allerliebst aus. Und über Schlagfertigkeit verfügte sie, — alle Wetter, wie hatte sie damals den Forstassessor, oer sich eine plumpe Vertraulichkeit gestattet hatte, abfallen lassen! „Dummer Junge.. .", so oder so ähnlich war es dem Gehege ihrer Perlenzähne entflohen. „Dummer Junge", — na, wenn ihm das passiert wäre, hätte er, — da hätte er, — ja, was hätte er denn gleich? Fordern konnte man ja eine angehende Dame nicht, aber . . . mit Verachtung strafen, „schneiden" konnte man sie, das ergab sich aus jedem Kommers buch. Also er wußte ganz genau, wie er sich zu ver halten hatte Wie er sich den Empfang ausgemalt hatte, erfolgte er in der Tat. „Da bist Du ja, Fritz", begrüßte ihn Papa und beäugte den Ankömmling von oben bis unten. „Trauer- fälle haben wir hier, nichts als Trauerfälle. Seltst unsere Katze ist gestorben. Tuberkulose hat der Tier arzt festgestellt. Äch, diese Tuberkulose ..." „Ich bin froh, daß Du Dich zum Fest sehen läßt", küßte ihn Mama, „es ist doch was Schreckliches, was Du immer arbeiten mußt. Aber verlaß Dich darauf, im nächsten Examen wirst Du Sieger bleiben. Diesmal war'- eine dumme Geschichte, Du haft in der Mathe matik immer die falschen Wurzeln ausgezogen, Gärtner kannst Du also später kaum werden. Denke Dir, was jetzt der Sellerie kostet z . . Ueberhaupt heißt eS etwa-, eine Wirtschaft führen —" „Ja", fiel ihr Tante Lene in- Wort, „bei den Butterpreisen! Und erst die Dienstmädchen. Na, Du weißt wohl noch gar nicht, wa- unsere Emma wieder angestiftet hat? Nicht gennß, daß der Henkel von der Suppenterrine abgeschlagen »st, ist auch die Kaffeetasse niit der Ansicht der Meißner Albrechtsburg —" „Mein Junge", unterbrach Großvater Lehmann diesen Redefluß, „der erste Gany morgen früh ist nach dein Garten. Nein, haben die Stachelbeeren schon Blätter angesetzt! Das ist vielversprechend, denn wenn der Sommer gut wird, habe ich eine Beerenernte, — na, ich saae Dir, — eine Beerenernte . . ." Eoustne Ella hatte sich bis jetzt abseits gehalten. Aber als sie merkte, daß Fritz recht gelangweilt drein blickte, brachte sie gewandt die Unterhaltung in ein anderes Geleise: „Pfingstgruß, Fritz", lachte sie, „na, hast Du Dich von Deinem Osterschreck wieder erholt? Wenn es Dir recht ist, komme ich morgen früh mit zum Zählen der Stachelbeerblätter." „Na, ob es mir recht ist", platzte Fritz heraus, dem es schon unheimlich zu Mute geworden war bei der Aussicht, den Morgen des Himmelfahrtstaaes allein mit dem Großvater verbringen zu müssen. Sofort tat es ihm aber leid, daß er so voreilig gewesen war und er beeilte sich binzuzufügen: „Ja, wenn es nur der Großvater erlauot." „Freilich, freilich", neckte der, „Ellachen interessiert sich zwar sehr für meinen Garten, aber in diesem Früh jahr ist sie noch nicht einmal mit draußen gewesen. Da freut es mich, daß sie sich für morgen so schnell entschlossen hat." ' Ellachen fand hier merkwürdigerweise nicht sofort eine Entgegnung, sie errötete vor Verlegenheit und blieb die Antwort schuldig. Ein herrlicher Maienmorgen. Am blauen Himmel einige Cirruswölkchen, die Sonne begann strah lend ihre Tageslaufbahn. Fntz hatte sich pünktlich beim Großvater eingefunden und auch Ella ließ nicht auf sich warten. „Schön, Kinder", lobte Großvater Lehmann, „das wird ein prächtiger Himmelfahrtstag. Nur müßten wir noch 'ne Gießkanne und 'ne Harke mitnehmen —" „Wenn heute ein Wochentag wäre", unterbrach ihn Ella, „aber so können wir doch unserem Primaner nicht zumuten, daß er am Feiertage eine Gießkanne und eine Harke durch die Straßen schleppt." „Unserem Primaner", — Fritz horchte auf: das klang ja außerordentlich versöhnlich. Auch dem Groß vater mußte das aufgefallen sein, denn er meinte . „Ach so, den Primaner hatte ich ja bald vergessen. Na, dem dürfen wir so was natürlich nicht zumuten. Wir werden uns mit den Garlengeräten begnügen, die schon draußen sind." Es war ein schöner Spaziergang bis vor die Tore der Stadt. Soweit das Auge reichte, rechts und links grünende Felder und Wiesen, am Horizont als Abschluß ein tannendunkler Wald. ,Hatte ich nicht gedacht", meinte unterwegs der Großvater, „daß ich noch mal mit Euch hier heraus pilgern würde. Wie doch die Zeit vergeht: ich er innere mich noch, als Fritzchen im Garten die ersten Gehversuche unternahm und in die Stachelbeersträucher purzelte — halloh, gab das ein Geschrei!" Ella kicherte verstohlen, während Fritz verlegen dreinblickte: es war ihm gar nicht angenehm, in Gegen wart der jungen Dame an seine Knöppelhosenzeit" erinnert zu werden. Der Großvater ließ sich aber nicht stören, sondern erzählte weiter: „Und Ellachen erst! Wie hat die da draußen mit ihren Puppen unö Püppchen gespielt! Zehnmal hat sie dieselben aus und angezogen, rein verliebt war die in ihre Puppen." Jetzt war an Ella die Reihe verlegen zu sein, während Fritz in leises Gelächter ausbrach. Daß Groß vater aber auch in Gegenwart von Fritz solch' kind liche Geschichtchen ausplaudern mußte! Der junge Mann griff den Gesprächsstoff sofort auf und erzählte so munter darauf los, daß er seine Absicht, Ella zu „schneiden", entschieden aufgegeben haben mußte. Im Garten stand alles in vollster Blüte. Veilchen, Primeln, Stiefmütterchen . . ., die Reseda duftete, die Dolden des Holunders brachen auf. Es war eine Lust zu leben! „So , meinte der Großvater, „jetzt zuerst in die Laube. Da habe ich nämlich, hihihi, da habe ich . . . .", — er schloß einen großen Kasten auf, der die Aufschrift „Sämereien" trug, — „dadrin habe ich so'n kleinen Tropfen für'n Magen. Gläser sind auch da, na denn angefaßt" Er füllte dieselben mit gol digem Bernkastler Doktor, „Prosit!" Hell klangen die Gläser zusammen. „So . . . ., na, noch eins, aber dann Schluß des Gelages!" Nochmals Prosit, noch mals Gläserklang. „Bloß den einen Gefallen tut mir, Kinderchen", Großvater schnalzte noch einmal mit der Zunge, „und erzählt Tante Lene nichts. Denn die würde einen schönen Krach schlagen, wenn sie wüßte, was sich unter den „Sämereien" verbirgt. Und auch Mama und Papa, — 's ist besser, wenn man ver schwiegen ist ..." Großvater nahm die Gießkanne, Fritz die Harke und man schlenderte zwischen die Beete. „Ich werde erst mal die Salatstauden unter Wasser setzen", meinte der Großvater, „ihr beide könnt Euch um die Stachel beeren kümmern." Er füllte seine Gießkanne, Ella und Fritz schwenkten nach rechts ab, wo eine ganze Hecke von Stachelbeersträuchern einen grünen Wäll bildeten. O jeh", seufzte Fräulein Ella und ließ sich mit eleganten Schwung in das grüne Gras gleiten. Fritz machte ein verblüfftes Gesicht: das war ja eine ganz verzwickte Situation! Was sollte er nun tun? Da kam ihm plötzlich ein Gedanke: ich"? seufzte er und saß im nächsten Augenblick neben Ella. »Aber Herr Fritz . . . ." »Aber Fräulein Ella . . . Sie rückte ein wenig nach recht», er ein wenig links. Es entstand eine peinliche Verlegenheitspause. „Hm, hm", räusperte sich endlich Ella, „weißt Du, ich habe es damals gar nicht so schlimm gemeint, da» mit dem Primaner vom Gymnasium von Kapernaum." Damit nahm sie ihren früheren Platz wieder ein. „Ich Hab s ja auch aar nicht so schlimm aufgefaht", gab er erfreut zurück und schob sich wieder dicht an ihre Seite. „Aber Herr Fritz . . .", sie raffte mit energischer Gebärde ihr Kleid zusammen. „Aber Fräulein Ella . . und ehe sie noch zu entweichen vermochte, drückte er ihr einen, zwei, drei schallende Küsse auf den Rosenmund. — — „Herrjeh", Großvater Lehmann tauchte plötzlich vor ihnen auf, „hinter den Stachelbeersträuchern herrscht ja ein Leben wie im Sommer." Im Nu standen beide auf den Füßen. Fritz hatte > sich zuerst gefaßt: „Lieber Großvater, bloß den einen Gefallen tue uns und erzähle Tante Lene nichts. Denn die würde einen schönen Krach schlagen. Und auch Papa und Mama, — 's ist besser wenn man ver schwiegen ist." „Ach ja, Großväterchen, erzähle nichts", flehte jetzt auch Ella, ,,'s ist doch heut Himmelfahttstag und da waren wir so selig —" „Natürlich, erklärlich", nickte Großvater, „war ja auch mal jung und wenn mau alt geworden ist, ist's wirklich besser, wenn man schweigt. Wenn wir das Geheimnis recht sicher bewahren wollen, können wir uns ja Verschwiegenheit geloben, wir werden noch ein mal in meine Sämereien steigen!" Er schulterte seine Gießkanne, schritt strammen Tritts voran und Arm in Arm folAten die beiden, — ein glückliches Pärchen mehr am Htmmelfahrlstage! Vermischtes * Eine aufregende Nacht zwischen Eisbergen hatte eine englische Barke durchzumachen, die die Fahrt über den Atlanttschen Ozean zurücklegte. Das Schiff, „Vemeira" mit Namen, gehört einem Schiffsingenieur in Glasgow. Es befand sich in der Nähe der Küste von Neufundland, als während einer Nacht dichter Nebel ein trat, so daß an ein Vorwärtskommen kaum zu denken war. Plötzlich ertönte der Ruf: „Eisberge dicht vor uns!" Mit einem Schlage wurde die Lust ftlrchtbar kalt, so daß man die außerordentliche Nähe des Eises deutlich fühlen konnte, wenn man auch in dem Nebel nichts weiter sah. Gleich darauf bemerkte man etwas Dunkles, das wie ein Felsen aussah, über das Schiff herüberhängen. Im letzten Moment konnte der Kurs noch geändert werden, gerade ehe der schon unvermeidlich erscheinende Zusammenstoß mit dem Felsen .eintrat. Noch immer konnte man den Berg nicht recht sehen, aber man hörte deutlich, wie die Wellen des Meeres sich an dem Felsen brachen. Kaum war man aber einige Meter weitergefahren, als auf der anderen Seite ein Eisberg auftrat, so daß es dem Kapitän klar wurde, daß er sich zwischen riesigen Eisblöcken befand. Nur mit der größten Vorsicht und Kaltblütigkeit gelang cs, zwischen den Bergen hindurchzukommen, aber man begegnete immer wieder anderen, bis man sich schließlich in einem vollkommenen Eiswalde zu befinden schien Erst am Morgen kam man endgültig aus dem Labyrinth heraus. Die Besatzung des Schiffes behauptet, auf einem der Berge müßten sich Menschen und Tiere befunden haben, sie meinen, daß sie das Schreien von Frauen und das Brüllen von Kühen und endlich auch das Schreien von Hühnern gehört haben. Auch der Kapitän Hütte merkwürdige Töne, er ist aber der Ansicht, daß es sich um Täuschungen gehandelt hat * Aha! A.: „Ist denn die Tochter Ihres Haus wirts gefährlich krank, weil der junge Arzt so oft kommt ?" B.: „Gefährlich krank wohl nicht, aber gefährlich — hübsch!" Theater-Repertoire. (Ohne Gewähr der Innehaltung.) Königliches Opernhaus (Altstadt). Donnerstag, den 1. Juni: Der Bajazzo. — Rokoko. — Sizilia nische Bauernehre. Freitag, den 2. Juni: Der König hat'- gesagt. Königliches Schauspielhaus (Neustadt) Donnerstag, den 1. Juni. Schiller-Eyklus, 5. Abend: Wallen steins Lager. — Die Piccolomini. (Anfang */,7 Uhr.) Freitag, den 2. Juni. Die versunkene Glocke. Residenztheater. Donnerstag, den 1. Juni: Nachm : Alt-Heidelberg. Abend«: Die Fliege. Freitag, den 2. Juni: ChamperayS Leiden. Ceutraltheater. Täglich Theater-Borstellung. (Anfang '/H Uhr.) Produktenpreise. Roßwein, 30. Mai Weizen weiß, pro 8b Kilo, — M. — Pf bis - M. — Pf., braun bez. alt — M. — Pf. bis — M. - Pf-, neu 14 M. 8b Pf. bis 1b M - Pf. Roggen alt 11 M. 60 Pf. bi» 12 M. - Pf. Braugerste 10 M. 50 Pf. di« 11 M 30 Pf. Hafe^bez. all 0 M. - Pf. di« 0 M. - Pf., neu 7 M. - W- bi« 7 M. 20 Pf Heu pro KO Kilo 4 M. - Pf. bi« 4 M. 2b Pf. Schitttstroh pro 50 Kilo 2 M Sb Pf. bi« 2 M 50 Pf. Gedundstroh pro 50 Kilo 1 M 80 Pf bi« SM.- Pf. Kartoffeln, alt pro bO Kilo — M. — Pf. bi« — M. — Pf., neu 3 M 40 Pf. bi« 3 M. 60 Pf Butter pro Silo 2 M. — U. bi« 2 M 16 Pf. Gier pro Schock 3M - Pf. bi« SM.« Pf. Ferkel pro Stück 12 M. - Pf. di« A M - Pf.