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Sächsische Vorszeitmg Bezugsbedingungen: Vt« »vorfikttung- «rlchelnl i«d«> w«ch««taz «chmtuag» k Uhr mit b«m vamm d— folgenden »«,«. vt« v«i»a»tz«dül,r betrügt 1.81) Mart ^«nUjihrllch ober bv pftz. für jede« Manat Vi« „Varfzeitung" ist zu beziehen durch di« katstrlichen p.smnstolt«,, di« LemddriefUSger und durch unstmvatrn. vei freier Lieferung tn, kfaur erheb, dt« Paft nach di« Lust«Nun,»,«dühr »an 4» psg. Telegramm-ttdr.: voffzeitung vrerden. Anzeiger für Stadt und Land mit der Beilage: „Illustriertes Lonntags-Blatt" Amtsblatt für die Ngl. NmlshauptmannschastenDresden-AItstadt und Dresden-Neustadt, für das Ngl. Amtsgericht Dresden, die Ngl. Forstrentämter Dresden, Moritzburg, Tharandt und die Gemeinden Gberlößnitz und Nade^eul. Anzeigen-Preise: vi« einspaltige S«il« Id pfg.. unter .Ling«fa»dt- «0 pfa ttnzelarn.itnnaym« erfolgt bi» mittag, 12 Uhr. — ttn nahm «jt«Nen stad: Untere Geschusi,stell«, Nein« Illeitzner Lalje Nr. < Juaaltdendank, Vaas«ust«in Sr Vogler, llud. Most«, O. L. Vaud« » tu in Leipzig. Frankfurt a M.: « llohlinllest«I,dorf;»ugost1üchl«rinllötzstd«a. broda, Otto VtUrich in U«ttzeo0urf, Hugo MpM tu Leudnitz-Nruolira, i nul Noliau in Nadebeul, SUd. «brimm in vm»den.lvSlfnitz, Zriedrich keuchert tu Losstdaud«, lletnh. lvoitix in Moritzburg Stto llunattz tu Lotta, Ma, 5«urich tu cafchräch. Telephon: vrerden, Nr. 3916. llr. !22. Dresden, Sonnabend, den 27. Mai 1905. 67. Jahrgang. Das Reueste. Dem deutschen Kronprinzen ist für seine Hoch zeitsreise die „Hohenzollern" vom Kaiser zur Verfügung gestellt. Begleitschiff wird der Kreuzer „Berlin- fein. Die deutschen Delegierten zu der Konferenz über die Errichtung eines internationalen land wirtschaftlichen Institut« in Rom haben von München aus am Donnerstag die Reise nach Rom an getreten. Aus Sachsen befindet sich unter den Dele gierten Geheimer Oekonomierat Steiger. Ein Truppentransport von 450 Mann geht am 30. d. M. von Hamburg nach Südwestafrika ab. In Konstantinopel ist das türkische Schiff „Koffowo" mit 379 verwundeten und kranken Sol daten von Jemen eingetroffen. An der Ostküste der Bataninfeln sind am 20. Mai 50, wie man vermutet, russische Kriegs schiffe gesichtet worden. Nach einem Gerücht, welches aus Manila über mittelt wird, soll eine Seeschlacht zwischen russischen und japanischen Schiffen südlich von Formosa stattgefunden haben, in der die Japaner geschlagen worden seien. Handel und Flotte. Das deutsche Volk hat eine Menge Bedürfnisse, die nur vom Auslande gedeckt werden können. Wir müssen Nahrungs- und Genußmittel, wir müssen Gegen stände des täglichen Gebrauchs und Rohstoffe für unsere Industrie großenteils aus fernen Weltteilen einführen. Eine Reihe von Genußmitteln und Gewürzen, die heute jedem unentbehrlich sind, wie Tee, Kaffee, Kakao, Pfeffer, Zimt usw. müssen durch den Außenhandel bezogen werden. Zur Bekleidung brauchen wir Baumwolle, und die läßt sich ebenfalls in unserem Vaterlande nicht erzeugen. Wir bedürfen sogar ausländischer Wolle und ausländischen Leders, und wenn alle leiblichen Bedürf nisse befriedigt sind, können wir am Familientisch doch nicht im Dunkeln sitzen: das Petroleum kommt aber auch aus fremden Ländern, denn das, was wir im In land haben, genügt kaum zum kleinsten Teil. Wenn wir nur das Unentbehrlichste zusammenrechnen, so kommen wir auf Güter im Werte von Milliarden jährlich, die wir einführen müssen. Um dies zu können, sind wir genötigt, dem Aus lande Wertgegenstände zu geben, die wir erzeugen, also Waren der verschiedensten Art auszuführen. Ohne Aus fuhr vermöchten wir die Einfuhr nicht zu decken. Selbst ' wenn der „Zukunftsstaat- verwirklicht wäre, würden beispielsweise die indischen Kulis nicht daran denken, sich der mühsamen Arbeit des Reisbaues zu unterziehen, um uns mit dem Reis ein Geschenk zu machen. Ein Volk aber, das nicht mit seiner Hände und seines Ver standes Arbeit bezahlen, sondern sich auf das bare Geld verlassen wollte, wäre bald auf dem Grunde seiner Börse angelangt. Bisher hat die Entwicklung unseres Außenhandels glücklicherweise mit dem Mehrbedarf Schritt gehalten. Aber die wachsende Ausfuhr deutscher Waren hat den Neid anderer Völker wachgerufen, mit denen wir in Wettbewerb treten. Für diese Völker bestehen dieselben Gründe, ihre Ausfuhr zu vermehren wie für uns. Die Gefahr eines Zusammenstoßes ist also zweifellos vor handen. Da gebietet eS die Pflicht der Selbsterhaltung, vorrubeugen, damit er nicht zu unserem Schaden aus laufe. Die einzige Gewähr aber gibt eine starke Kriegs flotte, die den Gegnern Achtung einflößt. Schaffen wir eine solche nicht beizeiten, so können die feindlichen Geschwader die Zugänge zur Nordsee vollständig absperren, um nickt nur die Ausfuhr, sondern auch die Einfuhr von Rohstoffen und von Nahrungs mitteln lahm zu legen. Die furchtbarste Teuerung würde in kürzester Zeit ausbrechen. Die Fabriken und Werkstätten müßten den Betrieb einstellen. Die Zahl der Arbeiter, die bei mangelnder Zufuhr von Baum wolle, Wolle, Jute, Leder, Guttapercha usw. feiern müßten, beläuft sich auf mindestens 600,000, mit ihren Angehörigen auf mehr als I'/, Millionen. Rechnet man die hinzu, die von der Ausfuhr leben, so bekommt man mehr als 4'/« Millionen Personen, mit Angehörigen 11 bis 12 Millionen. Wir würden eine solche Not nicht lange aushalten, sondern müßten Frieden schließen um jeden Preis. Dieser Preis aber wäre unsere Aus fuhr, wäre die Vernichtung unserer Industrie! Der Unternehmer und der Kapitalist könnten immerhin noch etwas von den Trümmern ihres Daseins retten und sich anderswo eine neue Stellung gründen. Aber der deutsche Arbeiter würde alles verlieren, seinen Verdienst, seiner Hände Arbeit, sein Brot. Wenn man dies alles erwägt, so kann man er messen, wie schwer sich die Sozialdemokratie dadurch an den Arbeitern versündigt, daß sie jede zum Schutze unseres Handels geforderte Flottenverstärkuug bekämpft. Politisch» Weltschau. Deutsches Reich. Das Kaiserpaar weilt immer noch in Wiesbaden und konnte mit Rücksicht auf die vollständige Erholung der Kaiserin Tag und Stunde der Abreise noch nicht festgesetzt werden. Auch gestern begaben sich die Majestäten nach Biebrich, um dort im Schloßparke einen Spaziergang zu unternehmen. Abends besuchte der Kaiser das Theater. Nordlandsreise des Kaisers. Deuz deutschen Konsulat in Bergen ist die Nachricht zugegangen, der Kaiser werde dort am ll. Juli eintreffen. Zur Hochzeitsreise des Kronprinzenpaares hat der Kaiser sein eigenes Schiff, die „Hohenzollern", zur Verfügung gestellt, auf der das junge Paar eine Seereise von Kiel aus unternehmen wird. Dann erst soll das Paar im Marmorpalais Wohnung nehmen. Der „Hohenzollern" wird als Begleitschiff der 1903 in Dienst gestellte kleine Kreuzer „Berlin" beigegeben werden. Die Einholung des jungen Paares in Potsdam wird voraussichtlich am 19. Juni erfolgen. Der spürst von Montenegro wird am 29. d. M. in Berlin eintreffen und auf dem Bahnhofe von dem Prinzen Eitel Friedrich empfangen werden. Auf dem Bahnhof werden ferner der Gouverneur und Kommandant anwesend sein Die Hochschulen Berlins haben ihre Beteiligung an der Spalierbildung bei dem Einzug der Herzogin Cecilie einstimmig zurückgenommen. Sie haben dies damit begründet, daß tue Tracht der Chargierten, nach dem stundenlangen Verweilen im Spalier, so ge litten haben dürfte, daß sie darin zu dem Kommers und dem Fackelzug, die bekanntlich gleichfalls von der Studentenschaft geplant sind, nicht mehr erscheinen könnten. An die Stelle der Hochschulen, die vor der Universität hätten Ausstellung nehmen sollen, werden die Kadetten kommen, deren Teilnahme an der Spalier bildung der Kaiser ohnedies gewünscht hatte. Der Bundesrat stimmte in der Sitzung am gestrigen Donnerstag je einem zweiten Nachtragsentwurf zum Reichshaushalts-Etat und zum Reichshaushalts- Etat der Schutzgebiete für 1905 zu. Zum Flottenvereinstag in Stuttgart trafen bereits der Vereinspräsident Fürst Salm, Vizepräsidenten Freiherr v. Würtzburg und Admiral Thomsen, sowie die übrigen Vorstandsmitglieder ein. Sie waren gestern abend zur Hoftafel geladen. Aus bester Quelle wird bestätigt, daß infolge der vorgestrigen Audienz Salms beim Kaiser die obwaltenden Differenzen vollständig be seitigt sind: der Flottenverein werde seine Tätigkeit in bisheriger Weise fortführen. Da nunmehr die Gründe, die zu der Krisis führten, beseitigt sind, ist es nicht unmöglich, daß die Generale Menges und Keim sich entschließen, ihre Dienste weiterhin dem Flottenverein zur Verfügung zu stellen. Oesterreich, Ungarn. Ein tschechisches Blatt in Brünn meldet, daß die Stellung des Grafen GoluchowSki infolge der Vorgänge in Ungarn als erschüttert gelte und nun den Reichsfinanzminister Baron Burian als seinen präsumtiven Nachfolger ansehe. Auf Antrag Franz Kossuths beschloß das unga rische Abgeordnetenhaus am gestrigen Donnerstag, den gemeinsamen Zolltarif mit Berücksichtigung der be sonderen ungarischen Interessen »u einem autono- mischen ungarischen Zolltarif umzuarbeiten. Der Antragsteller begründete seinen Antrag damit, daß für den Fall der Errichtung eines selbständigen.Zollgebietes der ungarische Tarif als Basis für die Verhandlungen mit Oesterreich und den anderen Staaten dienen werde. Rußland. Die Plünderung in Warschau dauert fort. Juden, die sich zusammenrotteten, zer störten die öffentlichen Häuser, von denen 30 schon geplündert waren. Die Straßen, in denen diese Häuser liegen, sind mit Bettfedern, zerrissenen Kleiderstücken und Hausgerät bedeckt. Nach den Feststellungen der Rettungsstation wurden gestern über 40 Personen schwer verwundet und mehrere getötet. Serben. König Peter wird sich bei der Hochzeit des deutschen Kronprinzen durch den srüheren Ministerpräsidenten Sava Gruitsch vertreten lasten. Türkei. In der Nähe von Saloniki wurde beim AthanaS - Kloster eine griechische Bande ver nichtet; sie ließ 25 Tote auf dem Kampfplatze zurück. Deutscher Reichstag. Das schwach besuchte Haus beriet gestern in zweiter Lesung den Gesetzentwurf, betr. Uebernahme einer Reichsgarantie für die sogenannte Kamerunbahn. Die Kommission hat den Entwurf unverändert angenommen und nur die Betriebs- und Baukonzession wesentlich geändert. Eröffnet wurde die Erörterung durch den Vertreter des Zentrums Amtsrichter Schwarze-Lippstadt, der seine Zustimmung zu der Vorlage aussprach. Die weiteren Redner erklärten sich gegen den Entwurf; ihre früher geäußerten Bedenken seien durch die Kommissions beratungen nicht beseitigt, eher verstärkt worden. Kolo nialdirektor vr. Stübel gab nochmals Einzelheiten und bat um Annahme der Vorlage; Geheimrat Seitz suchte die besonders vom Abg. 9attmann gemachten Einwande gegen die Tracenführung zurückzuweisen. Die Debatte zog sich bis 6 Uhr abends hin. Inzwischen hatte sich der Saal leidlich gefüllt. Gegen Schluß wurde die Erörte rung ziemlich erregt, so daß Präsident Graf Ballestrem den Redner Ledebour scharf rügen mußte. Auch Ab geordneter Erzberger wies in ziemlich heftiger Weise die Angriffe von der äußersten Linken zurück. Bon sozialdemokratischer Seite wurde namentliche Abstimmung beantragt, vom Zentrum Verlesung der Liste der An tragsteller. Unter Heiterkeit ließ der Präsident die Liste durch einen Schriftführer verlesen. Die nament liche Abstimmung ergab die Anwesenheit von 199 Mit gliedern, das Haus war also gerade beschlußfähig. Ter § 1 wurde mit 127 gegen 61 Stimmen bei 11 Stimmen enthaltungen, welche auf die freisinnige Volkspartei entfielen, angenommen, lieber den letzten Paragraphen der Bau- und Betriebskonzession betr. Landadtretung wurde wiederum namentlich abgestimmt. Bevor das Resultat der zweiten Abstimmung bekannt gegeben wurde, teilte der Präsident mit, daß bei der ersten Abstimmung ein Mitglied zwei Stimmzettel abgegeben habe, daß diese also ungültig gewesen ist. Die nächste Sitzung wurde auf den 30. Mai anberaumt: Kamerun vorlage und Börsengesetznovelle. König- Geburtstagsfeier in Dresden, ll. Im Laufe des gestrigen Vormittags wurde auch, wie noch besonders erwähnt sein soll, in allen hiesigen Schul anstalten durch entsprechende Veranstaltungen des Geburts tages Sr. Majestät des Königs gedacht, wobei in der Haupffache neben einer die Bedeutung des Tages be tonenden Festansprache, deklamatorische Borträge mit Gesängen usw. abwechselten. Im übrigen war der ganze Tag schulfrei, so daß unsere liebe Jugend den trotz des bedeckten Himmels immerhin schönen Maientag nach Herzenslust auskosten konnte. Nachmittags um 4 Uhr nahm die von den Bereinigten Bezirks- und Bürgervereinen in sämtlichen Sälen und im Konzertpark des städtischen Ausstellungspalastes veranstaltete Königs-Geburtstagsfeier ihren Anfang, die eine stattliche Besucherzahl aufweisen konnte. Im Mittelpunkte dieser Veranstaltung stand die Festansprache des Herrn Stadtverordneten Kaufmann Ahlhelm, der in trefflichen Worten die Bedeutung des Tages hervorhob und dabei vor allen Dingen das Wesen unseres Königs schilderte, dessen schlichtes, einfaches und volkstümliches Auftreten die Herzen aller Untertanen sich im Fluge eroberte. Ihren Ausklang fand die Ansprache in den herzlichsten Glück- und Segenswünschen für unseren Landes herrn und in einem jubelnd aufgenommenen dreifachen Hoch, dem sich die Intonation der Sachsenhymne anschloß.