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Sette 7. — „Sächsische Dorfzeitung." — 24. Mai 190b. In einer hierauf bezüglichen Notiz in der Nr. 77 der „Allgemeinen Fleischerzeitung" wird gesagt, daß die vorstehende Erklärung des Direktoriums des land wirtschaftlichen Kreisverems im Erzgebirge „in völliger Unkenntnis der tatsächlichen Verhältnisse geschrieben und geeignet sei, unnötige Erregung in der Bevölkerung hervorzurufen". Es wird dem Direktorium der Vor- wurfgemacht, nicht darauf eingegangen zu sein, warum der Markt schleppend war und warum Ueberstand blieb, und hervorgehoben, daß dies nicht eine Folge zu großer Zufuhr, sondern vielmehr des überaus schlechten Schlachtvieh-Materials, das zum Austrieb komme, und der geforderten hohen Preise sei. Gutes Material werde sofort beim Beginn des Marktes schlankweg verkauft. Wie haltlos letztere Behauptung ist, geht aus dem in der gleichen Nummer der „Allgemeinen Fleischer zeitung" veröffentlichten Berichte über die Ueberständer auf dem Berliner Viehmarkte vom 13. Mai hervor, worin wörtlich gesagt ist: „Am Sonnabend, den 13. Mai, blieben folgende Tiere unverkauft: 227 Rinder, und zwar 83 Bullen, 117 Ochsen und 27 Kühe (mehrere gute, schwere Bullen und Ochsen, der Rest mittlere Schlachtware). 217 Schafe (bessere und mittlere Mastlämmer und jüngere, gute Masthammel.) 382 Schweine (einige Posten schwerer, vollfleischiger Schweine, im übrigen gute, fleischige Schlachttiere)." Tages - (Ereignisse — Brandenburg a. d. Havel. Ter Bankier Theodor Börner und dessen Frau haben sich in der vor vergangenen Nacht erschossen, nachdem sie zuvor ihr vier- jähriges Kind erschossen hatten. Die Ursache der Tat ist in dem Zusammenbruch des von Börner geführten Bank geschäftes zu suchen. — München. Bei einem Arzte in Geltendorf in Oberbayern erschien vor kurzem ein Korbflechter, um seinen Sohn impfen zu lassen. Zwischen den Schultern hat dieser Knabe einen zweiten Kopf, der aber in der Entwickelung zurückgeblieben ist. Augen und Mund sind zugewachsen, während Stirn, Kinn und Nase an diesem zweiten Kopf ganz normal entwickelt sind. — Nordhausen. Wie aus Torfhaur gemeldet wird, herrscht seit Sonntag früh im Oberharz ununterbrochen starkes Schneetreiben. In der Nacht sank die Temperatur auf minus drei Grad. — Köln. Gestern abend wurde unweit de§ Bahn hofs Brühl an einem alleinfahrenden Reisenden ein Raub- anfall verübt. Der tödlich Verletzte, dem Geld und Schmuck- fachen abgenommen wurden, wurde aus dem Zuge ge- worfen. Die Täter sind entkommen. — Prag. Der 17 jährige Josef Hanke in Elb- leiten war am Kirchweihfest mit Böllerschießen beschäftigt; da ein Schuß nicht losgegangen war, beugte er sich über den Böller, um nach der Ursache zu forschen. Plötzlich ging der Schuß los, der dem Burschen sofort den Kopf zerschmetterte; auch sein neben ihm stehender Kamerad wurde im Gesicht und an der Brust lebensgefährlich ver- letzt. — Ein schrecklicher Unglücksfall hat sich auf dem Bahnhof Tirschnitz bei Franzensbad ereignet. Beim Ran gieren wurden die beiden Bahnarbeiter Georg Frey aus Lindau und Karl Albert aus dem Egerlande umgerissen und überfahren. Frey wurde von der Lokomotive zer malmt und war sofort tot. Albert wurde sehr schwer verletzt. — Graz. Dem Gerichte zu Rann in Untersteier, mark wurde eine Verbrecherbande von 21 Personen ein geliefert, deren Haupt eine alte, auf Krücken sich fort schleppende Frau ist. Die letzte Untat dieser Bande war ein Raubmord an zwei Frauen, die samt ihrer Behausung verbrannt wurden. — Liezen (Steiermark). Gestern vormittag wurden im Bosruck-Tunnel auf der Südseite durch schlagende Wetter, wie befürchtet, 15 Personen getötet. Die Explosion erfolgte in dem Sohlstollen auf der Südseite. Im Tunnel befanden sich 17 Arbeiter, die, wie man annimmt, sämtlich getötet sind. Zwei eingeleitete Versuche, sie zu retten, waren ver- geblich, da die ausströmenden Gase das Vordringen zur Unglücksstätte unmöglich machten. Bier an den Rettungs versuchen Beteiligte mußten ohnmächtig aus dem Tunnel befördert werden. Die fertige Tunnelröhre ist durch die Explosion nicht beschädigt worden. — New-Hork. In der 3. Avennue ereignete sich gestern ein Zusammenstoß zwischen zwei Zügen der Hoch bahn. Infolge Kurzschlusses geriet das Gerüst der Hoch bahn in Brand. Die Reisenden, die von panischem Schrecken ergriffen wurden, suchten sich dadurch zu retten, daß sie aus den Fenstern kletterten. Eine Anzahl von ihnen kletterte die Pfeiler herunter, durch die die Bahnlinie ge stützt wird. Bei dem Zusammenstoß sind 20 Personen verletzt worden. Verrutschtes. * „Die Kuh am Odeonsplatz". Aus München erzählen die dortigen „Neuesten Nachrichten" folgende amüsante Geschichte: Wurde da gestern, als der Tag sich neigte, eine stattliche Hornträgerin die Ludwigstraße herauf getrieben. Beim Ansichtigwerden des königlich bayerischen privilegierten Rangierbahnhofes am Odeonsplatz, über welches Verkehrsunikum die Kühe sogar gewöhnlich lachen, zeigte es sich, daß diese Kuh zu den intelligenteren ihrer Rasse zählte: sie lachte nicht, sondern hatte nur mehr den einen Gedanken: da legst di' nieder! Gedacht, getan. Hinter den Gebüschen des Ludwigsdenkmals, wo sie den Anblick des Rangierbahnhofes nicht mehr dulden mußte, lag sie, die Arme, Abgetriebene, des Lebens überdrüssig nach all' dem Geschauten. Es regnete Hiebe, Püffe, und Fußtritte, die edlen Herren Viehtreiber zerrten an Schwanz und Hörnern — vergeblich. Ein Herr aus der inzwischen angesammelten Volksmenge sprach gegen die Tierquälerei. Der kam schön an: „Heb's du auf! Eahm schaug o! Tu' dein Ueberziecher her, daß man unterleg'»!" — und so ging's eine Weile fort, während die Versuche, durch Hieb und Stoß das gänzlich ermattete Vieh auf die Beine zu bringen, sich nach kurzen Pausen wiederholten. Die Straße war längst durch die Volksmenge gesperrt. Rechts und links sammelten sich Fahrräder und Droschken an. Kein Schutzmann. Die elektrischen Lampen leuchteten jetzt auf und beleuchten ein Bild aus der Zeit, da König Ludwig I. daran dachte, seine Ludwigstraße zu bauen. Endlich naht ein Schutzmann. Er ist sehr gemütlich und keineswegs so, wie der Schutzmann im Buche steht. Man ist nach geraumer Zeit der Prügelei müde und — kommt auf den Gedanken, um die Hebevorrichtung im Feuerhaus zu telephonieren. Das Volk atmet auf und freut sich über diese großstädtische Möglichkeit. Ein Droschkenkutscher, der abgestiegen war und sich zu der Kuh durchgedrängt hatte, ruft: „Jatzt paßt's auf, dös werd erst scho!" - Alles lacht. — „Wahr is, sag' i, schö' werd's!" Im scharfen Trab mit qualmender Fackel und lautem Gebimmel kommt die Feuerwehr, richtet den Flaschenzug zurecht, und die Kuh bewegt sich, schwebt. Aber sie mochte nach all' dem Ausgestandenen nicht mehr laufen. Ob und wie und wann man daS Verkehrshindernis beseitigt hat, kann ich nicht mehr erzählen, denn ich bin um halb 9 Uhr heim gegangen. Ich denke, mein verehrter Ludwig Thoma wird mir zugeben, daß es nicht ein umgestürzter Kohlenwagen zu sein braucht, der das Münchner Straßenpublikum stundenlang auf das angenehmste unterhält. * Eine resolute Jungfrau unbekannten Alters hat an den Standesbeamten in München von auswärts geschrieben, man möge ihr „einen charaktervollen Herrn, Beamten oder noch lieber Lehrer" als Bräutigam nach- weisen. Da jedoch das Standesamt zur Heiratsvermittelung nur seinen Segen gibt, ohne das Geschäft selbst zu be sorgen, so mußte das Ansuchen der ehelustigen Dame ab gewiesen werden. * Ein amüsantes Kleinbahnstückchen hat sich dieser Tage in Gerbstedt ereignet. Dort sollte früh 10 Uhr 40 Min. der Zug von Hettstedt einfahren. Er pfiff zwar, kam aber nicht in die Station. Man wartete und wartete — der Zug jedoch war nirgends zu sehen; er war kurz vor dem Bahnhof Gerbstedt wieder nach Welfesholz zurückgefahren, um den dort zurückgelassenen Zugführer zu holen. Diesen hatte man bei der Abfahrt von dort mitzunehmen vergessen. Und ohne Zugführer darf doch bekanntlich kein Zug in die Station einfahren. Wohlbehalten, jedoch mit einiger Verspätung, dampfte dann das Züglein mit dem Zuführer in die Station Gerbstedt ein.« * Die Professorsgattin. Frau: „Du mußt mir einen neuen Hut kaufen ... den alten trage ich bereits ein halbes Jahr!" — Professor: „Und ich entsinne mich doch ganz genau, daß ich ihn dir erst im vergangenen Monat kaufte!" — Frau: „Da hört sich aber alles auf. Du sag' mir nochmal, daß du zerstreut bist!!" Theater,Repertoire. (Ohne Gewähr der Innehaltung.) Königliches Opernhaus (Altstadt). Mittwoch, den 24 Mai: Hofsmanns LHählungen. Donnerstag, den 25. Mai: Joseph in Egypten. Königliches Schauspielhaus (Neustadt). Mittwoch, den 24. Mai: Der Widerspenstigen Zähmung. Donnerstag, den 25. Mai: Don Carlos. (Anfang '/,7 Uhr.) Reftdenztheater. Mittwoch, den 24. Mai: Der Amerikaseppl. Donnerstag, den 25. Mai: JLgerblut. Ceutraltheater. Täglich Theater-Vorstellung. (Anfang ',,8 Uhr.) Viktoria-Salon. Täglich Sänger-Vorstellung. (Anfang '-8 Uhr.) Produktenpreise. Dresden, 22. Mai. Auf dem Markte: Kartoffeln (Zentner) 3,70—4,60 Butter (Kilo) Heu (Zentner) 4,50—4,80 Stroh (Schock) 30—3z M' Gut gearbeitete Mvärcke und alle Stoffe dazu. . Mttzroke Auswahl. Bill. M. Lrnrt Venu5,^V W^Annenstr. 28 Mittwoch und Sonntag W LL8vKLu1odvll! G .K.-LmmW, den 1. Juni. ü- Nm zahlreiche Beteiligung V bitten (Anfang 8 Uhr) d. V. Getrocknete Mrtrcber, lusgezeichnete Qualität, garantiert 33 "/» trotein u. 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Geboren: Ein Sohn: Herrn Albin Berner in Dresden — Herrn vr. rnsä Bremme in Hartha bei Tharandt — Herrn Franz Memel in Dresden. Eine Tochter: Herrn Land richter vr. Bestell in Dresden — Herrn Leo pold Teichner in Plauen i. V. Berlodt: Fräul Emma Huschmann in Leute witz mit Herrn Georg Förster in Dresden. Gestorben: Herr Gustav Paul Kirbach in Leipzig — Herr Emil Paul Burkhardt daselbst (21 I.) — Herr Franz Teubner in Grimma (65 I.). Mitteilungen vom Königl. Standesamte Loschwitz. (Vom 13. bis mit 19. Mai 1905.) Gedurten. Ernst Richard Büttner, Zimmermann in Losch - Witz, S. — Hans Friedrich Reinhold Wilhelm Melms, kaiserlich-königlicher Hofopernsänger da selbst, T. Aufgebote. Paul Karl Ferdinand Köhne, Photograph in Dresden mit Maschinenstrickerin Anna Berta Jungmichel in Loschwitz — Bruno Arno Leiß- ring, Kaufmann in Hamburg-Eppendorf mit Elsa Elisabeth Jahn in Loschwitz. Eheschließungen. Kurt Arno Dittrich, Markthelser in Dresden mit Frida Pauline Minna Peipe in Loschwitz — Franz Bocklenberg, Ingenieur in Kalk mit Maria Martha Perthen in Loschwitz - Ernst Karl Gehre, Gutsbesitzer in Nickritz bei Riesa mit Natalie Emma Syrbe in Loschwitz. Sterbefälle. Bernhard Robert Reischel, Privatmann in Wachwitz (58 I 1 M.) — Gertrud Martha Hebestadt in Loschwitz (2 M. 3 T.). Sonnabend, den 27. Mai, nachnk. 2 Uhr. Vesper in der Kreuzkirche: Emil Kraus«: Drei Stücke für Orgel auS Werk 104: „8»lvuin fao rousm", Motette von Carl Löwe; Ich heb« meine Augen auf zu den Bergen", Psalm 121, für Chor und Solostimmen von Oskar Wermann.