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Sächsische Vorszeitmg Bezugsbedingungen: vk „v»rfz«Uung- «rlchriiu j«drn wochrnlag »»chmtttag» » Uhr mft drm Darum d« folgenden Sage». Vie vezugrgrbühr beträgt ILO Mart oterteljührltch ober b0 pfg. für jeden Monat. Di« »vorfzettung" ist zu beziehen durch die kaiserlichen postanitalten, di« Landdrieftrüger und durch unser« Voten. Sei freier Lieferung in» hau, erhebt di, poft noch di« SufteUung^ebühr von «S Pfg. Itltgramm-Ndr.: vorfzeitung Dresden. Anzeiger für Stadt und Land mit der Beilage: „Illustriertes Lonntags-Blatt" Amtsblatt für die Rgl. RmtshauptmannschastenVresden-Rltstadt und Dresden-Neustadt, für das Rgl. Amtsgericht Dresden, die Rgl. Forstrentämter Dresden, Moritzburg, Tharandt und die Gemeinden Gberlößnitz und Radebeul. Anzeigen-Preise: Di« «inlpaltige SUI« IS Pfg^ unt«r ,«ng«sandt' UI Pia ttnztia«n.6anahm« «rfolgt bt» mittag» 12 Uhr. — nnstahmestrkl«« lftch: Unf«rr ch«fchÄr»f«0e, klein« Matt«» <b<ch« Nr. «, uidlndant. kiaairnstrin «l Vogler, kud. Moll«, O. t. vaub« S- Lo. in Leipzig Frankfurta M ; «. Uohl in tl«n«^oori; Hugo Muchler in Uögjchrn - broda, ivtio vittrich ia Nrit^udorf, Hugo Op>tz in l ru'xlih Nruoslra,tmtl Nollau in kiod«b«»u. ^d. lbrtmm in vr«^«n.wSlfnttz, Zriedrtch ll«uth«r: in Lo»«kaud«, N«tnh. woftb« in Moritzburg. Otto «unath in Lotta, Max L«urich i» Lofchmitz. Telephon: Dresden, Nr. 3916. Nr. III. Dresden, Sonntag, den 14. Mai 1905. 67. Jahrgang. Das Reuefte. Der Kaiser nahm auf dem Exerzierplätze Frescaty eine Parade über die Truppen der Garnison Metz ab. Kaiser Wilhelm hat dem Eisenbahnkongreß in Washington telegraphisch seine Grüße entboten. An der russischen Front in der Mandschurei hat ein neuer Kampf stattgefunden, in dem die Russen 300 Mann verloren. Die französische Flotte trifft am 7. August in Portsmouth ein, wo sie bis zum 13. August ver bleiben wird. Die russischen Kreuzer „Rossija" und „Gromoboi" sind von Wladiwostok ausgelaufen und in der Tourgaru-Straße erschienen. In Lissabon ist wegen eines Zwistes zwischen dem Justizminister und dem Finanzminister eine Ministerkrisis ausgebrochen. Die Handwerker rühren sich! Eine Abordnung des Ausschusses des Deutschen Handwerks- und Gewerbekammertags wurde vom Grafen von Posadowsky empfangen, um ihm eine Reihe von Wünschen auf dem Gebiete des Handwerkerrechts vor zutragen. Bei der etwa einstündigen Besprechung wurden namentlich die Fragen der Invalidenversicherung der selbständigen Handwerker und Hausgewerbetreibenden, der Zuziehung der führenden Handwerksorganisationen bei wichtigen das Handwerk betreffenden Maßnahmen und besonders eingehend diejenige einer sachgemäßen Abgrenzung zwischen Fabrik und Handwerk erörtert. Der Staatssekretär wies auf die einer Ausdehnung der Zwanasversicherung entgegenstehenden schwerwiegenden Bedenken hin, stellte aber in Aussicht, daß bei einer späteren Aenderung des Gesetzes die Möglichkeit er leichterter Bedingungen für die freiwillige Versicherung sorgsam erwogen werden solle. Die Einbeziehung aller Hausgewerbetreibenden in die Invalidenversicherung sei als erstrebenswertes Ziel im Auge zu behalten. In Rücksicht auf die Leistungsfähigkeit der Beteiligten sei zunächst die Frage einer gesetzlichen Ausdehnung der Kranken-Versicheruny auch auf die Hausgewerbetreibenden gesondert in Angriff genommen worden. Die Ab ordnung erkannte an, daß auch schon dann, wenn diese Ausdehnung gelänge, ein großer Teil der vorhandenen Uebelstände beseitigt werden würde. Graf Posadowsky gab weiterhin seiner Bereitwilligkeit Ausdruck, in ge eigneten Fällen den Ausschuß als gutachtliche Körper schaft zu rate zu riehen. Die Herren oer Abordnung äußerten sich sodann über die Unzuträglichkeiten, die der Mangel einer Be griffsverstimmung für „Fabrik" und „Handwerk" nament lich infolge der Doppelbesteuerung vieler Betriebe sowie der Ausscheidung gerade der besten und leistungsfähigsten Handwerksbetriebe aus den HandwerkSoraamsationen mit sich bringe. Demgegenüber betonte Graf Posa dowsky zwar die großen Schwierigkeiten, die einer all seitig befriedigenden Lösung der hier bestehenden Zweifel entgegenständen, gab jedoch der Hoffnung Ausdruck, daß es den weiteren Verhandlungen zwischen den beteiligten Ressorts auf Grundlage der vom Handel-Minister auS- gearbeiteten Denkschrift doch gelingen werde, die Unzu träglichkeiten mindestens ganz erheblich herabzumindern. Dabei sei allerdings dem berechtigten Wunsche tunlichst Rechnung zu tragen, Betriebe, die trotz ihrer Größe die handwerksmäßige Betriebsart beibehalten, nicht lediglich ihres Umfanges wegen zu Fabriken zu stempeln. Frei lich müßten hier auch die Handwerker selbsttätig mit wirken und statt des Drängens nach der Bezeichnung als „Fabrikant" eine Ehre in Führung der schönen alten Bezeichnung als „Meister" eines Handwerkes setzen. Auf die allgemeineren Fragen der Handwerker politik übergehend, sprach der Staatssekretär beim Schluß des Empfanges seine Ueberzeuaung aus, daß auch unter den gegenwärtigen Verhältnissen das Handwerk eine angesehene und wirtschaftlich bedeutungsvolle Stellung in unserem wirtschaftlichen Leben behaupten könne; dazu sei aber freilich auch nötig, daß noch mehr als seither für die technische Ausbildung geschehe, daß dem Hand werk die besten Maschinen und Methoden und billige Triebkräfte dienstbar gemacht, namentlich auch gemeinsame Arbeitsmaschinen benutzt werden, und daß ernste Fach ausstellungen den Geschmack und das Verständnis des Publikums und der Handwerker selbst für den Ge brauchswert wirklich schön und dauerhaft gearbeiteter Sachen neu beleben. Politisch- Weltschau. Deutsches Reich. Der Kaiser begab sich gestern von Metz zur Besichtigung mehrerer Forts und besuchte den Wilhelmstein bei Gravelottc. Die Strecken wurden vom Kaiser und den Herren des Gefolges im Automobil zurückgelegt. Der Kommandierende General Stoetzer begleitete den Kaiser. Abends folgte der Monarch einer Einladung des Bezirkspräsidenten und der Gräfin Zeppelin zum Diner. Die Kaiserin ist dem Schwäbischen Schillerverein als Stiftsmitglied beigetreten. Die Budgetkommission des Reichstages be riet das Offizierspensionsgesetz weiter und nahm den Paragraph 9 an, der bestimmt, was als pensions fähiges Diensteinkommen gerechnet wird, strich jedoch gemäß dem Anträge des Referenten den zweiten Absatz, nach dem bei einem Diensteinkommen über 12,000 M. nur die Hälfte des Mehrbetrages pensionSsähig sein sollte. Nach längerer Debatte über den Paragraphen 6 wurde die Sitzung geschlossen. Die unter den Bundesregierungen vereinbarten Vorschriften über den Verkehr mit Geheimmitteln und ähnlichen Arzneimitteln sind seit mehr als einem Jahre in Kraft und haben, soweit Nachrichten vorliegen, zu einer wesentlichen Einengung des Handels mit den von den Vorschriften betroffenen Mitteln ge führt. Daß es an -Umgehungsversuchen nicht fehlen würde, war vorauszusehen; namentlich durch Aenderung des Namens unter geringfügiger Aenderung der Zu sammensetzung hat man versucht, solche Mittel dem Wirkungsbereich der ergangenen Verordnungen zu ent ziehen. Auch hat sich eine verstärkte Reklame für neue oder in die Geheimmittellisten zunächst nicht aufge nommene Mittel bemerkbar gemacht. Es erscheint des halb an der Zeit, eine Revision dieser Listen vorzu nehmen. Das Reichsamt des Innern hat Verhand lungen hierüber mit den Bundesregierungen eingeleitet. Der außerordentliche Verbandstag deutscher Hochschulen hat seine Beratungen in Weimar zu Ende geführt. Ein deutsches Paradefeld in Nanking ist die neueste Erfindung englischer Blätter. Die „Daily Mail" veröffentlicht nämlich eine Depesche aus Nanking über die angeblich aggressive Politik Deutschlands in China. Die deutsche Regierung hat von der chinesischen Regie rung die Konzession für ein Paradefeld in Nanking er halten. Dieses Paradefeld ist bereits den Deutschen übergeben, die deutsche Fahne ist dort gehißt und ein hohes Gitter um das Paradefeld errichtet worden. Die Chinesen sind darüber sehr erregt, ebenso die europäischen Einwohner von Nanking. Die Erregung der Chinesen ist völlig gegenstandslos. Es handelt sich nämlich gar nicht um ein deutsches Paradefeld. Die deutsche Re gierung hat dieses Stück Land vielmehr nur erworben und einzäunen lassen, damit die englischen Reporter dort ungefährdet Bären spazieren führen können, die sie ihren lieben Lesern aufzubinden gedenken. O-sierreich-Ungarn. Das Abgeordneten haus nahm endgültig den Zolltarif und das Zoll tarifgesetz an. Schweiz. In der Botschaft an die Bundes versammlung, in welcher der Bundesrat Kredit für den Betrieb des Simplontunnels im 4. Quartal 1905 ver langt, wird erklärt, daß der Stand der Arbeiten am Simplon die Eröffnung des Betriebes Anfang Oktober möglich macht. Der schweizerische Baumeisterverband ist auf nächsten Sonntag nach Zürich emberufen, um zu den Ausständen in Zürich und Basel Stellung zu nehmen und möglicherweise einen Beschluß über eine allgemeine Aussperrung auf allen Plätzen der Schweiz zu fassen. Rusiland. Schauerliche Nachrichten kommen aus dem Innern Rußlands. Abgesehen von der furcht - baren Judenhetze in Schitomir fand eine noch schreck lichere Verfolgung im Gouvernement Taurien statt, speziell in Melitopol, wobei die russische Einwohnerschaft die jüdische direkt beraubte und die geplünderten Sachen in aller Ruhe in Sicherheit brachte. Die Polizei ver hinderte wiederholt das Löschen brennender Häuser, die Huden gehörten. Ganze Straßen wurden vollständig demoliext, darauf die Wohnungen mit Petroleum be gossen und niedergebrannt. Insgesamt brannten 42 Magazine mit Vorräten von über einer Million Mark Wert nieder. Auf den Straßen wurden regelrechte Schlachten geliefert. Besonders beteiligten sich daran die Fabrikarbeiter und Bauern. Unter Rufen: „Tod den Juden!" zogen sie mit Beilen und Brechstangen bewaffnet durch die Stadt. Die Bürger wollten diese Horden abwehren, an einigen Stellen traten sie ihnen auch mit Erfolg entgegen, und auf diese Weise gelang es, der Zerstörung der Synagoge vorzubeugen. Ueber die Zahl der Opfer dieser Ausschreitungen liegen noch keine genauen Daten vor. Der Vizegouverneur stellte mit Hilfe eines größeren Truppenaufgebots allmählich die Ordnung wieder her. In Nishnij-Nowgorod wurde um Mitternacht der aus dem Theater heimkehrende Gendarmerie-Oberstleutnant Greschner am Eingang seines Hauses durch Revolverschüsse ermordet; der Wächter des Hauses wurde schwer verletzt. Der Mörder wurde ergriffen; er nennt sich Edelmann Nikiforow. Das Zentralkomitee der sozialdemokra tischen Arbeiterpartei hat einen neuen Aufruf veröffentlicht. In diesem macht das Komitee der liberalen Presse Vorwürfe und ersucht die Bürger, an die der Aufruf gerichtet ist, sich davon zu überzeugen, daß ohne eigene Hilfe nichts erreicht werden könne. Die Peters burger Arbeiter, heißt es in dem Aufruf weiter, würden sich nicht durch die Haltung der liberalen Presse beirren lassen. Die Arbeiter ständen täglich vor dem Dilemma, von der Bildfläche zu verschwinden oder in dieser Welt das unterste zu oberst zu kehren. Sie, die Arbeiter, wählten das erstere und verfolgten begeistert ihr Ziel. England. Wie amtlich bekannt gegeben wird, trifft die französische Flotte am 7. August d. I. in Portsmouth ein, wo sie bis zum 13. August ver bleiben wird. Türkei. Man meldet, daß die vor vier Monaten von der Deutschen Bank nach den Provinzen Bagdad und Mossul entsandte Expedition zur Erforschung der dortigen Petroleumquellen wohlbehalten nach Kon- stantinopel zurückgekehrt ist. In Konstantinopel erhält sich das Gerücht, der Chef der Geheimpolizei Fehim-Pascha sei ver haftet worden. Amerika. Zum internationalen Eisen bahnkongreß sandte der Deutsche Kaiser ein Tele gramm, in welchem er seine Grüße entbietet und dem Wunsche Ausdruck gibt, daß der persönliche Gedanken austausch der in Washington versammelten hervor ragendsten Vertreter des Eisenbahnwesens zum dauern den Vorteil des internationalen Verkehr- dienen möge, dessen gedeihliche Entwicklung das wirksamste Mittel sei, das gegenseitige Verständnis unter den Völkern zu fördern und sie friedlich einander näher zu bringen. Man antwortete mit einem Danktelegramm. Deutscher Reichstag. DaS Haus erledigte gestern zunächst Rechnungssachen und genehmigte die' auf der internationalen Sanitäts konferenz zu Paris unterzeichnete Uebereinkunst in dritter Beratung. Es folgten Petitionen. Das Haus war nur mäßig besetzt, etwa 100 Abgeordnete waren er schienen; Präsident Graf Ballestrem hielt eS daher für angebracht, den Vorschlag zu machen, die bereits einmal ausgesetzte Abstimmung über die Petitionen, betreffend Einführung des Befähigungsnachweises für daS Hand werk und Aenderung der Vorschriften über die Be rechtigung zur Anleitung von Handwerkslehrlingen, ebenfalls auszusetzen. Das Haus stimmte dem Vor schläge zu. Üeber die Petition, betreffend die Unter drückung schlechter Literatur und Kunsterzeugniffe, ent spann sich eine äußerst interessante Debatte. Die Kommission hatte Ueberweisung zur Berücksichtigung vorgeschlagen, von der linken Seite des Hauses wurde Uedergang zur Tagesordnung beantragt und als Grund dafür angegeben, daß man nicht der Polizei diskretionäre Gewalt geben dürfe, und daß die bisherigen Straf bestimmungen vollauf ausreichten. Die Redner von der sozialdemokratischen Partei, Heine und Stadthagen, meinten, man wolle tatsächlich die wahre Kunst und