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„Sächsische Donzeimng." — 16 März 1905. Vermischte« * Ein uralter Brauch bei Hinrichtungen wurde in voriger Woche wieder einmal der Vergessenheit entrissen, als der Doppelraubmörder Allram-eder in München das Blutgerüst bestieg. Man hegte die Vermutung, daß der Delinquent die Ruhe der Vollstreckung durch eine Ansprache stören werde, deshalb waren, um den Todeskandidaten zu überdröhnen, zwei Trommler aufgestellt, die mit rasselnden Wirbelschlägen die Ausrufe des Mörders unverständlich machen sollten. In früheren Zeiten war diese Sitte viel fach üblich und, wie die nachstehende Begebenheit zeigt, bisweilen wohl auch tatsächlich notwendig. Lautlos und ohne störenden Zwischenfall hat sich der Vorhang über dem letzten Akt des blutigen Münchner Drama- gesenkt. Nicht so ruhig verlief ein ähnlicher Fall, den wir ausge zeichnet finden unter den Annalen der hochnotpeinlichen Halsgerichte im Ratsarchiv zu Dresden. Der schwedische Oberstleutnant Johann Koch v. Güllenstein wurde zu Dresden am 30. Oktober 1724 als Mörder seiner Geliebten enthauptet. Er benahm sich aber so fassungslos und rabiat, daß man ihn von der Fronfeste nach dem Richtplatz an Händen und Füßen gebunden im Lazarettkorbe tragen mußte. Einen Tag vor seinem Tode »vor der arme Sünder katho lisch geworden, nahm aber in seiner Verzweiflung wie bisher vom evangelischen Geistlichen, so auch jetzt vom katholischen Priester nicht die Tröstungen der Religion an und war nicht dazu zu bewegen, den letzten Gang mit Fassung anzutreten. Er wütete noch auf dem Schafott gegen seine Richter, spie dem Henker ins Gesicht und schimpfte und schrie so laut, daß die Tambours mit pol ternden Wirbeln ihn übertäuben mußten. Der Todeskan didat sträubte sich gegen den Strafvollzug mit allen Kräften und bewegte den Kopf so heftig, daß der Scharfrichter ihm gar nicht beikommen konnte. In feiner Ratlosigkeit nahm der Henker seiner Zuflucht zu einer List. Er rief: „Da kommt ein Reiter! Der bringt gewiß Pardon!" Natür lich hielt der Verurteilte nun einen Augenblick still und hob den Kopf. Da hatte er ihn auch schon verloren, denn der Scharfrichter schlug zu! — Die tragische Geschichte dieses Mörders gleicht einem Roman. Der stattliche junge Offizier lag einst im Jahre 1706 im Herrenhof zu Oelsnitz im Quartier. Er hatte eine innige und aufrichtige Nei gung zur schönen Erbin des Besitzes gefaßt, und dem Verhältnis zu ihr war eine Tochter entsprossen. Durch Krieges Schicksal vielfach hin- und hergeschlagen, verlor er die Geliebte, die er nie vergessen konnte, aus den Augen. Erst nach 17 Jahren stellte er sich wieder ein und wollte das langersehnte Weib als die Seine heimführen. Das Töchterlein war zur Jungfrau erblüht. Am 11. März 1723 kam er im Herrenhose wieder an und traf sein Jugend-Ideal als Gattin des Hofbesitzers. Da flammte ihm die Rache und Eifersucht auf durch sein heißes Blut. Er ermordete die Geliebte durch viele Dolchstiche und ver wundete den verhaßten Rivalen gleichfalls lebensgefährlich. In Elsterwerda ergriff man den Mörder und brächte ihn unter starker Bedeckung nach Dresden. Hier faß er seit dem 15. März in der Fronfeste gefangen. Er hat die Kettenlast und seine Gewissensqualen ein Jahr und sieben einen halben Monat zu erdulden gehabt, bi- ihn das Richtschivert von seinem verfehlten Leben erlöste. * Der weibliche Rechtsanwalt in Hamm. Wie prompt die mythenbildende Substanz auch in unseren Tagen arbeitet, dafür zeugt der „weibliche Rechtsanwalt in Hamm", der eine stehende Figur der Zeitungen ge worden. Anläßlich einer neuerlichen Erwähnung dieser Figur in einem ernsthaften Aufsatze, in dem das Phänomen für die Statistik ausgenützt wird, erinnert der „Wests. Anz." an die heitere Herkunft dieses weiblichen Rechts- anwalts, die er schon einmal enthüllt hat: „Der weibliche vr. jurw in Hamm verdankt seine Existenz einem Annoncen- scherz des Theatersdirektors Julius v. Bastineller in Hamm, der, um das Interesse für eine Aufführung des Lustspiels „Fräulein Doktor" wachzurufen, in einer scherzhaften An zeige vorher ankündigte, an dem und dem Tage (dem Tage der Aufführung) halte „Fräulein vr. jur. Johanna Diettrich" (die Titelheldin des genannten Stückes) in Obergs Saal „abend- von 8—10 Uhr" eine „Sprechstunde" ab. Ein auswärtiges Blatt hatte diesen Scherz zufällig entdeckt, ihn ernst genommen und gelehrte Betrachtungen an die „Niederlassung eines weiblichen Rechtsanwals in Hamm" geknüpft. Seitdem ist der Ruf des „weiblichen 0r. jur. in Hamm" durch ganz Deutschland und darüber hinaus verbreitet, und trotz des bald im „Wests. Anz." veröffentlichten „Dementis" wird die Sage vom „ersten weiblichen Rechtsanwalts in Haipm" bis in die fernste Zukunft fortleben. * Geld als Krankheitsträger. Dem Kongreß in Washington ist eine Gesetzesvorlage unterbreitet worden, nach der schmutzige und beschädigte Geldscheine außer Kurs gesetzt werden sollen. Zu diesem Ende hat der Gesund heitskommissar der Stadt New-Aork Or. Thomas Dar- lington einem Ausschüsse des Kongresses einen Bericht vorgelegt über Experimente, die l)r. Parks vom Willard Parker Hospital gemacht hat, um festzustellen, welchen Ein fluß Metall- und Papiergeld auf das Leben von Batterien haben. Aus den Experimenten ist zu folgern, daß die metallischen Substanzen der Münzen, wenn sie mit Bak terien in Berührung kommen, durch die lösende Tätigkeit von Feuchtigkeiten den Bakterien verderblich werden, während auf Papiergeld das allmähliche Absterben der Batterien durch Trocknung erfolgt. Eine Anzahl schmutziger Münzen und Banknoten aus einem Bankhause erwies sich wie folgt infiziert: Pennies mit durchschnittlich je 26 lebenden Bak terien, Dimes mit je 40, noch leidlich reine Geldscheine mit je 73,000 lebenden Bakterien. Die Krankheitskrime der Schwindsucht können sich auf Papiergeld einen Monat lang und auf Metallgeld 24 Stunden lang erhalten und durch den Äeldverkehr von einer Person auf die andere übertragen werden. * Auf tser Landstraße. Sächsischer Gendarm (einen Handwerksburschen nach der Legitimation befragend): „Haben Se ä Baß (Paß)?" — Handwerksbursche (Ber liner): „Ne, ick finge zweiten Tenor." Letzte Nachrichten. — Bom König-Hofe. Se. Majestät der König empfing heute mittag den König!. Bayer, außerordent lichen Gesandten und bevollmächtigten Minister Grafen v. MontqelaS in Audienz An der heutigen König!. Mittagstafel nahm Se. Hoheit der Prinz Hermann von Sachsen-Weimar-Eisenach in Begleitung de- Obersten Grafen Holtzendorff teil. Am Sonnabend, den 18. d. M., vormittag wird sich der König nach Leipzig begeben, um der Eröffnung der unter Allerhöchst seinem Protek torate stehenden Internationalen Kochkunst- und Fach- AuSstellung für das Gastwirtsgewerbe, Leipzig 1905 im dortigen Kristallpalast beizuwohnen. — AuS dem Polizeibericht. Vorgestern ver unglückte in Vorstadt Löbtau der 14 Jahre alte Schul knabe Schubert dadurch, daß er beim Schaukeln an einem Treppengeländer infolge Reißens des dazu ver wendeten Strickes auf die Treppe stürzte und eine Ge hirnerschütterung, eine Stauchung der Wirbelsäule und einen Schlüsfelbeinbruch erlitt. Der Verunglückte fand Aufnahme im Friedrichstädter Krankenhause. Theater,Repertoire. (Ohne Gewähr der Innehaltung.) Königliches Opernhaus (Altstadt). Donner-tag, den 16. März: Di« Jolkuuger. Freitag, den 17. März: Sinfonie-Konzert (Anfang 7 Uhr). Königliches Schauspielhaus (Neustadt). Donner-tag, den 16. März: Don EarloS. (Anfang '/'? Uhr.) Freitag, den 17. März: Brand. (Anstrng 7 Uhr.) Restdeuztheater. Donner-tag, den 16. März: Der Familienlag. Freitag, den 17. März: Der NahcheilSmnnd. Eeutraltheater. Täglich Barieis-Borstellung. (Anfang '/»8 Uhr.) Viktoria-Salon. Täglich Barists-Borstellung. (Anfang '/F Uhr.) Mein rsiok illustrierter MO M. MrchkMldci« Hutterrüßen find gegen mündelfichere Hypothek auszu- aus prima Stossen L« «. r« M. Tuchlager Amalienstr. 17, I. leihen durch den Kirchenvorstand zu Rvbrsdorf b. Wilsdruff. s7j vr E-rOosol, Bors. ist zu verkaufen in Eoswig Nr. «O I,!wL«n- anä Ualsbraubbelton als I-uttroursn- und vronotüulkutLi'l'tt, Xstdmu, Vvrooklsimunx, oovls l-vidssvtzrstopkuvx xodsissort sv. dsgeitlxt üurok äsn svlt vlolon Allüren orprodtsn unck kLvtlMLnn'sokon l-unxvvtve. Vor ¬ seide Ist in onxroo von 3 pukoton (ü 1 «.) an in Süttlau-zVoillor Ulrsed, llautrvor 8tru6o kir. 28, ru dvrivkon. kiur sokt, vonn Lvckoo kakel mit ckor 8vkutrnlLrks „lluotuvunn" vorovdon ist. MEvt-snatt.; Islcknck. Ztsos S,SVO. k'vLxGv 5,00 6,00. UtzatzrrrlrLSl 6,800. Nsblvon- 3,00. 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Standesamts Schönfeld. (Monat Februar ISOb.) Geburten. Ein Sohn: Zimmerer Moritz Theodor Richter in Scho,seid — WirtschaftSbefi Maurer Friedrich Ernst Huhle in Zimmerer Max Otto Schräger in — Gutsbesitzer Friedrich Hermann M Zaschendorf — hierzu eine autzerehel. l Eine Tochter: Maurer und Wirvchastsbrsitzer Ernst Moritz Müller in Schullwitz — Arbeiter Daniel Karl Moch in Eichbusch — BLckeretbefitzer Bruno Hugo Schurig in Schullwitz — Maurer Friedrich Ernst Fmhs daselbst - Maurer Max Gustav Gäbler in Rr y-ndoff. Sterbefälle. GutSauSzügler Ernst Wilhelm Leuner i» Schullwitz (74 I.) — GutSauSzügler Johann Karl Traugott Lehnert in Schönfeld (8b I.) — Martha Lina Füsiel das. (4 M.) — August, Emilie Huhle geb. vo mann m Schullwitz (MI 6 M.) — Lina Anna Petzold das. (4 I. 6 — hierzu eine Totgeburt Gesunde Leutewitzer Runkel» ver kauft ab Feime. Rittergut Kaitz b Dresden f8j »ronckol Dl»» »«»»VllLSNel«