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unS Klnvlbolr. Unparteiisches Tageblatt Chemnitz und die Vororte: Altchemnitz, Altendorf, Bernsdors, Borna, Ebersdorf, Furth, Gablenz, Glösa, Helbersdorf, Hilbersdorf, Kappel, Neustadt, Schöna» sbomrementsbestellungen, vierteljährl. 125 Pf. (Zutr. 40 Pf.), monatl. 45 Pf. (Zutr. 15 Pf.), nehmen »die Verlagsexpedition u. Ausgabestellen in Chemnitz u. obigen Vororten. Außerhalb dieser Orte kann der An- fger nur b. d. Postanstalten—PostztgS-Liste 7. Nachtrag Nr. 1059 —(vierteljährl. 150 Pf.) bestellt werden. JnfertionSpreis: di« schmal« (Ispaltige) KorpuSzeile oder dere» Ranm 15 Pfennige. — — Unter Eingesandt pro Zelle 30 Pfennige. — Auf groß« Annoncen und Wiederholung« Rabatt. — Annoncen-Annahme für die nächste Nummer bi» Mittag. — Ausgabe jede» Wochentag Nachmittag. Verlags-Expedition: »Alexander Wiede, Buchdruckerei, Chemnitz, Theaterstraße 48 (ehemaliges Bezirksgericht, gegenüber dem Kasino). Bekanntmachung. Wegen Reinigung der Lokalitäten werden nur dringende Sachen expedirt am 16 Juni d. I. der Nachlaß- und Vormundschaftsabtheilung nnd in den Expeditionen- für trafsachen Nr. 46—48, am 17. Juni d. I. den übrigen Expeditionen für Strafsachen Nr- 39—22, tz am 18. Juni d. I. ! den Bbtheilungen' für Konkurs- und für streitige Zivilsachen, in den Ex- ditionen der Sportelkasse für streitige Zivil- und für Strafsachen und der erichtsvollzieher und am 19. Juni d. I. i der Abthetlung für Grund- und Hypolhekcnsachcn und sin der Haupt-, portel- und Dcpositenkasje. Chemnitz, am 6. Juni 1884. Königliches Amtsgericht. Beyer. Für den nach Amerika ausgewanderten Handarbeiter Christian Emil Schubert aus Reichenbrand ist der Gastwirth Herr Oswald Theodor Wendler daselbst als Abwesenheitsvormund verpflichtet worden. Chemnitz, den 9. Juni 1884. König!. Amtsgericht, Abtheilung K. Beyer. In: Musterrcgister des Unterzeichneten König!. Amtsgerichts ist unter Nr. 862 eingetragen: Richard Schilling in Grüna, ein Kouvcrt, enthaltend 3 Handschuhe mit regulär eingesetzten Daumen, Flächenerzeugnisse, Fabrik- nuininern 113—115, Schutzfrist 3 Jahre, angemeldet am 7. Juni 1884, Vor mittags °/<11 Uhr. Chemnitz, am 9. Juni 1884. König!. Amtsgericht, Abth. L. Nohr. Tr. 12. öffentliche Sitzung der Stadtverordneten. Chemnitz, am 12. Juni 1884, Abends 6 Uhr. Tagesordnung: 1. Geschäftliche Mittheilungen. 2. Berichte deS Finanz ausschusses über ». den Beschluß, Herrn Rose 3,, Qu.-Meter Areal an der Friedrichstrabe mit 48 Mark Pr. Qu.-Meter zu entschädigen; b. den Beschluß, 571 Ou.-Meter Areal an der Hermannstrabe an Herrn Wünsch mit 16 Mark pr. Qu.-Meter zu verkaufen; o. den Beschluß, das von den Herren März, Türk und Seim zur Regulirung der Baulinie an der Langestraße abzutretende Areal mit 78 Mark Pr.Qu.-Meter zu entschädigen. 3. Berichte deS Kontroll- auSschujseS über a. die Rechnung der Poliklinik auf das Jahr 1883; d. die Rechnung der Verwaltung der öffentlichen Bäder aus das Jahr 1883; o. die Rechnung der Verwaltung der öffentlichen Anlagen und Promenaden auf da» Jahr 1883; ä. das Gesuch des Maurers Wenzel Fidlak auS Czihina in Böh- men um Aufnahme in den sächsischen StaatSunterthanen-Berband. 4. Bericht des Verfassungsausschusses über den RathSbeschluß, die Erhebung der Beiträge zur Krankenversicherung betr. Der Stadtverordneten-Borsteher. Rechtsanwalt vr. Enzmann. Beste und billigste Bezugsquelle in ckWfp- und für daS Alter von S—IS Jahren. Bestellungen »q M°°s, w-,d-. m d-,z-u °.f. S. Adam Nachf., W. Strien», Chemnitz, Markt 7. -'»biilc für IVitsolllnanAoln — Kontor- unä Kuävn-ILinriosituiiAün * V»lnp1'ti8vdlvr«i Ott« /vivknllvrsti'. * Kileben- unä 1Virtksolis.ktsmöbsI — Kinäsrwödsl — Loimllrünüv. tiio ^rteu xn aict. ölüdel u. Oorütilv kür Kontore, vureuux, 6esvi>ükte u. 1-üäon. — Vscliiiufssilisls IN livn?S8SSgS. — ^Ile ^rtsn xrskt. Kllodsn- u.IVirtlisobaktomödsl. — ^Ile Urteil xraüt. Kinäermöbel u. kubrverüv. TageScbronik. 12. Juni. 1812. Ludwig XIV. gehl über den Rhein. 1733. Friedrich der Große vermählt sich mit einer Prinzessin von Braun schweig. .1798. Malta von den Franzosen genommen. 1889. Napoleon I. in den Bann gethan. 1848. Aufruhr in Prag. 1864. Einzug des Kaisers Max in Mexiko. 1878. Georg V. von Hannover gest. Brüssel, 11. Juni, Vorm. Das Journal „Chronique" meldet, der Ministerrath trete heute Vormittag zusammen. Die Regierung sei iw folge des Wahlergebnisse-, Wonach die Klerikalen mit 32 Stimmen in der Majorität sind, zum Rücktritt entschlossen und das Demission» gesuch werde dem Könige noch im Laufe deS Tages zugehen. Politische Rundschau. Deutsches Reich. AuS Kissingen wird gemeldet, daß daselbst die Ankunft des Fürsten Bismarck in der ersten Juliwoche zu er- ' """— "" warten sein dürste, da der Reichskanzler eine bezügliche Nachricht an Telegramme -es Chemnitzer Anzeigers. den Hofrath Streit habe gelangen lassen. IN — Unter dem Eindruck der nationalen Feier, vom 9. Juni sind Vom 10. Juni. —-zMi tzrInUMkM7 M M Däg'e vorher am kaiserlichen Hofe statt- Leipz^g. Reichsgericht. Der zweite Zivilsenat bestätigt« das gefunden haben, etwas zurückgetreten, die aber trotzdem nicht mit Stillschweigen übergangen werden können. Die erste derselben, die des Prinzen Heinrich von Preußen mit dem ihm vom Spanien verliehenen Orden des Goldenen BließeS, war rotzdem legte er wieder Zeug Urtheil des Oberlandesgerichts Dresden, wonach die Klage der Recht» Nachfolger Richard Wagner's gegen die Stadtgemeinde Leipzig bezw. Investitur Theaterdirektor Stägemann auf Anerkennung de« ausschließlichen König von Urheberrechts in Betreff der Opern Rienzi, Holländer, Tannhäuser zwar nur ein mehr zeremonieller Akt, und Lohengrin abgewiesen wird. Die Stadtgemeinde Leipzig darf niß von den ausgezeichneten Beziehungen ab, die zwischen Deutschland demnach diese Opern im neuen Theater ohne Tantieme aufführen lasten. Berlin. Die Aktiengesetz-Kommission nahm in zweiter Lesung unverändert die Bestimmung an, daß Aktien auf mindestens 1000 Mk., Aktien aus Inhaber auf mindestens 1000 Mk lauten wüsten. Die Anträge, den Minimalbetrag beider Arten von Aktien auf 1000 Mk. festzusetzen und die Beschränkung de- Minimalsatzes auf 200 Mk. für Aktien zu gemeinnützigen Unternehmungen zu streichen und die Roth- Wendigkeit der Genehmigung deS Reichskanzlers zu beseitigen, wenn ein örtliches Bedürfniß vorliege, wurden abgelehnt. Karlsruhe. Die erste Kammer lehnte den von ver zweiten 'Kammer angenommenen Gesetzentwurf, betreffend die Einführung einer fünftägigen Reuefrist bei landwirths haftlichen Verkäufen ab. Karlsruhe. In der zweiten Kammer richteten 8 Mitglieder der liberalen Partei die Anfrage an die Regierung, welche Stellung dieselbe im Bundesrathc gegenüber den Vorschlägen der Sachverständigen- Kommission zur Abänderung des Nahrungsmittelgesetzes, betreffend die Herstellung und den Verkauf deS Weines, einnehme. Darmstadt. In geheimer Sitzung der zweiten Kammer brachte StaatSrath Finger ein Schreiben des Großherzogs zur Ver lesung, in welchem mitgetheilt wird, daß der sofortigen faktischen Trennung seiner Ehe demnächst die gerichtliche folgen werde, ein Schritt, zu dem er sich entschlossen habe, nachdem er eingesehen, wie .sehr er sich getäuscht habe. Wien. DaS „Fremdenblatt* äußert in Bezug auf die Abberufung des Vertreters Serbiens aus Sofia: So bedauerlich eine solche Eventualität anch wäre, so läge selbst bei einer solchen Steigerung deS Zwischenfalle» «och keinerlei Grund zu der Befürchtung vor, als ständen wir am Vorabende größererKomPlikationen. Die Entschiedenheit, mit welcher alle Großmäche an dem durch den Berliner Frieden geschaffenen statua guo sesthalten, ihre klaren, fried lichen Intentionen werden schließlich auch auf beide in Konflikt ge ratenen Staaten ihre Wirkung nicht verfehlen. Wien. (Prozeß Stellmacher.) Aus den polizeilichen Pro tokollen wird auch folgende Aussage Stellmachers verlesen: „Wir machten un» zur Pflicht, nur das zu gestehen, was unS bewiesen wird." Nach den Plaidoyers de» Staatsanwaltes und deS VertheidigerS sagt Stellmacher: „DaS Verbrechen, dessen ich mich schuldig bekenne und das Verbrechen, das bei Eifert vorgekommen ist, sind gewiß schreck liche Verbrechen, aber wenn die Kinder schon im Mutterleibe ver nachlässigt und sozusagen gemordet werden und keine Erziehung ge nießen und eben aus diesen Kindern diese Kreaturen heranwachsen, die diese Verbrechen verüben, so ist das ein noch schlimmeres Ver brechen." Nach einstündiger Berathung des Gerichtshofs wird das Urtheil publizirt: Stellmacher wird der Ermordung Blöch's und Eisert's und bezüglich der übrigen Anklagepunkte schuldig gesprochen nnd zum Tode durch den Strang verurtheilt. Stellmacher nahm daS Urtheil ruhig entgegen. Agram. Der Landtag lehnte den Antrag auf Vorlegung der auf Aushängung doppelsprachiger Wappenschilder bezüglichen Akten mit 8 Stimmen Mehrheit ab. Der BanuS hatte sich gegen den Antrag ausgesprochen und Uebergang zur Tagesordnung beantragt Haag. Die zweite Kammer hat mit 48 gegen 18 Stimmen LaS Gesetz angenommen, welches provisorisch bis zum Jahre 1887 die Zuckermeffung für die Verbrauchssteuer auf Zucker nach franzö sischem System einsührt. — Der Zustand des königlichen Prinzen ist immer noch sehr bedenllich. und Spanien fortdauernd obwalten und welche durch den vorjährigen Besuch des deutschen Kronprinzen in Madrid so günstig eingeleitet wurden. Die andere Feierlichkeit wurde durch den Empfang der Deputation der Transvaal-Republik durch den Kaiser gebildet. Die Abgesandten der südafrikanischen Boern-Republik sind nach Berlin gekommen, um mit dem deutschen Reiche einen Freundschafts- und Handelsvertrag abzuschließen, und die freundliche Aufnahme, welche die Vertreter der tapferen Boers beim deutschen Kaiser und seinen Rathgebern gefunden haben, bürgt für den Erfolg ihrer Reise. — Bei den gestrigen Verhandlungen deS Reichstages stand, wie bereits mitgetheilt, der Antrag der Abgg. Ackermann und Genoffen, betreffend Ergänzung des Z 1tOs der Gewerbeordnung in dem Sinne, daß Nichtinnungsmeister Lehrlinge nicht mehr sollen annehmen dürfen, zur Berathung. Abg. Ackermann wies zur Be gründung des Antrags auf die Forderungen der Handwerksmeister hin, denen durch den Entwurf Befriedigung verschafft werden solle Eine reaktionäre Maßregel sei daS nicht, da nicht überhaupt den NichtinnungSmeistern das Recht, Lehrlinge zu halten, versagt sei, vielmehr nur der Behörde da» Recht ertheilt werden soll, in gegebenen Fällen eine derartige Befugniß zu untersagen. DaS Prinzip der Gewerbefreiheit werde dadurch nicht durchbrochen. Abg. vr. Meyer (Jena) suchte den Zweck des Antrages darin, daß den Innung«, meistern private Vortheile zugeführt werden sollen» um ihnen den Konkurrenzkampf mit den außerhalb der Innung stehenden Meistern zu erleichtern. Dadurch würden den Innungen Elemente zugesührt werden, an denen ihnen nichts liegen könne. Es vertrage sich ein solches Hineinzwingen der Meister in die Innung auch nicht mit dem Prinzip der Gewerbeordnung. Redner bekämpfte dann die Er Weiterung der den Behörden beigelegten diskretionären Gewalt, von welcher jene nur in seltenen Fällen Gebrauch zu machen versuchen würden. AuS diesen Gründen verwerfe er ebenso wie sein« Freunde den Antrag. Abg. Majunke erklärte zwar ebenso wie der Vor redner sich gegen di« Vermehrung der diskretionären Befugnisse der Behörden, erblickte aber in dem Antrag den richtigen Weg, der Noth deS Handwerkerstandes abzuhelfen. Am besten Wäre die Einführung reiner Zwangsinnungen. Abg. 0,-. Baumbach nannte den Antrag ein Stück aus dem klerikal-konservativen Wahlapparat und. wies darauf hin, daß bei der heutigen Arbeitstheilung da» Handwerk sich in die Zwangsjacke der Innungen nicht mehr einspanven laste. Der einzige Weg, dem Handwerk zu helfen, sei die Veranstaltung von Fachschulen, Fachausstellungen und Fachvereinigungen. Di« Konser vativen glauben aber, wie eS ja auch Herr von Rauchhaupt offen ausgesprochen, die Handwerkersrage als Haupthebel bei den Wahlen gegen die Linke benutzen zu können. Der Antrag Ackermann paffe vielleicht in den Polizeistaat, aber nicht in den Rechtsstaat, er sei völlig unannehmbar Abg. Lohre» äußerte sich im Sinne deS Aw tragstellerS. Geh. Rath Lohman« betout«, daß über den vorliegenden Antrag vo« den verbündeten Regierungen ein Beschluß noch nicht gefaßt sek; er könne sich daher NamenS derselben nicht aussprechen; es liege aber kein Grund für die Annahme vor, daß die Regierungen jetzt ein« andere Stellung als in der Vorlage von 1881 ein nähmen. Ueber diesen Standpunkt würden sie nicht hinauSgehen Abg. Retter bekämpfte den Antrag vom Standpunkte der Gewerbe freiheit aus. Die Innung böte dem Lehrling überhaupt jetzt, nach dem sich die ganze Produktionsweise geändert habe, nichts Ganzes und Abgeschloffenes mehr, so daß man den Lehrling doch füglich nicht zwingen könne, seine Ausbildung in einer der heutigen Fabrikations weise nicht entsprechenden Form zu suchen. Die Ablehnung des An trags entspreche lediglich dem Geiste der bestehenden Gesetze. — Hier auf verwahrte sich Abg. v. Kleist-Retzow gegen den Vorwurf Baum- bachs, die Konservativen trieben mit ihrem Anträge Wahlagitation. Seine Partei wolle lediglich dem Volke, dem Handwerker helfen. Er halte den Antrag Ackermann für das beste Mittel, die Innungen zu heben und eine Erziehung zum Handwerk zu ermöglichen. ZwangS- innungen wolle er jedoch durchaus nicht. DaS jetzige allgemeine Recht» Lehrlinge zu halten, habe zu den allerärgerlichsten Mißbräuchen ge führt, nur die JnnungSmeister seien durch ihr Verhältnis zur Innung an solchem Mißbrauch gehindert. In solcher Stärkung der korPorativen Ber« hältniffe des Handwerkerstandes, wie sie der Antrag Ackermann ermöglicht; liege die einzige Möglichkeit, daS Handwerk selbst auch materiell günstig zu stellen dem Kapital gegenüber. Er bitte daher, den Antrag anzunehmeni Das Schlußwort erhält als Mitantragsteller Abg. vr. Windthorst, welcher als das zu erstrebende Ziel die obligatorische Innung hin-, stellte. Die ganze Vergangenheit und die Stellung, welche das Zen trum von jeher zu der Handwerkerfrage eingenommen habe, schütze seine Partei vor dem Verdachte, daß der Antrag nur mit Rücksicht auf die Wahlen gestellt worden sei. — Hiermit wurde die General diskussion geschloffen. Nachdem nunmehr in der Spezialberathung der Antrag seitens des Abg. Goldschmidt einer längeren Kritik unter zogen worden war, wurde nach nochmaliger Befürwortung desselben durch den Abg. Ruppert die Debatte geschloffen und der Antrag Ackermann in namentlicher Abstimmung mit 157 gegen 144 Stimmen angenommen. — Mit Ja stimmten die K»n- servativen, die Freikonservativen mit Ausnahme der Abg. v. Unruve- Bomst und von Wöllwarth, das Zentrum, die Polen und die Elsässer mit Ausnahme der Abgg. Antoine, Grad, Quirin und CablS, mit Nein die Deutschfreisinnigen, die Nationalliberalen und die Sozial demokraten, sowie die Abgg. von Treitschke und von Bühler. — Auf Anregung des Abg. Richter (Hagen) erklärt der Präsident, daß die zweite Berathung deS Unfallversicherungsgesetzes am Sonnabend be ginnen und ohne Unterbrechung zu Ende geführt werden soll. Die nächste Sitzung wurde auf heute Nachmittag 1 Uhr festgesetzt. (An träge Windthorst bezüglich Aufhebung des ExpatriirungsgesetzeS und Ackermann bezüglich der Gcwerbekammern) — Gestern beging in Berlin die dortige Schuhmacher- Innung ihr 600jährige» Jubiläum, und es war, wie da» „B T." schreibt, ein bedeutsames Ereigniß für die ganze große Schuhmacher- Gewerkschaft sowohl wie für die Reichshauptstadt. Die Anfänge der Innung, deren Obermeister vor wenig Tagen die Ehre hatten, vom Kaiser und vom Kronprinzen empfangen zu werden, datiren zurück in die Zeiten, da die Schwesterorte Berlin und Köln zum ersten Male als Städte genannt werden. In diesen sechs langen Jahrhunderten haben die Angehörigen der ehrsamen Zunft der Schuhmachermeister in Krieg und Frieden, in guten und schlimmen Zeitläuften sich als strebsame Meister deS Handwerks, wie als treue Erfüller jedweder Bürgerpflicht bewährt» und manch' wackerer Mann ging aus ihren Reihen hervor, den die Geschichte mit Ehren nennt und das Handwerk mit Stolz als de« Seinigen bezeichnet. Oesterreich-Ungarn. Der überaus stürmische Charakter der Wahlbewegung in Ungarn hat sich jüngst wieder in bedenklichster Weise gezeigt. Aus GyönggoeS, Szent Miklos, Guessing und be sonders auS Mindszent werden die schlimmsten Exzesse gemeldet. In letztgenanntem Orte, wo der liberale Kandidat, Markgraf Pallavicini» seine Programmrede halten wollte, kam eS, wie gestern bereits tele graphisch gemeldet, zu einem regelrechten Feuergefecht zwischen den Gendarmen und dem Pöbel, wobei es mehrere Tobte und zahlreiche Verwundete gab. Man kann unter diesen Umständen dem am nächsten Freitag beginnenden Wahlakte nur mit den größten Besorgnissen entgegensehen. — In Wien hat am Montag der Prozeß gegen den Anarchisten Stellmacher, welcher der Theilnahme an dem Eisert'schen Raubmord und an der Ermordung des Detektive Blöch angeklagt ist, begonnen. — Im weiteren Verlaufe der Verhandlung gegen den Anarchisten Stellmacher, welche sich zur Zeit in Wien abspielt, erkennen einige Zeugen den Angeklagten als eine der beim Eisert'schen Raubmorde betheiligt gewesenen Personen. Seitens der Sachverständigen wurde konstatirt, daß der bei Eifert nach der Mordthat Vorgefundene Zünd stift zu den bei Stellmacher gefundenen elf Zündstiften gehöre. Sensa tion erregte die Verlesung von Briefen Stellmacher'« an den öster reichischen Gesandten in Bern und an deutsche Polizeibeamte, s« welchen er gegen gutes Honorar Konfidentendienste anbot. Der Ange klagte erklärte, daß er sich damit nur bei der Polizei habe einschleicheu. wollen, um seiner Partei zu nützen. (Urtheil s. Telegramm.)