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300 G » fel, der sich aber an List und Bosheit fast allen anderen zuvorthat, vor den Erzürnten und sprach: „Meister, willst Du mir sieben Tage Zeit ge ben zum Ueberlegen, so verspreche ich Dir, etwas zu ersinnen, das Dich zufrieden stellen soll, wo nicht, so sollst Du mich in den tiefsten Abgrund der Hölle bannen siebenhundert Jahre lang, daß ich Dein Angesicht nicht sehe." „Siebenmal sieben Tage will ich Dir verwil- ligen, Adramelech," erwiderte Satan mit herab lassender Güte, „und wenn Du mir Genüge lei stest, so will ich Dich erheben, daß Du Keinen über Dir erkennen sollst als mich, und alle Fürsten der Hölle sollen Dir gehorchen." Allein schon nach den sieben Tagen, die er sich ausbedungen hatte, trat Adramelech wieder vor Satan und sagte: „Meister, laß. Deine Fürsten und Nathe ver sammeln, denn ich bin gesonnen, Bericht zu er statten von Dem, was ich erdacht, um die Men schen zu verderben, und wenn Einer etwas Besseres ' auszei.qen kann als ich, so sollst Du Deines Wortes quitt sein." Da berief Satan den großen Rath, und Alle waren begierig, was Adramelech vorbringen werde, der aber trat ein mit einem unscheinbaren Dinge in den Krallen, worüber Biele lachten in ihrer Ein falt, Dieses unscheinbare Ding aber war nichts mehr und nichts weniger als ein Schnürleib, und als Adramelech den Gebrauch desselben erklärte und die daraus entspringenden Folgen, "da ver stummten die einfältigen Lacher, und höllischer Ju bel brach los, .und Alle erkannten an, Adramelech sei ein guter Calculator, von dem die irdischen Calculatoren noch viel lernen könnten. Satan aber umkrallte seinen würdigen Gesellen tiefgerührt und mit Freudenthräncn im Blicke, und hieß ihn setzen zu seiner Rechten, und hielt ihm getreulich Wort, und machte Adramelech zum Ersten nach sich, wor aus man ersehen kann, daß selbst in der Hölle das Verdienst Anerkennung findet, was auf Er den nicht immer der Fall ist. Der Calcul Adramelech's aber war folgender. Die Weiber auf Erden, sprach er, sind schwache, zerbrechliche Gefäße, und wenn man ihrer Eitel keit schmeichelt, so vermag man Alles über sie. Nun werden sie aber glauben, sie seien schöner, wenn sie eine recht schlanke Taille haben,'sie werden da her den Schnürleib bald liebgewinnen und unent behrlich finden, und werden ihren Leib zusammen pressen und schnüren, bis sie sich mit zwei Hän den umspannen können und den mageren Wes pen gleichen Dadurch werdende die edelsten Theile lhres Körpers verletzen und ihre Gesundheit von Grund aus zerstören, und es werden allerlei Krank heiten daraus entstehen, als: Schwindsucht, Krampfe und schwere Geburt, und die Frucht ihres Leibes werden sie dadurch verwahrlosen, so daß sie nur elende, schwache und kränkliche Kinder zur Welt bringen, in denen der Geist der Lugend nicht er starken kann, und welche uns daher um so leichter verfallen werden. Die Frauen werden sich also erstlich schwer ver sündigen, indem sie ihren Körper, der doch von Natur das schönste Meisterstück des Ewigen ist, zu verbessern trachten und sich daher weiser dünken als der Schöpfer selbst; sie werden sich ferner schwer versündigen, indem sie ihre Gesundheit, die zu be wahren ihnen obliegt, zerstören und dadurch ihre Lebenszeit abkürzen; am schwersten aber werden sie sich versündigen an ihren Nachkommen, deren Körper sie schon verderben, ehe sie geboren wer den, und die sie siech und mit Krämpfen und an deren Krankheiten behaftet zur Welt bringen wer den. Die Manner aber werden sich versündigen, indem sie solche Mode schön finden und die Wei ber daher in allen ihren Sünden bestärken wer den, statt sie davon abzuhalten und sie zu warnen, und so hoffe ich, daß uns nach und nach das ganze Geschlecht verfallen soll. Die ganze Hölle jauchzte Beifall, und Sata- nas selber erfand später den Walzer und den Ga lopp, um die schädlichen Wirkungen des Schnür- leides todbringender zu machen. „Aber woher wissen Sie das Alles so genau?" fragte ich meinen Berichterstatter. „Ei, ich war ja dabei" — platzte er heraus, aber in demselben Augenblicks erkannte er seine Dummheit und bat mich nun mit höllischer Freund lichkeit, sein Vertrauen nicht zu mißbrauchen und die Sache nicht weiter auszuplaudern. „Ei was," sagte ich, „ich schere mich den Teu fel um einen Teufel, augenblicks gehe ich und lasse die höllische Erfindung durch die Sächs. Dorszeit- ung bekannt machen, meine schönen Landsmännin nen werden sich verteufelt wundern, wenn sie hö ren, wem sie diese abgeschmackte Mode verdanken." „Ader Sie machen mich unglücklich," rief er ängstlich, „ich werde wenigstens siebentausend Jahre an den Nordpol verwiesen, was die schrecklichste Strafe ist für unsere, an eine hohe Temperatur gewöhnte Natur; hu, mich stiert schon bei dem Gedanken daran. „So mag der Teufel lieber einen Teufel ho len als meine Mitmenschen," entgegnete ich, in dem ich mich zum Fortgehen anschickte. Der dumme Teufel warf mir einen grimmigen Blick zu und fuhr wütbend vor mir zur Thür hinaus, indem er einen Dunst zurückließ, welcher eben nicht nach Rosenöl duftete und mich beinahe erstickt hätte; ich aber ging schnurstracks nach Hause, um die Geschichte aufzusetzen, damit sie eine Warn ung sei für Alle, dle sich oder Andere schnüren oder schnüren lassen. Darum, ihr Frauen und Jungsrauen, werfet von euch den Schnürleib, dieses Geschenk des Teu fels, und wollet euch nicht stevelntlich klüger dünken als der Schöpfer, indem ihr an seinen Werken mäkelt und verbessert; bewahret euere Gesundheit r;nd bringet sie nicht dem Teufel zum Opfer; ist euch denn die Eitelkeit so fest mit den Herzen ver-