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rss Die Erfindung des Schnürleibes. (Ein gesandt.) Verehrtester Herr Redacteur, wenn Sie diese Ueberschrist gelesen haben, so. werden Sie gewiß sprechen: Das ist etwas Altes, längst Dagewese nes, die Schnürleiber hat der und der, oder die und die erfunden, und Sie sagen uns damit nichts Neues. - Ich glaube Ihnen aber dennoch etwas Neues zu erzählen, denn ich wette, Sie wissen nicht, wer der eigentliche Erfinder war. Nun denn, ich will es Ihnen sagen, will Ihnen und den ver- ehrlichen Lesern der Sachs. Dorfzeitung die Ge schichte erzählen, wie ich sie aus dem Munde ei nes — Teufels gehört habe. Der eigentliche Erfinder der Schnürleiber ist nämlich nieryand Geringeres, als Adramelech, jetzt einer der Fürsten der Hölle, früher nur ein ganz gemeiner Teufel. Die Art und Weise aber, wie das zugmg und wie ich es erfuhr, trug sich folgender maßen zu. Sie wissen, daß sich jetzt eine ganze Legion Teufel von allen Gattungen und Spielarten auf der Welt herumtreiben; denn man trifft da Geld teufel und Geiztsufel, Zankteufel und Hochmuths- teufel, Wollustteufel und — dumme Teufel, und einer der letzteren Sorte mochte es sein, dessen Be kanntschaft ich vor Kurzem machte- denn sonst hätte er mir das höllische Geheimniß nicht ausgeplau dert, das ging aber so zu. Ich trat vor nicht langer Zeit hier eines Nach mittags in ein Kaffeehaus, um die Zeitungen zu lesen. Es war ganz leer. Ein einziger Herr saß an dem Zeitungstische und blätterte m denselben. Er war sehr anständig gekleidet, in kurzen schwar zen Rock, eng anliegende Beinkleider, elegante Weste und trug im Jabot eine kostbare Tuchnadel; er chien in Jahren schon etwas vorgerückt zu sein, denn sein Haupt zeigte nur noch spärliche weiße Locken; sein Gesicht zeigte eine sonderbare Mischung von Dummheit und Malice, und der stechende Blick der grünlich grauen Augen blitzte manchmal wahr haft dämonisch durch die Brillengläser. Ich setzte mich, nachdem ich ihn begrüßt hatte, an den näm- llchen Lisch und knüpfte aus Artigkeit ein Ge spräch über gleichgiltige Dinge mit ihm an. Eine daliegende Modenzeitung führte dasselbe auf die sen Gegenstand, und so kamen wir denn nach ver schiedenen Sprüngen auch auf die Schnürleiber zu reden, und ich äußerte, man solle den Namen des Erfinders derselben brandmarken und vor der Jetzt zeit an den Pranger stellen, und sehr leid Lhue mir es, ihn nicht zu wissen. Mein Nachbar lächelte höhnisch und sagte: Wie, Sie wüßten wirklich nicht, wer der Erfinder ist? Ich sehe mich genothigt, meine Unwissenheit in diesem Puncte zu bekennen, entgegnete ich, und Sie würden mich zu großem Danke verpflichten, wenn Sie mich mit dem Namen des Erfinders und den etwaigen näheren Umständen oer Erfind ung bekannt machen wollten. ., , Recht gern, sagte er, wenn Sie mir Jhke Auf merksamkeit ein halbes Stündchen leihen wollest, so will ich Ihnen die Geschichte von A bis Z er zählen. Ich machte eine stumme Verneigung, und er hob an. Die Erfindung des Schnürleibeß ist auf Ver anlassung seiner höllischen Majestät gemacht wor den. Es gab nämlich eine Zeit, wo es Herrn Urian viele Mühe und saueren Schweiß kostete, ehe er einmal eine Menschenseele erschnappen konnte. Nicht, daß man damals weniger Todsünden be gangen hätte als jetzt, im Gegentheile, man machte sich gar kein großes Gewissen daraus, dergleichen zu begehen, denn in der nächsten Minute kaufte man sich für weniges Geld Ablaß, und der Teu fel war um seinen Braten geprellt. Und glaubte er oft, das Tempo recht erfaßt zu haben, und wollte er den Sünder holen, gleich nachdem er eine Tod sünde begangen, und ehe er noch Zeit hatte, sich Ab- solutio/r zu verschaffen, so fand er aewöhnlich zu sei nem bitteren Verdruß, daß der Jnculpat die Ab solution für die begangene Sünde schon in der Lasche- trug, um sie tm kritischen Augenblicke vor- zeigeu zu können, und — Herr Satan mußte wie der mit einer langen Nase abziehen. Nur dann, wenn er sich irgend einer Seele contraetlich, Schwarz auf Weiß, oder vielmehr Roth auf Weiß, versicherte, wie bei dem Doctor Kaust, dann blieb sie ihm allenfalls gewiß, aber dann mu^.te er sich auch .vprher viele.Jahre lang schurigeln lassen pnp die geringsten Dienste verrichten, das Unmöglichste möglich machen und dafür noch die niederträch tigste Behandlung erdulden, so daß es ost der Teufel selber nicht aushalten konnte. Dabei »mißte er das Geld in vollen Krallet» hergeben, und so eine lumpige Seele kam ihm daher ost hundert mal mehr zu stehen, als sie werth war. Das wurmte den Teufel und ging ihm höllisch im Kopfe herum, er kratzte sich hinter den Hörnern, und wußte sich keinen Rath. Da berief er alle seine Untergebenen zu einer großen Rathsversamm- lung, stellte ihnen den traurigen Zustand der Hölle vor und versprach demjenigen, welcher ein Mittel angeben könne, wie diesem Uebel gründlich abzuhelfen sei, daß er der Erste nach ihm in sei nem Reiche sein solle. Die Teufel sahen nun wohl sammtlich ein, daß es so nicht lange mehr sort- gehen könne, da es ihnen nach gerade anfing, sehr langweilig in der Hölle zu werden, weil sie bei der geringen Seelenzahl nur, sehr wenig zu thun hatten. Jeder machte daher irgend einen Vor schlag, aber immer wurde er wieder als unhalt bar verworfen, so daß endlich, nachdem sie 7 Stun den lang vergeblich berathen hatten, Satanas in voller Wuth mit dem Pferdefüße stampfte und ausrief, sie möchtest sich allesammt zum Teufel scheren, denn er sehe wohl, daß mit solchen dum men Teufeln nichts anzufangcn sei. Da trat Adramelech, einer der untersten Leu- *