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36 wein sind die Genüsse, die die ärmeren Klassen sich -u schaffen vermögen, die sollen sie, während die Nei chen bei Madera und Portwein bleiben, mit Kaffee, Suppen und Warmbier vertauschen. Da- scheint ihnen eine Ungerechtigkeit, ein unbillige- Verlangen, eine aufgedrungene Bevormundung, eine Beschränkung ihrer Freiheiten und Rechte, so lange die höheren Stände nicht mit gutem Beispiele vorangehen. Da- Recht, sich zu berauschen, betrachtet der große Haufe als ein unveräußerliches Recht. Au- allen Theilen Deutschland's laufen die be- trübendsten Nachrichten über die durch da- letzte Thau wetter eingetretene WafferSnoth ein. In den hano- ver'schen Landesthejlen ist der Schaden besonders groß. Die Leine und Aller haben ganze Ortschaften unter Wasser gesetzt, Ställe und Häuser wurden weggeris- sen, und die Einwohner befinden sich in der traurig sten Lage. — Der Main hat ebenfalls gewaltigen Schaden angerichtet; er erreichte eine Höhe wie in dem Jahre 1784 und sprengte die steinerne Brücke zu Aschaffenburg. Der Niddafluß (bei Frankfurt a. M.) hatte eine nie gesehene Höhe erreicht und verheerte mit seiner reißenden Fluth ganze Dörfer. — Die Stadt Bremen steht zum großen Theil unter Wasser, und die Fluten stiegen so schnell, daß mehre Menschen ver unglückten, und ganze Familien, welche durch das Was ser abgesperrt wurden, mußten 24 Stunden Hunger leiden, ehe ihnen Hilfe gebracht werden konnte. Die Noth ist ungeachtet der Vorkehrungen der Behörden auf das Höchste gestiegen. . Mannheim, den 20. Jan. Vorgestern, wagten sich einige Knaben an dem überschwemmten Rheinufer auf schwimmende Eisschollen und fuhren darauf, mit Stangen versehen, in dem Sttomwasser umher. Bei dem Anstoßen der Eisschollen verloren sie das Gleich gewicht und fielen in das Wasser. Einer der Kna ben erreichte noch glücklich das Ufer, zwei davon san ken aber an einer Stelle nieder, wo sie keinen Boden mehr treffen konnten. Auf das erhobene Nothgeschrei sprang ein muthiger Knabe, der eben im Begriffe war, nach Hause zu gehen, vom Damme des Schloß gartens herab und eilte dem Schloßplatze zu. Im Springen strauchelte er und fiel zu Boden, was ihn aber nicht abhalten konnte, den Unglücklichen bei zuspringen; er stürzte sich in's Wasser und schwamm dem einen Jnngen entgegen, dem er auf eine Eis scholle half und dem Ufer zuschob; der andere Junge war aber bereits untergegangen. Der muthige Ret ter tauchte unter und faßte den schon mit dem Tode ringenden Knaben am Arme und brachte^ ihn glück lich an's User, wo derselbe anfänglich kein Lebenszei chen mehr von sich gab, sich §ber bald darauf wieder erholte. Ohne Hinzukommen des beherzten Retters hätten die beiden Jungen ihre unbesonnene Verwe genheit mit dem Leben gebüßt. Wenn bei der jetzi gen Witterung es manchem beherzten Manne Be denken eingeflößt haben dürfte, das Rettungsamt aus- , zuführen, so ist diese muthige That von einem 13jäh- rigen Knaben unter augenscheinlicher eigener Lebensge fahr vollbracht, um so bewunderungswürdiger. Er heißt F - Philipp Hagen und ist der Sohn des hiesigen Bäcker meisters Peter Hagen. (Mannh. Journ.) Der König von Baiern hat nicht nur befohlen, in den katholischen Kirchen, welche mit dem Sanctis- simum versehen sind, da- ewige Licht wieder ein zuführen, sondern auch in lande-väterlicher Fürsorge allergnädigst zu bestimmen geruht, daß hierzu vorzugs weise inländisches Oel verwendet werde, — Zn dem neuen Universitätsgebäude zu München darf kein Licht angezündet werden, und eS sehen sich daher mehre Professoren verhindert, Vorlesungen zu halten, da die Tagesstunden von den höchsten Otts bestimmten Fach lehrern besetzt sind. Die höheren Studien sind dem gewöhnlichen Brotstudium gewichen, und diese Ein- . richtung wird nicht verfehlen, in der Folge die ge wünschten Früchte zu tragen. '— ' —- - - -- - . - L . . 7-. * Verirrung der Vaterliebe. (Fortsetzung.) „Kling, kling," schellte die Hausthüre, und Mei ster Matthieu fuhr schlaftrunken in seinem Bette auf, um sich zu vergewissern, daß die unwillkom mene und unzeitige Störung wirklich in seiner Wohnung vorgefallen sei. „Kling, kling, kling," hämmerte es mit ver stärkter Gewalt von außen) rasch sprang der Alte in die Pantoffel, warf sich in den plüschenen Leib rock, humpelte über die Stube hinaus und kam eben noch zurecht, um das dritte Schmettern der Klingel zu verhüten. Ein Huissier des Stadtviertels, welchem Meister Louard angehörte, empfing ihn mit bärbeißigem Brummen, steckte ihm eine bedruckte Karte in die Hand und entfernte sich wieder, einen Fluch über die Bequemlichkeit der Handwerksleute zwischen den Zahnen murmelnd. Als der Greis wieder in die Stube zurückkam, hatte Frau Margot bereits ihren Morgenhabit angethan und fragte ängstlich nach der Ursache der frühen Störung. „Gott weiß," zankte Matthieu, „Gott weiß, was den langen Perrücken wieder einmal einge fallen ist, daß sie sich des armen Haarkräuslers erinnern, welcher ihnen doch Zeit seines Leben- an Sporteln und Taxen nichts zu verdienen ge geben hat! —Wird wohl nichts Anderes sein als eine neue Steuer oder eine andere Plackerei, — die wohlweisen Herren vergessen sonst in der Regel gar zu gern, daß unsereins auf der Welt ist!" „Nun, nun, Alter," schaltete die Hautzwirthin ein, „im Evangelium heißt es ausdrücklich: gib dem Kaiser, was des Kaisers, und Gott, was Gottes ist!— Wir sind überhalten in den Aus lagen und haben, dem Himmel sei Dank, unser genügendes Auskommen; der Staat mich große Lasten bestreiten, und es ist billig... " - ' „Daß man einem ehrsamen Bürger das Biß chen Schlaf verkümmert?—Das ist>unbillig, Margot, und ich möchte nkr einmal einem der