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Sächsischer Landes-Anzeiger : 06.11.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-11-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188811060
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18881106
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18881106
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-11
- Tag 1888-11-06
-
Monat
1888-11
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 06.11.1888
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Nr. 259. — 8. Jahrgang. Tor joden Wochentag Abend (mit Tatm» des folgenden Tages) zur Versendung gelangende »»parteiische ..Clicniiiitzcr General - Anzeiger" (Sonderausgabe der Hanptblätlcr des l'nndcöanzeigers ohne die Beiblätter) ienet viertelt. >50 Pf., nlonatl. üoPf, niit Zutragen; außerhalb Chemnitz Viertels. l65 Pf., monatl. 57 Ps. m. Ztr. Pvsi-Ztgs.-Liste 9. Nachtr. Nr. 1250». Borlagsoxpeditivn: AlcrnndcrWiede Bnchtrnckcroi, Chemnitz. Thcnterstr. 5. Chemnitzer s" schür dkjsk» lniiibk M-Bkiblittn). Dienstag, 6. November 1888. Anzeigenpreis für den „Chemnitzer General- Anzeiger" (einschließlich gleichzeitiger Verbreitung d. Anzeigen durch den Sachs. LandeS-Anzeiger), der Raum einer schmale» Corpnszeile 15 Pf.; an bevorzugter Stelle (schmale Petitzcilc) 30 Pf. Anzeigen können npr bis Vormittag angenommen werden, da Druck u- Verbreitung d. großen Ank lage längere Zeit erfordert. Bei Be stellung von Auswärts wolle man Ein rückungsbetrag iu Brief,», beifüge»; je 8 Silben Corpusschr. bilde» ca. 1 Zelle. Täglich cr,chc»iciidcs Organ, besonders für Ehcnmit; nnd die Orte: Adorf, Attchemnitz, Alterrdorf, Altenhaitt, Auerbach, Berbisdorf, BernSdorf, Borua, Burgstädt, Burkhardtsdorf, Dittersdorf, Dorfchemnitz, Civeuberg, Eiusiedel, tsrfeuschlag, (suba, ??raukenbcrg, Furth, Aableuz, (tzelenau, Glösa, Gvruödorf, Grüua,Grtttthaiuichett,Harthau, Hartmauusdorf, vclberodorf, Hilbersdorf, Hormersdorf, Jahusbach, Jahusdorf, Kappel, Klaffenbach, Leukersdorf, Limb,ich, Markersdorf, Meinersdorf, Mittelbach, Neukircheu, Neustadt, Nieder- !,ermersdorf,Niederrabeusteiu,Oberrabensteitt,Nieder»viesa,Oberwiesa,Neicheubraud,Neicheuhai»,Rottluff,Schönau,Siegmar,Ttelzeudorf,Thalheim,Thum,WittgenSdorf Zschopau. AMsgerichtliche Bekaimtmachungen. Da? Ss.(-V7,tt-">fahrcn über das Vermögen des Fleischers Julius Otto Hohlfcld in Chemnitz wird nach erfolgter Abhaltung des Schlußtermins hier durch aufgehoben. Cheinnitz, den 1. November 1888. Königl. Amtsgericht. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichnete» Amtsgerichts wurde heute auf Folinm 3179 die Firma Robert Dresel in Chemnitz (Reit bahnstraße Nr. 2) und als deren Inhaber der Kaufmann Herr Robert Dresel daselbst, Besitzer eines Herren- und Knabe» Confcctiousgcschästs, eingetragen. Chemnitz, am 2. November 1888. Königl. Amtsgericht. Neueste Nachrichten. Czernowitz, 4. November. Tie hiesigen Universitäts-Professoren der weltlichen Fakultäten überreichten dem Rektor Magnificns, einem rumänischen Theologen, der den Eid in rumänischer Sprache abgelegt Halle, einen Protest unter Wahrung des deutschen Charakters der Universität. Der Rektor erklärte, er habe die Angelobung als eine private Angelegenheit betrachtet. Kv»stautinopel, 4. November. Abdul Hamid hat in seiner Eigenschaft als Khalif durch einen seiner Sekretäre ein Schreiben an den Sultan von Sansibar gerichtet, worin er ihm die Wahrung der deutschen Interessen besonders anempfohlcn haben soll. Politische Rrmdscharr. Chemnitz» den 5. November. Deutsches Reich. Besorgnisse über das Befinden des Kaisers, die man an die Thatsache gclnüpst halte, das; der Monarch an der großen Hubertusjagd nicht theilgcnommcn, sind durchaus unbegründet. Des Kaisers Gesundheitszustand läßt nichts zu wünschen übrig und rer Grund seiner Abwesenheit ist »nr in angestrengter Beschäftigung mit Negierungsangelcgeiiheitcn zu suche». — Die von Berliner Blättern verbreitete Nachricht, der Kaiser werde in dieser Woche Weimar, Koburg und Meiningen besuchen, wird als unrichtig be zeichnet. Dagegen ist der Besuch von Breslau für den 15. d. M. fest anberanmt. — Die. Kaiserin Friedrich wird am 17. November in London anlommcn. Der Prinz von Wales wird seine Schwester in Quccn- borongh empfangen und nach Windsor begleiten, wohin die Königin Viktoria um Morgen des 17. November von Schloß Balmoral znrüclkchrt. Der Aufenthalt in England wird bis gegen Weihnachten dauern. — Das württcmbergische Ministerium läßt erkläre», es habe hem Könige seine Entlassung nicht gegeben. Der Stuttgarter „Beobachter" theilt aber als Thatsache mit, daß das Ministerium bei dem Könige wegen der Entlassung der Amerikaner in seiner Umgebung vorstellig gewesen sei. Man spricht sogar in Stuttgart von einen; Rücktritt des Königs nach seinem Regicrungsjnbilcium im nächsten Jahre. — Wie die „Franks. Ztg." aus bester Quelle erfährt, war die Abreise des Kaisers Alexander nach Berlin auf den 15. November festgesetzt. In Folge des Eiscnbahnnnfalles kann aber eine Aenderung der Rcisedispositioucn eintcetcn. — lieber den neuen Etat des Ncichsamtes des Innern verlautet, daß das Gehalt für den Staatssekretär in Ansehung der demselben Der Pfarr-Heinnch. Novelle von Theodor Winkler. Fortsetzung. Nachdruck verboten. „Nichts!" enlgcgncte Berner mit einem leist» Anflug von Wehmnth. „Zur Kanzel bin ich nicht geschaffen. Da giebt's viel brauchbarere Leute im Land, die anf diesen Platz rechnen können ind sich dafür eignen. Ich nicht!" „Nun, wcnn's erlaubt ist, zu fragen, da sind Sie wohl . . .?" „Nichts, gar nichts!" fiel ihm Berner ins Wort. „Ans dem Pfarr-Hcinrich ist nichts geworden, das sagt Euch in Schwalbenheim jedes Kind, wenn Jhr's noch nicht wissen solltet." „Sie spaßen." „Kcineswcgs. Ich will erst etwas werden — das ist eben so viel als nichts." Der Bauer schien diese Andeutung nicht zu verstehen. Er hatte wohl so allerlei im Dorfe munkeln hören, der Herr Pfarrer habe seine Nvth mit dem Heinrich, er führe ein flvtteS Leben, es wolle nicht recht vorwärts mit ihm und was dergleichen mehr. Aber etwas Genaueres wußte er nicht. Um so mehr plagte ihn sein altes Erb- nnd Jamilienübel, die Neugier, etwas Näheres über den Stand der Dinge zu erforschen. Das gab dann für die abendliche Unterhaltung im Wirthshans einen köstlichen Stoff, wobei er die angesehene Rolle des Berichterstatters spielen konnte. Wie mußten der Schnl'e, der Gemeindevorsteher und die übrigen Honoratioren des Dorfes, welche len Stamm- und Magnaientisch des Wirthshauscscinnahmen, stannen, wenn er Ncnhciten von: Pfarr Heinrich anskramen konnte, welch letzterer in der ganzen Gegend wegen seiner tollen Jugendstreiche be kannt war. Der Bauer ließ daher sein Gesicht in einem Meer von Wohlwollen wibcrstrnhlc» und sagte: „Als wir neulich Ihren braven Vater — Gott Hab' ihn selig! - zu Grabe trugen, da meinten etliche, Sie seien ein großer Mann sn morden und würden nun heimkommen und Ihre Familie zu sich hoben nnd —" „Ganz recht, lieber Erlmüller", unterbrach ihn Berner, „ein l-.'vßer Mann bin ich geworden, 5 Fuß 10 Zoll rheinisch, das ist n <-hr als der König für's Militär verlangt, und was Mutter und Ge'chwister betrifft, so soll keines Nvth leiden. Doch lassen wir das, was reden wir so viel von meiner Wenigkeit! Erzählt mir lieber etwas ans Schwalbcnhcim, ich habe so lange nichts erfahren könne», mies mir dem nnd jenem steht, was mich intcrcjsirt. Sagt mir zu nächst eines, Erlmüller. wie geht's auf dem Gntshof mit dem alten Major »nd seiner Tochter, der hübsche» Lisbcth?" Mit dieser frcimnthigcn Frage hatte Berner unbewußt sein eaazeS Schntdenregislcr dem Müller in Äcdächtniß gerufen. Hatte er schon dadurch, daß er dem Gespräch eine unerwünschte Wendung, gab, den Müller verletzt, so forderte er mit dieser neuen Frage vollends dessen Gerechtigkeitsgefühl heraus. Wie kann dieser Nichts-s obliegenden Rcprcisentativnspflichlcn anf die gleiche Höhe mit dem jenigen des Staatssekretärs des Auswärtigen Amtes gebracht werden soll, nämlich auf 50000 Mark. Die Sondernbtheilunge», welche dem Rcichsaint unterstellt sind, erfordern zumeist eine Erweiterung der Hilfsarbeiter und des Bnreanpersonals, da sich der Arbeitsumfang überall erheblich vermehrt hat. — Nach dem Pariser „Figaro" haben Deutschland nnd Oester reich die Initiative ergriffen zur Abschaffung dcr ständigen militärischen Machos bei den diplomatischen Vertretungen im Auslände. Es sollen künftig nur vorübergehend »nd zn speziellen Studien Offiziere in das Ausland gesandt werde» und zwar nur in Länder, wo sie nicht »»gern gesehen nnd nicht verdächtigt werden. — Laut amtlicher Miltheilung ans Bern sind die schweizerischen Handelsvcrtragsunterhandluiigcn in Wien und Berlin soweit vor gerückt, daß der Abschluß in wenigen Tagen erfolgen kann. Die Unterhandlungen mit Deutschland beziehen sich anf eine Erweiterung des Mcistbegünstignngsvertrages von 1881 durch Konventionaltarife für die Einfuhr nach Deutschland nnd in die Schweiz. — Dcr neue Marincctat wird unter anderen Forderungen für die Reorganisation der Marine eine solche für die Umbildung der beiden bisherigen Halbbataillone dcs Scebataillons in Kiel nnd Wilhelms- Haben in zwei ganze Bataillone, welche zu einem Regiment formirt werden sollen, enthalte». Die beiden bisherigen Halbbataillone sind je 3 Kompagnien stark; diese werden am 1. April 188t) anf je vier Kompagnien gebracht. Dcr bisherige Kommandeur des Halbbataillons in Kiel, Oberst von Nvqncs, erhält das derartig neu gebildete Marine Regiment mit dem Sitze in Kiel. Es würden daher zwei Kompagnien ncngcbildet nnd außerdem die Stäbe dcr beide» Bataillone und des neuen Regiments entsprechend ergänzt werden. Die Nachtragssordcrung für die Ergänzung der Schlachtflvtte auf die Stärke der im Flolten- gründungsplan vorgesehene» Panzerschiffe soll sich anf einhundert Millionen Mark belaufen. Die Forderung ist von einer Dentschrijl über die Aufgabe der Marine nnd über die Verwendung der Forderung begleitet. —- Den Natinnalliberalen des Wahlkreises Hallc-Bielefeld-Herfvrd ist von den Konservativen ci» Kompromiß angclragen worden, nach welchem den Nationalliberale» von den zn vergebenden drei Mandate» dieses Kreises eines zngcstanden werden sollte, sofern sie sich ver pflichteten, für Herrn Hofprediger Stöcker zu stimme». Die National liberalen haben sich endgiltig geweigert, Herrn Stöcker ihre Stimme zu geben, nnd sind in Folge dessen die Verhandlungen gescheitert. — Am Dienstag findet die Abgeordnetcnwahl für das preußische Abgeordnetenhaus statt »nd wird sich daun eine genaue Aufstellung der Parleistärken geben lassen. Wesentliche Abänderungen gegen früher sind, wie gesagt, nicht zu erwarten. Besonders lebhaftes Interesse erweckt die Wahl in Bielefeld, Ivo Herr Stöcker Kandidat ist. Dem auch von frcikonscrvativer Seite gemachten Vorschläge, Herrn Stöcker fallen zn lassen, tritt die hochkvnscrvative Krzztg. mit der Bemerkung entgegen, was die Freikonscrvativen wohl sagen würden, wen» die Konservativen in Potsdam dem freisinnigen Kandidaten zum Siege über den frei konservativen verhelfen würden. — Im dritten Berliner Wahlkreise haben die Wahlmänncr dcr Kartellparteicu beschlossen, nicht für Herrn Stöcker, der dort ebenfalls aufgestellt ist, zu stimme», sondern sich der Wahl zu enthalten. nutz, der selber cingesteht, daß er nichts gelernt, als Brod essen, wie kann dieser Thunichtgnt, dachte der Müller, es wagen, seine Augen zu der Dame aufznschlagen, die im Dorf und in der ganzen Umgegend das Ansehen einer Prinzessin genießt? „Herr," enlgcgncte er, „wie's dem gnädigen Herrn und dem gnädigen Fräulein geht, weiß ich nicht zu sagen. Aber das weiß ich, der wackere Major braucht für seine Tochter nicht zu sorgen, daß sie einen Mann bekommt, dcr seinen Posten hat in dcr Welt und ihr nicht zur Schande einhcrläuft." „Ha, ha, ha!" lachte der Gestrafte aus vollem Hals. „Immer noch der alte Philister von ehedem. Fragt man: „Mein Fräulein, wie ist Ihr Befinden?" so gilt das in Schwalbcnhcii» schon so viel wie ein Heirathsanlrag. Lebt wohl, Erlmüller, dort steht das Wirths- hans „znm heiteren Blick", da könnt Ihr ohnehin nicht vorübergchcn. Trinkt Euren Schoppen und holt Euch bessere Laune; ich wandere indeß fürbaß, mich selbst zu überzeugen, Wie's den Leuten in Schwalbenheim geht, denen der Pfarr-Heinrich ein freundliches An denken bewahrt hat." Sprach's nnd ließ seinen Begleiter, mit dem er während des Gesprächs die Straße entlang bis an das Gasthaus gewandert war, stehen und setzte seinen Weg fort, ohne nur einen Blick rückwärts zu werfen. Die Sonne, welche mittlerweile das dunkle Gewölk zer- theilt hatte und wieder sichtbar geworden war, neigte sich schon gegen die westlichen Höhenzügc und trieb unfern Wanderer zur Eile. Die Straße zog sich zwischen den Bergen hin, bald zur Höhe auf steigend, bald ins Thal abfallend. Berner folgte ihr, als habe er eine versäumte Stunde wieder cinznholen. Das Gespräch mit dem Erlmüller halte ihm den eigentlichen Zweck seiner Reise mit allen nnangenchmcu Verbindlichkeiten, die damit verknüpft waren, lebendig in's Gcdcichtniß gerufen. Das Pfarrhaus mit seinen Bewohnern, das ganze Dorf mit Freund »nd Feind, der Gutshof anf dcr Höhe mit dem Gegenstand seines lebhaften Interesses traten vor sein geistiges Auge. So den alten Erinnerungen sich hingebcnd, näherte er sich fast unbewußt dem Dorfe und betrat endlich die Dorsstraße. Leute kamen ihm entgegen nnd er begegnete manchem bekannten Gesicht; ihn aber schien Niemand zn kennen. Die Dämmerung nnd sei» verändertes Aussehen sorgten für sein Jncognito. Und endlich stand er vor dem Hans, dessen Wände von grüne» Weinrankcn überzogen, unter dessen Dach vor mehr als fünsundzwanzig Jahren seine Wiege gestanden und ans dessen Thüre vor wenigen Wochen die Leiche seines Vaters getragen worden war, seines Vaters, dessen vorzeitiger Tod ihm Schuld gegeben wurde. Es lag so ver lassen da, als wäre kein menschliches Wesen darinnen. Aber durch die Ritzen der Fensterläden flimmerte der Strahl eines Lichtes. Er öffnete die Thür und trat hinein. II. Dcr Gutshof zu Schwalbcnhcim war ein ziemlich weitläufiges Gebäude mit ansehnlichen Besitzungen an Acker und Forst. Er zog sich ans einer Anhöhe am südlichen Ende des Dorfes nach der Oesterreich-Nttgartt. Das niinisterielle „Fremdenblatt" kommt nochmals auf die wunderbare Errettung des russischen Kaisers zurück »nd bezeichnet dieselbe nicht nur als ein glückliches Ereigniß für die eigenen Unterthancn, sondern auch für alle answcirtigen Nationen, deren Kräfte sich dem unkriegerischen Wettstreit der Civilisation zu- wenden. Mit Kaiser Alexander wnrde der Sache des europäischen Friedens eine ihrer wichtigsten Stützen erhalten. — Das den Kammern zugcgangcne neue Wchrgesetz enthält in drei Punkten wescntliche Acndernngen gegen das bisher geltende Gesetz: in der Hinansschiebnng der StellungSpflicht bis »ach vollendetem 21. Lebensjahre, in der Erhöhung des Liniencvntigents und in der Einschränkung der den Einjährig-Freiwilligen cingeräumten Begünstigungen. Da durch dies Gesetz das Nekrutenconiingent auf zehn Jahre festgesetzt werden soll, so bildet dasselbe eine Versassungsündening und bedarf zur Annahme im Neichsrathe einer Zwcidrittel-Mchrheit. Italien. Der Papst hat ein Dccrct erlassen, nach welchem am letzten Tage des Jahres allen Jenen Ablaß gewährt wird, welche snr die Ruhe der Kirche und des päpstlichen Stuhles, sowie für die Bekehrung der Sündigen beten. — In der italienischen Infanterie wird die preußische Pickelhaube eingefnhrt werden, doch wird der Helm etwas eleganter nnd leichter sein, als der Preußische. Die jetzige tvpfartige Kopfbedeckung der Infanterie ist schauderhaft häßlich. — Der „Osservatore Romano" bestreitet entschieden, daß Cardinal Nam- polla ein Rundschreiben an die Nuntien gerichtet hätte, worin gegen die Toaste Kaiser Wilhelms »nd König Humberts protestirt würde. — Bon einer Seite, welche mit den vatikanischen Kreisen Fühlung hat» erfährt die „Köln. Ztg.", daß sich im Laufe der Zeit unverkennbar eine größere Annäherung zwischen dem Vatikan und der französischen Regierung vollzogen und die französische Diplomatie einen mächtigen Einfluß bei den maßgebenden Persönlichkeiten der Curie gewonnen hat' Frankreich. Präsident Carnot hat vom Könige von Belgien das Großkrcuz des Lcopvldordcns verliehen erhalten. — Die fran- sische Negierung erwarb für LO/g Millionen Franken das Patent des amerikanischen Erfinders Grayson anf Dynamitbomben, die ans gewöhnlichen Kanonen geschossen werden. — Die gegen den Abg. Gilly, welcher die Mitglieder des Bndgetausschnsses der Kammer Betrüger und Schwindler genannt hatte, erhobene Verleumdungs klage wird vor dem Schwurgerichte in Nimcs verhandelt werden. — In Tonkin haben in letzter Zeit wiederholt kleine Scharmützel zwischen aufständischen Eingeborenen nnd französischen Truppen stattgefnnden. Der Verlust der letzteren war nur gering. — Der BoulangismuS sängt schon an, in die Kreise der Exekutivbeamten einzudringen. Dieser Tage wurden in Paris vier Polizeikommissare wegen Be günstigung dcr Kundgebungen gelegentlich des BoulangerbankettS entlasse». — Die orleanistische Partei droht sich zu spalte». Dcr Herzog von Aumnle hat seinen Neffe», den Grafen von Paris, auf gefordert, mit den Bonlangisten zn brechen. Der Graf will aber davon nichts wissen, weil er hofft, Boulanger werde die Republik stürzen und den Orleans die Wege ebnen. Der Herzog von Aumale soll nun mit seinen Anhängern zur Republik übertreten wollen. Holland. Die Mundentzüiidnng, welche sich bei dem greisen Könige von Holland eingestellt hatte, geht ihrer Heilung entgegen, dagegen ist in dem Kräftcvcrsall nicht die geringste Besserung zu ver- eichnen. Zu heilen ist der König nicht mehr. -W Richtung gegen Grünihcil hin. Früher war er Eigeiithum des Großhcrzogs von *** gewesen, zu dessen Unterthancn die Bewohner von Schwalbenheim zählte», seit fünfzehn Jahren aber hatte ihn der dcrmalige Inhaber und Verwalter, der Major a. D. Freiherr von Wcißciiborn, käuflich erworben. Der Major hatte damals eine noch in den besten Jahren lehendc Gattin und ein kleines Töchterchen von etwa drei Jahren aus der Residenz mit nach Schwalbcnhcim gebracht. Er selbst war »och ei» stattlicher Mann und würde so früh seinen Abschied nicht genommen haben, wen» er nicht vom letzten Krieg her durch eine eindlichc Kugel am Beine verletzt und für immer znm active» Dienst untauglich gemacht worden wäre. So aber kam es, daß ihm der König zu den zwei Orden, welche bereits seine Brust schmückten, einen dritten fügte und ihn in den ehrenvollen Ruhestand versetzte. So hart es dem alten Haudegen ankam, der Armee den Rücken zu kehren nnd zu feiern, so mußte er sich doch in sein Schicksal ergeben. Da ihm das bewegliche Leben der Residenz als einem zur Ruhe verur- theilten Degenknopf nicht znsagen mochte, so beschloß er, auf's Land zu ziehen und sich der Landwirthschaft zu widmen. Durch Zufall erfuhr er, daß das Rittergut Schwalbenheim im H—'schen infolge einer kostspieligen Liebschaft des Großherzogs unter billigen Be dingungen zum Verkauf ansgebotcn sei; er reiste hin, besichtigte cs, that ein Gebot »nd erhielt das Gut ohne langen Handel. Cin Jahr nach seinem Einzug in Schwalbenheim erkrankte seine Frau nnd starb. Man sagte, daß ihr der jähe Luftwechsel von Stadl und Land nicht gut bekommen sei, böse Zunge» indessen behaupteten, ie sei ein Opfer der Langeweile »nd des Heimwehs nach den ge wohnten geräuschvollen Vergnügungen dcr Residenz geworden. Der Wittwer ertrug den Verlust mit einer Ergebung und Selbstbe herrschung, die selbst bei seinem wüsten, allen Sentiniatitäten abholden Temperament auffällig war, nnd gab dadurch der allezeit geschäftigen Fama wiederum willkommenen Stoff zn allerhand unliebsamen Cvm- binationcn, wovon noch die harmloseste war, daß man sich erzählte, die Ehe, welche der Tod milleidigerweise gelöst, sei eine Mesalliance der ersten Sorte gewesen, die der Mann bitter zn bereuen gehabt, nnd als deren einzige erfreuliche Frucht sein Töchterchen Elisabeth zu betrachten sei, das dcr Vater wie seinen Augapfel hüte und wie einen Abgott liebe. Eine nahe Verwandte des Vaters kam nach dem Tod der Frau Majori» auf's Gut, versah die Leitung der Hanswirthschaft und vertrat Mutterstelle an der kleinen Elisabeth, die unter ihrer Pflege heranwnchs und zu einem geistig ebenso be gabten als körperlich anmuthigen Mädchen gedieh. In der Zeit, in welcher unsere Geschichte beginnt, war Elisa beth bereits zur Jungfrau hercmgcblüht. Die alte Tante hatte ihrem», einfache, wirthschastlichc Erziehung gegeben und in ihr mit sichtlichem Erfolg jenen Sinn für die Poesie des häusliche» Herdes »nd jener Aufgaben geweckt, in deren Lösung die Natur dem Weibe offenbar das eigentliche Ziel seines Daseins gesteckt hat. Fortsetzung folgt-
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