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Viertes Blatt Dienstag, den 2S. Zuni Fr. 14S 1931 Der Matz an -er Sonne Sechs Männer, -enen -as Abenteuer ben Reichtum schuf Zusamavengestellt von Peter ten Haart. «opyright R» Verlag Presse-Tagesdienst. Berlin W 57. kd»cd L 5«.: Ge»eral«uftkbirektor Atalnt« ist »ach 22j»hriger Tätigkeit in den Ruhestand getreten. Die Kataftraph« nah«: John Law ist wohl der einzige, der von An fang ay weih, dah fein ganze- „System* ein aufgelegter Schwindel ist. Er weih genau, daß» der Tag kommen muß, an dem auch anderen Leuten die Äugen aufgehen werden, an dem sie erkennen, daß ihr Riesenvermögen nur auf dem Papi« steht und gleich Null ist. Man ist mitten drin in einer blühenden In- Nation, und nur der Pater diese» Gedankens weiß cs Kommen die Leute zur Pernnnst. dann ist er geliefert. Er geht deshalb selbst aus die Börse und halt dort grobe Reden, in denen er den Wert und die Rentabilität der Attien anpreist. Noch glaubt man ihm — al»er schon kommen ein paar Spekulanten zur Besinnung und setzen zur Gegenaktion ein Sic »erlangen die Einlösung ihres Papiergeldes in Gold. Natürlich wird das oerweigert: jetzt fallen die Papiere ins Uferlose, die Katastrophe ist da. Tie» Menge stürmt die Bank, eine Massen panik ist ausgebroli>en. Ter Bann, die seit- same Hypnose, in die Law ganz Frankreich ver- setzt lratte. trat fZne 'Wirkung ocrloreu. Ein Appell Laws an die Massen lmt keinen Erfolg. Die noch gestern „Hosianna" schrien, schreien lreute ...Kreuziget ihn!" Alle Beiord nungen von Staats wegen kommen zu spät, Laws System ikat pleite gemacht. Er muk zu- sehen, wie seine ^inanzrepublik in die Lust geht Er trat keinen freund mehr, sein gro- »es Vermögen, das er natürlich nicht in Aktien oder Assignaten, wie man allgemein diese Bank- noten nannte, angelegt bat, wird oom Staat konkis»iert — er Ini» cS nie wieder bekommen. »rächt«, steht aus der Höh« setn«r Macht Er ist unermeßlich reich, er ist der populärste Mann Frankreich« Und damit die Komödie einen würdigen Abschluß hat: dieser Abenteurer wird Ehrenmitglied der — Akademie der Wissen- schäften! schon von Fügen- an für finanzielle Probleme Er lernte bei einer englischen Großbank und fiel allgemein durch seine banktechnische Be- gabuna auf. Privatim führte er allerdings ein Luderleben, — und das brach ihm im puritani schen England das Genick: schließlich erstach er im Duell einen Adligen, — und damit war seine Karriere in London zu Ende Er ging nach Amsterdam, — wieder zu einer Großbank Hier machte er seine ersten Studien zu seiner grandiosen Idee, die ihn alsbald aus die Höhen des Lebens führen und dann in die tiefsten Ab gründe stürzen sollte. Er zerbrach sich reichlich den Kopf über den Unterschied zwischen Gold- aeld und Papiernoten, — und auf diesem Unter- schied baute er sein „System* aus, das der größte Ftnanzschwindel werden sollte, den Frankreich erlebte. John Law reiste mit seiner Idee, John Law lebte von seiner Idee, b. h., überall wo er hinkam, tat er sehr geheimnisvoll und erzählte iedem, daß er ben Weg gesunden habe, wie man die verfahrensten Finanzen sanieren könne. Bei zahlreichen Regierungen klopfte er an: in Eng land und den deutschen Ländern winkt man energisch ab, auch in Italien will man von sei nen phantastischen Plänen nichts wissen. Aber Frankreich ist reif für diesen Abenteurer Frankreich wird dran glauben müssen, hier ist er in der augenblicklichen Situation der „starke Mann* . . . ' > ruhigen, der Steuerdruck wird schwinden, kurz — Frankreich ist gerettet!* Dem guten Herzog gehen die Augen über bet diesen Versprechungen, besonders als ihm Law noch ausetnandersetzt, daß er die Staats' cinkünfte auf MF) Millionen und tzje Repe- nuen des Königs aus 800 Millionen bringen werde Und richtig: am 20. Mai >718 wird durch einen Patentbrtef -es Herzogs von Orleans die von Law vorgeschlagene Bank gegründet! Man nennt das Wunderwerk: „Bangue gknk- rale de France* Man träumt sich reich. John Law hat sein Ziel erreicht: sein« Trup pen marschieren Sie marschieren in Form von Banknoten,' schmutzigen Zetteln, die an Stelle von Goldstücken ausgegeben werben. Die öf fentlichen Kaffen sind angewtrsen, di« Noten der Bank zu vollem Nennwert in Zahlung zu neh- men. Ganz Frankreich fühlt sich mit einem Mal unermeßlich „reich*, man wühlt fa im Geld«. Das ganze Land wird mit diesem Pa- ptergeld überschwemmt. Alles geht nach Wunsch: Staat-kaffen und private Wirtschaft haben nun reichlich, — und Meister Law verdient Millio nen über Millionen, allerdings in anderem Gelb. - - Di« Notenprefle arbeitet fieberhaft Tag und Nacht. Laws Siank hat Aktien auf Kolonial werte auSgegeben mit einem hohen Kurswert Alles spekuliert, da- Bolt hat vor Geldgier vollständig den Verstand verloren, es sieht gar nicht den Abgrund, dem man zusteuert. Jeder spekuliert, vom Prinzen bis zum Bettler Frankreich ist wie im Rausch Millionen wer ben gewonnen, Millionen verloren Man betet Law ast wie einen Gott. Auf der -iörse wer den richtige Schlacht«» geschlagen, alle Leiden- schäften werben entfesselt. Niemand ist in dieser tollen Zett mehr seines Lebens sicher Alle» stockt: Arbeiter verlaffen die Fabriken. w«tl ff« glauben, durch Spekulationen mehr zu verdie- nen, da» Handwerk liegt ganz darnieder, — denn wer wird noch arbeiten, wenn man an der Börse mühelos reich werben kann! Man ver kauft Sachwerte, Häuser und Landgüter, Fami- ltenschmuck und kostbar« Kunstwerke, -- um die Aktien de» Herrn Law dafür «inzntaufchen. Pari» fiebert und glüht, — ganz Frankreich tanzt auf «tnem Vulkan Die Aktien klettern von SOO auf 10 000! Law» Steg ist unbestritten, der Kinnns-eomUtg». -er dtzse» Ggl-te-e«' Der „Retter* und sein System. John Law kennt den Herzog von Orleans recht gut persönlich: manche Nacht hat er mit ihm luftig durchgezccht oder am Spieltisch zu sammen gesessen, und manches liebe Mal hat ihn der Herzog auch — angepumpt. Diese ?s«- ziehung nutzt John Law jetzt aus. In einer Privataudtenz seht er dem Herzog seine Idee auseinander: sein System gipfelt in der Srrich. tung einer Bank, die durch Ausgabe von Pa piergeld in großen Mengen nicht nur das man- gelnde 4iarg«ld ersehen, sondern auch den pri vaten und öffentlichen Kredit heben sollte Dieser Law hat ein ausgezeichnetes Redner talent, man kann schon sagen eine ausgespro chen suggestive Begabung. Er erzählt dem Her. sog: „Durch mein Projekt werde ich aanz Eurova in Staunen setzen Durch diesen Plan stnd Ew. Kgl. Höbet» in der Lage, da» Land zu -«freien, es mächtiger zu machen, als eS je ge wesen. Ackerbau. Manufaktur und Handel wird gehoben, die Bevölkerung wird sich be- Exzeve«- v. E1se«»echer v« Jahre alt Heute feiert in Baben Baden ein Veteran im militärischen und zivilen Staatsdienst, Ge sandter und Admiral a. D. von Eilendechcr seinen SO. Geburtstag in seltener geistiger und körperlicher Frische. Exzellenz von Eisen- decher wurde in Oldenburg geboren und trat 1857 in die Marine ein, wo er bald aus dem aktiven Dienst in den divlomatisci-en über ging und Martneattacht in Washington wurde. 1870 bis 1882 war er Gesandter in Japan, 1882 bis 188« in Washington, >884 wurde «r preußischer Gefandter »n Karlsruhe, ein Amt, da» er bis 1010 bekleid«» hat. >807 kus >007 kommandiert« er die «aiserjacht .Meteor*. Al» Mitglied der Msekschast für Natur- und Völkerkunde hat Elsendecher auch Wissenschaft- ltch wertvolle Arbeit geleistet. Interessant ist, daß er 1SU als Botschafter nach London ge he« sollt«, das er aber aus Rücksicht auf seine heidende Vattin ablechnt«. — Unser Bild zeigt lag« vor sei- Grotzfeurr in Uerzig In bom bekannten Weinbauort Uerzig an der Mosel brach, »vie berichtet, in einem Wohn- Haus nahe der Pfarrkirche ein Brand aus, der vom Wind mit rasender Schnelligkeit aus die umliegenden Häuser fortgetragen wurde, so daß nicht weniger als neun Häuser beS klei- nen Ortes niederbrannten. Auch die Kirche in Uerzig war zeitweilig stark bedroht. Da der Ort keine freiwillige Feuerwehr besitzt, konnte man erst nach Eintreffen der Wehren aus der Umgegend mit der energischen Bekämpfung beginnen. Eine größere Anzahl Fa- mitten wurde durch den Brand obdachlos, und etwa 4000 Weinstvcke, die hinter den abge brannten Häusern liegen, wurden durch das Feuer so schiver beschädigt, daß sie eingehen dürften. — Ein Blick in di« zerstört« Straße. Phn Law vf Lavriston. »er Pater See Snftattvn „Ales schv« dagewefe« .. Dir Welt ist rund und dreht sich, alles kehrt «t»»al wieder „alles ist schon einmal dage- «sei*, sagte der weise Ben Akiba. Und wenn »st heute ächzen unter der furchtbaren Wirt- scheftönot, wenn heute Minister und Paria- «ute sich die Köpfe zerbrechen und experimen tieren, wie sie die zerrütteten Finanzen de» Steele- wieder in Ordnung bringen können, — »e» ist alle» schon dagewesen, in milderer - «Ser schärferer Form. Die Welt dreht sich »etter, — als sei nicht» geschehen. Not flammen die Fackeln in Part» am IS September 171S. Ludwig XIV. der Sonnen- »eig, der Gott — war tot. Mit ihm starb eine Selt, die Genußsucht und Prunk um jeden »rei» über alle» stellte. Der Sonnenkönig hatte gelebt wie ni« «t» König zuvor: die g«ze Belt hatte ihn bewundert und versucht, i^i aachzuahmen, überall sprach man neidisch «nn — glücklichen Frankreich . Nun ist er tot. Unter der Beteiligung und der Traner -er gesamten Bevölkerung trägt man ihn zu K:ak: Ludwig XlV. ist nicht mehr. — die könne Frankreichs ist erloschen! Schon wenige Tage nach dem Begräbnis knistert es bedenklich im Bau d«S Staatsaerü- sie». Der Sonnenkönig hat seinen minderjabri- ge» Thronerben und Urenkel »eben einer glän- -enden Fassade eine Schuldenlast von zwei Mil. lierden Livres hinterlass«», die an ZmsB, allein jährlich den Betrag von 80 Millionen Livre- erfordert. Keine Kleinigkeit! Selbst für den geschicktesten Finanzmann wäre hier «in« Sanierung eine harte Nuß gewesen, — um wieviel mehr mußte der leichtsinnige Her- zog Philipp von Orleans hieran scheitern, der sür den minderjährigen Ludwig XV. di« Re- geutschast sührt. Diesem Herzog von Orleans sind die Staatsschulden auch gänzlich gleichgül. ng, er dachte nicht im entferntesten daran, «rnst- hast di« Sanierung der Finanzen zu betreiben, — was ging chn baS an? Ihm war eS viel wichtiger, daß er in Muß« sein« Orgien feiern konnte, — mochte -as Land verbluten. Die Staatskaffen find le«r, — alles ist rest. lo- verwirtschaftet. Mit fabelhafter Routine erfindet man immer neue Steuern, um Löcher zn stopfen und reißt damit andere auf.- Eö iehii an Geld, an Brot, die Ziffer der Ar- bett-losen steigt ins Ungemessene. In den Mi- ntfterien geht der typisch« Ausspruch um: „Wir existieren nur noch durch et» Wunder!" In diesen Tagen völliger Ratlosigkeit und Verzweiflung schreit alles nach dem — „starken Rann*. Man glaubt an ihn rot« an' «in Wun- der, wie an einen Messias, besonders dex Her- zog von Noaill«s, der Ftnan-mintft«r, späht den Horizont ab nach dem Retter, — er selbst batte dar Staatsschifs hoffnungslos festgefayren. Ran steht vorm Bankrott ... Der „starke Mam»" meldet fich . .. In diesen Tagen höchster Not taucht John Law in Paris auf und läßt fich beim Kina»»-. Minister melden. Er hat ein „unfehlbares So stem* ausgearbeitet, mit dem er die leeren Kas- le» füllen und das finkende Staatsschifs sicher in den rettenden Hafen bugsieren will. Man bört sich die Geschichte dieses Engländer» an, der al- beus ex machina, von Edinburgh kommend, aus einmal ausgetreten ist. Man tst ja so dank bar für jeden Strohhalm,— und Scharlatan ober Könner, das ist hier die Krag«. Allerdings: ein wenig abenteuerlich ist ja die Vergangen heit dieses John Law, aber auf der anderen Seite kann man nicht leugnen, — der Kerl hat Format. John Law, der 1871 al- Sohn eines reichen Bankiers geboren war, interessierte sich