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Sächsische Dorfzeitung und Elbgaupresse : 27.04.1931
- Erscheinungsdatum
- 1931-04-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480533490-193104279
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480533490-19310427
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480533490-19310427
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Dorfzeitung und Elbgaupresse
-
Jahr
1931
-
Monat
1931-04
- Tag 1931-04-27
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Monat
1931-04
-
Jahr
1931
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wurden Warnsdorf ist es nun gelungen, die ganze Falschmünzergesellschaft, eine vierköpfige Ban-e, -u verhaften. Die Fälschungen so durchgeführt, d.rß man aus Banknoten, die aus der Inflationszeit stammten, aus der Jahreszahl 1920 die Jahreszahl 1929 machte. De: Schwindel gelang in vielen Fällen, hauptsächlich dei Tabakverkaufsstellen und bei Kellnerin nen, die mit den deutschen Währungsver hältnissen nicht vertraut waren. Die. vier Verhafteten legten ein Geständnis ab. 15 Häuser abgebrannt. Im Markt flecken Neufelden bei Linz sind vergan gene Nacht 15 Häuser, darunter das Postamt, abgebrannt. Der Schaden be trägt etwa 200 000 Schilling. Blutbad aus Formosa. Nach einer Mel dung aus London ist es zwischen den Bergmalaien, den Ureinwohnern au? Formosa, die im vergangenen Herbst als Kopfjäger einen blutigen Ueberfall auf die chinesischen Ansiedlungen in -er Ebene ausgeführt hatten, und dem Stamm Mus- Has zu schweren Kämpfen gekommen. 181 Mushas wurden enthauptet, 13 schwer verletzt und 104 werden vermißt. 80 Ge höfte wurden eingeäschert. Die japanische Regierung hat alle Vorkehrungen getrof fen, um die Ruhe wie-erherzustellen. Großer Gemäldediebstahl tu Loudon. Am Sonnabend wurden aus Büro räumen in der Oxfordstreet in London zehn wertvolle Gemälde und zahlreiche kostbare Teppiche gestohlen. Unter den entwendeten Gemälden befinden sich zwei Gemälde von Gainsborough sGräsin Chesterfield und Gemälde eines Herrn), Toten fuhren. Das Zugpersonal räumte das Abteil, und ein Beamter blieb als Wache bet -er Leiche. In Stockheim be- nachrichtigte man die Angehörigen. Der Arzt stellte fest, daß -er Tod mfolge Herzschlags wahrscheinlich sofort nach dem Einstetgen eingetreten war. R. war herz- leidend. Jag- auf ein Schmugglerauto. Tin ge panzerter Kraftwagen führte in letzter Zett verwegene Schmuggelfahrteu über öte belgische Grenze bei Aachen aus. Als -er Stagen jetzt in -er Nähe von Schmit- Hof -urchzubrcchen versuchte, gelang es einem Zollbeamten mit Hilfe eines Mo. torradfahrerS, -er sich sofort zur Ver- fügung stellte, dem Wagen den Weg zu verlegen. Die Schüsse, die der Beamte in voller Fahrt vom Motorrad auf den Wagen abgab, blieben infolge der Pan zerung wirkungslos. Es gelang rhm dann aber, einen der Reisen zu durchschießen. Hierdurch und durch die Hindernisse, die andere Beamte dem Wagen entgegenwar- sen, geriet der Fahrer arg in Bedrängnis. In rasender Fahrt fuhr er In einer Kurve gegen einen Felsen. Der Wagen wurde zertrümmert. Der Insasse, ein langgesuchter Berufsschmuggler aus Brand, wurde leicht verletzt aus den Trümmern hervorgezogen. Die Ladung -es Wagens bestand aus 25 Zentner Kaf fee, einem halben Zentner Schokolade, einem Zentner Pastillen und 1600 Ziga rillos. Tragischer Unfall aus dem Hühuerhos. In Stu hl Weißenburg ist eine Frau, die im Hühnerhos von einem Hahn mit dem Sporn gekratzt wurde, unter furchtbaren Qualen am Starrkrampf gestorben. Falschmünzerbande in Böhmen ver haftet. In Nordböhmen, namentlich in -en Städten Warnsdorf, Rumburg und GeorgSwalde, wurden seit Monaten falsche 50-Mark-Scheine, in einigen Fäl len auch falsche 100-Mark-Scheine in -en Verkehr gebracht. Der Gendarmerie in MMWO«-MhlWUWkMk!M (N.) Vom Finanzministerium wird ge schrieben: Sine Pressemeldung befaßt sich mit de» Vorschriften der Verordnung über die Real- steuerfenkung vom 10. März 1981 und der hierzu erlassenen Ausführungsverordnung vom 25. März 1981. Die Ausführungen gipfeln darin, daß das Land die Gemeinden ohne Rücksicht auf deren bedrängte Wirtschaftslage durch Strafandrohungen zwinge, Mietzins- steuermittel an da- Land abzuführen, die den Gemeinden teils ohne weiteres zukommen, teils an sie zur Durchführung -es Wohnung». baueS wieder »urtickgeführt werden müssen. Hierbei wird dem Lande die Absicht unterstellt, seine eigene Kaffenlage zu Lasten der notlet- Senden Gemeinden zu verbessern. Diese AuS- fllchrungen, die offensichtlich ohne die erforder liche Kenntnis der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse gemacht worden sind, sind geeig net, Mißverständnisse zu verursachen, und kön- neu daher nicht unerwidert bleiben. Bei der A«fwertnngs,(Mietzins»)S<e«er handelt eS sich nicht um eine von den Ge meinden im eigenen Interesse .erhobene Steuer, die in die Gemeindekafle fließt, sondern um eine S t a a t S steuer, deren Verwaltung für die Gemeinden eine übertragene StaatS- aufgabe darstellt. Diese Steuer setzt sich -u- sanrmen aus dem Staatsantetl, dem Gemeinde anteil, dem Zuschlag für Fürsorgezwecke und dem. WohnungSbauantetl. Währen- der StaatSanteil von jeher an den Staat abzu. liefern war, kommt für den Gemeindeantetl und den Zuschlag für Fürsorgezwecke eine Ab- lieferung an den Staat auch jetzt nicht in Frage. Eine Aenderung ist lediglich bei dem Wohnungsbauantell etngetreten. Dieser wurde bisher nur zu einem Viertel an den staatlichen WohnungSbaustock abgeliefert, im übrigen zur Förderung -eS Wohnungsbau«- am Orte de» Aufkommens verwendet. Durch die verord- nung des Reichspräsidenten vom 1. Dezember 1930 ist angeordnet worden, daß di« Mittel, die aus der MietzinSsteuer zur Förderung -er Bautätigkeit auf dem Gebiete de» W^nungS- und StedlungSwesenS bestimmt sind, vom April 1931 an den Ländern zuflteßen und von diesen durch eine einheitliche Stelle auf Grund eine» einheitlichen LandesplaneS »ur Deckung drin genden örtlichen Bedarfs unabhängig vom ört lichen Aufkommen zu verteilen sind. Wenn also seit April 1930 der WohnungSbauantetl an der MietzinSsteuer voll an daS Land abzu führen ist, so beruht das auf einer bindenden reichsrechtlichen Vorschrift. Zutreffend ist, daß den Gemeinden ein Teil dieser abgelieferten Wohuungsbaumittel auf Grund der oben er- wähnten Verteilung nach einem einheitlichen Landesplan zu Wohnungsbauzwecken und ein weiterer Teil znr Deckung des durch die Sen kung der gemeindlichen Zuschlagsteuer zur Grund- und Gewerbesteuer im Rechnungsjahr 1931 verursachten Ausfalles wieder zufließt. Den Gemeinden znr Deckung dieses AuS« falls bestimmten Betrag von vornherein »» belasse», ist sch«» deshalb nicht möglich, weil fick dieser vrtrag erst später nach Ab schluß -er Veranlagung der Grund, «ud Gewerbeste»er sür das Rechnungsjahr 1V31 seftftellen läßt. BiS dahin wirb das Finanzministerium den Gemeinden nach Ablauf jedes Vierteljahres des Rechnungsjahres 1981 Abschlagszahlungen aus den ihnen zur Deckung des SteueraussalleS zukommenden Betrag überweisen. Die Ueberwetsung dieser Abschlagszahlun- gen und später des DcckuugsbetrageS setzt aber naturgemäß voraus, daß das Finanzministe rium zunächst die hierzu erforderlichen Mittel durch Ablieferung des Wohnungbauantetls Ler Auswertungssteuer erhält. Die praktische Durchführung dieser Ueberwetsung von Ab- schlagszahlungen und später des Deckungs- betrages und damit die Ausführung retchs- gesetzltcher Vorschriften würde völlig unmög lich gemacht werden, wenn -en Gemeinden nachgelassen würde, zur Deckung des Ausfalls auf Grund von Schätzungen Teilbeträge des Wvhnungsbauanteils der Aufwertungssteuer einzubohalten. Der Betrag, -er den einzelne» Gemei«-en >mr Förderung des Wohnungsbaues im Rechnungsjahr 1931 zukommea soll, ist völlig vom Eingänge -er MietzinSsteuer für -as lausende Rechnungsjahr abhängig. Seine endgültige Höhe kann also erst am Ende des Rechnungsjahres genau ermittelt werden. Eine Einbehaltung von Mietzins- steuermttteln seitens der Gemeinden würde auf durchaus unsicheren Grundlagen beruhen und auch gegen das Reichsrecht verstoßen. Im übrigen würden hierdurch jede geregelte Wob- nuwgSaatrtschaft unmöglich gemacht werden: denn dem ÄohnungSbaustock würden nicht die Mittel -ur Verfügung stehen, di« zur Finan- zderung de» Wohnungsbaues in Gemeinden mit besonders dringendem örtlichen Woh- nungSbedarf verteilt werden müssen. Insoweit bezweckt also -er Zwang zur Ab* lieferung -er Wohnuugsbaumittel gerade -en Schuß -er besonders leistungsschwachen Gemeinden mit besonders dringendem WohnungSbedarf. Daß die Gemeinden zur Ablieferung der dem Staate zustehenden Steuern durch Andro hung von Geldstrafen gezwungen werden können, tst durchaus nichts Neues. Es han delt sich bet dtefer Strafandrohung um eine Vorschrift, hie bereits in den sächsischen Steuergesetzen der Vorkriegszeit enthalten war und di« im Jahre 1924 erneut tn die Landes steuergesetze ausgenommen worben ist, um nötigenfalls säumige Gemeinden zur Erfül lung ihrer auf dem Gesetze beruhenden Ver pflichtung zur Ablieferung der dem Staat zu kommenden Steuern anhalten zu können. ein van Dyck (Henriette Maria) und ein Reynolds (Miß Grant). Der Verlust wird mit über einer halben Million Mk. angegeben. Bei der Nntersnchnng über -as Flug zeugunglück von Seahurst Park, durch das der englische Vizeluftmarschall Holt sein Leben verlor, stellte sich heraus, daß eine Verwechselung un- nicht genügcn- sorgsam durchdachte Organisation die Schuld an dem Unfall trifft. Das Flug- gcschwa-cr war nicht davon verständigt worden, -aß -er Marschall von einem zweiten Leichtflugzeug begleitet sein würde, wodurch Verwechselungen bei der Erweisung der üblichen Ehrenbezeugun gen entstanden. Diese führten dazu, daß -as Flugzeug -cs Marschalls mit dem am Flügel der Formation stehenden Flugzeuge zusammenstieß und kippte. Holt konnte erst herausspringen, als eS schon auf 65 Meter gefallen war. In ¬ folgedessen öffnete sich sein Fallschirm nicht mehr rechtzeitig und er schlug auf den Boden auf, so -aß er sofort verstarb. Halb Moskau unter Wasser. Der Eis gang auf der Moskwa hat in der Stadt Moskau starke Zerstörungen angerichtet. Mehrere Stadtteile stehen vollkommen unter Wasser. An -er Mündung der Moskwa sind die Eismassen durch Pio niere der Roten Armee gesprengt wor den. Die Fluten haben die TertUwcrke Trechgorka zerstört. Mehrere Werke muß ten stillgelegt werden. Ueberschwemmungsgefahr in Rußland. Aus Moskau wird gemeldet: Infolge der Schnecschmelze steigt die Moskwa seit einigen Tagen rapide. Man befürchtet eine Ueberschwemmung, die mindestens das Ausmaß der vom Frühjahr 1926 er reicht. In Minsk wurden die niedrig ge legenen Stadtteile vollkonrmen über schwemmt. Die Häuser mußten von den Bewohnern yeräumt werden. Da auch das Elektrizitätswerk unter Wasser steht, ist die Stadt ohne Strom. Der Straßen, bahnverkehr mußte eingestellt werden, keine Zeitung kann erscheinen, und die meisten Fabriken müssen seiern. Die Ueberschwemmung im Wilnaer 8«. biet nimmt an Umfang noch zu. Besorg ders schwer ist die Stadt Wilna betroffen. Der Vtlijn-Fluß hat einen Stan- von etwa 9 Metern erreicht. Den Austren. gungen -er aufgebotenen Truppen ist eS nicht gelungen, oas Elektrizitätswerk vor den Fluten zu schützen. Der aufaerichtete Damm wurde durchbrochen und die Was. sermassen drangen in den Turbinenraum ein, so daß die Maschinen sttllgelegt wer, -en mußten. Ganz Wilna ist ohne Licht Nunmehr sind auch die höher gelegenen Stadtviertel in Gefahr. Drohend umspü. len die Fluten die alte Kathedrale. Bis. her stehen mehr als 150 Häuser unter Wasser. Ungefähr 2000 Personen sind ob, dachlos geworden. Der greise orthodoxe Erzbischof Theodosius von Wilna erlitt infolge starker Erregung einen Schlag, anfall. Sein Leben ist in Gefahr. Der deutsche Konsul in Nyborg tot aas. gesuubeu. Der deutsche Konsul in Nyborg (Fünen), Baron von Haxthausen, ist am Sonntag früh im Wallgraben in Nyborg toi aufgefunden worden. Man nimmt an, daß es sich um einen Unglücksfall handelt. Ei« antideutscher Hetzfilm i« Chile verboten. Wie „Associadet Preß" meldet, hat Chile die Aufführung deS FilmS „Hells Angels" behördlich verboten, -a er die Gefühle der deutschen Bevölkerung verletze. Hochwasser kt Turkestan. Nach einer russischen Meldung aus Alma Ata (Tur- kestan) ist der Irtysch über die Ufer ge. treten und hat die ganze Stadt Ust. Mamenogorks unter Wasser gesetzt. Sech- Personen sind ums Leben gekommen. Moderne Räuber i« China. Di« Räu- ber der „Ersten Roten Armee" in -er Provinz Honan, -ie den amerikanischen Missionar Nelson seit Oktober v. I. ge fangen halten, halten offenbar auf ein gewisses kulturelles Niveau, denn außer einer erheblichen Geldsumme fordertep sie kürzlich als Lvsegeld u. a. Grammophon, platten, Tennisschläger und -balle. Schach, spiele, Armbanduhren, Füllfederhalter und Fußbälle. Neben diesen LnxuSgegen. ständen verlangten sie, um lhre „Arbeit" fortsetzen zu können, auch Benzin und Munition. MW» -er MMr MU IW Opernhaus Dien-tag (7): Die Frau ohne Schatten. An- rechtsreihe B. BVB. Gr. 1: 3201—3300. Gr. 2: 1—50. Schauspielhaus Dienstag (8): Der Bibliothekar. Anrechtsreibe B. BVB. G. 1: 4001—4200, 8401—8500. Albert-Theater Dienstag (8): Versailles. VB.: 6426-0450. BVB. Gr. 1: 2101—2200, 12 001—12 100. Die Komödie Dienstag (149): Hasenklein kann nicht» dafür. VB.: 1431—1500, 2001—2010. BVB. Gr. 1: 4401—4450, 11 501—11 550. Residenz-Theater Dienstag (8): König der Liebe. BVB. Gr. ir 5301—5400. Central-Theater Dienstag (8): Jim und Jill. VB.: 4801—4856. 41 Das war, wo die berühmten Zigeunerkapellen schmei chelnd und lockend ihre wilden Weisen svielten und die Nacht kein Ende zu nehmen schien. Da» war, wo der Sekt in Strömen geflossen war und die Tausend-Rubel-Noten keinen größeren Wert hatten, al» die Zigaretten in Brand zu seven. Und das alle» in einer Zeit noch, da bereit« der große Weltkrieg ausgebrochen war und die russischen Soldaten tn den Schützengräben lagen und unter größten Entbehrungen kämvken mußten. Dann war e« eine« Tage« au». Ganz schnell, nicht über raschend war e« gekommen. Gegen Morgen durchlief da« Gerücht die Stadt, gegen Mittag nahm es feste Formen an. Am Nachmittag wußte man e«: Rasputin ist ermordet. Man Hal ie.»e Leiche «n einen Arm der Newa geworfen. Allerhöchste Kabinettsordre vom Großen Hauptauartier an der Front: Sämtliche Dienst- stellen der Ochrana und die Polizeibehörden find angewiesen, nach der Leiche de» Heiligen zu suchen. Man fand sie im Eise unter einer der Brücken. Man überführte die Gebeine nach Zar-koje Slelo, verbrannte die Ueberreste und setzte sie in einer Urne bet. — — Fürst Kurakin wandte sich um und fab zur Kamenis Ostrow hinüber. Durch die kahlen Bäume schimmerte da» Schloß zur steinernen Insel. Langsam, mit gesenktem Kopf trat er den Rückweg an. In einem weiten Abstand folgte ihm ein Mann XXIII. Anr» vor »«« Ziel! Dreimal hatte Ekaterina Kurakin auf der Eisenbahnfahrt von Pskow nach Trotzkofe ihre Papiere vorzeigen müssen. Einmal hatte der Beamte, der di« Prüfung vornahm. sogar sehr lauge gezögert, «he er ihr da» Dokument zurückreicht«. Dann hatte er einige Fragen an sie gestellt, die, so harmlos sie auch schienen, doch verfänglich genug waren. In Gedanken lief sie noch einmal den Weg zurück, den sie hinter sich batte. Bis PSkow war sie ungehindert gekommen. Auch der Tschekist, der in Gdow den Zug be stiegen batte, al« er schon angefahren war, batte sie un- behelliat gelassen. Ihre Nerven waren »um Zerreißen ge spannt gewesen während der ganzen Fahrt. Auf kleineren Stationen waren Marktweiber und Händler zu ihr ins Abteil gestiegen. Rohe, ungeschlachte Menschen. In allen Gesichtern batte sie nur stumpfe Ergebenheit gefunden. Hier und da war etwas wie Verbissenheit. Gespräche wurden fast gar nicht oder doch nur leise geführt. Man beachtete sie über- Haupt nicht. In Pskow batte sie dann, den Weisungen de« Mannes in Gdow folgend, den Bahnhof verlassen und sich sofort »um Markt gewandt. Sie kannte die Stadt nicht. Sie ließ sich treiben von den andern, die den gleichen We« gingen. Auf dem Markt, auf dem rege« Leben und Treiben herrschte, war sie «ntergetaucht tn der Menge. Zum ersten Male batte sie dann den Aufmarsch eine» Regiment« von Gardisten mitangesehen. Fahnen wurden geschwenkt, Tücher winkten, Zurufe erklangen. Aber seltsam: Schien e« ihr nur so oder war e« in Wirklichkeit der Fall: Nirgend» klang innige Begeisterung auf. Man rief den Soldaten mechanisch ein paar Worte zu und ging weiter. Man winkte, und sah sie kaum an. Und auffallend war auch di« übergroße Anzahl der Be- amten in ihren Leder-Uniformen, die überall »u linden waren. Sie batte sich nicht so lang« tn Pskow aufgehalten, wie sie e« anfang« beabsichtigt hatte. Sich irgendwo nieder- zulassen, wagte sie nicht. Eine innere Unruhe trieb sie weiter. Nur einmal batte sie tn einer Teestube ein wenig zu sich genommen. Unter schreienden und gestikulierenden Weibern batte sie au» einem Hocker gesessen und Pläne ge- schmiedet. Jetzt war sie ta tn Rußland Jetzt mußte sie, wenn sie in Petersburg ankam, die Such« nach dem Vater auf- uebmen. Gleich nach dem Mittag batte Ne sich wieder »um Bahn- Hof begeben, sich überzeugt, daß inzwischen andere Beamte den Wachdienst angetreten hatten, und war mit dem nächsten Lug« weitergesahren. In Preobashenskaja war di« letzte Revision erfolgt. Si« atmete auf, als d«r Beamte gegangen war. Durch verschneites Land, an -»gefrorenen Sümpfen vor bei, führt« sie die Eisenbahn auf Petersburg zu. In einer halben Stunde mußte sie in Trotzkoj« fein. Sie ging mit sich zu Rate. Draußen legte sich bereit« di« Dunkelheit über da« Land. Wenn sie in Trotzkoie ankam, war e« Nacht. Wo sollte sie dort bin? Sie kanwte keinen Menschen, sollte sie nach einem Schlitten fragen? Mutzte e« nicht auffallen, wenn sie noch in der Nacht nach Petersburg wollte? Uild auf der anderen Seite schien es weit gefähr licher, irgendwo »u übernachten. In der Nähe der Haupt stadt war da» Spionage- und BewachungSivstem sicher noch viel schärfer durchgebildet, als im offenen Land. Sollte sie es wagen, wetterrufahren? Wenn sie den Mann in Gdow recht »erstanden hatte, mutzte sie auch neue Papiere haben. Wo sollte sie sie her- bekommen? Eine lähmende Angst kroch in ihr auf. Nur nicht setzt, kur» »or dem Ziel, — nur nicht jetzt am Wege straucheln. Rattatt«ttatt sangen die Eisenbahnräder auf den Schienen. War e» ihr erst erschienen, al« wenn der Zug nur durch die Landschaft kröche und kaum oorwärtSkam, — jetzt batte sie den Eindruck, al« raste er mit unverminderter Geschwindigkeit direkt in die Völle hinein. Nun wurde die Fahrt langsamer. Die Räder sprangen knirschend über Weichen. Da« Schienenfeld wurde breiter und breiter. Häuser kamen in Sicht. Al« der Zug endlich hielt, fühlte sie sich so schwach, daß sie sich kaum erbeben konnte. Wenn sie fetzt hätte sitzen bleiben könne». Sitzen und schlafen. „Sie müssen au«steigen!" rief eine Stimme draußen auf dem Bahnsteig. Die Tür wurd« aufgerissen. „Der Zug fährt nur bi» Trotzkoje! Wir können nicht weiter!" Si« erhob sich mühsam und trat au» die Tür »u. Der Mann war schon wieder verschwunden und suchte die anderen Abteile und Wagen ab. Sie kletterte die hohen Stuken -inunter «ud stand au» dem Bahnsteig. Stimmengewirr umfing sie. Warum »uhr der Zug eigentlich nicht wetrer? Es hatte doch an dem Schild gestanden, daß er bi» Leningrad »uhr.
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