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Sächsische Dorfzeitung und Elbgaupresse : 24.03.1931
- Erscheinungsdatum
- 1931-03-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480533490-193103243
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480533490-19310324
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480533490-19310324
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Bemerkung
- Enthält Beilage "Fremden- und Kurliste" 93.1931 Nr. 11
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Dorfzeitung und Elbgaupresse
-
Jahr
1931
-
Monat
1931-03
- Tag 1931-03-24
-
Monat
1931-03
-
Jahr
1931
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M Wlk NkWl Skl SkMen Not Von Landtagsabaeordneten Syndikus Karl Tögel, Coßmanns-orf. Schwer und bleiern liegt die Not aus dem deutschen Geschlecht, wir beklagen sie, wir suchen nach Abhilse, die Pläne wuchsen aus den Ge hirnen wie die Pilze aus dem feuchten Wald boden. Aber mir stnden den Ausweg nicht. Tenn das Mld der deutschen Not, das uns die öffentliche Distussion malt, ist verzerrt, ist un wahr. Wir erkennen die wichtigen Struktur- Linderungen innerhalb des deutschen Volkes nicht, wir überlassen die Not dem politischen Handelsgcsctmjt der Parteien, wir legen einen falschen Maßstab an die Tinge, die ringö um uns Vorgehen. Die öffentliche Meinung kennt zumeist und vorzugsweise nur die schreiende, die demonstrierende Not, kennt nur die Not, die sich in Statistiken answeist, die sich iu politische Mandate umwerten läßt. Richtig: Wir haben 5 Millionen erwerbsloser Menschen — ein nationales Unglück von maß loser Tragik — und wir müssen darnach trach ten, das Schicksal derer zu ändern, die nach Ar beit schreien, aber keine finden. Ader das ist nicht die ganze Not, das ist nur die eine Seite, die die grellsten Schlagschatten wirft. Zn Tcutschland lebt aber noch viel mehr und ost noch vixl tragischere Not, die man nicht sieht, deren man sich in der Presse, in den Par lamenten nicht annimmt, weil sie nicht schwer genug wiegt im Kampfe der politisck-en Kräfte. Denn mir haben nicht nur unsere Arbeit verloren, wir haben innerhalb des Bölkes eine Um- organisation erlebt von größter Wirkung. Unser Volk erlebt den harten Konkurrenz- tanrpf aller Schichten unter und gegeneinander, unser Volk trägt die Not in allen Ständen, in jeder Generation, in jedem Alter, und wer das Problem meistern will, kommt immer am sal- schen linde heraus, wenn er nur von der einen Seite ausgeht. Trum sind all unsere Ver suche, durch Wohljahrtsgesetze, durch Arbeits losenversicherung u. a. die Not zu beseitigen, sehlgeschlagen. Sie werden auch weiterhin keine Lösung bringen können, denn sie gehen vom falschen Grunde aus. Wir sehen in der Regel die Not nur mate riell und drücken sie in Ziffern aus, dann scheint die Diagnose sich zufrieden zu geben. Wer will das Bild malen, das wahr und echt ist? Gibt <s Nicht im Mittelstände unter Hand werkern, Einzelhändlern, Bauern, freien Be rufen Tausende, die nicht dasselbe haben zu leben, was der Erwerbslose erhält? Ringen nicht unzählige deutscher Menscl>cn einen Kampf mit der Not, der täglich und stündlich an der Hcrzsaser zehrt? Wer will denn all die tau sende Zrauen zählen, die nachts mit heißem Herzen und seuchten Augen zum Herrgott beten, damit er ihrem Manne die Existenz er- lmlte? Und sind dies nur Arbeiterfrauen? WiMel^ Fabrikbesitzer stehen oder standen scho^vvr dem Nichts. Und ist deren Ringen um die Erhaltung — nicht mehr des Besitzes, son dern des Wirkungskreises und der Existenz nicht ebenso heldenhaft? Wie mancher Bauer ist darunter, der nicht mehr aus noch ein weiß, der Briese schreibt an den und den — nnd im mer wieder vor dem Nichts steht. Wieviel Mütter ringen die Hände, damit ihrem Kinde ein Weg ins Leben gezeigt werde? Wieviele Väter tragen die Sorge tagaus tagein, nm ihrem Erben wenigstens die Grundlage dessen zu erhalten, was sie in harter Lebensarbeit erschufen und sammelten? Wieviele ringen und beten, um vorm „Abbau" verschont zu bleiben? Tas wahre Bild der deutschen Not kennt Fabrikanten, die zum letzten Male durch die Räume schritten, die einst das Zeugnis frischen Wagemuts und ernsten Strebens waren, es kennt kleine sind große Kaufleute, die Nächte durch ringen, damit das Exempel stimmt, das ihre Lebensgrundlage erhält. Es kennt Stu denten, die arbeiten und schaffen, um sich der Wissenschaft zu erhalten. Ties Bild kennt Studierte und Doktoren, die froh sind, wenn sie Arbeit stnden, auch wenn der Lohn noch so karg ist. Es kennt Kinder über Kinder, die beim Frührotschein des Tages ausstehen und zur Schule fahren, um sich »u rüsten sür den Existenzkampf des Lebens: dies Bild kennt Greise, die tränenden Auges den Brief in den Händen halten, der ihnen die Stelle kündigt, weil sie zu ,^rlt" seien,' dies Bild kennt arbei tende Frauen, die wacker schusten, um ein klein tvenig Kultur im Familienleben zu bel-alten, un> dem begabten Kinde die Bildung zu schas sen, die aber gehen mußten, weil der )Nann auch noch verdient,- dies Bild kennt Familien, die zäh und in bitterer Not sich wehren gegen den letzten Absturz ins Proletariat,- dieses Bild kennt den grausamen Lebenskampf aller Schich ten, aller Berufe, aller Generationen und jeden Alters. Das aber ist das Ende des materialistischen Zeitalters. Wir haben geglaubt, das Leben und das Schick sal zu meistern, wenn wir Statistiken machten und Gesetze-beschlossen. Wir h.ibcn noch an die materielle Gesicherthett des Daseins geglaubt. Neber dem alten Deutschland stand -er schlichte Spruch: „Bete und arbeite." Das neue Ge schlecht, so es am Ruder des Staates war, strich das „Bete" ganz und wollte gern das „arbeite" mindern, damit sür möglichst wenig Arbeit hoher Lohn werde. Wir singen die neue Zeit an mit dem Streit um die acht Stunden täg- lici>er Arbeit. Uns schien der Lohn wichtiger als die Leistung, das Recht wertvoller als die Pslicht. Daraus ist unsere Not gewachsen. Und wir singen die neue Zeit an mit der klas senmäßigen Betrachtung der Dinge. Es sollte eine Erlösung werden für das Proletariat, aber es ist eine Proletaristernng des ganzen Bölkes geworden. Man glaubte, bas Notschicksal eines armen Volkes einspannen zu können in die engstirnige Betrachtungsweise klassengeschtchteter Menschen, in den öden und blöden Begriff des „Dienstes an der Klaffe". So wurde alles ein Handeln und Feilschen, alles ein Geschäft, und zuletzt wurde es ganz schmutzig, denn nun kam der politische Klüngel und suchte die Not umzuwan- deln in politischen Porteil. Und diese Po litik rächt sich schwer. Aus dem lebendigen Or ganismus eines Volkes hat man einzelne Glie der herausgeschnitten und sieht nun am Ende einer furchtbaren Entwicklung das Chaos vor Augen. Besitzen wollte man so viel als möglich. Und so nicht nur rein materiell, auch geistig. Man läßt unsere Jugend fremdländische Vokabeln lernen, Jungens und Mädchen mühen sich um mathematische Formeln und die meisten davon haben nie ikn Leben Gelegenheit, sie anzuwen- den. Die Mütter sitzen seufzend daheim über die schweren Formeln, die die Schule befahl, die Väter peitschen die Jungen aus, damit sie Ostern Lie schivere Klippe der Versetzung um schiffen — und für die Zukunft, was soll auS all dieser Gelehrsamkeit werden? Wo ist der Platz für unser überstudiertes Volk? Wie über all, so soll auch hier der Besitz an Wissen, das materialistische Aufspeichern eines von einsei tiger Weltbetrachtung oft beeinflußten Bil dungsgutes den Lebensweg bahnen. Und doch ist das Ergebnis der erbitterte Konkurrenz kampf aller Schichten und aller Berufe. Wir wollen uns des hohen Bildungsstandes unseres Volkes gewißlich freuen, wir wollen aber nie vergeßen, daß das Leben die Men schen formt und das Schicksal Charaktere schnitzt, wir wollen nie vergessen, daß die ma terielle Basis des Lebens noch keine Gewähr ist für Glück und Zufriedenheit. Und wer so das wahre Gesicht sieht der deut schen Not, der muß erkenne«, daß alle Lösungsvcrsuche bisher von einer absolut falschen Diagnose ausgegangen sind. Was wir erleben, ist der Zusammenbruch aller individuellen Gesicherthett des menschlichen Da seins. Was wir erleben, ist die Ercenntnis, daß auf materielle Grundlage allein weder der Staat, noch das Volk, weder der Mensch, noch die Klasse zu erhalten ist. Ein ganz neuer Inhalt wächst*rmpor und wir müssen au diesen neeren Quellen beginnen, die Wahrheit zu suchen. Daraus aber ergibt sich dann: Wer tlaffenmäßig die Lösung zu finden hofft, wird immer ein Stümper bleiben. Das glaubten die Sozialisten, als sie eine ausgesprochene Ar beiterpartei sein wollten, und der Arbeiterschaft das Glück verhießen. Das Ende ist ein Rie- seneleud deutscher arbeitender Menschen. Tas glaubten die einzelnen Parteien, die sich an das Znteresse eines Standes ivandten, ja an ein zelne Interessenten wandten. TaS Ende ist das Unglück aller, Wer eine Lösung finden will, muß erkennen: Alle Stände ergriff gleiche Not, den gesamten Organismus unseres Volkes schüttelt entsetzliches Fieber. Und nun kann die Hilse nicht kommen, indem der eine Stand den anderen hinabstößt, um sich hinaufzuschwiugcn, nun kann die Hilse nicht kommen, wenn man die Parteiführer zu sich lädt und mit ihnen ein Kompromiß macht, nun kann die Hilse nicht kommen, indem man vor lauter Verantwor tung den alten salschen Weg weitergeht: d e Hilse kann nnr kommen, wenn man das Problem als ein Gesamtproblem des ganzen Volkes erkennt, wenn jeder Hel, ' sen und opfern muß. Wir flehen vor einer nationalen Notausgabe. Wieviele denken noch in den alten Bahnen, wieviele haben die neue Zeit nicht erkannt. Die Marxisten jagen dem alten salschen Götzen nach, sie kleben am alten abgegriffenen Geisteegut und die Jesuiten des Zentrums leisten Mi- stand. Leidensä-astlicher Kamps dieser salschen Politik, leidenschaftliche Opposition, bis der neue Weg gangbar wird. Alle müssen Helsen, alle — denn all« brauchen eines — Arbeit und Pflicht. Tenn wir mllffen lernen, daß Arbeit wichtiger noch ist als Lohn, daß Pflicht wertvoller ist denn Recht, daß eines alle beseele« soll: in Not und Armut, im Ringe« und Bete« das eine Ziel: daß unsere Kinder ein Vaterland und ein Volk wollen, in dem sie — auch materiell gesehen — mehr haben können als ihre Väter Wer heute noch nicht begriff, daß er znr salsä-cn Zeit geboren wurdx, wenn er sich ein geruh, sames Dasein schassen wollte, daß er ein Tor ist, wenn er den tausenderlei Versprechungen glaubt, dem ist nicht mehr zu helfen. Wir soll ten nur eines kennen: Ein Ziel, das wir sterbend erbeten wollen und einen Glauben, der uns entbehren und arbeiten heißt, aus daß wir überwinde«, was uns zu Boden schlug und was aus eigenem Irrwahn sproß. Wtk W M dkl WkWieiWWlW Die Gauleiturrg des Gewerkschastsbundcs der Angestellten Gau Sachsen hat sich in ihrer letzten Sitzung mit der Frage der sozialen und wirtschaftlichen Lage der Angestellten ein gehend besä-äftigt und zu dem von der Reichs regierung beabsichtigten Sanierungsplan der Invaliden- und Knappschaftsversicherung, der auf Kosten der Angestelltenversichernng ausge führt werden soll, Stellung genommen. Die Gauleitung vertritt die Meinung, daß die in den letzten Monaten auf sozialpoliti schem und wirtschaftlichem Gebiete sich erge benden Vorgänge gezeigt haben, daß die An gestellten tn ihren bisherigen, auf Grund ihrer besonderen Berufseigenart erkämpften sozialen und rechtlichen Belange in sozialpolitischer und arbeitsrechtlicher Beziehung immer mehr be nachteiligt werden. Es hat den Anschein, als würden wirt- schafts- und regierungsseitig der Angestellten schaft auf Grund der von ihr an den Tag ge legten Duldsamkeit immer mehr Lasten auf gebürdet. Die von Angestellten seit langer Zett erhobene Forderung der Einführung von Ersatzkosten bet der Arbeitslosenversicherung hat ihre Erfüllung nicht gefunden. Welch un geheure Summen die Angestellten sür die Ar beitslosenversicherung aufbringen, ohne daß diese von ihnen in Anspruch genommen wer den, geht aus den Ausführungen des Reichs- arbcrtsministers hervor, daß beim Ausschei den der guten Risiken aus der Arbeitslosen versicherung, dazu gehören in erster Linie die Angestellten, die übrigen Versicherten 15 Pro zent ihres Einkommens für Arbeitslosenver sicherungsbetträge ausbringen müßten. Das von den Angestellten in dieser Hinsicht ge brachte Opfer ist so groß und anerkennens wert, daß alle weiteren materiellen und ide ellen Belastungen vermieden werden wüsten. Statt dessen wird jetzt die Begehrlichkeit der Reichsregierung nach den von den Angestell ten und ihren Arbeitgebern aufgebrachten Rücklagen der Angcstelltenversicherung bekannt. Zur Sanierung der Knappschafts- und Inva lidenversicherung sollen Gelder von der Ange- stelltenversichernng verwendet werden. Dar über hinaus ist beabsichtigt, derzeitige Ange- stelltenoersicl-ertc der Invalidenversicherung zu überweisen. Trotzdem die Angcstelltenversicherung der Invalidenversicherung im Jahre 1927 zur „endgültigen" Abgeltung ihrer Forderungen 33 Millionen Mark anshändigte, stellt die In validenversicherung an die Angestelltenversiche rung eine jeder rechtlichen und moralischen Grundlage entbehrende Entschädigungssorde» rung in der phantastischen Höhe von 5V0 Mil lionen Mark. Die Erfüllung dieser Forderung würde einen ganz ungeheuerlichen und in seinen Fol gen kaum zu übersehenden Eingriff tn den Versichertenbestand und die Finanzen der Netchsversicherungsanstalt bedeuten. Eine Sanierung der Invaliden- und Knapp, schaftsversichernng darf keinesfalls mit Mit. teln der Angestclltenversicherung geschehen. Von der Reichsregierung und den politi schen Parteien wird verlangt, daß sie entspre chend dem ihnen bisher entgegengebrachten Vertrauen, diesen Raub aus die Nvtgroschen der Angestellten mit allen Mitteln verhindern. Geschäftliches Eine wichtige Mitteilung an alle Damen! Der hervorragende Dauerwell-Apparat „Wella" hat älteren Systemen gegenüber folgende Vor- teile: Garantiert gefahrlose Behandlung, leich teste Heizkörper, Vermeidung lästiger Hitze, 50 Prozent Zeitersparnis, erstaunlich lange Lebens dauer der Wellen. Damen, die den Wunsch ha- den, daß ihr Kopf trotz Wind und Regen, auch nach stundenlangem Tanz, einen gepflegten Ein- druck machen soll, setzen sich mit Frau Hedwig Parth, Drcsden-A. 2t, An der Falkcnbrücke 2a (bitte genau auf Firma achten) in Verbindung, zu setzen. oku. Micky-ManS-Ballett bei Sarrasani! Wie oft hat uns Micky Maus, jene Favoritin auf dem Gebiet der grotesken Komik, schon zu Tränen gerührt! Jetzt führt uns Sarrasani gleich eine ganze Kompanie lustiger Micky-Mäusc vor, kommandiert von Francois, dem übermütigen Micky-Mäuscrich. Das an und für sich schon gediegene und überreiche Sarrasani-Programm erfährt durch dieses lustige Zwischenspiel eine neue wertvolle Bereicherung. Vorstellungen täg lich 8 Uhr abends. Außerdem Mittwochs, Ton- nerstags, Sonnabends und Sonntags auch nach mittag Uhr. Nachmittags halbe Preise für Erwachsene und Kinder. Es empfiehlt sich, für die Kartenbesorgung die VorverkausSstellcn zu benutzen: „Ne Ka", Tel. 25 431. — Zirkuskassrn sind durchgehend von 9 Uhr früh geöffnet, Zir- kustelephon: 56 948/49. Dämon Künstler. Roman von Magda Trott. Copyright bq Greiner L Eo., Berlin NW 6. (Nachdruck verboten.) 38. Fortsetzung „Es ist wohl das richtigste, mein Freund, wenn nnr bald wieder Frieden schließen. Du kennst mich- weißt, daß tch nte eine Arbeit halb tue. Erneuere dein Ver sprechen, gib mir die Zufictserung, daß ich die Deine werde, und du hast nichts von mir zu fürchten." Er zwang fich zu einem Lächeln. „Noch haben dte Gerichte nicht gesprochen, noch ist Sigunde mein Weib." „Ich warte — tch will nichts weiter als das Ver sprechen, daß ich ihre Nachfolgerin werde." „Es ist eine Taktlosigkeit gegen meine Krau, schon heute davon zu sprechen." „Seit wann legst du großen Wert auf Takt?" „Tu bist unerträglich geworden, Lola." Sie lehnte sich in den Sessel zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. „Siehst du, mein Freund, so gefällst du mir schon besser. Warum rüttelst du an den Ketten, die du dir selbst angelegt hast? Es kostet unnötig Nervenkraft und nützt dir nichts. Ich halte dich mit meinen zierlichen Händen. Aus ihtien kommst du nicht frei. Also, sei vernünftig und hüte dich vor Dummheiten." Er warf einen tunkelnden Blick auf sie, einen Blick, in dem Loia deutlich wilden Haß glühen sah. Aber feine Stimme klang ruhig und beherrscht. „Ich werbe mein Wort dir gegenüber unter allen Umständen einlösen, das weißt du; jetzt aber ist noch keine Zeit, davon zu sprechen." Langjam erhob sie sich, legte ihm beide Hände auf die Schultern und schaute ihm lange stumm In» Gesicht. Dann aber kam e« wie eine Drohung von ihre» Lippen: . „Hüte dtch, Bernhard!" Er wandte hastig den Kopf zur Seite. Konnte diese Frau die Gedanken hinter seiner Stirne lesen, ahnte sie, welch teuflische Pläne er soeben erwogen hatte, um sich dieser gefährlichen Gegnerin zu entledigen? „Ich verstehe dich nicht, Lola," preßte er mühsam her vor. „Aber wie gesagt, du mußt Geduld haben Es kann Monate dauern, ehe ich von Sigunde geschieden werde. Ms dahin wollen wir in alter Kreundschaft verkehren." „So erwarte ich dich von nun an wieder regelmäßig. Genau so wie einst." „Ich habe tn nächster Zeit Konzerte vor, die mich schon jetzt stark in Anspruch nehmen." Unter halb gesenkten Lidern schaute sie ihn verächt lich an. Lch rufe dich, Bernhard, und du hast zu kommens" Mit nichtssagenden Worten verabschiedete er sich von ihr, weil er fühlte, daß e- ihm unmöglich war, seiner Erregung noch weiter Herr zu bleiben. Sein Innerstes befand sich in tobendem Aufruhr, und es kostete ihm die denkbar größte Ueberwtndung, um Lola nicht feinen ganzen Haß ins Gesicht zu schleudern. Sie hatte ihn einen Narren genannt. Freilich, er war ein Narr, als er sich dieser Frau tn die Hände gespielt hatte. Damals hatte thn die Aufregung zu ihr getrieben. Warum hatte er ihr tn jener schwachen Stunde alles gestanden? Edle Motive waren es nicht gewesen. Er wollte ihr, die er einmal mit jenem Bergmann überrascht hatte, einen Schmerz zufügen und hatte dabei vollkommen vergessen, daß Berthold Berg, mann für Lola nur eine Spielerei gewesen war, so daß ihr auch der Tod dieses Mannes keine Gefühlserregungen verursachte. Er hatte sie treffen wollen und hatte tn ferner Unbedachtsamkeit damit sich selbst eine Grube ge- schaufelt, an deren Rand er jetzt stand, jeden Augenblick angstvoll darauf harrend, von ihr hineingestoßen zu werden. Jetzt stellte sie sich zwischen ihn und Aline. Er hatte bisher seine groß« Liebe zu jenem Mädchen vor der Welt verheimlicht. Aber Lola schien bereits zu ahnen, daß sem Herz von dem Bilde einer anderen erfüllt und daß er ihr verloren war. Aber ste wollte um thn kämpfen, sie hielt dte Waffe in ihren Händen, die thn tödlich verletzen mußte. Lamps btt aust Messer hatte ste ihm angedroht. und er mußte der Unterliegende in diesem Kampfe sein, wenn er nicht vorher Mittel und Wege fand, um den Gegner zu beseitigen. Grübelnd machte er sich auf den Heimweg. Selbst vor den teuflischsten Plänen schreckte er jetzt nicht zurück. Aber die Ausführung war nicht einfach. Wenn er neue Schuld aus sich lud, mußte er geschickt Vorgehen, damit ihm nicht ein neuer Peiniger erwuchs. Lola Findeisen stand am Fenster ihres Salons, hinter dem Store verborgen und schaute dem Davonschreitenden nach. Die kleinen Hände waren zu Fäusten geballt, ihr bisher ruhiges Gesicht war verzerrt, es glühte, und dte Füße stampften leidenschaftlich den Fußboden. Nur noch ein kurzes Ueberlegen, dann schritt sie zum Telephon und ließ sich mit einem der ersten Detektivinstitute verbinden. Sie bat um den Besuch eines Herrn, da sie einen Be kannten überwachen lassen wolle, bat um größte Beschleuni gung, und erst dann zeigte sich auf ihren Zügen eine Ent spannung, als man ihr zusagte, daß der betreffende Herr noch am heutigen Tage bet ihr vorsprechen würde, um sich nähere Jnofrmationen zu holen. Aus diese Weise würde es ihr gelingen, zu erfahren, welcl-e Dame augenblicklich von Rechenberg bevorzugt wurde. Aus diese Weife erhielt sie Kunde von seinem Tun und Lassen und konnte Gegenmaßnahmen treffen. Denn daß auch er kämpfen würde, daß auch er versuchen würde, lene Fesseln zu zerreißen, das hatte ihr der letzte Auf tritt gezeigt. An Rolf Silling dackcke sie tn diesen Tagen nicht. WaS kümmerte f,e der junge Mann, dem sie wohl Liebe oorge- täuscht, für den fie aber nicht das geringste empfand. Kam er zu ihr, fo spielte sie dte Verliebte und verstand eS, seine Leidenschaft immer mehr anzusachen. Jetzt aber ließ sie sich verleugnen, denn es war ihr einerlei, wohin Rolf Silling trieb. Ihr ganzes Denken konzentrierte sich um Bernhard Rechenberg, sie mußte erfahren, wer dte Aus- erwähite war. (Fortsetzung folgt.)
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