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Kaviar kleine Fische und eine Sacherschnitte Wodurch sich die Pariser Diplomatenempfänge voneinander unterscheiden Von E. Benedek. Lus den ersten Eindruck sind die Abende aller diplomatischen Gesandtschasten aus die Schablone gleich. In einem eleganten Saal Herren im Frack und Damen in lan gen, schleppenden Kleidern, hier und da einige bunte Uniformen; leise Musik, lär- wendes Büfett, stets mit denselben, rei chen Gaben: sogar der Champagner un- -ie Pasteten werden immer auf gleiche Art von einander bis zur Verrvechslung ähnlich sehenden Lakaien serviert. Doch der Sowjet bietet Wolgaschen Kaviar auf kleinen, schwarzen Brötchen an, am Bü fett der schrvedischen Gesandtschaft findet man fremdartige Fischchen vor, ich selbst trank zu Beginn der Saison in dem herr lichen und imposanten Beaubarnais-Pa- lais bei dem deutschen Botschafter Hösch das beste Bier meines Lebens, und eine in ihrer Bescheidenheit noch Bände spre chende Sacher-Schnitte auf dem Tische Mi nister Grünbergers erweckte in meiner Erinnerung alle lang entbehrten häus lichen Liebenswürdigkeiten Wiens. Toch nicht nur der Gaumen, auch der Geist ent deckt hinter der konventionellen, interna tionalen Gleichheit der Gesandtschafts- abende die ungewollte und doch nicht zu verbergende ,,marque d'individualitö", die in mancher hier und da getanen Offenba rung geradezu mit der Kraft eines Sym bols den Charakter ganzer Völker auszu- prägen vermag. Der hundertjährige Sitz der deutschen Botschaft, das eheuurlige Palais Eugene Beauharnais' in der Rue de Lille, ist zweifelsohne das besterhaltene Empire, gebäude von ganz Paris. Jedes Stück darin ist vollkommen, fehlerlos und authentisch: die Fresken -er Wände, die Stukkaturen der Decken, die alten Ge mälde; alles, alles, von der entzückenden, mosaikausgelegten Badekammer und dem Thronsessel Friedrich Wilhelms bis zum kaiserlichen Ruhebett und dem darüber befindlichen riesigen Spiegel, in dem im Jahre 1870 die Gewehre der Communar- den ein Loch splitterten. Und trotzdem ist all das nicht muscenhaft, sondern lebend und echt: die Seiden- und Samtüberzüge -er hulrdertjährigen Kanapees und Lehn sessel sind frisch und unverbraucht, von sorglichen Händen gewissenhaft und pe- dam, nrit deutscher Pedanterie, restauriert und nachüberzogen... In den märchen- kvften Säulen sich wälzende Massen, in dem ungeheuren Büfett die Gaurisankars der Süssigkeiten aufgestapelt und daneben die rötlichschimmernden Türme der riesi gen Kapaune und der englischen Braten; breite, lachende, bezwickerte Germanen, mit Biergläsern in der Hand, lange, schleppende Gewänder der neuen Mode, mit tiefen Dekolletes, aus denen trium phierend die elfenbeinfarbigen Rücken und Schultern leuchten; blondgelockte Lo- releyköpfe lachen mit schimmernden Zäh nen. Kraft und Stoff und Vielfältigkeit. Das Reich... Unser feines rrnd einfaches Gcsandt- schastsgebäude in der Nne Beaujou, in der Häuserreihe distinguierter „Hotel pri ores", mit seinen eher Ziinmer als Säle zu nennenden weißwaudigen Räumen, einfachen, anheimelnden Kristalleuchtcrn und ruhigem, bequemem Mobiliar mutet im Vergleich geradezu ascheubrödellxrft an. Es ist nicht pompös und gleißend wie die stolze Ballkönigin-Schwester, doch um so häuslicher, trauter, anlockender. (Ob es wohl den dollarreichen Märchen- prinz erwartet?) Neben dem unvergleich lichen, künstlerischen Geschmack des Haus herrn wird auch die sorgliche Hand der be strickenden Herrin des Hauses an jedem Möbelstück fühlbar. Aus dem im Hinter grund liegenden viereckigen Zimmerchen gelackte, aristokratische Kopf Emil Sauers an dem großen Flügel einen wunder vollen Kontrast zu dem verschwenderisch beleuchteten Zuschauerraum, wo mit an dächtigen Gesichtern interessante Männer köpfe und Damen in langen, weichen Sei dengewändern lauschen. Ein unvergeß licher Eindruck. Und keiner hat's gesehn?? hat Dr. Grünberger mit den allereinfach sten Mitteln — der große Kronleuchter ist mit einem matten Stoff überzogen und die Wände mit lilagctönten Gobelins — einen unsagbar stimmungsvollen, künstle rischen Vortragsraum geschissen. In dem gedämpften Lichte, sich scharf vom dunklen Hintergrund abhebend, bildet der grau Hier hört man mehr französische und weniger deutsch Worte als in den Sälen der deutsch» Botschaft, und während bei den Deutschen, infolge der riesigen Bevöl kerungszahl der deutschen Kolonie, viele einander fremd sind, bemühen sie sich augenscheinlich, ein gemeinsames Thema zu finden, was das Zusammensein zu einem etwas angestrengten macht. Dieser Sauer-Abend bet uns ist irgendwie viel heimlicher und gemütlich-trauter. Ein je der kennt jeden; alter Gesprächsstoff wird in heimischer Art wieder ausgenommen, Menschen, die das Zusammensein ge wohnt sind, finden aufeinander. Die Menge ist nicht unübersehbar und ist doch ganz Paris im kleinen. Das österreichische Paris nnd zugleich auch das französische. Und sogar auch das deutsche: da unterhält sich gerade der deutsche Botschafter Hösch mit Baron Villanyi, dem ungarischen Ge- sandten. Ter fidele, stilvoll kleine Mona- koer Minister konversiert mit Herrn Bernhosf, dem weißschnurrbärtigen däni schen Gesandten, jener glattrasierte Herr mit dem Bonvivantkopf dort drüben ist Herr Gnani, der Uruguayer, gewesener Präsident des Völkerbundes. In einer Gruppe vou anderen Südamerikanern strahlt die schöne Gräfin Ehrenwaekrd, die Gattin des schwedischen Gesandten, neben ihr plaudert Holma, der Finnlän der, der früher in Wien Gesandter seines Landes war. Ter hohe, elegante Minister Barjeton raucht heimlich seine Zigarre zwischen den französischen Diplonraten Laboulay und Baron Beaumarchais, dem französischen Gesandten in Rom, oer jetzt als (tzast in Paris ist und mit sichtlicher Freude die Erinnerungen seiner Wiener Gesandtschastszeit im Gespräch mit Zhrem Berichterstatter auffrischt. Toch die internationale diplomatische Gesellschaft vermischt sich diesmal im rvahrsten Sinne des Wortes mit den Fi nanzpotentaten, mit Harrimann, Adler und unserem mit dem Ehrenkreuz ausge zeichneten Reiter, dem Direktor der fran zösisch gewordenen Länderbank, lvährend die anwesenden Künstler, Straram, der größte französische Kapellmeister, Rabot, der weißbärtige Direktor des Konservato riums, unser auf Gastrollen anwesende Blumen, der österreichische Bildhauer Ha- nisch-Eoncee, der im Vormonat Kemal Pascha in Bronze meißelte, zogen n ie eine Schleppe auch die Größen der Preise und die namhaften Kritiker nach sich. Der Hausherr selbst, dann Minister Fürth, der Leiter der verwickeltsten finan ziellen Verhandlungen, und die Herren der Gesandtschaft milchen sich mit sichtlicher Zufriedenheit unter die verschiedenen Gruppen, das wohltuende Bewußtsein in den Mienen, daß es heute abend einmal auch stolzfreudiges Gefühl sei, ein Lester- reicher zu sein. Und -er ewig mit Bonho- mie verschwenderische Sauerwein, Ehren gast aller Gesandtschaslsabende, sagt la chend: „Klein ist Lesterreich geworden un- klein anch seine Gesandtschaft. Toch, Sie wissen ja, das feinste Parfüm wird stets im kleinsten Flakon ausbeivahrt..." Wunder des Meeres Höher entwickelte Wesen der Tiefsee haben Augen, und zwar sehr große, besonders gebaute sogen. Teleskopaugen. Tiefe Wesen vermögen selbst ihre nächste Umgebung zu beleuchten: denn sie tragen am Körper phosphoreszierende Organe, die sie ganz nach ihrem Willen auf. leuchten und wieder verlöschen lassen können. An Atmungsluft fehlt es ihnen nicht; denn das Meerwasser vermag viel Sauerstoff aufzuneh- men und festzuhalten, nämlich 34 Prozent der Wasserlust gegenüber 21 Prozent der freien Luit. Lin Fahrrad-Tattersall bei Stambul Die türkische Jugend liebt den Fahrradfport sehr, doch sind ihr in den Straßen der türkischen Städte zu dieser Betätigung alle Dtvglichkeiten genommen. Daher haben findige Fahrradhändler aus den freien Plätzen außerhalb der Stadt ein Berleil-geschäst für .Fahrräder aufgemacht, wo sich die jungen Türkinnen und Türkei« Kahrräder für einige Stunden für ein Paar Pläsier mieten können. — Unsere Ausnahme »clgt einen solchen Mietsiand für Fahrräder.