Volltext Seite (XML)
, Viertes Blatt Nr. 42 Donnerstag, den IS. Februar 1931 Die Bedeutung -er Kirch -emein-evertreterwa -len Von Pfarrer Steude, Bannewitz. In der überwiegenden Mehrheit der säch sischen Kirchgemeinden wird in den nächsten Wochen zu den durch die Ktrchgemetndeordnung sestgesehten Ergänzungswahlen für die Kirch gemeindevertretung geschritten. Es hat den Anschein, als ob ihnen nicht oder schon nicht mehr die Bedeutung zugemessen würde, die ihnen tatsächlich zu kommt. Zwar muß zu gegeben werden, daß, nachdem nun auch die Pationats- und Pfarrwahlfrage durch die Sy node — nicht im Sinne der Freunde einer wahren Volkskirche — geregelt worden und da mit der Schlußstein der sächsischen Kirchenver- fasmng eingesügt worden ist, nicht mehr so brennende volkskirchliche Probleme zu lösen sind, wir in den letzten zehn Jahren. Die immer noch nur von den Kirchgemeindevertretern bet kommender Synodalergänzungswahl zu wählen den Synodalen werden kaum in kurzer Zeit so viele für das kirchliche Leben entscheidende Ge setze zu beraten haben, wie das im letzten Jahr zehnt der Fall war. Damit soll natürlich nicht gesagt sein, daß nicht auch noch wichtige Auf gaben der Synode warten und ihr jeden Tag aus der für die Kirche so überaus bedeutungs vollen Situation der Gegenwart heraus gestellt werden können, daß nicht immer die besten Manner und Frauen in die Synode geschickt weiden müßten. Ich denke nur an die Frage -er Ablösung der Kirche vom Staat. Aber hat nicht die kirchliche Entwicklung gerade -er letzten Jahre bei uns in Sach sen einen Laus genommen, der in erster Linie Kirchgemeindevertretern zu denken gibt? Die Kirchgemeindcordnung hatte, ganz gesund kirchlich gedacht, die Kirchgemeinde, die Einzel gemeinde als Selbstverwaltungskörper aus den Thron gehoben und das gesamte kirchliche Leben auf der Einzelgemeinde aufgebaut. Ist diese Linie eingehalten worden? Ist nicht die kirchliche Gesetzgebung, die Arbeit der landeskirchlichen Körperschaften, besonders der Synode, gan- deutlich von dieser Linie abgewichen? Das Pfarnvahlgesetz hat eine Minderung der Rechte -er Etnzelgemetnden gebracht, der 8 61 der Kirch, gemeindeordnung, der in großstädtischen Ge meinden eine zahlenmäßige Erweiterung der Sirchgemeindevertretungen vorsah, ist für nichtig erklärt worden. Die zeitgemäße Erweiterung deS Synodalwahlrechtes wenigstens aus die Ge samtheit der Kirchenvorstandswähler ist bisher noch nicht in Angriff genommen worden, unsere dahingehende Forderung dem Konsistorium nur M Kenntnisnahme übergeben worden. Wohin man sieht: Abbau -eS wertvollen Mtzaukens der Lebenüigmachung der Kirchge meinde, anstatt Auf- und Ausbau! Nun aber werden die nächsten Jahre zweifellos ernste Auseinandersetzungen mit der kirchenfeindlichen Gegenwart bringen. Die Arbeit -es Bundes der Gottlosen sagt genug. Sie ist nicht durch Pro teste und Zuhilfenahme des Staates zu bannen. Die Gegenwart darf nicht negativ sein und blei ben, sie muß positiv arbeiten. Mir ist es klar, tast die durch die antikirchltche Bewegung her vorgerufene und bevorstehende Entscheidung über die Kirche in der Einzel gemeinde fallen wird. Sie muß ein lebendiger Organismus sein. Sic gibt den Ausschlag. Dann aber müssen aus diesem Grunde, nicht nur um der das Recht der Einzelgemeinde mindernden Entwicklung der Gcsamtkirche willen, Männer und Frauen in die Kirchgemeindevertretung gewählt werden, die Herz und Sinn haben für die große Bedeutung der Einzelgemeinde für den Aufbau der Volks küche, die nicht wollen, daß immer weiter ihre ihr in der Kirchgemeindeordnung gegebenen Rechte und Aufgaben beschnitten werden, die etwas wissen" davon, wieviel im Ringen der Geister heute auf die lebendige Einzelgemeinde ankommt. Eine 18jährige Rennfahrerin und ihre Preise Miß Loretta Turnbull in Monrovia in Kalifornien dürfte wohl eine der ganz wenigen Damen -er Welt sein, die schon in früher Jugend ein Rennboot erfolgreich zu steuern verstehen. Die junge Rennfahrerin betätigt sich bereits seit drei- Jahren bei den verschiedensten Konkurrenzen. — Unser Bild zeigt die Rennfahrerin mit einig.n ihrer 50 Trophäen, die sie bereits beim Mo- torbootrennen erringen konnte. Miß Turnbull ist jetzt als erster Frau die Mitgliedschaft des Amerikanischen Nationalen Motorbootklubs verliehen worden. lose Dinge miteinander besprochen. Dann sei Pestner gegangen, Hoffmann habe nun ausge- packt und erklärt: „So etwas ist mir noch nicht begegnet! Denk' dir nur, dieser Pestner hat mir ein ungesetzliches Waffenlager angeboten, das die Reichswehr verwaltete und das für den Stahlhelm bestimmt ist, aber ich glaube, der Pestner ist weiter nichts als ein Spitzel, den wir entlarven müssen." Später hätten sich er, Hosf- mann und Pestner in einem CafS getroffen. Dec Reichsanwalt beantragte, die Oeffentlichkeit aus- zuschließen. Der Antrag wurde angenommen. Lebenslängliches Zucht für einen Raubmörder. Tas Schwurgericht in Glatz verurteilte am Mittwoch den 52jährigen Berginvaliden Wilh. Hampe aus Hausdorf bei Neurode wegen Raubes in Tateinheit mit Totschlag zu lebens länglichem Zuchthaus und dauerndem Ehrver lust. Hampe hatte das Verbrechen infolge seiner Sprelleidenschast verübt und bei der Tat 22 M. erbeutet. Er hatte vor der Tat mit dem Ermor deten, dem 68jährigen Franke, in einem Gast haus in Hausdorf Karten gespielt und beim Be zahlen der Zeche festgestellt, daß Franke einen 20-Mark-Schein wechselte. Als Franke das Gast haus verließ, folgte ihm der Angeklagte, holte ihn an einer Brücke ein und forderte ihrs auf, ihm etwas von dem Gelbe abzugeben. Als sich Franke weigerte, schlug er ihm mit einem Haus- schlüssel mehrere Male über den Kopf, so daß Franke zusammenbrach. Um die Spur zu ver- wijchen, schleppte er Franke zu ei.»cm Bach und warf ihn ins Wasser. Ein falscher Polizeibeamter. Am 2. Oktober wurde eine radfahrende Ra- dedeulerin von einem Mann zu Rad angehalten, der sich als Polizeibeamter ausgab und von ihr eine Mark verlangte, weil ihr Rad keinen Rück strahier habe. Sie weigerte sich, diele Strafe zu zahlen, worauf der „Beamte" erklärte, die Strafe auf 50 Pfg. zu ermäßigen. Die Frau zadlte und erhielt eine Quittung auf Len Namen Steinbach, den es bei der Radebeuler Polizei gar nicht gab. Durch Zufall sah sie einige Tage darauf den „Beamten" wieder. Sie erfuhr seinen Namen und übergab ihm der Polizei. Ter falsche Polizeibeamte stand jetzt in dem 1903 geborenen Kaufmann Fritz Hänsel vor dem Dresdner Schöffengericht. Er bestritt energisch, mit dem falschen Beamten indentisch zu sein, wurde aber von der Zeugin auf das bestimmteste wieder erkannt. Sein Alibibeweis mißglückte. Das Schöffengericht legte dem Angeklagten wegen Anmaßung eines öffentlichen Amtes, Betrugs uns Urkundenfälschung eine Gefängnisstrafe von 14 Tagen auf. Scheint es zwar so, als ob viele in unserem Kirchenvolk der Ergänzungswahl für die Kirch gemeindevertretungen keine große Bedeutung mehr beimefsen, weil die Gesamtkirche „verfaßt" ihr Aufbau, rein organisatorisch gefaßt, beendet ist, so sagen gerade die kirchliche Entwicklung der letzten Jahre und die Zeichen der Gegenwart deutlich genug, wie wichtig die Einzelgemeinde ist. Ist das aber klar, dann gewinnen die Er gänzungswahlen in solchem Augenblick er höhte Bedeutung. Dann heißt es, Männer und Frauen in die Kirchgemeindevertretung zu wählen, die gewillt sind, die Kirchgemeinde zu lebendiger Gemeinschaft auszubauen. Das ist die große Bedeutung dieser Ergänzungswahl in die ser kritischen Zeit nach den Erfahrungen der letzten Jahre gesamtkirchlicher Arbeit und ge- samtktrchlichen Lebens! Aus dem Gerichtssaale Leipziger Waffendiebstahlsprozetz. Im Leipziger Waffendiebstahlsprozeß wurde am Mittwoch die Oeffentlichkeit schon in der ersten Verhandlungsstunde wieder ausgeschlos sen. Das geschah in folgendem Zusammenhang: Der angeklagte Buchdrucker Wagner schilderte, wie in der Leipziger Kommunistenzentrale im Franz-Mehring-Haus eines Tages der Mitan geklagte Hoffmann, „der General", in Beglei tung eines jungen Mannes zu ihm gekommen sei Der junge Mann sei Pestner, der jetzt Mit angeklagte, frühere Zivilangestellte der Reichs- wthr, gewesen. Sie hatten zunächst nur belang SmMl Mm kommeOe» Sonnabend Montas MM MOMW'Mlottem Mark 38 000.— Gesamtgewinne, Höchstgewinne Mark 10 000.—, 5000.— usw. Lose zu 1.— Mk. und 50 Pfg. bei allen Ttaats- lotterieeinnahmen und sonstigen Losgeschäften oder direkt durch Lachs. Wohlsahrtslotterien, Dresdcn-A., Waisenhausstraße 28. Postscheckkonto Dresden 113 029. 48. Fortsetzung. Nachdruck verboten. Sie hätte ihm und Uschi gern geholfen, aber sie wußte nicht wie. Sie war traurig, daß diese schönen Tage des neuen Erfolges, des Ruhmes und der Erleichterung von pekuniären Sorgen so ohne wirkliche Freude dahingingen, und daß es keinem von ihnen gelang, die drückende At- mosphäre zu bannen. An einem frühen Nachmittag, eine Woche nach der Erst aufführung des Einakters, erschien Ruth Carini zu ganz ungewöhnlicher Stunde Udo war erst vor kuszem von einer Konferenz nach Hause gekommen, man hatte verspätet ge gessen und saß noch im Eßzimmer, in das die Schauspielerin nun hineinwirbelte. Sie trug einen kleinen Handkoffer, schien sehr erregt, ging aus Udo zu, der aufgestanden war und sagte, ohne Uschi auch nur zu beachten: „Willst du mir einen Freundschaftsdienst leisten, Udo?" „Wenn es in meiner Macht steht, gern, Ruth." „Natürlich steht es in deiner Macht, sonst würde ich dich nicht darum bitten. Gib mir die Hand darauf, Udo." Er lächelte. „Nanu, so feierlich?" Ein klein wenig zögernd, schlug er in ihre Rechte ein. Die ganze Sache war ihm sichtlich unangenehm, aber das schien die Künstlerin nicht zu stören „Also,, worum handelt es sich denn nun eigentlich, Ruth?" Sie setzte sich, lächelte „Um einen ganz kleinen Aus flug nach Dresden, Udo. um weiter gar nichts Mein Mann isi hier plötzlich aufgetauchl, wir hatten wieder einmal eine große Auseinandersetzung, an deren Schluß er mich furcht bar bedrohte Ganz offen gesagt, habe ich Angst vor ihm Ich will fort Will heute nicht austreten, will mcht Ft meine Wohnung zurück. Wenn er merkt, daß ich abgereist vin, ohne mein Ziel zu kennen, wird er sich beruhigen und auch wieder abfahren. Davon bin ich überzeugt. Aber ich traue mich nicht allein. Es könnte ja sein, daß er mir, von mir unbemerkt, gefolgt ist und mich weiter beobachtet, daß er mir auch nach Dresden nachfährt. Ich will nicht wieder allein mit ihm sprechen. Ich will einen Beschützer bei mir haben. Und der sollst du sein, Udo." Er war peinlich berührt, man sah es ihm an. Aber er hatte sein Versprechen gegeben. „Tust du es ungern, Udo?" fragte die Carini mit ihrer weichen Stimme. „Hilfst du mir nicht gern? Du bist mir der nächste Freund, der Mann, dem ich am meisten ver traue, an den ich mich am liebsten in meinen Nöten wende. Ich dachte, du würdest mir gern beistehen, Udo?" „Natürlich helfe ich dir gern, Ruth. Aber ich weiß nicht, ob dein Plan klug und richtig ist." „Das laß nur meine Sorge sein, Udo. Ich kenne doch meinen Mann. Wenn er hört, daß ich ihm wieder einmal ausgerisfen bin, wird er sich beruhigen und abreisen. Mor gen schon kommen wir nach Berlin zurück. Dann bin ich gan- ohne Sorge." ..In deinem Leben sind immer große Aufregungen, Sen sationen. Ruth." sagte Ellen kopfschüttelnd, denn auch ihr gefiel der Plan der Freundin gar nicht. „Wann wirst du endlich zur Ruhe kommen?" „Wenn Ruhe in meinem Leben sein wird, werde ich alt sein," lachte die Künstlerin. „Nun aber beeile dich, Udo Wir müsien den Nachmiltagszug nach Dresden bekommen es ist ein neueingelegter durchgehender Blitzzug. Bitte, laß uns ihn nicht versäumen." fuhr sie dringend fort, al» Udo noch immer ein wenig unschlüssig stand „Ich bin er staunt. daß du dich so von mir bitten läßt, ich hatte erwartet, du würdest mit tausend Freuden bereit jein, mir zu helfen " Nun klang der Ton wie der eines verzogenen, unglücklichen Kindes Sie schien dem Weinen nahe. „Natürlich will ich dir Helsen. Ruth Ich kann mich nur mit deinem Plan nicht so ganz befreunden " „Das überlaß mir nur." jagte sie nun wirklich leise schluchzend, „ich kenne doch meinen Mann Ich weiß, wa» richtig ist. Nur allein fürchte ich mich, falls mein Plan doch mißlingt. Ich habe solche Angst vor ihm —" Nun fühlte er nur noch Mitleid mit der weinendev Frau. „Ich bin in fünf Minuten bereit," versprach er hastig Er winkte Uschi mit den Augen, mit ihm zu kommen. Sie gingen in ihr Schlafzimmer. Uschi wie in einem böses Traum. Und in einem unbehaglichen Gefühl. „Diese Reise, wenn sie auch nur von heute bis morgeo dauert, kommt mir sehr ungelegen," sagte er. „Sei nicht so traurig, baß du heute nacht allein bleiben mußt. Kleine^ es läßt sich ja nun nicht ändern. Und morgen mittag bin ich wieder bei dir." „Du wirst nicht mit Ruth Carini fahren, Udo," erklärte Uschi leise, aber sehr bestimmt „Ich will es nicht. Wenn du mich liebst, wirst du nicht reisen." „Aber, Uschi, was hat diese kleine Reise mit meiner Liebe zu dir zu tun? Ich habe Ruth mein Wort gegeben und muß es halten. Du siehst selbst, wie unangenehm mir die Sache ist, aber ich kann sie nicht ändern." „Bester, du brichst dein Mort, als du fährst mit ihr Du Haft mir versprochen, Udo, daß sie jetzt aus unserem Leben verschwinden soll und statt besten willst du mit ihr allein verreisen." „Ich habe es dir versprochen und du kannst mir nicht vor werfen, daß ich etwas dazu getan habe, sie in unser Haus zu ziehen. Uschi, Uschi Wenn sie kommt, wenn sie mich so bittet wie heute, so kann ich unmöglich nein sagen." „Warum kannst du es nicht?" „Weil wir alte Freunde sind." rief er heftig, „und weil sie mir auch oft schon gefällig war" „Das find Gefälligkeiten, die zwischen freien Menschen erlaubt sein mögen, nicht wenn der eine Teil verhei ratet ist " „Aber da» find spießbürgerliche Ansichten, Uschi," meinte er ärgerlich „2n unseren Kreise« sieht man solche Dinge anders an Wir haben eben eine freiere Lebensauffassung, und du als Frau eines Schrislstell^rs mußt dich daran ge wöhnen." (Fortsetzung folgt.)