Volltext Seite (XML)
Drittes «latt 19S1 Donnerstag, den 22. Lanuar Nr. ^6 N MW W» stll Am dritten Tage de» Tausend-Prozesse» tn München wurde die Vernehmung de» Angeklag- ten zu Ende geführt. Sie beschäftigte sich setzt nicht mehr mit seinen chemischen, sondern nur noch mit seinen finanziellen Aktionen, die aller dings gleichfalls von höchster Kompliziertheit und für Außenstehende kaum wirklich zu durch schauen sind. Die Taktik Tausend» geht dabei offenbar dahin, zu beweisen, daß nicht er allein seine Partner hinetngelegt habe, sondern daß mindesten» ein Verhältnis abwechselnden gegen seitigen HineinlegenS bestanden habe. Tausend -ab auch gestern nicht an, wo seine Arbeitsstätten waren und verweigerte aus alle Fragen deS Vorsitzenden darüber die Auskunft. Einer Den tistin tn Dresden hat Tausend ein Darlehen von KM Mark abgenommen unter dem Vorwand, sie könne sich an einem Unternehmen beteiligen, daS auf seinen Erfindungen fuße. Bon einem Fabrikbesitzer Arnold hat er 40 000 Mark erhal ten und dafür eine Pfandstellung von 20 kg Gold versprochen. DaS Pfand kam aber nicht, dafür bekam Arnold einen Gutschein. WaS die Münch ner Familie Mainhol- betrisft, so gab Tausend an, daß er an sie über 300 000 Mark schulde. Ein HauS, daS er von der alten Frau Mainhold ge- kauft habe, sei ihm direkt aufgedrängt worden. Als Gegenwert habe die Familie Gutscheine be kommen. Im Verlaufe der Verhandlung machte Lausend den Einwand, daß der AuslieserungS- Major Tunney Der ehemalige Weltmeister im Boxen Gene Tunney ist jetzt zum Major und -um Adju tanten des neuen Gouverneurs von Connec- ticut ernannt worden. — Unser Bild zeigt Tunney in Paradeuniform mit seiner Gattin. „MMM" vertrag zwischen Italien und Deutschland in sei nem Falle verletzt worden sei, weil er wegen angeblicher Betrugsfälle ausgeliefert worden sei. Heute aber drehe e» sich dem AuSlteferungsver- trage zuwider um die Goldmacherei, die doch einen politischen Hintergrund habe. Bereits morgen werde ein Zeuge auftreten, der eine polt- tische Seite der ganzen Angelegenheit beleuchten wolle. ES kamen die verschiedenen, zum Teil recht komplizierten Geldgeschäfte zur Besprechung Tausend hat eine Reihe von Darlehen ausge nommen, sür die er seine bereits in der gestrigen Verhandlung zur Sprache gekommenen Goldgut- scheine auSgab. Der Vorsitzende hielt dem An hetmniSvolle Andeutungen gemacht habe deS SinneS: Ich werde demnächst eine Sendung be- kommen! Die Leute hätten gemeint, es sei eine Goldsendung. Der Angeklagte will sich an diese Einzelheiten nicht mehr erinnern können. In der Nachmittagsverhandlung wird zu- nächst Professor Lautenschläger-Frankfurt a. M. vernommen. Er erklärt, daß verschiedene Ver fahren Tausends neu und bedeutungsvoll wären, wenn sie durchführbar seien. Zeuge Referendar Rienhardt aus München bekundet, Tausend habe ihm mehrere Versuche vorgesührt, darunter ein Verfahren, um ein schnelles Wachsen von Ge treide zu erzielen. Später habe ihm Tausend von einem Zufallscrsolg erzählt, wobei Gold zu tage getreten sei. Der Zeuge habe die Verbin dung mit General Ludendorff hergestellt, der wiederholt Besuche bei Tausend gemacht habe Tausend habe sich mit der Bedingung etnverstam PersonalverLnderunge« i« hohe« Neichswehrstelle» Der bisherige Jnspckte« -er Kavallerie, Generalleutnant Brandt jm»f dem Bilde rechts) so wie der bisherige Inspekteur der Pioniere, Generalleutnant Sehmsdorf saus Lem Bilde links) scheiden aus und werden durch Oberst Hirschberg un- Oberst Hopft ersetzt. geklagten vor, daß dies doch nur Papierfetzen gewesen seien, da ja keine Golddeckung vorhan den war. Auf diesen Vorhalt entgegnet der An geklagte ironisch: Meine Goldgutscheine waren mindestens ebensoviel wert wie die alten Tau sendmarkscheine. Dafür hat man auch kein Geld mehr bekommen. Es wurden dann die Geldvcrhandlungen mit dem früheren Münchner Stadtrat und Rechtsanwalt Dr. Buckeley besprochen, der für Tausend in Garmisch auch ein Haus kaufte und verschiedene Darlehen vermittelte. Tausend be kundete, Dr. Buckeley habe ihm auch daS Zug- spitzbahnprojekt für 20 Millionen Mark „an drehen" wollen. Der Vorsitzende hielt ihm ferner entgegen, daß er bei Geldvcrhandlungen wiederholt ge ben erklärt, daß ein von Ludendorff zu bestim mender Sachverständiger die Erfindung über prüfen solle. Ludendorff habe den Chemiker Kummer hierzu auserwählt und Kummer habe berichtet, daß sich bei den ersten Versuchen Gold in etwa Stecknadelkopfgröße gezeigt habe. Auch bei Versuchen, die in Abwesenheit Tausends von dessen Mitarbeitern vorgenommen wurden, sei Gold in kleinsten Mengen hergestcllt worden. Das dabei verwendete Material sei nicht von Tausend vorbereitet worden. Auch ein in Berlin vorgenommener Versuch sei gelungen. Die Gründung der Gesellschaft 164 habe den Zweck gehabt, Tausend Gelegenheit zu ungestör ter Arbeit zu geben und ihn nach Möglichkeit von finanziellen Angelegenheiten fernzuhalten. Rechtsanwalt Buckeley habe auf Vorführungen Mit dem 1. Februar werden einige interessant« Veränderungen in den hohen Komman-ostellen des Reichsheeres etntrete«. Der neu« Chef -er Heeresleitung hat nicht weniger als drei neue Inspekteure für Infanterie, Kavallerie und Pionier« ernannt. Der bisherige Inspek teur der Infanterie. Generalleutnant Ritter von Prager, scheidet anS dem Heeresdienst mrd wird durch den Bruder des Chefs der Heeres leitung, Oberst Freiherr non Hannn erstetn- Equord, ersetzt. vcrzichet mit dem Hinweis, daß man Tausend» einem Manne mit so ausdrucksvollen Christus, äugen unbedingt vertrauen müsse. Die Verhand lung wurde auf Donnerstag vormittag vertagt. Während einer Verhandlungspause hat Tau send dem ihn begleitenden Schutzmann mitgeteilt, daß er den Staat wegen unschuldig erlittener Untersuchungshaft auf einen Schadenersatz von 5 Millionen Mark verklagen werde. * Tausend Jahre Zuchthaus für die Maffia. Nach vierwöchiger Verhandlung ist nach einer Meldung aus Palermo vor dem Schwurgericht in Caltamissetta der Maffia-Prozeß gegen 177 Personen aus den umliegenden Gemeinden zum Abschluß gekommen. Die Beratung der Geschwo renen dauerte vier Tage. Während dieser Zett waren sie vom Präsidenten und dem Staatsan walt zu einer strengen Klausur gezwungen, in dem sie im Schwurgerichtssaal die Mahlzeiten einnehmen und schlafen mußten. 63 Angeklagte wurden freigesprochen, die übrigen zu Kerker strafen von 3 bis 30 Jahren verurteilt. Zusam men erhielten die 124 Verurteilten über 1000 Jahre Zuchthaus. Einer wurde zu lebenSläng- lichem Gefängnis und fünf zu je 30 Jahren C)e- fängniS verurteilt. Ffftlir «itt heiraten Roman von Eduard W. Maftbach Lop/rigdt d> OleioerL Lo-kettir Nachdruck verboten 39 Fortsetzung. Der Oberfinanzrat hatte dem Beamten für den an deren Lag, soweit als möglich, ausklärendes Material versprochen. Aber so sehr er sich auch bemühte, aus sei ner Nachrichtenquelle, der Frau von Bredersdorf, etwa- herauszubringen, e» blieb der allgemeinen Phrasen. Die gute Dame wiederholte nur immer wieder, was sie früher gehört hatte, verwies auf den Eisenacher Fall und war schließlich völlig beleidigt. Der Oberfinanzrat hatte ledig lich herausgehört, daß Frau von Bredersdorf ihre In formationen seinerzeit von Frau Konsul Edler erhallen habe. Frau Konsul Edler verwies ihn auf seinen tele phonischen Anruf hin an Frau Sanitätsrat Brück. Al der Lberfmanzrat, nachgerade nervös geworden, die Frau EanitätSrat Brück telephonisch um Aufklärung bat, er klärte diese nur, hier müsse es sich wohl um ein Mißver ständnis handeln. Sie wisse zwar von dem Pech, da- Herr Felix Schmidt, der Neffe ihrer besten Freundin, mit den Behörden tn Eisenach gehabt habe oder noch habe, im übrigen aber sei er über jeden Zweifel erhaben, sei der Mitinhaber eine» kleinen Konzern» von Kafjeege- schästen und habe ein sehr stattliches Einkommen. Der Obersinanzrat verbrachte eine schlaflose Nacht, um sich am anderen Morgen sofort telephonisch mit dem Untersuchungsrichter tn Eisenach verbinden zu lassen. Hier erfuhr er von der restlosen Aufklärung, die der Fall dort inzim'chen gesunden hatte. Ter Oberfinanzrat benutzte d,e Gelegenheit, um gleichzeitig persönlich dem ttnter- sucbungsrichter gegenüber den Rückzug bezüglich der „früheren Hochstapeleien" anzutreten. Nun, da er nach Hause kam, sand er durch Ria- Mund die ganze Folge seiner Täuschungen noch einmal haarklein bestätigt. Er halte sich kompromittiert, sich blamiert, hatte seiner Tochter Lia bitteres Unrecht getan! Sofort gab er durch Fernsprecher an L»a tn Karls ruhe em Telegramm auj: „Angelegenheit Felix Schmidt besten« geklärt. Alle» Mißverständnis und Redereien. Felix hervorragende Persönlichkeit äußerst wohlhabender Geschäftsinhaber. Verbindung mit ihm von mir warm befürwortet. Felix Schmidt selbstverständlich wieder frei und hier in Berlin. Reise sofort hierher zurück. Gib Drahtnachricht. Vater." Diesem Telegramm war eine bezahlte Rückantwort betgefügt. Frau Hete lachte und weinte über die Wendung, d,e die Dinge genommen hatten, und freute sich aus das glückliche Gesichtchen, da- nun ihre Tochter Lia ma.den würde. Im stillen aber war sie stolz darau,, daß die Stimme ihre» Herzen- sie doch nicht getäuscht hatte. „WaS wird nun mit dem Lo», das gewonnen hat?" fragte sie ihren Mann. „Nun, wir wollen sehen", erwiderte der Oberfinanz rat. „Eigentlich gehört e» ja Lia, denn es war ihr geschenkt worden, und Schenkungen können nach dem Ge setz von dem Schenker au- nicht rückgängig gemacht wer den. DaS Beste wird überhaupt sein, ich fahre letzt direkt zu Herrn Schmidt tn die Wohnung, um, was un- alle betrifft, Abbitte bei ihm zu leisten und dabel auch gleich die Sache mit dem Lose in- Gleis zu bringen." 24. Kapitel. 10» 00» Mark z« verschenken! Felix hatte mit Frau Zeisig ein rührendes Wieder sehen gefeiert. Die gute Frau vergoß unausgesetzt Lcänen, al« sie „ihren Felix" so unvermittelt wiedersah. Und den Kopf hatte er auch noch behalten, und noch dazu jetzt mit Haaren darauf! Felix mußte ihr alle- erzählen, insbesondere wie die Verpflegung tn Eisenach war, wie er den Kaffee in der Untersuchungshaft gefunden und ob er dabei auch ein mal an seinen Morgenkaffee tn Berlin -urückgedacht hatte. Von sich aus hatte die gute Frau Zeisig, wie sie verlegen gestand, auch etwa- zu berichten. Sie war in der letzten Zeit, nur um Trost in diesem Unglück zu fin den, öfter al- sonst mit ihrem Heinrich zusammengekom men, wöbet dieser eigensinnige Mensch nun schon bald mit jedem zweiten Wort da» Standesamt im Munde Mrt« ... Zwei Stunden später konnte Frau Zeisig dem er staunten Felix den Besuch des Herrn Obersinanzrat» Vallentin in höchsteigener Person melden. Die Unterredung zwischen den beiden Herren war doch ein wenig kurz. Kurz und kühl und gar nicht jo, wre sre sich der Obersinanzrat vorgestellt hatte. Felix war zwar ausgesucht höflich, gebrauchte zwei mal im selben Satz die Anrede ,Herr Obersinanzrat", strich sich, bevor er etwas sagte, immer erst einmal mit der Hand über den Kopf, blieb aber sonst äußerst zu rückhaltend. ,Hch glaube, es ist Ihnen unrecht getan worden, Herr Schmidt." „Bitte sehr, Herr Oberfinanzrat, dergleichen kann passieren." „Bedauerliche Mißverständnisse . . ." „Kann ich verstehen, Herr Obersinanzrat." ,Hm, hm . . ." Die Unterredung war vollständig tn- Stocken ge raten. Der Oberfinanzrat sah eine Weile vor sich hin; dann begann er von neuem: ,Hch habe meiner Tochter Lia, die sich auf meme Veranlassung bisher tn Karlsruhe ausgehalten hat, tele graphisch die Aufforderung zur sofortigen Rückkehr über mittelt." Ueber Felix' Gesicht ging ein deutliches Aufleucksten. Jetzt sahen seine Augen wieder jo gutmütig dre» wie ehe dem. Aber er sagte kein Wort. „Sie muß voraussichtlich schon morgen vormittag hier etntreffen!" Felix schwieg noch immer. Der Obersinanzrat fiel au- einer Verlegenheit tn die andere. Wieder brauchte er einige Zeit, um sich zu sammeln. Schließlich fing er noch einmal an: „Sie hatten die Freundlichkeit, meiner Tochter Lia mit einigen lieben-wurdigen Zeilen ein wertvolles Lo- zum Geschenk zu machen. Wie ich höre, ist das Lo- mit einem Gewinn herausgekommen. Ich weift allerdings nicht, wie hoch der Gewinn ist, aber es wäre doch schade. . ." hunderttausend Mart", unterbrach jetzt Felix. (Fortsetzung folgt.)