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Sächsischer Landes-Anzeiger : 31.08.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-08-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188808314
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880831
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880831
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-08
- Tag 1888-08-31
-
Monat
1888-08
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 31.08.1888
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WWWWMWNWWWWMM Nr. 203. — 8. Jahrgang. Der jeden Wochentag Abend (mit Datum des folgenden Tages) zur Versendung gelangende „Sächsische LandeS-Aiizelger" mit täglich einem besonderen Unter- hnllmigsblatte und mit dem Extrabeiblatt i.iisii.IiS Bilderbuch kostet bei den Ausgabe stellen monatlich70Psg., bei denPost-Anst. 73 Pf. (1888er Ztgs.-Preisliste Nr. ML.) Für Abonnenten crscheintje einmal imJahr: Soiiiiiier-Eiseiibuhilfahrulanlikst für Sachsen. Winter-Eisenbahiifahrplaiibcst für Sachsen. Jllustr. Kalender des Sächsische» Landboten. JsinstrirteS JahrcSbuch desLandes-Anzeigers. 'dTT-, Srichsischer mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. Freitag, 31. August 1888. Aiisrlüe»vrcisdcs.,§ächs.8andes-A»scigers": Raum einer schmale» CorimS,teile l5Pfg. Bevorzugte Stelle (> svnlt. Pctitzcile) 3!) Pf, VeiWicdcrholnng grosser AnuouceuNabatt. Bei Vcstcllnnge» von Auswärts wolle man Jnsertiousbctrag (in Briefmarke») beifügen tic8Silbc»Cvrp»sschr!ft bilden ea.1Ze>le.) Aniionccnannahme iinr bis Vormittag. Krlllll: Mxnckr Wltlle, Buchvrnckcrci, Eliciimilz. Thcaterstratze 5 (Fernsprcchstclle Nr. 136). Telegr -Adra Landes-Anzeigcr, Cheinnitz. Mit täglich einem besonderen Unterhaltungsblatt: i. Kleine Botschaft — 2. Sächsischer Erzähler — A. Sächsische Gerichts-Zeitnng 4. Sächsisches Allerlei — 5. Ilinstrirtes Nnterhaltnngsblatt — 6. Sonntagsblatt — Eitra-Beiblatt: Lustiges Bilderbuch. Telegraphische Nachrichten. Vom 29. August. Wien. Die „N. Fr. Pr." kündigt Veränderungen im diplo matischen Corps an. An Stelle des Grafen Karolyi soll Graf Deym, jetzt in München, Botschafter in London werden; Baron Herbert gehe von Dresden nach München, Graf Khevenhueller, elMialS in Belgrad, nach Brüssel und Graf Chotek von Brüssel nach Dresden. Der Gesandte in Kopenhagen, Baron Franckenstein, soll in Ruhe stand treten und durch den Fürsten Franz von Liechtenstein (Bruder des regierenden Fürsten), welcher bisher der Diplomatie nicht ange hörte, ersetzt werden. Konstantinopel. Die Pariser Verhandlungen zwischen Baron Hirsch und Azarion ergaben folgenden Vorschlag an die türkische Negierung: Baron Hirsch übernimmt zu gewissen Beding ungen die Äudcrthalb-Millionen-Anleihe mit den gleiche» Garanticen der Staatsjchuldcu-Bcrwaltuug, wie die Bank, und bezahlt fünfzehn Millionen Franks als Abfindungssumme. Die Entscheidung im Palais steht »och aus. — Der englische Botschafter White und der französische Botschafter Montebcllo drängen die Pforte zur Unter zeichnung der Suezkanal-Cvnventiv», da sie alle Mächte schon a»ge- »ommcn hätten. — Der Sultan sanktionirte die Kreta-Anleihe. London, 30. August. Nach einer Meldung des Reuter'schcn Bureaus ans Kairo vom 28. August griffen am Tage vorher 500 Derwische Abends 11 Uhr das Fort Khormauff a», worin eine Besatzung von 200 Mann lag. Verstärkungen wurden aus Wadihalsa unter Befehl des Leutnants Machell gesandt, welcher mit 100 Suda nesen die Derwische heftig angriff. Innerhalb der Festung wurde» alle Derwische, im Ganzen 80, getödtet, sowie auch die außerhalb des Forts befindlichen. Der Verlust der Egypter betrug 16 Todte und 27 Verwundete, darunter 2 Offiziere. Politische Rundschau. Chemnitz, den 30. August. Deutsches Reich. Ucber die Route bei der großen Reise des Kaisers nach Süden sind in den letzten Tagen irrthüinliche Meldungen verbreitet worden. Nach den bereits feststehenden Be stimmungen besucht der Kaiser zuerst Karlsruhe, Stuttgart, München, dann Wien und geht erst zum Schluß nach Rom. — Nach der ans Specialbefehl des Kaisers erlassenen Hofansage findet die Taufe des jüngsten kaiserlichen Prinzen am Freitag Nach mittag 2 Uhr im Pvlsdnmi-r Stadtschlosse statt. Das Arbeitszimmer des alten Fritz ist zur Taufkapclle eingerichtet, die Taufe vollzieht, wie schon bei den vier älteren Söhnen des Kaisers, der Obcrhof- prcdigcr Or. Kögel. Während der Taufrede hält die Königin Carola von Sachsen den Täufling, im Augenblick der Taufe selbst übernimmt König Oskar iwn Schweden den Knaben. Nach der Taufe findet vor der Kaiserin Victoria die hergebrachte Gratulationscour und so dann im Marmorsaal Galatafel statt. Nach derselben begeben sich die hohen Herrschaften nach Berlin, wo Abends vor dem Schlosse großer Zapfenstreich, von allen Kapelle» des Gardckorps ansgeführt, stattfindet. — Taufpathen des jünst geborenen Sohnes des Kaisers werden der König von Schwede» und der König und die Königin von Sachsen sein. Zur Taufe werden ferner nach Potsdam kommen der Erzherzog Carl Ludwig von Oesterreich und seine Gemahlin Erzherzogin Maria Theresia, und der Großherzog und die Großherzogin von Mecklenburg-Schwerin. - Kaiser Wilhelm soll vor einiger Zeit, der „Nat. Ztg." zu folge, dem Grafen Herbert Bismarck gegenüber folgende Acnßcrung gcthan haben: „Ich kenne nur Vatcrlandsfreuude »nd Gegner unserer gesunden Entwicklung. Niemand wird mir zntrauen, das Rad der Zeit zurückschranben zu wollen. Im Gcgentheil, es ist der Gerettet. Einer wahren Begebenheit nacherzählt von Albert Kamecke. Nachdruck verboten- Düstere, finstere Nacht lag über den Häusern der Weltstadt. Unheimlich jagte der Sturmwind durch die Straßen und Gassen und drohte, die Flammen in den Gaslaternen auszublasen. Die Straßen waren menschenleer, da Jeder das Wetter scheute; nur hin und wider eilte ein verspäteter Wanderer daher, ui» so schnell wie möglich den häuslichen Herd aufzusnchen. Draußen vor der Stadt, wo sich im Parke die Villen der reichen and vornehmen Leute erheben, stand ein hohes Gebäude, von Garten .uiigeben. Dort wohnte der Geheimrath Weiter mit seiner Familie. Still lag das Gebäude da und nur schwach hoben sich seine Umrisse aus der Finsterniß hervor. — Ein Fenster hoch oben im dritten Stockwerk war schwach erleuchtet; es war das Fenster, welches ans dem Schlafzimmer der einzigen Tochter des Hausherrn der Straße zu führte. Die Bewohner des Hauses lagen in tiefem Schlummer. Sic kümmerte nicht der Sturm, der draußen hauste und durch die Acstc der Bäume pfiff, sodaß sich die mächtigen Stämme hin- und hcr- wicgtcn; sie kümmerte nicht die herrschende Kälte, warme Zimmer und weiche Pfühle machten sie dieselben vergessen. Glücklich waren sie all' den Armen gegenüber zu schätzen, die frierend im kalten Zimmer auf dem harten Strohsack sich wälzten und ihres Daseins fluchten. Doch bald sollte die Familie des Geheimrath Wetter auf un heimliche, entsetzliche Weise ans ihrem Glücke gerissen werden. Hörst Du das ferne, anhaltende Geläute, das von Augenblick zu Augenblick näher kommt? Siehst Du dort den Fackelschein näher und näher kommen, vernimmst Du das Getrappel eilender Rosse, das Rädergerasscl dahineilendcr Wagen? Die Feuerwehr ist es, die daher kommt, als wollte sic sich mit dem Sturmwind in einen Wettlauf einlassen. Grausig ist das Bild, welches der Fackelschein verursacht, gcspensterbleich heben sich Menschen, Pferde und Spritzen von der Dunkelheit ab. Wie der Blitz ist die Feuerwehr vorübergesanst, hinter sich wieder dunkle Nacht zurücklassend. Hohcnzollcrn Stolz, über das zugleich edelste und gcreifteste, wie gesittetste Volk zu regieren. Und in dies Lob schließe ich Alldcutsch- land ein. Unsere ganze Gesetzgebung ist von humanen Grnndanschau- ungen diktirt, wer dies verkennt und die Geister gegen einander hetzt, gehöre er welcher Richtung immer an, hat auf meinen Beifall nicht zu rechnen. Es gicbt wahrlich Ernsteres zu thun." — Endlich ist das Geheimniß gelüstet, weshalb Herr v. Ben nigsen kein Mandat zum preußischen Abgeordnctenhanse annehme» will: Der neueste Preußische Staatsanzciger pnblicirt die Ernennung des Landesdirectors I)r. von Bennigsen in Hannover zum Ober präsidenten der Provinz Hannover. Daß der neue Oberpräsident zunächst durch seine Amtsgeschäste sehr in Anspruch genommen wird, ist selbstverständlich, und die Mandatsablehnung mithin erklärlich. Diese Ernennung, die sehr überraschend kommt, hat auch wohl den Hanptgcgcnstand der Verhandlungen von Friedrichsrnhe gebildet, nur daß Niemand eine Ahnung davon gehabt. Daß der bisherige Ober präsident der Provinz, Herr von Leipziger, zurücktrctcn wollte, war längst bekannt, aber an Bennigsen als seinen Nachfolger hat Niemand gedacht. — Heute Donnerstag findet im sechsten Berliner Wahlkreise die Ersatzwahl zum deutschen Reichstage für den geisteskranke» und deshalb entmündigten sozialdemokratischen Abgeordneten Hasenclever statt. Darüber, daß der jetzige sozialistische Candidat Liebknecht schließlich gewählt werden wird, besteht wohl nirgends ein Zweifel, die Spannung besteht hauptsächlich nur bezüglich der Stimmcnzahl, welche die drei anderen Candidatcn: Knörckc (freisinnig), Holz (Cartell- mann) und Förster (Antisemit) auf sich vereinigen werden. An strengungen haben die drei letzten Parteien genug gemacht, trotzdem sie von vornherein wußten, daß ihre Candidatcn nicht gewählt werden würden. Es geht diesmal um die Ehre, und vor Allem wird sich zeige», ob die konservative Bewegung in Berlin selbstständig bestehen kann, oder ob sie auf die Unterstützung der Antisemiten angewiesen ist. Die Letzteren versprechen sich einen großen Erfolg, das Resultat der Wahl wird zeigen, ob ihre Annahme die richtige gewesen ist. — Die „N. A. Z." hatte kürzlich mitgctheilt, dem französisch gesinnten Ncichstagsabgeordnetcn Antoine sei ein Schreiben des Bürgermeisters von Bonc in Algerien zugcgangcn, in welchem An toine empfohlen werde, militärpflichtige junge Maß-Lothringer zur Auswanderung nach Algerien und zum Eintritt in die verrufene französische Fremdenlegion zu bewegen. Antoine hatte daraus in einem offenen Schreibe» erklärt, er wisse von der ganzen Sache nicht das Geringste; die Norddeutsche Allgemeine hält jetzt indessen ihre Behauptungen in vollem Umfange ausrecht. Italien. Der italienische Ministerpräsident Francesco Crispi ist am Mittwoch wieder in Rom angekommc». Frankreich. Die Revolvcrknallcrei ist in Paris bekanntlich zu Hause, und zur Abwechselung ist nun auch die deutsche Botschaft einmal der Schauplatz einer solchen Scene gewesen. In der Bot schaft war in den letzten acht Tcgen wiederholt ein ältlicher Mann erschienen, welcher den Kanzleibcamlen Tvnrnouer zu spreche» ver langte. Am Dienstag erschien der Mann abermals in dem Botschafts gebäude, drang, obschon abgcwiesen, in das Zimmer ein, in welchem sich Tonrnoncr befand, und gab mit den Worten: „Endlich werde ich doch Jemand getödtet haben," einen Pistolenschuß ans den Diener ab, welcher mit einem anderen Kanzleidicner am Tische saß. Der Attentäter feuerte zwei Kugeln ab, beide trafen aber die dicken Beine des Tisches, so daß beide Anwesende unversehrt blieben. Der Thäter versuchte zu entfliehen, wurde aber durch nacheilcnde. Herren von der Botschaft cingcholt und in der Rue Solfcrino einem Schutzmann übergeben. Gleich darauf erschien ein Polizeikommissar und nahm den Thatbestand in der Botschaft auf. Der Attentäter ist ein über spannter Kerl und sagt ganz offen, er habe nur aus Haß gegen „Preußen" so gehandelt. Er nennt sich Garnier, ist 66 Jahre alt, und behauptet, durch den Krieg von 1870 und jüngst erlittene Un- Wohin eilen sie, die braven Männer, die Gesundheit und Leben einsctzc», um dem Nächsten zu helfen und ihn vor der Wuth des entfesselten Elementes zu schütze»? Nicht alle Bewohner des Hanfes Weiter schlummern. Die achtzehnjährige Tochter des Geheimraths liegt wachend im Bett und hält ein Buch in der Hand, in welchem sie eifrig zu lesen scheint. ist ein Roman, den sie liest und der ganz ihre Sinne gefangen hält. Jst's doch Liebe, von dem er handelt, und welches achtzehnjährigen Mädchens Herz schlüge nicht höher bei dem Wörtchen Liebe, dem Wörtchen, das so ungeheuer viel Weh »nd Seligkeit in sich verschließt? Neben dem Bett steht ein Tischchen, auf dem sich die Lampe befindet, die der schönen Leserin das Licht spendet .... Es muß eine spannende Geschichte sein, die das Mädchen liest, denn bald lächelt cs zufrieden vor sich hin, bald rollt eine Thräne aus den schönen Augen die Wangen herunter. — Doch auch die spannendste Erzählung ist nicht im Stande, der Natur ihr Recht zu entreißen, und so wird auch die Jungfrau bald einschlafen und den Roman, den sie soeben gelesen, noch einmal durchträumen. Zuweilen schon fallen ihr die Augen zu, das Buch entfällt ihrer Hand; sie ergreift cs wieder und beginnt von neuem zu lesen. Doch nur kurze Zeit, ihr Köpfchen sinkt in die Weißen Kissen zurück und süßer Schlummer hält die Jungfrau umfangen. Liebliches Bild! Ein Lächeln schwebt auf dem Antlitz des Mädchens, gewiß träumt sie von dem Helden ihres Romans. Die Lampe auf dem Tischchen neben dem Bett brennt noch immer. Der Schlaf hat das Mädchen zu schnell überrumpelt, als daß es das Licht hätte verlöschen können. Es muß ein schöner Traum sein, den die Jungfrau träumt, denn das Lächeln auf ihren Lippen verschwindet nicht. Jetzt streckt sie die Arme aus — will sie im Traume de» Geliebten umarmen? Da — sie kommt mit dem Arme der Lampe zu nah — die Lampe fällt vom Tisch — die Flamme schlägt empor . .! Das Haus des Geheimraths von Weiter stand in Hellen Flammen Die Feuerwehr ist in voller Thätigkeit, gilt es doch wieder ein Werk der Menschenfreundlichkeit und Nächstenliebe zu vollbringen. glücksfälle um Hab und Gut gekommen zu sein. Um nun die Auf merksamkeit auf sich zu lenken, und zugleich seinem Haß gegen die Deutschen Genüge zu thun, griff er zum Revolver. — Ueber das Attentat wird der „Post" noch berichtet: „Der Attentäter Garnier war früher Böttcher. Er betheuert wiederholt, er habe aus Rache einen Deutsche» tödten wollen, weil er seit 1870 im Elend gelebt. Dabei ist der Bcainte, ans den er schoß, ein Franzose. Die Pariser Zeitungen sind natürlich gleich mit der Erklärung bei der Hand, Garnier sei nicht zurechnungsfähig; das Elend habe ihn um den Verstand gebracht. Doch ist der Mordversuch unzweifelhaft eine Folge des Hetzens der Presse. In Garnier's Taschen wurde außer der Pistole noch ein Zettel gefunden, worauf auf französisch etwa geschrieben stand: „Am 28. August werde ich einen Beamten der deutschen Botschaft tödten, um Deutschland zum Kriege zu reizen." Die Mordwaffe war cineisalte Pistole, mit zwei Kugeln und mit Pulver fast bis zum Rand geladen. Beide Kugeln sind auch aufge- funden. Der Lärm des Schusses glich dem Knall einer cxplodirenden Dynamitbombe." — Ministerpräsident Floguet reiste am Mittwoch nach Toulon, um de» Flottenmanövern beizuwohnen. Die Berichte der französischen Blätter über den Mobilisirungsversnch der Reserve- Flotte verzeichnen es mit großer Genngthuung, daß der Versuch außerordentlich gelungen und als ein wirklicher Erfolg zu betrachte» sei. Das Material sei vorzüglich, und die Schiffe hätten in denkbar kürzester Zeit seeklar gemacht werden könne», da Alles in bester Bereitschaft gewesen sei. Nur der „Temps" unterzieht den Versuch einer sachlichen Kritik und kommt zu dem Ergebniß, daß die fran zösische Flotte doch noch in einigen Punkten den Anforderungen der neueren Kriegskunst nicht entspreche: er hebt vor Allem hervor, daß es der Flotte an Kreuzern fehle, und erklärt cs für nöthig, vierzig Millionen aufznwenden, um diesem Mangel schleunigst abzuhelfen. — Vom General Boulangcr wird behauptet, er habe kürzlich dem Prinzen Jerome Napoleon im strengsten Jncognito einen Besuch abgcstattot. Jetzt ist er zur Erholung nach Schweden gereist. Belgier«. Wie aus Brüssel mitgctheilt wird, unterliegt eS keinem Zweifel, daß der Plan, den Kronprinzen von Italien mit einer belgischen Prinzessin zu vermählen, wirklich besteht. Die katholischen Zeitungen des Landes bekämpfen das Projekt fortgesetzt auf das Heftigste. England. Die Bevollmächtigten der einzelnen Staaten zur Zuckerprämicnkonferenz, mit Ausnahme Frankreichs, haben am Mitt woch den bezüglichen Vertrag unterzeichnet. Daß die französische Regierung sich den Beitritt für spätere Zeit Vorbehalten hat, ist be reits gemeldet. Rnftland. Vor zwei Jahren verbreiteten alle russischen Zeit ungen mit großem Triumph die Meldung, die Periode des Probirens sei glücklich Überstunden, Rußland sei genau ebenso schlagfertig und kriegsbereit, wie das benachbarte Deutschland. Daß hierbei viel Flunkerei mit unterlief, stellte sich schon im vorigen Herbst heraus. Denn in Polen, der für Rußland wichtigsten Provinz, zeigten sich die Heerstraßen für einen Armcevormarsch direct ungenügend, Ver- proviantirungs- und Kasernenwescn wenig befriedigend, die Festungs- banten mangelhaft. Aber auch in der Armee selbst scheint noch viel ans dem Papier zu stehen, und der Zar, der aus seinen persönlichen Anschauungen seinen Nnterthancn gegenüber nie ein Hehl macht, hat bei den Ucbnnge», welche dem Besuche Kaiser Wilhelms im Lager von Krasnoje-Selo vorangingen, seine Generale abgckanzelt, daß es nur so eine Art hatte. Bei den bevorstehenden Manövern von Elisabethgrad soll nun der Militärverwaltung hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit augenscheinlich ganz genau auf den Zahn gefühlt werden. An den Manövern werden 80 Bataillone, 78 Schwadronen, 184 Geschütze, im Ganzen etwa 60,000 Mann theilnehmen. Es handelt sich um einen sehr interessanten Mobilmachungsvcrsuch. Die Reserven der Infanterie-Division und Artillericbrigade ergänzen sich auf Kriegsstärke durch Offiziere und Mannschaften des Beurlaubten- Jn einem Fenster des zweiten Stockwerkes des Hauses stehen händeringend der Besitzer und seine Frau. Sie haben keine Zeit mehr gehabt, die Treppe hinnnterzucilen, um sich in Sicherheit bringen zu können. Jetzt brennt die Treppe lichterloh. Da sind es die wackern Feuerwehrleute, welche ihr eigenes Leben in die Schanze schlagen, nm das Jener zu retten. Schnell sind die Leitern angelegt, die Rettungsleinen umgethan. Im Nu werden die Leitern erklommen und mit Todesgefahr die Be drängten den Flammen, die mächtiger aufwirbeln, entrissen. Sie sind gerettet. „Meine Tochter, wo ist meine Tochter?" entringt sich ein wilder Schrei der geängstigten Muttcrbnst und ohnmächtig sinkt Frau von Wetter zur Erde. „Wo ist Ihre Tochter?" wendet sich kurz ein junger Feuerwehr- lentnant an den Geheimrath. Weinend zeigt dieser nach dem Schlafzimmer. Einen Augenblick stutzt der Offizier — „unmöglich, sie ist ver loren," murmelt er vor sich hin. — „Retten Sie, retten Sie meine Tochter, mein einziges Kind!" schreit die wieder zu sich gekommene Frau, jammert der unglückliche Vater. — Entschlossen ergreift der; Offizier eine Axt, dann stürmt er zur Thür des brennenden Hauses hinein. Seine Leute versuchen ihn zurückzuhaltc». Vergeblich! Er muß die Bedrohte retten und sollte es sein eigenes Leben kosten. Bange Minuten vergehen, mit verdoppeltem Eifer arbeiten die Feuerwehrleute, um, wenn möglich, ihren Vorgesetzten zu retten. Alles blickt nach de:» vcrhängnißvollen Fenster; nichts ist zu sehen. Da — eine Gestalt erscheint — von Rauch geschwärzt, die Kleidung verbrannt — cs ist der Leutnant — er befestigt eine Rettungsleine an dem noch nicht verbrannten Fensterkreuz — jetzt verschwindet er — gleich darauf kommt er wieder, einen Gegenstand auf dem Arm tragend. Man erkennt eine weibliche Gestalt. — Athcmlvs stehen unten alle da. Jetzt ergreift der Offizier die Rettungsleine, schwingt sich zum Fenster hinaus und wenige Minuten später legt er die Tochter in die Arme der Eltern. Man bringt die Unglückliche in ein benach bartes Haus. Dem hcrbeigerufenen Arzte gelingt es, die Bewußt« lose wieder ins Leben zu rufen. Noch hatte ihr das Feuer nicht- angethan, nur der Rauch und Qualm hatten sie betäubt. Wenige Minuten noch und sie wäre vom Tode ereilt gewesen. Der heutigen Nummer -es Sächsischen Landes - Anzeigers liegt bei das Beiblatt „Sächsischer Erzähler".
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