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Sächsischer Landes-Anzeiger : 23.03.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-03-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188803236
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880323
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880323
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-03
- Tag 1888-03-23
-
Monat
1888-03
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 23.03.1888
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Sächsischer Land es.Anzeiger. Nr. 69. Freitag, 33. März 1888. Ml- — Der Reichstagsbcschlnß, den Reichskanzler um Vorlage eines Gesetzentwurfes bclr. die Errichtung eines N>tio»al-Denkmc>lcs für Kaiser Wilhelm z» ersuchen, bat zündend gewirkt und natürlich wird in der kämmenden Hcrbstscssion ihm entsprochen werden. Scho» jetzt aber wird in Berlin diese Denkmal:fr, ge eifrig besprochen, und nicht nur Künstlerkreise sind es, welche sich dafür inicreisire», vielmehr nimmt die ganze Bevölkerung eifrig an der Debatte Theil. — Der Reichskanzler hatte am Montag im Reichstage eine längere Unterredung mit dem Abg. von Bennigsen. Man flüstert abermals von einem Eintritt des nationallibcralen Führers in das Ministerium und von einer hohen Ordensauszcichnung. — In parlamentarischen Kreisen ist in den letzten Tagen mehr fach die Rede davon gewesen, Herr von Putlkamer, der preußische Minister des Innern und Vicepräsident des Staatsministcriums, Wolle seinen Posten aufgeben. Als Nachfolger wird der Staats sekretär von Bötticher genannt. Wie weit das begründet ist, m^ß völlig dahingestellt bleiben. — Preußisches Abgeordnetenhaus. Am Mittwoch wurde das Etatsgesetz im Ganzen definitiv angenommen. Einzelne Capitel des KultuSetatS gaben vorher noch zu Debatten Anlaß. Abg. Sperli ch (Tentrum) behauptete, der Polenfonds für Unterrichtszwecke werde zur Evangelisirung der polnischen Landestheile verwendet, was vom Geh. Rath Kügler energisch bestritten wurde. Abgg. Szmula (Tentrum), Rickert (freist) erklärten eine Reform der Strosbestimm- »ngeu über Schulversäumnisse für nöthig. Geh. Rath Kügler er widerte, man solle doch nicht einzelner ausnahmswciser Fälle wegen da» ganze System verwerfen. Finanzminister von Scholz antwortete auf eine Anfrage, die Regierung werde von den für Schullasten- «rleichterungen in den Etat eingestellten 10 Millionen nichts aus geben, wenn nicht das bezügliche Gesetz vom Landtage angenommen Werde. Er erhoffe aber sicher das Letztere. Nach definitiver Ge nehmigung mehrerer kleinerer Vorlagen vertagte das Haus sich dann vis Mittwoch 11. April. — Das bayrische Abgeordnetenhaus lehnte am Mittwoch mit 77 gegen 73 Stimmen einen Antrag des Abg Schaust auf Ver doppelung der ersten Dienstalterszulageu für Volksschullehrer ab. Dagegen waren Centrum, dafür Liberale und Konservative. — Auf Grund statistischer Erhebungen will man endlich den Kurpfuschern in Bayern zu Leibe gehen. Sämmtliche Acrzte sind «usgefordert worden, ein genaues Nationale aller derj »igen in ihrem Bezirke wohnenden Individuen an ihre Vorgesetzten Behörden einzn- senden, welche als Kurpfuscher oder Geheimmittelschwindlcr be kannt sind. Oesterreich-Ungarn. Die durch den Wechsel im österreichi schen Kricgsniinisterium hcrvorgernicnen Vakanzen sind jetzt wieder ausgcfüllt. Der Kommandeur des 9. Armeccorpe (Jviesstadt) Fclo- «arschallleutnant Baron König ist zum kvmmandircnde» General des 8. Armeecorps (Wien). Divisionsgenernl Graf Philipp Grünne zum Kommandeur des 9. Armeecorps, Kronprinz Rudolph unter gleich zeitiger Beförderung zum Fcldzcugnieister zum Gcncral-Jnipector der Infanterie ernannt worden. Die anderen österreichischen Waffengatt «ngeu hatten schon seit Jahren ihre Jnspcctvrcn. Bis zur Ernennung eines Nachfolgers für den zum Kriegsminister ernannten Fcldzcngm ister Bauer wird der Kronprinz interimistisch das Kommando des zweite» Armeekorps in Wie» übernehmen. — Im Wiener Kricgsministerinm fand eine Zusammenstellung des Budgets und der außerordentlichen Ausgaben für vorbereitende militärische Zwecke statt. Das Budget ist nicht höher als im vorigen Jahre veranschlagt, dagegen sollen die außerordentlichen Ausgaben für größere Kricgsbcreitstliajt 60 Millionen Gulden betragen, mit Einschluß der Mehrkosten für Landwehr und Honveds. Schweiz. Der Schweizer Bundcsrath hat beschlossen, die Be aufsichtigung der politisch verdächtigen Fremde» sich selbst zu unter stellen. Damit sind Vorfälle, wie die bekannte Affaire des Polizci- hauptmanncs von Fischer in Zürich, für künftig unmöglich gemacht. Italien. Aus Nom wird berichtet, daß der König von Abesiynien mit seiner Armee immer noch die italienischen Stellungen bei Saati beobachtet. An einen Angriff denkt er aber nicht entfernt. Drankreich. Bonlanger ist thatsächlich von der großen Mehr zahl seiner früheren radicalcn Freunde im Stiche gelassen worden. Seitdem er jede Achtung vor der Regierung, alle militärische Dis- ciplin verlernt hat, erkennen die Radica'en deutlich, daß dem ehr geizigen General überhaupt nichts heilig ist. Es bürgt Niemand dafür, daß BvuMngcr nicht, wenn cs ih » getingen sollte, das Ober haupt der Republik zu werde», eine Rückkehr der Orleans ermöglicht und somit der Todtengräber der jetzigen Republik wird. Diese Er- kenntniß hat dem General alle seine einflußreichen Freunde genommen, die paar Schreihälse, welche sür Boutaugers Wahlcandidatnr noch agitircn, sind politisch bedeutungslos. Aus der Kammcrdcbatte über die Bvulaiigcr-Afsaire ging der Ministerpräsident Tirard, welcher be tonte. Bonlanger habe wegen seiner unerhörten DiSciplinwidrigkcit die Strafe i» vollem Maße verdient, als Sieger hervor Mit 339 gegen 93 Stimmen wurde ein Beschluß im Sinne der Negierung ge, faßt. Hundert Mvnarchiste» enthielte» sich der Abstimmung. Die Mehrheit bestand ans 366 Republikanern und 71 Monarchisten. Die Blätter billigen säst sämmtlich dies Votum. Bonlanger will nunmehr persönlich au der Wahlagitation theilnehmeii. Dann bleibt der Re gierung eben nichts weiter übrig, als ihn zu casfircn. Zu fürchten ist Bonlanger und sein Anhang augenblicklich nicht; daß aber in einem großen Militärstaat ein solcher Unfug, eine solche Disciplin- losigkeit überhaupt Platz greifen kann, das ist bezeichnend für die französischen Zustände. Die französische Republik hat sich nette Söhne erzogen. — Von italienischen Blättern war berichtet worden, zur Zeit des Florentinischen Konflictes habe Frankreich einen Krieg vom Zaune brechen und den italienischen Kriegshafen Spezia mit einer gewaltigen Panzerflotte überfallen wollen. Die Ausführ ung des Planes sei nur durch das Eintreffen deS englischen Mittel- meergeschwaderS unter Admiral Hewetk verhindert. Von Paris wird diese Erzählung für ein Märchen erklärt, und in diesem Falle kann man den Franzosen wohl glauben. Ein solches Husarenstück chen wäre eine ganz fürchterliche Dummheit gewesen, die Frankreich sehr schlecht bekommen wäre. — Präsident Carnot besucht Ende d. M. die Normandie und wird bei dieser Gelegenheit eine große Flotten- Rcvue abhalten. — In dem Ordensschacherproceß Caffarel-Limouzin ist das Urtheil gefällt. General Caffarel erhielt unter Zubilligung mildernder Umstände nur 3000 Frcs. Geldstrafe, die Limouzin aber rchs Monate Gefängniß. — Der Erlaß Kaiser Friedrichs an die Elsaß-Lothringer hat in Paris einen sehr tiefen Eindruck gemacht. Einzelne französische Blätter scheinen wirklich geglaubt zu haben, Kaiser Friedrich werde die Reichslande wieder abtreten. Man sieht, mit welcher Unreife deutsche Verhältnisse in Frankreich beurtheilt werden. — Bonlanger bewerkstelligt, wie hier gleich mitgetheilt sein mag, gegenwärtig seinen Umzug nach Paris. Bei dieser Gelegenheit wird erzählt, er habe in Clermont immer die Statuen von Bismarck und Moltke aus seinem Schreibtisch stehen gehabt. Vom Abgucken wird man »och kein großer Mann. — Der Präsident der französischen Republik, Herr Carnot, hat zum Tode seines Vaters ein Beileids- Telegramm Kaiser Friedrichs erhalten. Belgien. Auch die neueste in Brüssel angckommene Kongopost bringt von Stanley keine Nachrichten. Die Kvngoregierung versucht, frischen Mulh auf Sianlcy's Wiederauftauchen zu erwecken, findet aber keinen Glauben mehr. Born sächsischen Landtage. In der Sitzung der II. Kämmer am 21. März wurde das Ge setz über die Ger i ch tskostcn in Angelegenheiten der nichtstreit igen Rechtspflege genehmigt. Abg. 4>r. Mchnert bemerkte: durch Annahme deS Gesetzes trage die Kammer zu einem kleine» Theile zur Verwirllichung der Ideen der Sozialresorm bei, indem sie die wirth- ichaftlich Schwachen wesentlich unterstütze. Ta in der Deputation Alles geschehen sei, um die seitens der Kammer geäußerten Wünsche zu berücksichtigen — auch die Kosten der Eintragung in das Dissi- dcntenrcgistcr seien wieder auf das bisherige Maß zurückgeführt worden —, da ferner alle Beschlüsse einstimmig gefaßt seien, bean trage die conservativc Fraktion, von einer Spczialverathung abzusehen, ivobei sic sich de» Vorbehalt mache, daß si?, falls das Gesetz in der I. Kämmer nicht zur Annahme gelange, an die jetzige Fassung für den nächsten Landtag nicht gebunden sei. Nachdem der Antrag Mehnert einstimmige' Annahme gefunden, nimmt die Kammer in namentlicher Abstimmung und einstimmig den Entwurf in der vorge schlagenen Form an, zugleich die Negierung ermächtigend, vor der Verkündigung des Gesetzes die Frcmdworte „Dismembration, Quote, Erblcgitimcitions-Zcugniß, Decret und Libcrationserklärung" mit den Worten „Grnndstüctsa.lrennung, Theilbetrag, Erbbercchtigungs-Zeugniß, Entlastinigscrklärung und Genehmigung" zu vertausche». Ferner wird die Regierung ersucht, dem übernächsten Landtag Mittheilung über die bis dahin vorliegenden Ergebnisse der Kasscnverwaltungen, wwcit sie aus dem neue» Kostengcsctze herrührcn, zu machen und dem nächsten Landtage einen Entwurf einer Kostcnordnung sür Notare vorznlcgcn. Abg. Uhlemann-Görlitz erstattet hierauf Bericht über das Kapilel der Dotationen und beantragt die Ilcberweisung eines Theils der Grnudstcnercinnahme an die Schulgemeinden mit 1,494,245 M. zu bewilligen. Abg. Kirbach beantragt dagegen, das Capitel Dota tionen abznlehncn. Es sei finanzpolitisch falsch, über das Bedürfniß hinaus Steuern zu erhebe» und sic dann znrückzucrstaltcn. Ferner sei er prinzipiell dagegen, Staatsmittel für Gcmciudczwccke zu ver wenden, und halte Geschenke des Staates au Gemeinden nicht für gerechtfertigt, so lange nicht bestimmte Grundsätze der Verwendung uvrliegeu. Den jetzigen Vertheilungsmodus tadelt er als ungerecht. Wenn man das Compromiß bezüglich der Einkommen- und Grund steuer nicht halten wolle, dann solle man die Grundsteuer entweder ganz oder bald beseitigen; das sei wenigstens offen und ehrlich ge handelt. Vicepräsident Streit erklärt sich gleichfalls gegen die Vota tivncn, da er den VerthcilungSmodus nicht als gerecht anerkennen könne, worauf die Kammer gegen 5 Stimmen die Bewilligung aus- erbleichcnd ging er den beängstigende» Tönen nach, und jetzt fand er das Kammermädchen znsammcugekrümmt auf einer Kiste sitzen. Hef tige Schmerzen entstellte» ihr Gesicht, und die Farbe desselben, die tief in ihre Höhlen gesunkenen Angen sagten Bellvni Alles. „Sofort zu Bett, Kind!" rief er der Acrmsten zu und geleitete die schlotternde kraftlose Gestalt selbst nach dem kleinen Stübchen unter dein Dach, in dem ihr Lager stand. Dann stieg er die Treppe eilig hinab. In der Küche war zum Glück der alte deutsche Diener anwesend und hielt den Kopf hoch. Ohne besondere Acngstlichkeit zu verrathen, half er dem Arzt schweißtreibende Getränke bereiten Bclloni that Alles, was in seiner Macht stand, er halte auch eine ganze Kiste mit alle» nur möglichen Medikamenten mitgebracht, die er sür erprobt kannte in solchen Fällen; aber die Krankheit trat hin und wider recht bösartig aus und forderte auch diesmal ihr Opfer Es war eine fürchterliche Zeit, die für unsere Freunde in der Villa anbrach. Den alten Diener hatte der Tod ebenfalls dahin gerafft, und in aller Augen lag jetzt nur noch die Frage: „Wen trifft cs nun?" Und es traf Alle! Aber sonderbar; die tückische Krankheit zeigte sich mit einem Male in einer ganz anderen Gestalt. Sie schien ihre Gewalt erschöpft zu haben, und der Arzt konnte versichert sein, daß er die Damen sämmtlich am Leben erhalten würde. — Dennoch aber befand er sich in nahezu verzweifelter Lage, nachdem nun auch Lotte, die nach Erkrankung der klebrige» Alles in Allem im Hause gewesen, sich hatte zu Bett lege» müssen. Ohne jede weibliche Dienerschaft, nur mit Hilfe Giacomos und dessen zwölfjährigem Töchtcrchen, die sich dem Arzte muthig zur Verfügung gestellt hatten, mußten nun die Kranken gepflegt und das Nothwendigstc im Hause besorgt werden. Zur größeren Bequemlichkeit des Doktors hatten sich die Damen alle im Saale gebettet. Gitta war die Erste, welche Bclloni für außer aller Gefahr erklären konnte. Aus seinen Armen trug er die leichte Gestalt nun in das Nebenzimmer und setzte sie sanft in den großen Polstcrstuhl am Fenster. Vorsorglich breiteten seine Hände wärmende Decke» über das abgcmagcrte Körperchen, trotzdem die Witterung sich geändert und der Tag wieder den ganzen Zauber des Südens im Antlitz trug. Die sanften Augen des junge» Mädchens hingen an Bcllonis bleichem, überwachtem Gesicht mit dem Ausdruck tiefster Dankbarkeit. Und als der große, breitschultrige Mann jetzt liebevoll wie eine Mutter ihre kleinen Füße noch besonders in ein wollenes Tuch wickelte, konnte sie nicht länger an sich halten, und uiucr reichlich hcrvorquellenden Thräuen flüsterte sie: „O Golt, Bclloni, war sind Sie uns! Wir ruhte» ohne Zweifel alle längst im Grabe, wenn Sie sich nicht unserer auf diese Weise angenommen hätte». Acht Tage und ebensoviel Nächte wachen Sie nun schon an unseren Belte». Um das Leben von vier Frauen zu retten, die Ihnen noch vor wenigen Monaten fremd waren, brachten Sie das eigene in so große Gefahren." „Gitta!" Es war, als wenn mit den Worten des Mädchens langsam wieder der dunkle Schleier, welcher jahrelang auf dem Antlitz Bcllonis gelegen und den er inzwischen nur einmal gelüftet, wcdergeglittcn sei. Jetzt streckte er Gitta seine Arme entgegen und rief: „Gitta, holdes, süßes Mädchen, sagen Sie es mir noch einmal, daß Sie und die Ihren ohne mich rettungslos verloren gewesen! O, Sie wisse» nicht, was Sic mir mit solchen Worten geben! Ach, der Tag, an dem ich Sie alle gesund, genese» von der heimtückischen Krankheit vor mir sehen werde, soll mich zum glücklichsten Mensche» machen! Gitta!" Ec unterbrach sich, — das Rauschen eines seidenen Gewandes wurde im Nebenzimmer hörbar, und gleich darauf trat eine schwarzgekleidete Frauengcstalt in das Gemach. Bclloni halte sich rasch aus seiner kuiccndeu Stellung erhoben, jetzt ging er der Eintrctenden entgegen. „Du — Du, Schwester?" rief er. Signora Marento neigte das edle Haupt, dessen weiße Haare wie gewöhnlich nur unter einem Spitzcnschlcicr verborgen lagen. Dann flüsterte sie Bclloni rasch in das Ohr: „Laß sie nicht ahnen, daß ich Alfonsos Mutter bin," und setzte laut mit ihrer wohltönenden Stimme hinzu: „Ich hörte erst heute, welch' ein entsetzliches Unglück die Damen hier betroffen! Da ich mich nun vor keiner Ansteckung fürchte, bin ich gekommen, um Dich in Deinem Samariteramt zu unterstützen, Riccardo! Es ist ja un möglich, daß die Damen, nun sich auch die letzte gelegt hat, ohne eine erfahrene weibliche Pflege bleiben." Gitta hatte erstaunt auf die Fremde geblickt, deren feine, durch geistigte Züge ihr so bekannt vorkamcn, — und doch besaß die Dame auch nicht die geringste Aehnlichkcit mit ihrem Bruder. Aber ihr blieb nicht die Zeit, über das Räthsel nachzudenkcn, das sür sie in diesem Antlitz lag. Stand doch die Signora schon an ihrer Seite und faßte die welken Hände der Rcconvalcscentin. spricht. Weiter läßt die Kammer die Petition um Errichtung einer Haltestelle in Schma, befürwortet durch Abg. Uhlig, auf sich beruhen, übergicbt die durch Vicepräsident Streit empfohlene Petition um An legung einer Haltestelle in Eversbrunn zur Kenntnißnahme und die Petition um Errichtung einer Haltestelle in Reick zur Erwägung. Schließlich spricht die Kammer die Erlanbniß zur Exprvpriations- befugniß bezüglich der Linie Plagwitz-Markranstädt aus. Die I. Kammer erklärte in ihrer Sitzung vom 21. März den Rechenschaftsbericht der Regierung auf die Finanzpcriode 1884/85 für richtig. Bei dem Capitel „Dresdner Journal" beantragt die Deputation, sich dem Beschlüsse der II. Kammer anzuschließen und der Regierung zur Erwägung zu geben, die betreffs der Herstellung der „Leipziger Zeitung" und des „Dresdner Journals" abgeschlossenen Verträge zu kündigen und die Herstellung zur Concurrenz auszu- schreiben. Frhr. v. Tauchnitz giebt einen kurzen Rückblick auf das Bestehen der „Leipziger Zeitung". Seit zweihundert Jahren sei die selbe mit der sächsischen Geschichte verbunden und stehe heute noch hochgeachtet da. Die jetzige Herstellung sei eine in jeder Beziehung gute und zuverlässige und man könne nur wünschen, daß die Ver handlungen einen solchen Verlauf nehmen, nach welchem die beiden Blätter in der jetzigen Behandlung bleiben. Ref. Löhr wünscht, die Regierung möge nur mit leistungsfähigen Häusern in Verbindung treten; die Ausschreibung einer Concurrenz wünsche die Deputation nicht. Der Deputations-Antrag wird hierauf gegen 1 Stimme an genommen. Bei dem Capitel Dresdner Pvlizeidirection weist Graf von Könneritz aus die bedeutenden Opfer hin, die der Staat für diesen Zweck bringe, während die Stadt Dresden noch immer nur 90,000 M. Zuschuß zu bezahlen habe. Der Staat habe für die kommende Periode über 600,000 M. für die Dresdner Polizeiverwaltung jährlich auf- zubringen. Trotzdem sei die Deputation einig, daß an den bestehenden Verträgen nicht zu rütteln ist. sie wünsche deshalb nur, daß, wenn später die Stadt erweitert werde durch Einziehung der Vororte, der Vertrag revidirt werde, damit dem Staate hierdurch nicht größere Lasten auferlegt würde». Dasselbe gelte auch von Leipzig. Ober bürgermeister Gevrgi erklärt, es sei in Leipzig vielfach erwogen worden, ob man nicht durch Verzicht auf den vom-Staate zu zahlenden Bei trag eines Elftels der Kosten die Polizeivcrwaltung wieder allein übernehmen solle. Es sei unbillig, die Stadt Leipzig, wenn sie andere Ortschaften in sich ansnchmc, die Kosten allein tragen zu lassen. Staatsminister v. Nostitz-Wallwitz hält principicll die Ansicht der Deputation für richtig. An der Höhe der Quote nehme er keinen Anstoß, wenigstens beziehentlich Leipzigs, die Verhandlungen würden vielmehr auf die Erzielung einer klareren Stellung der beiden Con- trahcntcn hinanslaufcn. Dresden sei bereits darauf aufmerksam ge macht worden, daß durch die Einbeziehung von Vororten die Beitrags- qnote entsprechend erhöht werden würde. Oberbürgermeister vr. Stübel constatirt, daß sich die Stadt bisher nicht ablehnend gegen die For derungen der Negierungen verhalten habe. Die Stadt sei bereit ge wesen, den Vertrag zu Gunsten des Staates zu modificiren, wenn auch nicht gerade in finanzieller Beziehung, so doch durch Uebcrnahme eines Theils der Aufgaben der Polizei. Zum Schluß erstattet Bürgermeister Thiele Bericht über den Nachtrag zum Gesetz über die veränderte Einrichtung der Altcrsrentenbank und die Inventur der selben. Allenthalben stimmt die Kammer den Beschlüssen der II. Kammer zu, nachdem Graf Rex den Wünsch geäußert, daß die Einzahlungen mit Capitalvcrzicht möglichst beschränkt werden möchte», namentlich da, wo Verwandte des Einzahlers cxisliren. Sächsisches. — Es sei bereits jetzt darauf hingewiesen, daß die am Oster- hciligenabcnd und dem ersten Feiertage gelösten Tagesbillets auf den sächsischen Staatsbahncn zur Rückfahrt bis mit Mittwoch den 4 April Giltigkeit haben. — Dresden, 22. März. Einem Wunsche ihres verstorbenen Gatten nachkommend, hat Frau Hosapolheker I)r. Caro dessen wcrthvolle Sammlung prähistorischer Allerthümcr dem Staate als Geschenk überwiesen. Der , Vorstand des mineralogisch-geologischen unv präbistorischen Museums, Geh. Hofrath vr. Geinitz, hat diese höchst schätzbare Bereicherung und Ergänzung der kgl. Sammlung über nommen und ihr als besondere Caro-Sliftung einvcrlcibt. — DaS Befinden des bekannten hiesigen Führers der Socialdemvkratie, Max Kayser, hat sich verschlimmert. Derselbe hatte sich einem Lnftröhren- schnille (Tracheotomie) unterziehen müssen; jetzt ist bereits eine neue Operation i» Aussicht genommen. — In Pieschen, eincm Vororte Dresdens, wurde gestern die ncuerbante St. Markuskirche geweiht und ihrer Bestimmung übergeben. — Bischofswerda, 19. März. Am 12. d. ereignete sich auf der Bautzeuer Chaussee ein Ungliicksfall. In der städtischen Waldung wurden die Pferde des Gasthvfsbesitzcrs Katzcr in Lentwitz scheu und gingen durch, Frau Katzcr, ca. 38 Jahre alt, welche sich auf dem Wagen befand, sprang von demselben herunter und stürzte so unglücklich, daß dieselbe bewußtlos aufgehoben wurde und, ohne „Nicht wahr, Sie gestatten, daß ich hier bleibe und meinen Bruder unterstütze?" sagte sie dabei gütig. „Riccardo sieht leidend aus, — man merkt es ihm an, daß er sich über seine Kräfte bemüht hat. Da müssen wir ihm doch ein wenig Ruhe gönnen. UebcrdieS gehört, wie gesagt, auch eine erfahrene Frau hierher, und da es nun momentan unmöglich ist, irgendwelche Micthlingsscele für die Pflege der Fieberkranken herbcizucitiren, so bleibt Ihnen schon nichts anderes übrig, Comtcssa, als mit meiner Hilfe vvrlRb zu nehmen. Wie ich gehört," fuhr die Signora dann fast in einem Aihem fort» „befindet sich in N. auch keine einzige disponible Diacvnisse, sonst hätte mein Bruder jedenfalls eine solche für seine Patientinnen en- gagirt." Alles das klang so freundlich, so liebenswürdig von den Lippen Juanitas, daß Gitta nicht anders konnte, als mit leuchtenden Augen zu ihr aufznsehe», — Freude und innigsten Dank auf den Lippen, daß die Signora sich der Kranken annchmcn wollte. Nun aber führte Bclloni die opferfreudige Schwester auch in de» Saal, j„ dem die andere» Damen ebenfalls schon außer Gefahr noch in den Betten lagen. Als Signora Marento an das Lager der Baronin trat, ward ihr Schritt ein langsamer, und eine merk liche Bewegung ging durch die schönen Züge. Fortsetzung folgt. Litterarisches. Bibliothek der Gesammtlitteratur. In dieser im Verlage von Otto Hendel in Halle a. S. erscheinenden sehr empfeblenswerthe» Bücher- sammlnng gelangte soeben zur Versendung: Nr. 170—172. 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