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Sächsischer Landes-Anzeiger : 29.02.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-02-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188802290
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880229
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880229
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-02
- Tag 1888-02-29
-
Monat
1888-02
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 29.02.1888
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— Nr. 5V. — 8. Jahrgang L>er jeden Wochentag Abend (mit Datum de« folgenden Tage«) zur Versendung gelangende „Sächsische LlttidcS-Anzeiger" mit täglich einem besonderen Unter» baltunarblatte und mit dem Extrabeiblatt Lustige- Bilderbuch kostet bei den Ausgabe stellen monatlich 70 Pfg., bei den Post-Anst- 75 Pf. (1888er Ztgr.-Preisliste Nr. S035.) SAchsischer ^ür Abonnent! rommer-Eisen! utsn erfcheintje einuial im Jahr: enba-nfahrvlanheft für Lachsen. «inter-Lisendahnfahrpianiicst für Lachien. Illustr. lkalender de- Sächstscheu Landboten. Jlliiftrirtes2ahreSbllchdeSLandeS.Suze,gerS. lMi>ks-K«reisikr mit „Chemnitzer Stndt-Anzeiger»". Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. Mittwoch, 29. Februar 1888. «n,et,en»rel«de-SIchs.Sande».«n,einer»», Raum einer fchmalen TorvuSzeil» ln Mm Bevorzugte Stell« (lsvalf.Petitzeile)N>M. BeiWiederholung großer An» oucen Rabatt. Be! Bestellungen von Au«wärts wolle man Jnsertionsbetrag (in Briefmarken) beifügen !je 8 Silbe» Corpnsschrisi bilden ca. 1 Zeile.) Annonccnaunahine nur bi« Vormittag. Pnltt: Almckr Mt. Buchviiickerci. Chemnitz. Theaterstraße 5 (Feriisprechstelle Nr. 138). Telegr -Adr.: LaudeS-Anzeiger, Chemnitz. Mit täglich einem besonderen Unterhiiltungsblatt: i. Kleine Botschaft — 2 Sächsischer Crzahler — 3. Sächsische Gerichts-Zeitung 4. Sächsisches Allerlei — 6. Jllnftrirtes Nnterbaltnngsblatt — 6. Sonntagsblatt — Extra-Beiblatt: Luftiges Bilderbuch. Abonnement für Monat März. Für den Monat März nehmen die Ausgabestellen in Chemnitz und Umgegend zum Preise von 70 Pfg., die Postanstalten zu 75 Pfg. Abonnements-Bestellungen auf den „Sächsischen Landes-Anzeigcr" mit sämmtlichen 7 Beiblättern entgegen. / .. Der „Sächsische Landes-Anzeiger" ist in der deutschen Post- Zeitungs-Preislistc für das Jahr 1888 unter Nr. 5035, in der öster reichischen unter Nr. 2307 eingetragen. Jeder neubeitretende Abonnent, welcher die Abonnements- Quittung direct an die Verlags-Expedition einscndct (auswärtige Abonnenten wollen zur Frankirung eine lO-Pfg.-Marke beifügen), erhält gratis die Extrabcigaben geliefert: 1 Weih,,achtöbuch (Jlluslrirteö Jahresbuch für 188»), 64 Seiten groß 8°, mit Almanach, hübsche» Weihnachts-Erzählungen und Bildern rc. (Preis dieses Buches für Nicht-Abonnenten 40 Pfg.) 2. Jllustrirter Kalender für 1888, 84 Seiten 4° mit Oeldrnck- bild, fesselnden Erzählungen, vielen Bilder» rc. (Preis dieses Kalenders für Nicht-Abonnenten 40 Pfg.) 3. Eisenbahn - Fahrplanheft für Sachsen, 40 Seiten stark, (Preis dieses Fahrplanhesies für Nicht-Abonnenten 20 Pfg.) Abermaligen zahlreichen Beitritt neuer Abonnenten erbittet die Verlags-Expedition des Sächs.Landes-Anzeigers. Um Verwechslungen zn vermeiden, werde» Post- Abonnenten ersucht, bei Bestellung frenndlichst genau z« verlangen: den in Chemnitz erscheinenden „Sächsischen Landes-„A n z k i g e x" (Nr. AOZtA der nenen 1888er Post-Zeitnngs-Preisliste). Telegraphische Nachrichten. Vom 27. Februar. Wien. Hier wird bestätigt, daß vorgestern die Botschafter Ruß lands, Dcnischlands und Frankreichs der Pforte identische Mitthcilnngen machten, durch welche auf die Illegalität der Regierung des Prinzen Ferdinand hingcwiesen werde. Die Botschafter Oesterreichs, Italiens und Englands haben sich diesem Schritte nicht angeschlosscn. Die Pforte dürfte sich hinter den Einwand mangelnder Einmüthigkeit der Mächte verschanzen und die begehrte Initiative ablehnen. Bern. Nach officicllcn Meldungen sind die Aussichten für die Schweiz und Frankreich, vor dem 1. März eine Verständigung mit Italien über die Handelsverträge zu erzielen, sehr gering. Rom. Zwischen Crispi und Nicotera, welche seit Jahresfrist keine Berührung mehr hatten, fand gestern eine Annäherung statt, Welche viel besprochen und mit den Veränderungen im Ministerium in Verbindung gebracht wird. Die Ucbertragung des Portefeuille des Innern, welches Crispi noch provisorisch leitet, an Nicotera gilt hier als nicht ausgeschlossen. Die Ernennung Robilant's zum Botschafter in London stößt Plötzlich auf Schwierigkeiten; bekanntlich ist das Er- nennungsdecrct noch nicht erschienen. — Der in Gvdofe Lasst äuge langte Negus von Abessynien führt beträchtliche Strcitkräfte an. Ras Michael, Ras Area und Selassie, der Sohn des Negus, sind gleich falls dort. Ghinda ist noch völlig verlassen. Ras Alnlah ist bei seiner Armee in Asmara noch nicht eingetroffen.— Von der hiesigen Regierung ist der Vorschlag nach Paris abgegangcn, einen neuen Handelsvertrag wenigstens für eine möglichst kurze Frist abzuschließen. Politische Rundschau. Cbemnitz, den 28. Februar. Deutsches Reich. Der „Reichsanzciger" vom Montag ver öffentlicht folgendes Bulletin: San Remo, 27. Februar, 10 Uhr 30 Minuten Vormittags. Der Schlaf Sr. K. K. Hoheit des Kron prinzen war gut. Husten und Auswurf geringer, letzterer weniger gefärbt. Allgemeinbefinden befriedigend. Mackenzie. Schräder. Krause. Hovcll. von Bergmann. Bramann. Kußmaul. — Nach dem Bulletin vom Sonntag rührt der Auswurf nicht von einer Lungenkrankheit her. Er kann also nur aus den Geschwüren im Kehlkopfe, dem Hauptleiden, stamme». Die Aerzte haben den Answurf wiederholt untersucht und sollen Krebszellen gefunden haben. Seitdem der blutige Auswurf constatirt ist, waren überhaupt die schon schwachen Hoffnungen, es möchte sich nur um Knorpelhautentzündung Handel», sehr gesunken. Der „N.-Z." wird in letzterer Beziehung telegraphirt: „vr. Kußmaul untersuchte am Montag Morgen den Kronprinzen zum zweiten Male und constatirte wiederholt, daß die Lungen gesund sind. Das dem Kaiser nach Berlin tclcgrapirte Gutachten Kußmauls betont, er habe in den Lungen nichts Krankhaftes gefunden, müsse aber die Krank heit als sehr ernst ansehen. Kußmaul hat auch den Kehlkopf untersucht und die in den letzten vierzehn Tagen von Bergmann und Bramann angefertigten mikroskopischen Präparate aus dem Auswurf durchge mustert. Die Präparate sollen Verdächtiges und bestimmte Aufschlüsse über die Natur des Leidens (Krebs) ergeben. Mackenzie hat cs ab- gclehnt, sich in schwierige anatomische Details einzulassen, sich ans Virchow berufen und vorgeschlagen, die Präparate möchten noch mals einem Anatomen zur Begutachtung übergebe» werden. Professor Waldcycr in Berlin wurde gewählt. Kußmaul reist mit Professor Bergmann ab, Mackenzie, Krause, Bramann bleiben." Auch die »Voss- Ztg." bestätigt die obigen Mittheilungen. Ist die Krankheit, was nunmehr leider ziemlich sicher ist, Krebs, so kommt es für die Aerzte darauf an, das zerstörende Umsichgreifen möglichst zu ver hindern. So kann das Leben des Kronprinzen im allcrschlinnnsten Falle immer »och längere Zeit erhalten bleiben, freilich ist die Gefahr groß. Vom Montag heißt es noch aus Sa» Remo, daß das be friedigende Befinden nur den Verhältnissen entspricht. Nachmittags macht sich größere Mattigkeit geltend, die Stimmung ist dem ange messen. Mackenzie, Krause und Hovell behandeln jetzt den Kron prinzen wieder allein. — Offiziell wird jetzt bestätigt, daß Prinz Wilhelm von Preußen einen Vortragenden Rath für die Einführung in die staatsrechtlichen und ähnlichen Angelegenheiten erhalten wird. Eine bestimmte Er nennung ist noch nicht erfolgt. — Graf Herbert Bismarck wird für acht Tage in Privatange legenheiten nach England reisen. Ein unbeglaubigtcs Gerücht spricht von seiner Verlobung. — General von Rauch in Berlin, Chef der Gendarmerie, ist von einem Schlaganfall betroffen. — In Peters burg machte der zweite deutsche Botschaftssekretär Prinz zu Hohcn- lohe-Ochringen (Sohn des Herzogs von Ujest) einen Selbstmordver such. Er schoß sich in den Kops, doch ist die Wunde nach Ansicht der Aerzte »ich: gefährlich. Man spricht von großen Verlusten des Prinzen im Spiel, unglücklicher Liebe rc. — Der Reichskanzler hat den Nettesten der Berliner Kaufmann schaft aufgefordert, sich sofort mit den Klagen über die Zustande an der Berliner Getreidebörse zu befassen und Vorschläge zur Besserung zu unterbreiten. — Herr Mndthorst beantragt im preußischen Abgeordnetenhaus!:: 1) den Ordcnsgescllschaften, welche vor dem KutturkampfKorporations- rechte besessen, dieselben wieder zu verleihen, sofern die Orden in Preußen zngelasscn sind, 2) betreffs des Religionsunterrichtes i den Volksschulen Folgendes: In das Amt eines Volksschullchrcrs oürfe» nur Personen berufen werden, gegen welche die kirchliche Behörde in kirchlich-religiöser Beziehung keine Einwendung macht. Erfolgt die Einwendung nachträglich, darf der Lehrer zur Erihcilung des Religions- Unterrichtes nicht mehr zugelassen werden. Die kirchlichen Oberen sollen die Organe bestimmen, welche den Religionsunterricht in den Volksschulen leiten, der ganze Religionsunterricht und seine Eintheil- ung soll überhaupt den weltlichen Behörden entnommen und ans die geistlichen Behörden übertragen werden. An die Annahme des An trages ist nicht zu denken. Im Hafen. Novelette von P. H. Schluß. Nachdruck verboten. Sie lachten, ein Helles, frisches Lachen, wie es nur innerlich unverdorbene, von Herzen gute Menschen vermögen. „O Lucie, — Fräulein Melden", verbesserte er sich rasch, wo war die Zeit, da er sie Lucie nennen durfte? — „wie boshaft Sie sein können; ich zittere, wenn Sie auf mein damaliges Gehaben übergehen." „Es kommt sogleich an Sie, mein Herr. Ich weiß nicht, was der Grund war, ob, weil wir im Hause Ihres Vormundes zuweilen als Kinder miteinander gespielt und Sie damals einige schätzenswerthe Eigenschaften für einen Seeräuber, Matrosen, Häuptling eines Jn- dianerstanimes, der durch Tische und Stühledargestellt ward, zeigten, oder weil Sie dem Alles bezwingenden Zauber meines Secjungfrauen- cvstüms erlagen", —er suchte entrüstet eine» Einwand, aber sie fuhr fort — „genug, Sie widmeten mir in großmüthiger Weise fast aus schließlich das Vergnügen Ihrer Gesellschaft. — Glauben Sie nicht, daß ich diesen Vorzug gering schätzte", begegnete sie einem zweiten Einwand, „für solch' ein unflügges Nestkücken, wie ich damals war, war ein sicherer Tänzer und Begleiter zu Tische nicht hoch genug zu schätzen. Aber Sie nützten Ihren Vortheil aus, den ganzen Abend unterhielten Sie mich von Ihrem Drange, fremde Länder zu sehen, eine Reise um die Welt zu machen, mit einem Worte, von Hamburg sortzukommen; und ich, die zahllosen Puppen und Süßigkeiten ver gessend, mit welchem mich Ihr Vormund einst beschenkt, nannte ihn, der Sie nicht vor Ihrem einundzwanzigsten Jahre reisen lasten wollte, im Stillen einen Shylok oder Harpagon." Er wollte ihr danken, das Interesse, das sie ihm damals gezeigt, beglückte ihn tief. — War es denn ganz erloschen und vermochte er es durch nichts wieder anzufachen? Als sie weiter sprach, kam cs wieder wie ein kalter Wasserstrahl über seine heiße Stirn; nicht zum ersten Mal an diesem für ihn denkwürdigen Aprilvormittag. „Ich fürchte, ich bin seit dem Seejungfrauentag unerträglich an spruchsvoll geworden; wenn heute ein junger Mann mich stundenlang davon unterhalten wollte, welche Seligkeit für ihn der Wechsel seiner Umgebung, in welche ich mich wohl oder übel einbeziehe» muß, wäre, ich weiß nicht, ob ich ihm so andächtig lauschen würde." „ES war ziemlich tölpelhaft von mir", versetzte der junge Reisende lachend, „aber auch ich stelle mich einer richtenden Mitwelt nicht mehr in solcher Weise blos, wie in meiner grünen Ansängerzeit. — Wir haben schon die einzelnen Beschlüsse der Gewerbekom mission des Reichstages zu dem Gesetzentwurf über den Brodverkauf mitgetheilt; bei dem allgemeinen Interesse, welches der Gegenstand hat, wollen wir hier nochmals den ganzen Entwurf wiederholen, wie er aus den Kommissionsberathungen herausgegangen ist. 1. Die ZA 73 und 74 der Gewerbeordnung werden durch folgende Bestimmungen ersetzt: 8 73. Die Bäcker und Verkäufer von Brod sind verpflichtet, die Verkaufspreise des Brodes nach Kilogramm während der Verkaufs zeit durch einen von außen leicht sichtbaren und deutlich geschriebenen Anschlag am Verkaufslokale zur Kenntniß des Publikums zu bringen. Beim Marktverkauf und Hausirhnndcl ist das Verzeichniß unaufge fordert den Käufern vorznlegen. Der Preisaushang ist vor der In gebrauchnahme bei der Ortspolizcibehördc zur kostenfreien Abstempe lung einzureichen. H 73a.. Brod darf nur in Gewichtsgrößen von V-, 1, 14/2 Kilogramm und so weiter feilgehalten werden; auch »inß dasselbe mit der Zahl des Gewichts und dem Gcschäftsstempcl de- Bäckers, welcher cs bereitet hat, versehen sein. Das angegebene Ge ivicht hat sich ans das Brod in frischgebackenem Zustande zu beziehen. Z 74. Die in tz 73 genannten Gewerbetreibenden habe» im BerkaufS- lokale, bez. beim Marktverkauf und Hausichandel Waage und Gewichte bereit zu halten und dem Käufer auf Erfordern das Brod vorzu wiegen. Auf Brod in Gewichtsgrößen von weniger als 1/2 Kilo gramm finden die Bestimmungen der HZ 73, 73a und 74 Absatz 1 keine Anwendung. Zwischen 8 und 9 des 8 148 der Gewerbe ordnung wird folgende Bestinimung 8a eingeschaltet: „8a. Wer den Bestimmungen der 88 73, 73a, 74 zuwiderhandelt" (wird mit Geld buße bis zu 150 Mark oder Haft bis zu 4 Wochen bestraft.) — Bezüglich einer Ucberschreitung des Züchtigungsrechis durch Lehrer hat das Reichsgericht in einem Urtheil vom 1. December 1887 den Grundsatz ausgesprochen, daß dieselbe nur dann als Mißhand lung im Amte strafbar ist, wenn nicht nur die vorsätzliche Verübung der Mißhandlung, sondern auch die wissentliche Ucberschreitung des Züchtigungsrechtcs festgestellt wird. — Die internationale Zuckerkonferenz soll am 5. April in London wieder zusaminentreten. Es handelt sich bekanntlich um die Beseitigung der Ausfuhr-Prämien. — Die Beisetzung Gustav Nachtigals hat am 8. Januar in Kamerun unter dem Monument stattgefunden, welches dem verdienten Manne schon früher von den dortigen Kaufleuten im Gouvernements park errichtet ist. Die Feier fand Morgens 7 Uhr im Beisein der deutschen Beamten, der Officiere und eines Kommandos vom Kreuzer „Habicht", der deutschen Kaufleute und der Bewohner der Missions schule statt. Zwölf Zöglinge sangen ein Lied in der Dualla-Sprache nach der Melodie „Goldne Abendsonne", was bei allen Theilnehmertt der Feier einen kiesen Eindruck hervvrrief. Die Trauerrede hielt der Missionar Mung. Daun wurde der Zinksarg hiuabgesenkt und mit einem stillen Gebet schloß die Feier. Frankreich. Am Sonntag haben neun Ersatzwahlen zur De- putirtenkammer flattgefunden. Gewählt wurden 4 Republikaner, 2 Radikale und 1 Monarchist. Um zwei Sitze finde» Stichwahlen statt. Bei diesen Kammerwahlcn, in welchen auch Minister FlourenS definitiv gewählt wurde, sind für Boulanger im Ganze» 54671 Stim men abgegeben. Er soll deshalb gemaßrcgelt werden und ist von einer Koinmandocntziehung die Rede, weil er nicht energisch gegen seine Kandidatur protestirte. Einige Blätter erheben großes Geschrei gegen das Ministerium, weil cs angeblich sechs deutschen Ingenieuren gestattete, das französische Eisenbahnwesen zu studircn. — Auf dem französischen Konsulat in Damaskus hat es schon wieder einen Zank wegen Verhaftung eines Syriers durch türkische Polizei gegeben. Der französische Botschafter hat sofort mit der gewohnten Energie der französischen Diplomaten gegenüber den Türken Beschwerde er hoben und so wird sich wohl die Sache ruhig abwickeln. Italien. Im Lyceum Visconti zu Rom fand am Sonntag die Gcdächtnißfeier für Giordano Bruno statt, welcher die Minister Crispi, Wenn ich jetzt das Glück habe, neben einer Seejungfrau zu sitzen, und wenn sie mir theilnchwend ihr Ohr leiht, wie damals, dann bin ich bereit, eine» theucren Eid zu leisten, Sie sehen, Fräulein Melden, ich halte meine Schwurfinger in die Höhe, daß ich nie und nimmer einen Wechsel der Umgebung ersehnen, daß ich mich als einen glück seligen Sterblichen betrachten werde, wenn ich in ihrer Nähe bleiben darf." Aus dem Schaukelstuhl kam es, als kichere es leise, aber seine Insassin machte ein ernsthaftes Gesicht, obschon der Schalk in dem Grübchen aus ihrer Wange lauerte. „Und wie vielen See- und anderen Jungfrauen haben Sie dieses werthvolle Gelübde bereits geleistet, wenn sich eine alte Jugend freundin diese Frage erlauben darf?" Das war zuviel, die Bitterkeit erfüllte das Herz des jungen Mannes, obschon er sie unter Lachen und harmlosem Geplauder zu verbergen gewußt, die letzte Frage brachte den Becher zum Ueber- laufen. Er griff nach dem Hut, der neben dem Sessel auf dem Teppich stand, und sagte in aufwallendem Trotz: „Wenn Sie mich dies fragen, dann muß ich freilich bedauern, daß ich blind und mit den, Bild einer Einzigen im Herzen an jeglicher Schönheit kalt vorüber ging. Aber ich sehe, Sie sind heute in Ihrer spottsüchtigen Laune, und da ich noch die Weichheit mit mir herumtrage, die das Wiedersehen der Geburtsstätte, die erste Begegnung mit dem Wesen, nach welchem ich mich die ganze Zeit gesehnt, selbstverständlich in mir erweckte, bin ich kein passender Partner für Sie. Vielleicht eigne ich mich das nächste Mal besser zum Wortgeplänkel; ich werde dann jedenfalls abgeklärter und ruhiger sein, denn ich habe mir das Wort gegeben, wenn ich die eine Person, um derentwillen ich hcimgckehrt, nicht wiederfinde, wie ich sie verließ, den Staub von meinen Schuhe» zu schütteln und weiter zu wandern." Und da war cs, daß der Schaukelstuhl in unruhige Bewegung gericth. Der Hitzkopf war im Stande, geradewegs zum nächsten Schiffe zu gehen, das ihn nach Amerika, oder zur Bahnstation, die ihn ins Innere des Landes bringen würde. Noch einmal solche drei Jahre, wie die letzten, sie dankte dafür. Aber Dame Lucie hatte auch ihren Trotz, nur besaß sie etwas, das ihrem heißköpfigen Verehrer abging, ihre weibliche Diplomatie. „Die Sehnsucht nach diesem Wesen haben Sie sorgfältig zu ver bergen gewußt", sagte sie, „dieselbe hat Sie nicht veranlaßt, Ihre Reise auch nur einen Tag abzukürzen." So ruhig sie sprach und so gleichmäßig der Schaukelstuhl nach dem kleinen Sturm hin nnd her rebbte, so konnte er doch nicht ver kennen, daß die Worte aus einem tief verletzten Gemüth drangen. Er warf den Hut wieder hin und blieb vor ihr stehen, die brennenden Augen auf sie gerichtet. „Lucie", — er kann sie nicht Fräulein nennen, es scheint ihm unnatürlich, „wissen Sie nicht, daß, als mein Wunsch in Erfüllung ging, als mir die Eclaubniß zur Reise ertheilt ward, dieselbe allen Reiz für mich verloren hatte? wissen Sie nicht, daß mein Vormund cs war, der bisher die Einwilligung verweigert und nun plötzlich auf meiner Fahrt bestand? Aber wenn ich je Vergnüge» ans meinen Wegen hatte, so war es nur, weil mich der Gedanke an meine Braut — so hießen Sie in meinen Gedanken und das waren Sie noch jenen Worten, mit welchen Sic sich mir zu eigen gaben — begleitete, weil der Glaube an Sie und an unsere Vereinigung mir unverrück bar erschien, wie der Erdpol, ich hatte Sie gefragt, ob Sie die Meine werden wollten, und Sie hatten Ja geantwortet. Das genügte, um mir über die Entfernung hinwegzuhelsen, das ließ mich noch Freude an den bunten Erlebnissen meiner Reise finden." „Warum haben Sie mir nie in solcher Weise geschrieben? Sie sandten schöne Lackarbeiten aus Japan und gräuliche Götter aus China, ich wußte durch Ihre Geschenke nur, ob es Silbcrwaaren aus Tula, Ledertäschchen aus Wien, künstliche Blumen aus Paris, Mosaik- und Glassachen ans Italien waren, wo Sie sich aufhicltcn; auch Reiseberichte erhielt ich; aber kein innigeres Wort, nichts, das vom Herzen ging und zum Herzen drang, sprach aus Ihren Briefen hervor. Ich bin nicht sentimental, ich gehöre nicht zu den Frauen, die man täglich versichern muß, man liebe sie unverändert, wenn sie nicht unglücklich sein sollen. Aber daß Sie oberflächlich um mich warben und dann gingen, voll übcrmüthigcr Sicherheit, ich müsse nun ruhig warten, bis es Ihnen gefällig sein werde, Ihre Zickzack fahrten zu beendigen und hcimzukehren, das verletzte meinen Stolz auf's tiefste. Ich habe mich in der ersten Zeit nach Ihnen gesehnt, aber Sie ließen mir Zeit, mich an Ihre Abwesenheit zn gewöhnen." Er war bis an die Lippen erblaßt. „Ich muß Ihnen wiederholen, daß ich nicht aus freiem Willen ging und bis heute fernblieb. Mein Wunsch war es, mit Ihnen vereinigt die Wunder der Fremde zu sehen. Mein Vormund drängte zur Fahrt, und nicht er allein, auch Ihre Eltern wünschten diese. Sie fürchteten, ihr einziges Kind könnte in seiner Unerfahrenheit ein flüchtiges Gefühl für eine echte Neigung halten." „Man wollte uns nicht trennen, man wollte unS nur Zeit
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