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Sächsischer Landes-Anzeiger : 25.10.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-10-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188810258
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18881025
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18881025
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-10
- Tag 1888-10-25
-
Monat
1888-10
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 25.10.1888
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Nr. 250. — 8. Jahrgang. Der jede» Wochentag Abend (mit Datum des svlgenden TagcS) zur Versendung gelangende „Sächsische LandcS-Anzetger" mit täglich einem Extra-Beiblatt: 1. Kleine Botschaft 2. Sächsischer Erzähler 3. Sächsische GerichtSzeitung 4. Sächsisches Allerlei b. Illnstrirtes UnterhaltuiigSblatt 8. Sonntagsblatt 7. Lustiges Bilderbuch kostet bei den Ausgabestellen monatlich 70 Psg., bei den Post-Anstalten 75 Psg. (Post-Zeitnngs-Preisliste Nr. 5033.) Sächsischer Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. Verlags-Expedition: Alexander Wiede, Bnchdrnckerei, Chemnitz, Theaterstrabe Nr. 5. Fernsprech-Anschluß Nr. 136. — Telegramm-Adresse: Landes-Anzeiger, Chemnitz Donnerstag, 25. Oktober 1888. Bon de» Sauptblättern des „Sächsischen Landes-Anzcigers" erscheint (ohne dessen tägliche Extra-Beiblätter) eine billigere Sonder-Ausgabc unter dem Titel: Chemnitzer General-Anzeiger für monatlich nur SO Psg. mit Zutragen; außerhalb Chemnitz inonatl. S7 Ps. m. Ztr. (Zeitungs-Preisliste 9. Nachtr. Nr. 1350».) Winter-! . Jllustr. Kalender des Sächsischen Laudböten, 31lusttirtes Zahresbuch des LaudeS-Anzeiger-. Anzeigenpreis: Raum einer schmalen Corpnszeile IS Psg. — Bevorzugte Stelle (Ispaltige Petit,wile) 30 Psg. — Bei Wiederholung großer Anzeigen Preisermäßigung. — Bei Bestellungen von Auswärts wolle man den Einrücknngsbetrag (in Briefmarken) beifügen tse 8 Silben Corpusschrift bilden ca. 1 Zeile.) — N ' Tic Anzeigen finden ohne Preisaufschlag gleichzeitig Verbreitung durch den „Chemnitzer General Anzeigen können nur bis Vormittag angenommen werden, da Druck nnd Verbreitung der großen Auslage längere Zeit erfordern. — al-Anzcigcr" (billigere Sonder-Ausgabe der Hauvtblätter des „Sächsischen Landes-Anzeigers" ohne dessen tägliche Extra-Beiblätter.) Amtsgerichtliche Bekanntmachmigen. In dem ConcnrSvcrfahren über das Vermögen des Uhrmachers Hermann Carl Simon Schreck in Chemnitz ist infolge eines von dem Gcmeinschnldner gemachten Vorschlags zu einem Zwangsvergleiche Vcrgleichstermin aus den 6. November 1888 Vorm. 10 Uhr vor dem Königlichen Amtsgerichte hiersclbst anbcranmt. Chemnitz, am 22. Oktober 1888. Königliches Amtsgericht. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute auf Folium 317b die Firma Ernst Tasche in Chemnitz (Post straße 39) nnd als deren Inhaber Herr Ernst Theodor Tasche daselbst, Be sitzer eines Kalkhandelegcschäjts, eingetragen. Chemnitz, am 20. October 1888. Königliches Amtsgericht. Neueste Nachrichten. Wien, 23. October. In hiesigen unterrichteten Kreisen wird der letzten russischen Trnppenverschiebung keineswegs eine gefahr drohende Bedeutung beigeincssen. Es herrscht die Ansicht vor, das gestrige Communiqne des „Fremdenblatt" verfolge blos den Zweck, der allzu günstigen Auffassung der Lage entgegenzuwirken, sowie die Aufmerksamkeit Oesterreichs auf die militärischen Vorgänge in Ruß land darzuthnn. (S. Rundschau.) London, 23. October. Der „Daily News" wird aus Berlin auf Grund „guter Autorität" gemeldet, daß seit einiger Zeit schon vertrauliche Unterhandlungen zwischen England und Deutschland wegen einer gemeinsamen Aktion in Ostafrika geführt werden. R cgcnsburg, 24. October. (Drahtbericht unseres Anzeigers.) Der Reichstngsabgeordnete Baron von Gruben ist gestern Abend 11 Uhr gestorben. Politische Rundschau. Chemnitz, den 24. October. Deutsches Reich. Prinz Heinrich von Preußen ist am Dienstag Vormittag von Wien in Darmstadt eingetroffen, wo seine Gemahlin, die Prinzessin Irene, ihn bereits erwartete. Der Prinz wird an den Jagden des grvßherzvglich hessischen Hofes theilnehmen und dann nach Kiel znrückrciscn. — Der bekannte Kavallerieführcr General»,ajor von Rosenberg in Metz ist unter Beförderung zum Generalleutnant zum Kommandeur der 1. Kavalleriedivision in Königsberg ernannt worden. — Dem „Hamb. Cvrresp." wird von einem Berliner Gewährs mann, den das Blatt ausdrücklich als besonders zuverlässig bezeichnet, geichrieben: „Was den Besuch des Kaisers im Vatikan nngcht, so darf angenommen werden, wennschon Authentisches darüber in die Ocffcntlichteit nicht gedrungen ist, und Wohl auch nicht dringe» wird, daß sich der deutsche Kaiser gegenüber der vom Papste ausgesproche nen Hoffnung, Deutschland werde zu Gunsten der weltlichen Macht des Papstes gegenüber dem Könige von Italien Stellung nehme», vollständig ablehnend verhalten hat." — Die Gerüchte über eine bevorstehende Vermählung der Prinzessin Victoria von Preußen mit dem Prinzen Alexander von Battenberg werden bald bestritten, bald für glaubwürdig erklärt. Thatsache ist, daß die Beziehungen zwischen Beiden noch fortdauer». Als vor einiger Zeit die Kaiserin Friedrich mit ihrer ältesten Tochter zur Besichtigung der Villa Reiß nach Kronbcrg reiste, kam ihnen der Prinz entgegen und begleitete sie nach Frankfurt. Die „Post" richtet an den Prinzen ans Anlaß der neulich mitgethcilten Ver breitung von Feuerzeugen mit dem Bildniß des Battenbergers in den Ncichslande» folgende hämische Bemerkungen: „Die Freunde des Prinzen Alexander, die jetzt in so kindischer Weise Propaganda für ihn zu machen suchen, wissen wahrscheinlich nicht, daß die ganze Sache (nämlich der Gedanke, den Prinzen zum Statthalter der Reichslandc zu ernennen) von Anfang an aussichtslos war, da eben nicht die geringsten Garantieen dafür vorliegen, daß Prinz Alexander dem deutschen Kaiser treuer gewesen sei» Maren von Westerland. Novelle von Reinhold Ort mann. Fortsetzung. Nachdruck verboten. „Ich fahre mit!" sagte er rauh, indem er auf einen freige- biicbcne» Platz kletterte nnd sich dann schwer in die harten Polster znrnckfallen ließ. Der Kutscher knallte mit der Peitsche und die Pferde zogen an. Von den Umstehenden hatte Keiner in dem ver späteten Passagier Capitän Erichsen s Sohn erkannt. Unterwegs hatte der Reisende, welcher neben ihm saß, das Be dürfnis), eine kleine Unterhaltung mit seinem schweigsame» Nachbar anzuknüpfcn. „Wohin fahren Sie, mein Herr?" fragte er freundlich. Aber ans der dunkle» Wagenecke kam cs mit einer Grabesstimme zurück: „In die weite Welt!" „Er ist betrunken!" dachte der freundliche Herr. — „Wie fatal, daß man mit solchem Gesindel in Berührung kommen muß." Und er machte keine» Versuch mehr, den Schweigsamen zu einem Gespräch zu bewegen. So verließ Boy Erichsen seine Heimath zum zweiten Male, und er war entschlossen, sie nie mehr wiederznsehen. IV. „Hat Ihnen der Herr gesagt, ob er zum Abendessen zurück- kehrcn wird?" „Nein, Madame!" „Die Uhr ans dem Kamin ist stehen geblieben. Wie spät ist es?" „Elf Uhr, Madame! Der Herr wird gewiß nicht mehr kommen. Soll ich den Thee scrviren?" „Nein, Franziska, lassen Sie es nnr gut sei»! Ich habe kein Bedürfniß zu essen." „Aber Madame müssen doch etwas zu sich nehmen! Madame sind doch nicht krank?" „Nein, nein! Mir ist ganz wohl! Machen Sie sich um mci uetwillen keine Sorge!" „So soll ich das Geschirr abräumen?" „Nein, es mag dableiben! Der Herr wird vielleicht doch noch kommen." Die bejahrte Wirthschasterin, welche auch nach Felix Wins- perg's Verheirathnng in dem kleinen Haushalt geblieben war, verließ würde, als er es dem Kaiser von Rußland gewesen ist." Der Battenberger war als Fürst von Bulgarien kein Lakai des Zaren, sondern er war der von allen Großmächten bestätigte Vasall des Sultans. Hätte er die ihm von den Russen so reichlich zuertheilten Demnthigungen geduldig ertragen, so wäre er eine Null gewesen, wie etwa der Mingrelicr. Der Battenbcrger ist Rußland gewiß dankbar gewesen, aber sich moralisch mit der Keule bearbeiten zu lassen, dazu verpflichtet die Dankbarkeit denn doch nicht. Wenn Rußland halb so ehrenvoll gegen den Battenberger gehandelt hätte, wie dieser gegen Rußland, dann könnte man eher etwas sagen, aber über den mit russischem Gelde angezettelten Schurkenstreich von Sofia ist keine Be merkung mehr nöthig. Dafür hat heute noch alle Welt das Gefühl der grenzenlosesten Verachtung. — Die „Münchener Neuesten Nachrichten" bringen einen außer ordentlich sensationellen Artikel über Vorgänge am Stuttgarter Königshofe, insbesondere über die angebliche Günstlingswirthschaft dreier Amerikaner, welche mittels Spiritismus großen Einfluß auf den leidenden König ansüben, dessen Vertrauen zu seinem und des Landes Schaden mißbrauchen und verschwenderisch leben, während die königliche Kasse zu Einschränkungen genölhigt sei. Es wird sogar ein Vergleich mit den Zuständen unter Ludwig II. von Bayer» ge zogen nnd die Besorgniß vor bedenklichen Folgen ausgesprochen. Das ist wohl eine übertriebene Darstellung. Bisher war nnr bekannt, daß der König brustkrank ist. Aufklärungen werden aus Stuttgart nicht lange ans sich warten lassen. — In einer Zuschrift an den Londoner „Daily Telegraph" bezeichnet Sir Morell Mackenzie die Meldung der „Köln. Volksztg.", der Verleger der deutschen Uebersetzung seines Buches, Herr Spaar- mann, hätte behauptet, daß jeder Bogen des englischen Originals vor dem Druck der Kaiserin Friedrich unterbreitet worden sei, als ganz unbegründet. Die Kaiserin habe thatsächlich kein Blatt des Manuscriptcs oder des gedruckten Buches vor dem 13. October er halten. — Der „Reichs-Anz." verbreitet folgende Bekanntmachung des Obcr-Reichsanwaltes von Tesscndorf: „Die in der Presse verbreitete Nachricht von einer in der Untersnchungssache wider den Geheimen Rath vr. Geffcken durch den Untersuchungsrichter stattgehablen Ver nehmung des Obcrhof- und Hansmarschalls von Liebenau entbehrt jeder Begründung. Herr von Liebenau ist in der Sache überhaupt nicht vernommen worden." Oesterreich-Ungarn. Von österreichischen Journalen war berichtet, daß bedeutende Truppenverstärkungcn in Rußland an der Grenze gegen Oesterrejch und Deutschland stattsänden. Diese Maß nahmen sind aber schon lange bekannt. Es handelt sich nicht um kriegerische Vorbereitungen, woran seit dem Besuche des deutschen Kaisers in Peterhof auch nicht entfernt zu denken ist, sondern um die Complettirung der Zollwachen, welche zugleich in ein Militärkorps nmgcwandelt werden. Außerdem werden diejenigen seit Jahr und Tag im Bau begriffenen Kasernen, deren innere Einrichtung abge schlossen ist, mit Truppen belegt. Das ist Alles. Frankreich. Ministerpräsident Floquet hat seiner Staatsknnst die Krone aufgesetzt; er kann getrost sagen: so wie ich versteht cs Niemand, die Republik im Lande unpopulär zu machen. Sei» vor läufig in der Kommission begrabener Gesetzesamrag auf Abänderung der Verfassung war schon ein Meisterstück von Kopflosigkeit, welches allgemeines Bedenken hervorrief, und ihn deshalb zur Vorsicht hätte mahnen sollen. Aber Herr Floquet merkt nichts, er kommt den mit der Pariser Wirthschaft schon außerordentlich unzufriedenen Provinzialen nun noch mit einer neuen Vermögenssteuer ans das Einkommen aus Gewerbe und Kapital. Das ist den Leuten nun aber doch etwas zu bunt, und die republikanischen Blätter protcstiren entrüstet, während die monarchistischen Organe ein Hohngelächtcr aufschlagen und auf die glänzenden Leistungen der republikanischen Staatsmänner Hinweisen. Es sieht sehr traurig ans. So schlecht war die Republik schweigend das Speisezimmer. Aber sie konnte sich nicht enthalten, noch in der Thür einen traurigen, mitleidigen Blick auf die blasse junge Frau zu werfen. Wie feindselig und geringschätzend hatte sie diese junge Frau betrachtet, als sie am Arm des glückstrahlenden Gatten stumm und niedergeschlagen ihren Einzug gehalten hatte in das elegante, trauliche Künstlerheim, und wie innig lieb hatte sie sie gewonnen in den kurzen fünfzehn Monaten, die seit jenem Hochzeits tage vergangen waren! Es hatte sich Vieles zugetragen innerhalb dieser fünfzehn Monate, Vieles hatte sich verändert und nichts war in Erfüllung gegangen von den hochflicgenden Träumen, mit denen der junge Maler seine Jnselbraut, wie er sie scherzend zu nennen Pflegte, eingesührt hatte in das für sie bereitete Nestchen. Obwohl er ihr wohl hundertmal versichert hatte, daß er ein freier nnd unabhängiger Mann sei, der sich um das Gerede der Welt nicht kümmere, hatte er seinen Wohnsitz doch nicht in seiner Vaterstadt Brünn, sondern in Berlin genommen. Er war von der Voraussetzung ausgcgangen, daß inan in der bunt genug zusammengesetzten Gesellschaft der Residenz vorurtheilsloser sein werde gegen ungewöhnliche Verhältnisse, als in seiner engeren Hei math, nnd überdies hielt er sich überzeugt, daß es gerade in der Millionenstadt am leichtesten sein werde, ein stilles und zurückge zogenes, nnr dem eigenen Glück gewidmetes Leben zu führen. So hatte er denn weit draußen in der Knrfürstcnstraße eine reizende kleine Wohnung gemiethct, die er mit feinsinnigem künstleri schen Geschmack und fast verschwenderischem Luxus ausgcstattet hatte. Namentlich in Maren's Boudoir hatte er All s zusammengetragcn, was ihm reizvoll und kostbar erschien und was er für geeignet hielt, sie zu erfreuen. Das Traumwinkelchen, welches er ihr da geschaffen hatte, war vielleicht einzig in seiner Art, und selbst die Gattin eines Millionärs hätte sich glücklich schätzen können, cs zu besitzen. Nur natürlich war es darum gewesen, daß er einen lauten Ausbruch des Entzückens und der zärtlichsten Dankbarkeit erwartet hatte, als er Maren zum ersten Male in dies Allerheiligste ihres neuen Reiches einführtc. Und gedankt hatte sie ihm allerdings, gedankt mit herz lichen freundlichen Worten, aber nicht einmal ein flüchtiges Lächeln war auf ihrem blassen, unbeweglichen Gesicht erschienen, und nach einem kleinen Weilchen hatte sie mit wchmütlngcm Kopfichütteln hinzngefügt: „Das Alles ist viel zu schön für mich und zu reich! Ich weiß nicht, was ich mit diesen Dingen beginnen soll, sie würden mich nur ängstigen und bedrücken." noch nie bcrathen. — Das herabgerissene beschädigte Schild de? deutschen Konsulates in Havre ist jetzt ans französische Kosten wieder- hergestellt und in Gegenwart der Spitzen der Lokalbehörden von Havre neu befestigt worden. — Kriegs minister Freycinet übergab dem Berichterstatter des Hcercsbudgets, Ribot, den Voranschlag für die außerordentlichen Bewaffnungsanlagen, die 1065 Mill. Franken be tragen und natürlich ans mehrere Jahre vertheilt werden sollen; Ribot verlangt, daß ihm zur Prüfung dieses Voranschlags ein engerer Ausschuß beigevrdnet werde. England. In der ersten Verhandlung der aus Richtern be stehende» Commission des englischen Parlaments zur Untersuchung der von der „Times" gegen die irischen Abgeordneten vorgebrachten Anklagen beantragte der Anwalt NussA, der Vertreter der Ange- schnldigten, die Freilassung des Abgeordneten Nedmond, der wegen Widerstandes gegen das irische Ausnahmegesetz im Gefängniß sitzt, weil Redmvnd ein wichtiger Zeuge sei, ans dessen Vernehmung Ge wicht gelegt werde. Der Vorsitzende der Commission erklärte sich mit der Freilassung Rcdmonds einverstanden, stellte aber die Beding ung, daß Redmvnd während seiner Entlassung aus der Haft an keiner össentlichen Kundgebung theilnehmen dürfe. Rüssel erwiderte, Redmond wolle auf diese Bedingung nicht eingehe», werde also in Haft bleiben. Der Vertreter der „Times", Anwalt Webster, gab hierauf eine sehr lange Darstellung der von dem Blatte erhobenen Anschuldigungen, in welchen behauptet wird, mindestens ein Theil der irischen Abgeordneten, vor Allen: Parnell, seien Mitwisser der Verbrechen der Dynamitpartci und der Fenier. Zur Erhärtung dieser schwerwiegenden Behauptungen will Webster noch weiteres Zeugenmaterial Vorbringen. In England sieht man der Entscheidung mit cillseitigem Interesse entgegen. Fällt sie zu Ungunsten der Parnclliten aus, so wäre das ein sehr schwerer Schlag für die Sache der Irländer. Rußland. Der Zar wird seine asiatische Reise möglicherweise bis Merw, der Hauptstadt des Turkmencn-Landes, ansdehncn; da- Journal „Graschdauin" meldet wenigstens aus Baku, der Kaiser habe einer Deputation der Turkmenen seinen Besuch in Merw i» Aussicht gestellt. — Die Warschauer Gouvernements - Polizei kündigte allen ausländischen Pächtern russischer Majorate an, daß sie innerhalb 4 Wochen ihre Pachtungen russischen Unterthanen übergebe» und darauf unverzüglich das russische Gebiet verlassen müßten. Hier von werden vornehmlich Deutsche betroffen. — Die Ausfälle der panslawistischen russischen Presse gegen König Milan von Serbien überschreiten nahezu alles Maß und Ziel. So hat sich die „Nowoje Wrcmja" nicht entbtödet, zu schreiben, der König sei geisteskrank, seine Unterthanen brauchten ihm nicht mehr zu gehorchen. Die ser bische Regierung wird sich nunmehr beschwerdeführcnd nach Peters burg wenden. Die innere Lage in Serbien läßt freilich Manches zu wünschen übrig, um so mehr sollten aber solche schmutzigen Aus streuungen vermindert werden. Orient. Dem Vernehmen nach begiebt sich der zum Thron folger in Rumänien ansersehene zweite Sohn des Fürsten von Hohen- zollern, Prinz Ferdinand, Neffe des Königs Karl von Rumänien, demnächst nach Bukarest und wird dortsclbst zum Premier-Leutnant im 3. Infanterie-Regiment befördert werden. Amerika. In der kanadische» Provinz Manitoba ist ein harter Effcnbahnconflict ausgcbrochen. Die kanadische Pacific-Eisen- bahn verweigerte der Red-Rivcr-Bahn das Befahren ihres Geleises. Man fürchtet einen bewaffneten Zusammenstoß. Sächsisches. — Auch in diesem Jahre wird an der königl. Forstakadcmie zn Tharandt ein Lehrcursus für künstliche Fischzucht durch den Pro fessor Or. Nitsche abgehaltcn. Derselbe beginnt am 8. November und endet am 10. November. Es war eine herbe und schmerzliche Enttäuschung für Felix ge wesen, aber damals war seine Liebe noch stark genug, ihm darüber hin- wegzuhelsen. Er hatte seine Bitterkeit unterdrückt und hatte sich be müht, vnrch freundliches Zureden die thörichtc Laune zu verscheuchen. Schweigend und ohne Widerspruch halte sie ihm zugehört, aber sie hatte nichtsdestoweniger das prächtige Boudoir niemals in Benutzung genommen. JhrLieblingsaufenlhalt war das kleine, schmucklos einge richtete Fremdenzimmer geworden, dessen Fenster an der Hinlerseite des Hauses lag und einen weiten Ausblick bot auf endlose, öde, mit pärlichem Graswuchs bedeckte Sandflächen. Da konnte sic stnnden- ang sitzen, die Hände in dem Schooß gefaltet, und mit feuchten Augen chnsüchtig hinaus schauend in die trostlose Weite. Wenn ihr Gatte aus dem Atelier kam, odcr wenn sie durch eine häusliche Verrichtung abgerufen wurde, war sie stets srcnndlich und ruhig, und niemals ließ sie es an Aufmerksamkeit und Fürsorge für Felix' Wünsche und Bedürfnisse fehlen. Aber jenes endliche Hcrvorbrcchen einer wärmeren Empfindung, jenes Erwachen der Liebe, aus das er so sehnsüchtig harrte, cs stellte sich nicht ein, trotz seiner immer erneuten Versuche, ihr kaltes Herz durch die Gewalt seiner Leidenschaft zu beleben. Und diese Enttäuschung war nicht die einzige nnd nicht die schwerste, welche ihn in seiner jungen Ehe erwartete. Aber wenn er schon ür jene Maren nicht verantwortlich machen konnte, da sie ihre Pflichten getreulich erfüllte und da sie ihn niemals in: Unklaren gelassen hatte über die Natur ihrer Empfindungen, so durfte er ihr noch weniger eine Schuld beimcssen an dem mannigfachen Ungemach, das ihm ans der Thatsache dieser romantischen Heirath erwuchs. Was ic selber in ihrem einfache», klaren Verstände mit vollster Deutlich keit vvrausgcschen, und was sic ihm warnend wiederholt hatte auch an jenem Morgen, da sic sich bereit erklärte, seine Werbung anzunehmen, das ging nun in nur zn weitem Umfange in Erfüllung. Felix' Hoff nung auf die Vorurthcilslosigkeit der Berliner Gesellschaft erwies ich als ein grausamer Jrrthum, und cs war der peinvollste Tag seine- Lebens, als er zum ersten Mal die dcmüthigcndc Gewißheit gewann, daß man mit Geringschätzung auf sein schönes junges Weib hcrab- sah, und daß man ihn selber halb bedauerte, halb als einen Narren verspottete. Im Vertrauen darauf, daß Maren's schlichte, herzgewinnende Natürlichkeit und der feine weibliche Takt, welcher ihr gleichsam an geboren war, ans Andere nicht weniger cinwirkcn müsse, als auf ihn, hatte er kein Bedenken getragen, sich seiner Neigung und seinen Ge-
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