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Sächsische Dorfzeitung und Elbgaupresse : 05.08.1932
- Erscheinungsdatum
- 1932-08-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480533490-193208055
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480533490-19320805
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480533490-19320805
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Dorfzeitung und Elbgaupresse
-
Jahr
1932
-
Monat
1932-08
- Tag 1932-08-05
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Monat
1932-08
-
Jahr
1932
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Der Mensch ander» -je Ratnr Sensationelle Erfindung««: Lühe Lnpine« mettersefte Tomate», Roggenerute im J»»i. nikotinfreier Tadat. — rvv Millionen pro Jahr »erde» erspart. von Dr. Eberhard Herman«. » Wenn wir die Erfindunaen der letzten vier, zig Jahre chronologisch detrachten. können wir feststellen, daß sie meist technischer Natur sind. Flugzeug, Zeppelin, Maschinenbau, Chemie, Photographie — sie alle wurden verbessert; lediglich in der Landwirtschaft fand man wenig neue Mittel und Wege, um sich von der Natur abhängig zu machen. Europa hatte eben ge. niigend landwirtschaftliche Produkte, um sich zu ernähren. In Asien hatte man nicht ge- niigend Lebensmittel und so wurde dort schon weit mehr verbessert. Wenn man bedenkt, daß -er einfache chinesische oder japanische Bauer schon jahrzehntelang aus seinem winzigen Stückchen Acker einen Wundergarten machte, der dreimal jährlich verschieden« Ernten re», fen ließ, so kann man wohl behaupten, daß wir anderen Kulturvölker unsere Landr. trt. schäft vernachlässigt haben. Amerika war eS dann, das zuerst neue Wege beschritt, um die Erde ertragreicher zu machen. Zwanzig Jahre zu spät aber sah -rst Europa ein, daß es für seine Sandwirtschast auch etwas tun müsse. Wissenschaftler, Landwirt«, Forscher taten sich zusammen und versuchten den verlorenen Bo den wieder einzuholen. In Deutschland hat «S die „Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft" übernommen, und zwar in ihrem Münchebcrger Institut für Zllchtungsforschung, unsere Landwirtschaft zu heben. Mit Unterstützung des Reiches baut« man sich eine große Anstalt mit Mustergärten, Versuchsfeldern, Treibhausanlagen, Labora torien, Nöntgenzimmern und einem Muster gut. Der Leiter dieser Anstalt ist Professor Dr. Erwin Baur, der führende deutsche Fach- Wissenschaftler der Vererbungslehre. Da heute in -er allgemeinen wirtschaftlichen Ebbe weder ein Professor noch ein wissenschaft liches Institut der reinen Forschung ohne Ziel dienen können, so begann man hier mit der praktischen Lösung verschiedener Fragen. Man zerlegte sich das gesamte deutscheAckerbaugebtetin seine verschiedenen Anbaumöglichkeiten, dann richtete man sich «ine Liste der Importartikel ein und endlich rechnete man sich aus, welche Mittel -er Staat ausgab, um in irgendwelchen Arten zu helfen. Und bann begann man mit der Tätigkeit, di« man Jahr« danach mit dem neuen Schlagwort „Rationalisierung" belegte. Es würde Mich im Rahmen einer längeren Arbeit zu weit führen, wenn man sämtliche Arbeiten -eS Instituts anführen würde. So mögen hier nur die Ergebnisse Raum finden. Also nochmals kurz zusammengefaßt: Es sollte versucht werden, ob es unS nicht mög lich wäre, Lie ungeheuer große Ziffer der ein geführten landwirtschaftlichen Produkte herab zumindern und außerdem die inländischen Er zeugnisse — z. T. wenigstens — exportfähig zu machen. Ein (Gebiet war -er deutsche Weinbau, der völlig durch Reblaus und Meltau rntermi- niert ist. Wenn wir nicht jährlich fast 80 Millionen Mark -nr Des infektion ausgeben würden, könnte man die Beeren zäh len, die zur Reife gelangten. Diese Mtllionen- auSgabe versucht das Institut auszuradieren, da 80 Millionen Belastung den deutschen Wein cxportunsähig machen. Man holt« sich aus aller Welt Rebsämlinge und pflanzte die in Müncheberg an. Jedes Jahr werden vier Mil lionen junge Triebe angesetzt, die nach einer gewissen Zeit mit Meltau infiziert werden. 90 und mehr Prozent der Pflanzen gehen ein und nur wenige Sämlinge werden erhalten. Mit diesen restlichen Pflanzen experimentiert man und versucht — wenn auch nicht mit die- sen, so doch mit ihrer Enkelgeneration — «ine Reb« zu züchten, die völlig immun gegen diele beiden Krankheiten ist. Wenn di« Versuche auch etwa 50 000 Mark pro Jahr kosten, so ist doch eine Gewähr vorhanden, daß die verauS- gabte Summe sich schon in wenigen Jahren be zahlt machen wird. Die bisherigen Resultate ergaben «ine erbsengroße Frucht, die wenig wohlschmeckend ist — aber völlig immun blieb. Durch neue Kreuzungen kann man aber große und wohlschmeckende Beeren ziehen. Einen großen Erfolg hatte man bet Lupi- nen. In Mitteleuropa kennt man fast überall diese Futterpflanze. Leider ist die Lupine aber bitter, so -aß sie das Vieh nicht frißt. Nachdem man viel« Sorten durchgeprüft hatte und auch verschiedentlich kreuzte, hat man eine „Süß- lupin«" gefunden, die im Kraut kräftiger ist und vor allem süß wie Klee schmeckt. 800 Mil lionen gibt Deutschland pro Jahr für Kraft- futter aus und diese enorme Summe kann in Zukunft fast eing«spart werden. Unzählig«, die sonst glatt Lurch Len Strom LeS Lebens schwammen, sind schon an den Klip- pen -er Liebe zugrunde gegangen. Go auch der deutsche Fremdenlegtonär Häußler. Immer hatte «r allen Gefahren seines an Abenteuern überaus reichen Leben- trotzig -t« Stirn ge- boten, aber die Liebe vernichtete ihn. Er floh in -en Tod, weil er aus seiner Tragödie k«i- nen Ausweg mehr wußt«. Fern Ler Heimat, unter Ler glühenden Wüstensonne Afrika- «r- schoß er sich und nahm auch seine Geliebt« mit in das Nirwana. In irgendeiner Schenke Marokko- lernt« der deutsche Legionär Lie Frau kennen, di« ihm zum Verhängnis wurde, an deren übergroßer Liebe sein Leben scheiterte. Schwer war der Dienst, um so besser schmeckte -er Tropfen am Abend. Eine heißblütige Zigeunerin sang Lie der ihrer Heimat und tanzte. Ihre Blicke nahmen Häußler gefangen. Er begehrt« das glutäugige Mädchen. Aus der Bekanntschaft wurde Freundschaft und aus -er Freundfchaft übergroße Liebe. Auch die Zigeunerin glaubte, ohne den deutscheu Legionär nicht «ehr lebe« zu können. Jeden Abend sah mqn -a- Paar. Nur Ler Wüstensand hat die Worte aufgefangen, die sich die beiden zuraunten. Dann kam aber plötzlich -er Befehl, -aß Häußler abreisen mußte. Es hieß Abschied nehmen. Mercedes, so hieß die Zigeunerin, weinte, bis sie sich entschloß, Häuß ler zu begleiten. Die beiden waren unzer trennlich. Mercedes war bei Lem Legionär. Sie er trug alle Reisestrapazen, wanderte tagelang ohne zu ermüden, kletterte die schmalen un gefährlichen Pfade des AtlasgebtrgeS hoch, schleppte sich durch die Wüste, immer schlich sie dem Legionärtrupp nach. Abends ging sie dann in Las Zelt -es Geliebten. Zuweilen holte sie ihre Kastagnetten hervor und tanzte. Tanzte mit Leidenschaft und brachte Häußler in Lte- besraseret. Das schöne Mädchen war auch einem fran zösischen Leutnant aufgefallen. Er warb um Der Karlosfelda« krankt bei «uS »or allem daran, daß die Frucht zu spät reis wird, so daß wir für tO Millionen pro Jahr impor tieren müssen. In Müncheberg hat man Kar- tofselarten au- -er ganzen Welt und sucht jetzt nach einer guten Frühkartoffel, die 8 Wochen eher reif ist. Auch hier hat man schon Erfolge. Roggen hab«n wir übergenug. Durch schlechte Sachkenntnis -er Lan-wtrtschafts- kammer wurde versäumt, den deutschen Roggen neu zu gestalten, daher müssen jährlich Millio- nen zur Roggenstützung au-gegeben wer den. Prof. Baur plant folgende-: Roggen muß weniger gesät werden. Auf dem bisherigen Noggenboden werden wir Weizen säen, den wir bisher importieren mußten. Ich werde einen Roggen finden, der auf dem schlechtesten Boden wächst und vor allem einen Monat früher schnittreif ist. Weizen werden wir verbessern so daß er auf dem bisherigen Roggenboden wächst. Also auch Weizen auf leichtem Boden. Dieser letzte Versuch ist geglückt und konnte vor wenigen Wochen an eine größere deutsche Gesellschaft verkauft werden. In anderen Produkten arbeitet man natür- lich auch. Tomaten reifen wir, die auch b«i Frost nicht erfrieren. Topinambur — «in« kar- toffelähnltche Pflanz« — hat man ebenfalls in großen Mengen gesetzt, um «ine neue Kar sie, aber sie blieb kühl und wie- ihn ab. Häuß- ler erkannte, daß er «inen Rivalen bekommen hatte, der sehr gefährlich werden könnte. Nicht daß er um Mercedes fürchtete, nein, er war sich nur darüber klar, daß er gegen Len Leut- nant nicht ankämpfen konnte. Dienst ist Dienst und Befehl ist Befehl. Der Leutnant schickte Häußler in gefährliche Gegenden. Ueberall wo Kämpfe stattfanden, war Häußler Labet. Immer kehrte er jedoch mit heil«r Haut heim. Der Leutnant wollte -en Legionär in -en Tod schicken. .Häußler wußt« -teS, für ihn gab eS nur «ine Möglichkeit: die Flucht aus Ler Le gion. Er wollte sich nicht in -en To- schicken lassen, «r wollte leben und Mercedes lieben. Die beiden flohen. Tie Zigeunerin kannte alle Wege. Wie eine Katze erkletterte sie steile Anhöhen. Der Leutnant hatte Spürhunde auf de« Deserteur gehetzt. Die Verfolger holten sie aber nicht ein. Tage- und wochenlang trieben sich Häußler unL Mer- cedes herum, sie sangen und tanzten in den marokkanischen Dörfern, aber über die Grenze kamen sie nicht. Die Gendarmen hatten ihre Steckbriefe erhalten. AIS -ie Flüchtling« in der berüchtigten nor-afrikanischen Legionär stadt Meknes angekommen waren, wußten sie. baß eS für sie kein« Rettung mehr gab. Häuß- ler, der längst Zivilkletdung trug, ging mit Mercedes in ein vornehmes Hotel und mietet« sich ein Zimmer. Der deutsche Legionär bereitet« -en geplan- ten LiebeSto- sorgfältig vor. Zunächst kaufte er wunderbare Blumen, -ie er auf die Betten legte. Mercedes mußte sich einig« besonders schöne Blumen in ihr Haar stecken. Di« Zi geunerin legte sich angekleidet auf da- Bett und wartete auf den Tod, auf -en Schuß, den Häußler abfeuern wollte. Der Legionär hatte cs aber auch nicht so eilig wie Mercedes. Er schrieb zuerst Abschiodsbriefe, dann wusch un- kämmte er sich. Jetzt ging er zu Mercedes, umarmte sie, gab ihr -en letzten Kuß. Blitz- schnell zog er -ie Legionärswaffe hervor, er- schoß Mercedes und -ann sich. tcffelfrucht zu ziehen, die mehr ^ranfuttn gibt. Im Obstbau hat ma« ne«e Kreuzungen ge» schasse«. So mit Himbeeren and Bro», beere«, Lie in einer Einheit ganz vorzüglich schmecken. und auch die Verbindung von schwarzen Jo- hannisbeereu mit Stachelbeeren führte zu einer neuen wohlschmeckenden Frucht. Im Erd- beeranbau sand man nach langen Versuchen eine neue hochgezüchtete Frucht mit Ananas- geschmack, Walderdbeerenaroma, rosa leuchten- dem Fletsch und größerer Dimension. Bei Apfel und Birne, Pflaume und Pfirsich hat ma» durch Pfropfungen neue Stämme ziehen können, die ebenfalls den großen Obstimport vermindern werden. In der Baumschule hat man sich vor allem der Pappel angenommen, di« io Mitteleuropa am Absterben war. Man will hier nicht nur den Baum erhalten, son- Lern versucht auch neu« Stämme zu züchte«, deren Wachsvermögen um 50 Prozent gestei- gert werden soll. Ferner hat man nach lange» Versuchen ei»e Tabakzucht errichtet, i» ber völlig nikotinfreie Pflanze» Herauwachse«. Auch diese Versuche haben schon in ihren An- fangsstadien Erfolge zu verzeichnen, so daß - auch auf dem Gebiet -er Entgiftung neu« Wege gefunden wurden. Zum Schluß sei noch aus eine andere Futterpflanze hingcwiesen, die ma« ebenfalls entgiftet hat, und zwar auf Le» Steinklee, Ler t« feiner neuen Art füß, säure- frei und kräftig ist. Selbstredend sind Liese Erfolge nicht in ein oder zwei Jahren erwachsen. Biel Mühe un- Arbeit war mit jedem sichtbaren Erfolg ver- knüpft. Allerdings hat die Pflanzenzucht den einen großen Vorteil, daß man bet guter Pfleg« zwei Blüten pro Jahr sich ziehen kann und nicht wi« bet ähnlichen Versuchen an Mensch oder Tier Jahrzehnte warten muß. So wie das Meerschweinchen in der Medizin als Versuchsobjekt dient, so dient daS Löwenmaul- chen in der Botanik als „Bersuchskarnickel". Weit Über 40 000 verschiedene Löwenmäulchen sehen wir hier draußen stehen, um an ihnen alle neuen Versuche anstellen zu können. Jeder Topf hat «ine Nummer mit genauer Bezeich- nung, so daß «in Irrtum von vornherein aus- geschlossen ist. Leider — und das soll an dieser Stelle gesagt sein — gibt eS keinen Pflanzen schutz, so daß man alle neuen Erfolg« ohne wei. teres nachahmen kann. Daher blüht auch im Institut -ie Spionag«, di« von vielen östlichen Ländern in g«raöezu überwältigendem Maße betrieben wird. Ziehen wir «tn«n Schlußstrich unter die Er folge und unter die Erfahrungen, so können wir zuversichtlich in Li« Zukunft schau««, -en» im Wundergarten von Müncheberg wird die Natur Lem Menschen unterjocht und völlig ge- fügig gemacht. — -7 , .V MIM -er MM NM Opernhaus vis mit ro. August geschlossen. Schauspielhaus Bi- mit 20. August geschloffen. Die Komödie Sonnabend Der Meisterboxer. VB: 521 bi- 550. BBB. Gr. 1: 2601—2700. Residenz-Theater Täglich 8 Uhr: VarietL Central-Theater Sonnabend l4 u. ^S): BarietL MM« Mi »MW UMküIMM TragSdie tu ber afrik«uische« Wüste. — Der Legionär nn» bi« Zige»»eri». Amie Kanne Lorvin Erzählung von Barbra Ring. Einzige berechtigte Uebersetzung aus dem Nor wegischen von Cläre Greverus Mjöen. Copyright by Georg Müller u. Albert Langen, München 1930. 16 Aber Anne Karine war unartig. Eie amü sierte sich, ja freute sich geradezu darüber, baß Einar Bersin ein schlechter Schauspieler war. So boshaft war sie geworden — und noch dazu gegen ihren besten Freund. Zur Generalprobe wurden einig« Freunde und Verwandte der Mitspielenden -ugelaffen. Leutnant Bersin hatte Oberstleutnant» mit Anne Karine eingeladen. Zufällig saßen sie ne ben Slagstrup und dem General. Anne Karine war -um erstenmal in ihrem Leben im Theater. Sie folgte in gespannter Auf- merksamkeit dem ersten Stück bis zu dem Punkt, wo Mibe und Eulalia sich in die Arme fallen. Sie konnte nicht recht glauben, daß alle» nur Spiel sei. Der General fragte sie näch ihrer Meinung. „Ich finde es zu komisch, daß all die Men schen im Stück so blödsinnig dumm sind," sagt« Anne Karine. „Wir merken doch immer, wie alles zusammenhängt. Aber die merken gar nichts und sind dann ganz überrascht, wenn das passiert, was wir die ganze Zeit über gewußt haben." „Sie haben wahrhaftig recht, Fräulein Kari. Aber so sind nun mal Theaterstücke", lachte der General. Slagstrup beugte sich vor und bedauerte, daß Fräulein Corvin nicht unter den Auftreten- den sei. Sie würde sicherlich der Rolle eine ge wisse Originalität hinzugefügt haben, sagte er mit etwas ironischem Läch«ln. Anne Karine sah dies Lächeln. Eie wandte sich zu ihm und antwortete wütend: ,;Sie wären gewiß besserer Schauspieler gewesen. Ich weih sehr gut, daß der Doktor mich vorgeschlagen hat, und daß Sie es hinter trieben haben. Sie sind ein boshafter Mensch, das weiß die ganze Stabt. Niemand kann Sie leiden." Und äußerst zufrieden mit der Salve, die sie abgefeuert hatte, drehte Anne Karine dem Kan didat den Rücken zu. Dieser stand hastig auf, — mit purpurrotem Kopf, machte eine steife Ver beugung und verschwand, — doch hörte er ge rade noch, wi« der General zu Anne Karine sagte, das geschähe dem Burschen ganz recht. Frau Torvinia war entsetzt. Man müsse sich beherrschen können, sagte Frau Torvinia, und seine Sympathien und Antipathien nicht allzu deutlich an den Tag legen. Aber Anne Karine fand, sie sei in ihrem Recht. „Was hat man denn für Vergnügen an seinen Freunden, wenn man gegen sein« Feind« ebenso nett sem soll", sagte sie. Und darin ga ben der General und der Oberstleutnant Anne Karine recht. Es würde sicher keinem einfallen, sie als Freund zu betrachten, den sie nicht lei den könne, lachte der General. Nun hob sich der Vorhang vor dem zw«iten Stück. Bersin sang mit warmen hübschem Vortrag seine Liebeserklärung. Und Amtsrichter, Anna antwortet« mit dünnem, zittrigem Sopran, daß ihr Herz Bersin gehöre, aber daß ihre stolze Mutter wollte, sie solle den alten steinreichen Großhändler heiraten. Worauf Bersin Anna an sein Herz drückte und sie bat standhaft zu sein, er wolle die Sach«' schon machen. Und ka mst küßte er seine Braut auf die Stirn. Anne Karine wurde blutrot. Ihr war da» peinlich. Sie hatte noch nie einen Menschen geküßt. Bei Vater und Onkel Mandt war da» nicht Sitte, und als Tante Torvinia es einmal versucht hatte, hatte Anne Karine sich so deut lich zurückgezogen, daß Tante Torvinia es für die Zukunft aufgegeben hatte. Sie ärgerte sich. Sie war wütend auf Ber sin, auf Anna. Auf die ganze Bande. Und als dann das Stück mit einem Glückseligkeitsduett zwischen dem eng umschlungenen Pärchen en dete, war Anne Karine in rasender Laun«. Leutnant Bersin kam zu ihnen und fragte, wie sie sich amüsiert hätten. Ann« Karine, schob das Näschen in die Luft, übersah Bersin total und marschierte zum ungeheuren Er staunen des Leutnants aus dem Saal. Zu Hause erklärte sie, Theater sei Mumpitz. Kein« -ehn Pferde kriegten sie morgen in di« Vorstellung. Die Rote könne ihr Billett ha ben, oder eins von den Mädchen. „Wie du willst, mein Kind," sagte Tonte Torvinia fllasam. Anne Karine war höchst er staunt. Sie hatte Widerspruch erwartet, — und daß sie gezwungen werden würde hinzugehen. Eie sagte Gute Nacht und ging hinauf. Eie schmiß da» Kleid aufs Bett, setzte sich hin und bürstete ihr Haar. Plötzlich warf sie die Haar bürste auf die Erde. „Donner und Doria, Donner und Doria," sagte sie wütend. E» war ihr ein Genuß, etwa» zu tun, was Einar Bersin nicht mochte. Aber al» Anne Karine nach oben gegangen war, sagte der Oderstleunant, es ginge doch nicht an, daß Anne Karin« morgen nicht mit ginge. „Sei unbesorgt, mein lieber Dietrich. Anne Karine geht", sagte die erfahrene Frau Tor- vinla. Und Anne Karine ging. Aber als der Vor hang vor dem -weiten Stück aufging, drehte Anne Karine demonstrativ der Bühne den Rük- ken zu und studierte die Wanddekorationen im Hintergrund de» Saales, bis der Vorhang wieder fiel. Der Oberstleutnant fand ihr Benehme» gräßlich. „Ich langweilte mich", sagte Anne Karin«. „Sagtest du mir nicht einmal, daß du dich nie langweiltest, Kari?" sagt« der Ä>erstleut- nont. „Na ja, einmal muß eben des erstemal sein. Und es war ein unpassendes Stück", sagte Ann« Karine mit einer Mien« wie Frau Torvinia selbst. Der Oberstleutnant lachte mehr, als ihm aut tat, über Anne Karines plötzlich« Strenge in be zug aus das Passende. Da» Theaterspiel hatte die Geselligkeit zu neuem Leben angefacht. Ein paar Tage drauf, als ein neuer heftiger Schneefall kam, wurde eine große Schlittenpartie für Alte und Junge arrangiert — nach Baren, einem Bauerngut, wo man einkehren konnte. Leutnant Bersin machte Besuch und lud Anne Karine ein, seine Dame zu sein. „Danke." Anne Karine hatte sich schon einem andern versprochen. Sie wolle die „Jungfrau" selbst fahren, ihr Onkel wolle nicht mit. Eie war verdrießlich u. einsilbig, schob das Näschen ln die Lust und be handelte den Leutnant wie Lust. Er fragte sie, was denn passiert sei. „Ich bin bös«. Eehen Eie bas nicht? Jetzt können Sie gehen. Ich will meine Arbeiten ma- chen", sagte Anne Karine. Leutnant Bersin wurde heftig. Was war denn das für ein Benehmen, das das Mädel sich in letzter Zeit angewöhnt hatte, — sie waren doch immer so gute Freunde gewesen? Er fan- wahrhaftig, er hatte sich Anne Karine gefällig erwielen, wo und wann er Gelegenheit gehabt hatte. Fortsetzung folgt.
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