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Sächsische Dorfzeitung und Elbgaupresse : 01.07.1932
- Erscheinungsdatum
- 1932-07-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480533490-193207014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480533490-19320701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480533490-19320701
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Dorfzeitung und Elbgaupresse
-
Jahr
1932
-
Monat
1932-07
- Tag 1932-07-01
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Monat
1932-07
-
Jahr
1932
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as. «« Demrtzanig de« L<leg«chh«i «ff Lise«bah»reift«, soweit der Zugfunk, d. y der unmittelbare Nachrichtenaustausch mtt fahrenden Zügen, nicht in Bewacht kommt, wird vom 1. Juli an weiter erleichtert. Rasende in Schnell- und Eil-Ügen könne« dann bei den Zugbegleitern TÄegrammr auher nach Orten in Deutschland auch nach den meisten fremden Ländern Europa« oufgeben. Die Telegramme müssen in offener Sprache abgesagt sein, dürfen nicht mehr al» 14 Gebührenwörter entölten und keine besonderen Vermerke wie RP^ LT. usw. tragen An Gebühren werden runde Einheitssätze erhoben, die unter Zu grundelegung der Wortzahk 14 für jedes Land nach dessen Wortgebühren^ und unter Einrechnung eine« Zuschlag« von 20 Rpf. je Telegramm für die Aufgabe im Zuge festgesetzt sind. Ein Telegramm nach einem Ort in Deutschland kostet aHo (14 X 15) -s- 20 Rpf. — 2,30 RM. Lele- grcrmme an Reisende in Schnell- und Eil zügen werden — ebenfalls vom 1. Juli an —, wenn sie der Telegvammzustekler nicht am Zuge dem Telegrammempfänger aushändigen kann, dem Zugführer oder einem Zugschaffner übergeben, damit der Zugbegleiter die Anbringung im Zuge weiter versucht. Bisher mutzte eine solche Ersatzzustellung durch den gebührenpflich tigen Dienftvermerk — FSZ. — besondere verlangt werden und war zu bezahlen; künftig geschieht sie von Amts wogen. Solche Telegramme unterliegen also nur noch dem Zuschlag von 20 Rpf^ wie er allgemein für jedes Telegramm erhoben wird, das an einen Ersen bahnreisenden unterwegs zugesteltt werden soll. gS. GrüuduuD einer Internationale« Aka» -einte in Meitze«. Im Herbst wirb auf Schloß Siebeneichen eine International« Akademie deutscher Sprache für Studierende fremder Nationalitäten eröffnet. Ohne international oder kollektivistisch zu sein, soll die neu« Aka demie die internationale kulturelle Verstän digung fördern. Aus aller Welt Riesiger Waffe«fchm«ggel an der West grenze. Scho« seit Monaten wußte man, -aß an der -eutkch- «ie-erlürr-ifche« Grenze nicht nur Kaffee, Zigaretten usw. in »«glaubliche« Me«ge« geschmuggelt wurde, sonder« daß sogar ganze Lastautomobile mit Wassen, vor allen Dinge« Revolvern, «ach Deatsch- land heremgeschmuggelt wurde«. Diese Waffen sollen vor allen Dinge« a«s den Waffenfabrike« vo« Lüttich ««d Um gebung stamme«. Sine ganze Bande von 15 bis 20 Mann betreibt dieses a«schei- «end sehr lukrative Geschäft vo« Holland aus, wohl« die Waffe« vo« Lüttich ans geschafft «»erde«, «m nachher «ach De«tsH- land gebracht z« werden. Nachdem die niederländische Polizei schon vorher sig nalisierte Lastantoo aus Furcht vor Ex- plofioue« nicht anzuhalten wagte, find jetzt bei einer Razzia sechs der Schmugg ler gefaßt worden. Indessen steigt die ^ahl der Todesopfer in Deutschland täg- Geheimnisvolle Brandstiftungen in Schulen. Berlins Volksschulen werden seit einigen Tagen von mysteriösen Brand stiftern heimgesucht. Nachdem in den letz waS sich ihnen in den Weg stellte, mit- rissen. Die Straßen find tief aufgewühlt. Sehr stark hat die Frucht auf dem Feld gelitten, so daß kaum noch mit einer Ernte -u rechnen sein kann. In Rödern wurde durch Blitzschlag ein lanowtrtschaft. Uches Anwesen vernichtet. Der Besitzer und fein Personal konnten nur das Meb retten, wahrend alles andere ein Raud der Klammen wurde. Bruno Kastner f. Einer der belieb testen deutschen Filmschauspieler vergan- aener Jahre, Bruno Kastner, hat feinem Leben ein Ende bereitet. Er wurde gestern in seinem Hotelzimmer in Bad Kreuznach erhängt aufgefunden. Das Motiv der Tat dürfte in wirtschaftlichen Sorgen zu suchen sein. Nach erstaunlicher Filmkar- riere war Kastner mit Beginn des Ton films^ rasch in Vergessenheit geraten. Er kehrte zu seinem ursprünglichen Berufe des Buhnenschauspielers zurück, erlitt aber in letzter Zeit eine ganze Reihe Fehlschläge. Zurzeit befand er sich auf einer Bäoertournee. Devifeuschmuagler feftgeuomme«. Im D-Zug Düsseldorf—Amsterdam wurde gestern früh kurz vor Nymwegen ein Devisenschmuggler feswenommen. Man fand bei ihm 18 000 Mark in Tausend markscheinen. „Kollegen!" Während der Enthüllung eines Grabdenkmals auf dem Zentral, friedhof in Wien gab Professor Schneider von der Wiener Universität auf den neuen Rektor -er Universität, Professor Sl-el, mit dem Rufe: ,Hetzt wollen wir endlich abrechnenl" einen Schuß ab, -er je-och sein Ziel verfehlte. Als er zum zweitenmal schießen wollte, wur-e er von dem neben iym stehenden Bürgermeister Seitz daran verhindert. Professor Schnei ¬ ten Tagen die Feuerwehr ungefähr fie- benmal in verschiedenen Schulen Groß. Berlins eingrenen mußte, wur-e sie gestern nachlnittaa wiederum zweimal, nach Friedenau und nach Steglitz, gerufen Der Steglitzer Brand mußte mit zwei Zügen bekämpft werden. Der Befun- hat einwandfrei ergeben, daß e» sich um Brandstiftungen handelt. Auf die Wand tafel in -er einen Schule hatten die Brandstifter die Worte geschrieben: Rot Front, alles muß brennen. Alngzenaabstnr-. Am Donnerstag gegen 20 Uhr stürzte das Flugzeug Gelsenkir chen—Rotthausen in der Nähe des Schwarzdaches beim Nehmen einer Links kurve aus einer Höhe von 70 bis 80 Meter ab. Das Flugzeug, dessen Spitze sich in den Erdboden bohrte, wurde vollkommen zertrümmert. Aus den Trümmern wür ben die beiden Insassen schwer verletzt geborgen. Nächtliches Motorbootunglück, In der Nähe von Grünau ereignete sich um Mit- ternacht ein schweres Motorbootunglück Auf der Dochme sank in der Nähe des Restaurants Marienlust plötzlich ein mit sechs Personen besetztes Motorboot. Bon den Insassen konnten eine Krau und zwei Männer geborgen werden. Die Frau, die das Bewußtsein verloren hatte, starb wenige Stunden nach der Bergung. Zwei Männer und ein Kind werden ver mißt. Schwere Sewitterschäde« i« Hunsrück. Ueber dem Hunsrück ging am Donners tag ein schweres Gewitter nieder, das von wolkenbruchartigem Regen und Hagel schlag begleitet war. Besonders Brauns horn wur-e schwer betroffen, wo Lie Dorsstraßen bis zu 50 Zentimeter von den Wassermassen überflutet wurden, die alles, Kundgebung für den Vauspargedanken Im Rahmen der diesjährigen Tagung des Reichsverbandes deutscher Bauspar kassen e. B. fand am Donnerstag im ehemaligen Herrenhaus in Berlin eine öffentliche Kundgebung für den Bmispar- gedanken statt. Namens der preußischen Staatsregierung wünschte der stellvertretende preußische Ministerpräsident Dr. Hirtsiefer der Tagung und der Bausparkassenbewegung in seiner Begrüßungsansprache guten Erfolg. Man könne im großen sagen, daß die Bausparkasse die schwere Krisenfest ohne starke Einbußen bestehe. Das beweise, daß noch Spargelder und Sparwille im Volke vorhanden seien, welch letzterer bereit sei, sich herauszmoagen, wenn die Ersparnisse sicher angelegt würden. Den Kassen er wachse darum die Pflicht, mit diesen Geldern sorgsam umzugehen. Es sei not wendig, im Interesse das Vertrauens des Volkes, im Bausparkassenweisen die Spreu vom Weizen zu sondern. Der Minister setzte sich besonders für die Erstellung von Eigenheimen in Gestalt von Einfamilien häusern ein, die allerdings möglichst preis wert ohne nachträgliche Ueberteuerung er richtet werden sollten. Der Preis dürfe möglichst nicht über 5000 RM. betragen. Darauf hielt das yeschästsführende Vor standsmitglied des Reichsverbandes deutscher Bausparkassen, Verbandsdirektor Dr. Wage- laar, einen Dortrag über die Aufgaben und Wege der Bausparkassen. Der Redner führte u. a. aus, daß sich die Bauspar kassen, die aus der Not der Zeit geboren seien, von Anfang an die Aufgabe gestellt hätten, Wohnungsmangel, Wolmungsnoi und Wohmmgselend durch organisierte Selbsthilfe im Wege des gemeinschaftlichen Sparens zu beheben. Ihr Ziel sei es, möglichst jeder deutschen Familie ein Eigen heim mit Garten zu verschaffen. Diese Bestrebung bedeutet Abwendung von der Mietskaserne. Aus der vom Rerchsverband deutscher Bausparkassen geführten privaten Statistik ergebe sich, daß die privaten Bausparkasse,» bis Ende Mai 1932 rund 500 Millionen RM. der deutschen Wirt schaft als Bausparzahlungen zur Verfügung gestellt hätten. Der Redner äußerte sich dann zu den Schwierigkeiten, die der Bausparkassenbewegung in der Oeffentlich- keil entstanden seien. Es werde unvermeid lich sein, daß» sobald der notwendige Be» reinigungspreyeb abgeschlossen sei und sämt liche Bausparkassen zugelassen seien, sich die übrigbleibenden, die man dann als zuverlässig ansprechen könne, in einem ein zigen Verbände zusammenschlössen, um ihre volkswirtschaftliche Aufgabe erfüllen zu können. tan- mit» der wurde sofort sestgenommen. Er scheint in einem Anfall geistiger Umnachtung gehandelt zu haben. Professor Schneider sagte bet seiner Vernehmung, er empfinde keinerlei Reue und es tue ihm leid, daß die Kugel LaS Ziel verfehlt habe. Er habe Professor Abel deshalb ermorde» wollen, weil dieser seine Berufung auf eine -er beiden ordentlichen Lehrkalizel» der Zoologie hintertrieben habe. Wäh. rend des Verhörs zog Professor Schneider? ein Schriftstück aus der Tasche, das au» t drei Schretbmaschtnenseiten bestand und auf dem er seine Rechtfertigung schriftlich vor Verübung des Anschlags medergeleat hatte. i Baukierebepaar verübt Selbstmord. Ter 50jährige Bankier Moritz Bettelheim hat, wie aus Budapest gemeldet wird, gemein, sam mtt seiner Gattin Selbstmord verübt. Bettelheim erschoß sich, seine Gattin stach' durch Gift. Der Selbstmord bat in Buda- pest großes Aufsehen erregt, denn eS Han- Leit sich um eine bekannte Familie; v. war Inhaber Ler Bankfirma Bettelheim L Krauß, die vor einiger Zeit in Ltgut-, dation geriet. Wieder politischer Martz ft, Sofia. «» Donnerstagnachmittag ist wiederum et» politischer Mord auf offener Straße in Sofia verübt worden. Auf dem Platz zwischen dem Nationaltheater und -em Kriegsurinisterium wurde -er Lehrers Christoff von -em Makedonier Tamschoss erschossen. Der Mörder wurde festgenom. men und erklärte bei dem Verhör, daß er Christoff irrtümlich erschossen hcwe. Er sei vielmehr beauftragt gewesen, den make. donischen Abgeordneten Marmeff ein ehe. maliges Michlied des makedonischen Na tionalkomitees und früheren bekannte» Revolutionär, zu erschießen. Polnische Hungersnot. Sogar das Dik. taturregiment PilsudskiS konnte es nicht verhindern, daß sich jetzt das polnische Kabinett allen Ernstes mit außeroröent- lichen Notständen unter der Landbevölke rung -er weißrussischen Wojwo-schasten und denen von Oschalizien zu befassen bat. Die Bauern haben kein Korn mehr, da sie alles in der letzten Ernte verkau fen mußten, so -aß die Regierung beson dere Ernährungshilfen, vor allen Dingen Mehlverteilungen, vornehmen muß. Schweres Sise«baLuu«glück. Nach einer Meldung aus Hamilton stieß in Ler Nähe von Trenton im Staate Ohio ein Per sonenzug mit einem Krachtzug zusammen. Bisher wurden acht Tote und zahlreiche Verwundete geborgen. Wieder blutige SLmpfe tu Bo»-«,. In Bombay kam es am Donnerstag wie der zu blutigen Kämpfen -wischen Hin dus und Mohammedanern, wöbet, zwölf Personen getötet und rund hundert ver wundet wurden. Obgleich die Polizei aufs schärfste einschritt und sogar viermal auf die Menge Salven abgab, nehmen die Unruhen ihren Fortgang. In dem be- troffenen Stadtteil ist jeder Verkehr lahmgelegt. Sämtliche Geschäfte sind ge schlossen. Luftschiff ^Los Angeles- außer Die»st. In Lakehurst wurde mit einer kunen Abschiedsfeierlichkeit Las Luftschiff ,FoS Angeles" auf Grund -es Sparprogramms -er amerikanischen Regierung vorläufig außer Dienst gestellt. 0op7ligbt 1030 d/ Karl Köhler L Lo^ Berlin-Zehlendorf. IS) (Nachdruck verboten.) »Rose, wenn er so reich wäre, baß er das Schloß zu einem Liebhaberpreis gekauft hat, was mir die hvhnverschleierten Worte des alten Hertling beinahe bestätigen könnten, dann werde ich nicht so viel bieten können, es ihm wieder abzujagen. Zudem, wenn er Liebhaber solcher Sachen ist, gibt er den Besitz sowieso nicht mehr heraus, denn gerade Schloß Rahorft besitzt in bezug auf Altertum und historische Begebenheiten hohen Wert." Rose sah das alles ein und das machte ihre ohnmächtige Wut nur noch größer. Sie stampfte mtt dem Fuße auf. „Papa, du mußt es doch erreichen. Suche doch den Mann auf. Biete, biete, biete! Schließlich verkaufen wir eben Lank witz. Was sollen uns diese Güter alle. Aber Rahorst müssen wir Haden um jeden Preis." „Zu dem Schluß war ich bereit» drüben gekomnwn, Rose. Nun bin ich froh, daß du auch so denkst wie ich. Och werde also jetzt zu Hertling fahren, um endlich zu wissen, wo der Ausländer wohnt. Und dann werde ich sofort mtt ihm verhandeln. Auf schub duldet die Sache schon gar nicht. Soll ich euch etwa» mit- dringen, vielleicht von Borchert? Er bot mir neulich verschiedene Delikatessen an. Und auch vorzügliche Schokoladen." „Wir haben noch", sagte Rose, eh« die Mutter noch etwas sagen konnte, „halte dich nicht mit solchen Sachen auf, Papa, e» steht wichtigeres auf dem Spiel." Hallern verabschiedete sich und eine Halde Stunde später fuhr schon der große Sechssitzer davon. Rose stand am Fenster und sah dem Wagen nach. Ohre spitzen weißen Zähne bissen knirschend aufeinander. Alles stand auf einer Kaste. Und wenn es ihrem Pater nicht gelang, den Ausländer zum Rücktritt zu bewegen, bann würde sie niemals die Gattin Klaus Ullrich von Rahorsts werden. Roses Hände krallten sich um da» Fensterkreuz. Eine ander« Klaus Ullrich» Gemahlin? Niemals durfte da» sein. Eie mußte ihn besitzen, koste e», was es wolle. Rose wandte sich um. Ihre Blick flackerte durch» Zimmer. In ihrem Innern gärte wilde Wut, und plötzlich griff Rose nach dem kostbaren Blumenarrangement, da» aus dem Tisch stand und da» gestern einer ihrer eifrigsten Verehrer, der Baron Plessen. gesandt. Rose ergriff den Kord und schleuderte ihn mitten in» Zimmer. Die furchtbare Nervenspannung mußte sich entladen Dann ging sie hinaus. Frau von Hallern sah bedauernd auf die schönen Blüten. Lauter kostbare Treibhausblumen waren es. Schade, sie waren noch so frisch gewesen. Sie stand aus, sah sich scheu um, ob keiner der Diener in der Nähe sei und bückte sich bann, um die Blumen aufzuheben und sie mit zu sich hinüberzunehmen. Wahrhaftig, Rose war ganz wie ihr Vater, heftig und aufbrausend, maßlos im Haß und Zorn. Man kam damit nicht immer weit, aber sie würde sich hüten und ein Wort sagen. Man Höste ja doch nicht aus sie. Überhaupt diese ganze Geschichte mit den Rahorsts! Sehr angenehme Men schen waren da» nicht. Viel zu stolz waren die, und Frau von Hallern wußte ganz gut, daß in den dunklen Augen de» Grafen oft genug versteckt ein höhnisches Lächeln lag. Warum Rose sich nun gar so benahm wegen dieses ver schuldeten Grafen, verstand sie wirklich nicht. Du lieber Gott, freilich war er ein begehrenswerter Mensch, aber es gab doch noch andere seine« Schlages. Zum Beispiel eben gerade der Ba ron Plessen! Aber den mochte Rose nicht. Warum aber mochte sie ihn nicht? Er war schön und elegant, viel liebenswürdiger wie Rahorst, und er hatte immer Zett für die Damen von Hallern. Frau von Hallern seufzte. Die Welt war doch zu närrisch heute. Das war früher ent schieden besser gewesen. Nun, sie würde nichts ändern und sie wollte es ja auch gar nicht. Frau von Hallern verfügte sich in ihr Zimmer. Eie wollte mit der Dienerschaft nicht viel zu tun haben, denn sie hatte da» Empfinden, als lache auch die sie au». So blieb sie still in ihrem Zimmer, las den neuesten Roman von Hazi Birch und knabberte dazu Konsett. Konfekt machte zwar dick, sagte Rose, doch wenn man nicht mal mehr essen sollte, wa» man gerade wollte, dann konnte ihr das ganze bißchen Le ben gestohlen bleiben. Rose ober ging in den Gasten hinunter. Gan- sauber und sorgfältig war alles angelegt. Jeder Weg, jeder Winkel war für den Beschauer -urecht gemacht. Es gab keinen alten, verwunsche nen Winkel, wie im Park von Rahorst. Ueberall war das Zu- rechtgemachte, da» keine recht« Gemütlichkeit aufkommen ließ. Die zwei großen Jagdhunde ihre» Vaters gingen ihr scheu aus dem Wege. Sie fürchteten die Schläge mit der Peitsche, die sie schon ost von dieser Hand erhalten hatten. Rose aber beachtet« heute die Tiere gar nicht. Lässig nickend erwiderte sie den Gruß des Gärtners. Er sah ihr nach und es glomm wie Haß in seinen Augen auf. „Hochmütige Kreatur, wie ich es dir gönne, daß du nicht als Herrin in Rahorst einzleden wirst." Ganz heimlich war Peukert au» Rahorst bei lhm gewesen und hatte ihm freudestrahlend mitgeleilt, wa» sich ereignet hatte. Die zwei Getreue« hielten zusammen, denn der Gärtner war einst auch diele Jahre in Rahorst tätig gewesen, ehe man ihn dost entlassen mußte und er als Gärtner nach Dudenhofen in die Dienste der Hallern» kam. Rose von Hallern ging tiefer in den Gasten hinein. Eie wählte den Weg an dem hohen, grünen Zaun, der aus Eisen- städen mit vergoldeten Kuppen bestand und an dem hinauf sich bunte Blumen rankten. Rose sah nicht die Schönheit dieses Sommerlager. 8n ihr war noch immer eia ungeheurer In grimm über das Schicksal, da» ihren selbstherrlichen Wünschen entgegenzutreten gewagt hatte. Sie wußte ja ganz genau, wie ablehnend man ihnen in der ganzen Nachbarschaft gegenüber stand, wenngleich man sie mit den Einladungen nicht überging. Ader Rose spürte, wie man im Grunde genommen einen Block für sich bildete und mißtrauisch nach Dudenhofen sah, wo sich der reiche Fabrikdesitzer eingenistet hatte. Und sie hatte über den Dünkel der Leute gelacht. Weil sie wußte, daß Geld die größt« Macht war. Und bisher hatten sich ja auch letzten Endes alle dieser Macht gebeugt. Nur Klaus Ullrich von Rahorst nicht! Rose stöhnte plötzlich wild aus. „Ich gönne ihn keiner anderen, ich muß ihn selbst besitzen.* Ein kleiner Vogel in grün-grauem Kleid äugte mit schiefem Köpfchen nach ihr hin und zwitscherte dann aus voller Kehle. Rose nahm keine Notiz davon. Ihre Gedanken suchten den Vater. Was würde er erreichen? „Gnädige» Fräulein, ich bin entzückt, Ihnen so früh schon begegnen zu dürfen." Ein lachendes Männergesicht war Rose zugewandt, als sie sich erschrocken umsah. „Ah, Herr Baron! Und schon aus einem Morgenritt? Da» lasse ich mir gefallen." Rose hatte sich schnell in der Gewalt, trat an den Zaun und reichte dem Daron Plessen die Hand hindurch, di« er feurig küßte. Eie plauderten ein Weilchen von diesem und jenem. Dann meinte der Baron unvermittelt: „Denken Eie nur, Gnädigste, Graf Rahorst hat sein Schloß verkauft. Ein sonderbarer Heiliger muß dieser Käufer übrigens sein. Er will nicht hier wohnen, sondern er zahlt dem Grafen ein sehr hohes Gehalt, damit der hier weiter wohnt und nach dem Rechten fleht. Ulkig ist so etwas, meinen Eie nicht auch?" „Warum? Es ist ein Glück für den Grafen Rahorst. Schließlich wäre es ihm eben doch nicht so ganz leicht geworden, von seiner Heimat sostzugehen", sagte sie, so ruhig es ihr mög- lich war. Sie täuschte aber den Baron nicht. Triumphierend dachte der: „Und es wurmt dich doch ganz ungeheuer, daß du dir m" deinem Gelbe den Grasen nicht einsangen konntest." (Fortsetzung folgt.)
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