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Sächsische Dorfzeitung und Elbgaupresse : 12.05.1932
- Erscheinungsdatum
- 1932-05-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480533490-193205124
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480533490-19320512
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480533490-19320512
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Dorfzeitung und Elbgaupresse
-
Jahr
1932
-
Monat
1932-05
- Tag 1932-05-12
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Monat
1932-05
-
Jahr
1932
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Aus dem Lande — Ch«««itz Z« den SrwerdSlosenn«r»-ea. Bekanntlich war bei Len Zusammenstößen am Sonnabend »wischen demonstrierenden Er werbslosen und Ler Polizei Ler 38 Jahre alte KPD.-An-ehürige Karl Müller durch einen Schuß tödlich verletzt worden. Die Komm», nisten hatten anläßlich der Beerdigung Mül- lerS zu einer großen Trauerkundgebung auf- gerufen. Im Anschluß daran sollt« eine Trauerdemonstration stattftnden. Dies« wurde vom Polizeipräsidium mit Rücksicht auf die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung verbot«». — JnHarthau kam eS am Man- tag verschiedentlich zu Ausschreitungen Er- werbSloser. Unter kommunistischer Führung fanden sich vor dem Rathaus zahlreiche Er- werbSlose ein, Lie für Weiterzahlung der bis- herigen Unterstützungssätze demonstrierten. Die Menge zertrümmerte die Scheibe der Rathaus- tür«. Mehrer« Erwerbslose drohen in das Rathaus ein, um die Forderungen der Ar- bettslosen vorzubringen. Da die OrtSpoltzet gegen di« Menge machtlos war, mußte ein star- keS Aufgebot Landespolizei aus Chemnitz her beigerufen werden. Die Menge zerstreute sich erst, als die Beamten vom Gummiknüppel Gebrauch machten. — Auch in Mittweida kam es am Montag zu Zusammenstößen zwi schen Erwerbslosen und der Polizei. Die Be amten mußten, da sie mit Briketts beworfen wurden, vom Gummiknüppel Gebrauch machen. Sechs Personen wurden verhaftet. — Unter Bezugnahme auf die blutigen Zusammenstöße in Chemnitz haben die Kommunisten im Land tag einen Antrag eingebracht, der die sofor- tige Entlassung des Polizeihauptwachtmeisters Lohse verlangt, Ler bekanntlich den Befehl zum Schieben gegeben hat. Weiter verlangt der Antrag die Suspendierung -er übrigen beteiligten Polizeibeamten zur Klärung ihres etwaigen Verschuldens. — Chemnitz. Auch daS »Scho- verboten. In Ergänzung der Meldung über das Verbot des kommunistischen »Kämpfer- wird noch berich tet, daß auch Lie im gleichen Verlag erschei nende Zeitung »Das Echo" bis zum 31. Mai aus denselben Gründen verboten wird. Das Verbot umfaßt auch die im gleichen Verlag er- scheinenden Kopfblätter der genannten Zeitun gen, sowie jede angebliche neue Druckschrift, die sich sachlich als die alte darstellt, oder als ihr Ersatz anzusehen ist. — Chemnitz. 75 Jahre höhere Fachschule für Textilindustrie. Die sächsische höhere Fach schule für Textilindustrie konnte am 11. Mai auf «in 75jähriges Bestehen zurückblicken. Aus diesem Anlaß sind der Anstalt zahlreiche Glück- wünsche von nah und fern zugegangen. In Anbetracht -er gegenwärtigen Wirtschaftslage wird von größeren Festlichkeiten Abstand ge nommen. Es soll nur eine Gründungsfeier in kleinem Kreise stattfinden. — Flöha. Die Rot der BezirkSverbände. In Anwesenheit von Kreishauptmann Dr. Grill«, Chemnitz, und Amtshauptmann Dr. Oesterhelt, Flöha, fand in Zschopau ein Be- zirkStag der Amtshauptmannschaft Flöha statt, der sich vor allem mit dem Haushaltplan für 1982/83 beschäftigte. Der ordentliche Haushalt- plan schließt mit einer Mehrausgabe von 88 000 Mark ab, während der Bezirksfürsorge- Etat eine Mehrausgabe von 578 800 Mark und der Sondcrhaushalt für -ie Krisen- und Wohlfahrtsfürsorge «ine Ausgabe von rund 8 Millionen Mark vorsteht. Wie Amtshaupt, mann Dr. Oesterhelt ausführte, sei die gesamte Fürsorge in Frage gestellt, falls nicht vom Reich in allernächster Zeit eine Aenderung der ErwerbSlvsensürsorge vorgenommen werde. In der Aussprache wurde der Etat allseitig ab gelehnt. ES wurde eine von -er bürgerlichen Arbeitsgemeinschaft etngebracht« Entschließung angenommen, in der von Reich und Staat so- fertige Maßnahmen zur Sicherstellung der Vf- fentlichen Fürsorge und -ie sofortig« Ueber- nähme der Arbeitslosenfürsorg« auf Reich und Staat gefordert werden. — Glaucha», vcnwr-eiterst retk. Infolge der Tartfstrettigketten haben auch di« hiesigen Bau- arbeiter die Arbeit niedergelegt. Dadurch find auch -ie vauarbeiten am letzten Bauabschnitt der Muldenflutrtnne »um Stillstand gekom- men, ebenso der Bau der großen Eisenbahn- brücke im Zuge der Verlegung der Mulden- talbahn am Glauchauer Bahnhof mit all den -amit zusammenhängenden umfangreichen Erd- bewegungSarbeiten. — Hoheusteiu-Erustthal. Gemeiner Die-, stahl. Zum dritten Male wurde das auf dem Pfaffenberg gelegene Rosarium, der Stolz unb üie Freude unserer Einwohnerschaft, von Die ben hcimgesucht, die niedrige und hochstämmige Rosen mit den dazugehörigen BambuSstäbchen entwendeten. Wenn di« Diebereien kein Ende nehmen, steht sich der hiesige Rosenverein, der Träger des Rosariums, gezwungen, -aS Ro sarium zu schließen. — Leipzig. Wieder ei» Le-e«Smit1el-efchLfi geplündert. Wie -aS Polizeipräsidium mitteilt, drangen gestern mittag etwa sieben bis acht jung« Burschen im Alter von SO bis 22 Iah- ren in das Lebensmittelgeschäft von Schade L Füllgrade an der Ecke Babelsberger- und Kreuzstraß« ein und richteten an den Berkäu- ser -ie Aufforderung, ihnen Lebensmittel zu geben, -a sie Erwerbslose seien. AIS ihrem Verlangen nicht entsprochen wurde, erscholl der Ruf „Holt die anderen rein-. Es betraten hierauf noch etwa acht Burschen -aS Geschäft, -ie sich sofort mit an der Wegnahme der frei -aliegcnden Waren beteiligten. Mit ihrer Beute verließen die Täter fluchtartig das Ge schäft. Auf -er Straße zerstreuten sie sich nach allen Richtungen und entkamen, «he die Po- lizei von dem Ueberfall in Kenntnis gesetzt werden konnte. Den Tätern fielen etwa 65 Pfund Wurstwaren und mehrer« Dosen Oelsardinen in die Hände. Die sofortig«» po- lizetlich«» Ermittlung«» waren bisher ohne Erfolg. — Obergurig. Die Strompreis-«»»«-»«- i« der Lausitz. Am Montag fand hier eine Ver sammlung der Kleinstromabnehmer von Groß- postwitz und Umgebung statt, die stark be- sucht war. Es wurde beschlossen, den Kampf um die Senkung Ler Stroniprerse auf politisch neutraler Grundlage zu führen. Es wurden erneut gefordert Wegfall der Zählermtete unL Strompreisermäßigung um 50 Prozent. Falls den Forderungen nicht stattgegcben werden sollte, werden die Kleinstromabnehmer vom 1. Juni ab in den Lichtstreik treten. — Pleißa. Dachs von wilderuden Hund«« zerrissen. Im hiesigen Revier wurde ein Dachs aufgefunden, -er während -er Nacht von wil dernden Hunden buchstäblich zerrissen worden war. Der Vorfall hat unter den Jag-berech- tigten um so mehr Empörung ausgelöst, als man erst vor einiger Zeit -ie seltenen Dachse im Pleißaer Jagdrevier wieder angesiedelt unL bisher in der schonendsten Weis« g«hegt hat. — Wurzen. Sin Radfahrer angeschofse«. Ein Arbeiter aus Schönau im preußischen Kreis Torgau wurde mit schweren Verletzun gen in das Torgauer Krankenhaus «tngeliefert. Er gab an, sich auf dem Wege von Wurzen nach Hause befunden zu haben und bei der Fahrt mit dem Rade durch das Dorf Groß- zschepa angeschossen worden zu sein. Bei seiner Untersuchung fand man eine Kugel, die -ie Lunge getroffen hatte. Woher -er rätselhafte Schuß gekommen ist, konnte bisher noch nicht ermittelt werden. — ZwiLa«. Tod«Sst«rz »tt d«« Fahrrad. In -er Nacht »um Dienstag wurde aus der Staatsstraße t» EberSbrunu -er öSjährtae Bergtnvaltd Paul Bachman» aus Planitz neben seinem Fahrrad tot aufgefunden. Er hatte den im Bau befindlichen Straßentetl be- fahren, wobei «r gegen einen Kraftwagen, anhänger gestürzt war und eine» Schädelbruch erlitten hatte. — Zw««ka«. Tragischer Unfall. Die hier wohnende Frau Klug« sah im Garten ihres Hauses beim Fällen eines Baumes zu. Dabet mußte die Frau rasch rückwärts trete», fiel über verschiedene Gegenstände hinweg und schlug mit dem Nacken auf einen Eimerrand. Kurze Zeit später ist die Verunglückte an den Folgen de- Sturzes gestorben. Zndustrie, Sandel «nd Verkehr Die Aktien der norwegischen Zündholzwerke verschwunden Wie au- Oslo gemeldet wirb, ist daS ganze Aktienpaket sämtlicher norwegischer ZünLyolz- sabrtken — vier an der Zahl — spurlos ver schwunden. Die Zündholzwerke gehören zum Kreugerkonzern, und die Vermutung lag nahe, daß Kreuger -te Aktien der Fabriken vielleicht als Faustpfand irgendwo deponiert hat. Die Untersuchung der Kreuger-Afsäre hat ab«r nichts dergleichen ergeben. Seit einigen Tagen lasten nun interessiert« norwegische Kreise, die die Aktien gern für Norwegen erwerben wollen, in sämtlich«» europäischen und ameri kanischen Banken nach dem Aktienpaket for schen, ohne daß eS bisher gelungen wäre, ihm auf die Spur zu kommen. Dresdner Börse vom 11. Mal. Tendenz: uneinheitlich. Auch heute wieder kam eS zu den größten Umsätzen in festver zinslichen Werten, unter denen vor allem die 7-iige Dresdner Gtadtanleihe von 1926 in teressierte, di« nach etn«r Steigerung um OH Prl t nur beschränkt zugeteilt werden konnte. Im übrigen verlangte man w«tterhin Deutsche RetchSanlethe Althesitz, die OH Prozent unL Dresdner AblüsungSschuld mit AuSlosungs- recht, Lie L Prozent stiegen. Am Markt der DtvidenLen-Paptere Sam eS nur zu wenigen nennenswerten Berschtobungen. Berliner Börse vom 11. Mai. DaS Geschäft war sehr klein, -um größten Teil traten Kursverluste ei», lediglich einig« Spezialitäten hatten Kurserhöhungcn aufzu- wetsen. Erst im wctt«ren Verlauf setzte sich eine freundlichere Tendenz durch auf Groß bank-Käufe in SiemenS-Aktien und auf Nach frage in Altbesitz. Bet kleinem Geschäft konn ten I. G. Farben im Verlauf 1 Prozent ge winnen. Von der Siemens-Befestigung konn ten auch die anderen Werte des Elektromarktcs profitieren. Chade gewannen 3^ RM. Kunst- scidewerte gewannen erneut, Aku plus 295, Bemberg plus 1AN. Von den sonstigen In- dustriewerten ermäßigten Schultheiß ihren Kurs um 195, Dortmunder Untonbrauerei gaben 2A her. Reichsbankanteile tendierten etwas schwächer. Am Schisfahrtsaktienmarkt waren Nord-. Lloyd gefragt. Die Tendenz des KastamarkteS war wieder uneinheitlich; Hypothekenbanken lagen weiter im Angebot. Großbankaktien waren vernach lässigt. Der Rentenmarkl lag, von einigen Aus nahmen abgesehen, ruhig. Die Kurse konnten sich überwiegend behaupten. De« Geldmarkt zeigte eine weitere Ent spannung. der Tagesgeldsatz ermäßigt« sich auf 5NH, Privatdiskonte unverändert 4^^5. Berliner Devisennotierungen vom 11. Mai. 100 holl. Gulden - 170,78 <G.), 171,12 <Br), 100 franz. Franken 16,605 bzw. 16.045, 100 Lire 21,69 bzw. 21,73, 100 schweizer. Fran ken — 82 27 bzw. 82,43, 100 österr. Schilling — 49,05 bzw. 50,05, 100 schweb. Kronen -- 78,92 bzw. 7V,OS, 100 tschech Kronen — 12,46V bzw. 12,485, 100 Belga'- 59,14 bzw. 59,2S, 1 Dollar — 4M9 bzw. 4^17, 1 Pfund Sterling — IL^L bzw. 1L,49. v«rlt«er Pr,-»kte»«Mrkt »«» 11. Mat. Befestigt« Haltung. Am Mittwoch zeigten die Mühlen an der Berliner Produktenbörse wieder Kaufintercste, bei ausreichendem Wetzenangebot am Loko markt blieb aber di« amtlich« Notierung um verändert^ Roggen konnte am Promptmarkt um 1 RM. anziehen. Im Terminhandol be festigten sich in Weizen die vorderen Stäüen, am Roggenmarkt gaben di« späteren Termin« etwas nach Hafer stetig. DaS Mehlgcsä-Lst war schleppend Wetzen 278—7ö, Roggen Al bt» 208, Braugerste 186—99, Futter-erste 178 bi» 18V, Hafer 164—69, Weizenmehl 88-S6HV, Rvggenmohl 25 80—27,7V, Weizenttet« 11H0 bi» 11,90, Roggenkl«te 9,75—10L5, Btkt.-Erbie« 17—28, kl. Speiseerbsen 21—24, Futtererbse« 15—17, Peluschken 16—18, Ackerbohnen 15—17, Wicken 16—18, Lupinen, blau 10—11H0, gelb« 14—1VH0, Serradella 28—84, Leinkuchen 107g, Trockcnschnitzel 9, Sojaschrot 10,70—11,40, «ar- toffelflocken 16-16,40. Chemnitzer Produktenbörse »o« 11. Mat. Tendenz: ruhig. Weizen 277 bis 282. Rog. gen 218 bis 217. Sandroggen 221 -iS 228. Sommergerste 195 bis 205. Wint«rgerste 19k bis 200. Hafer, alter 162 bis 170. Weizenmehl 44. Roggcnmehl 82. Wetzenklete 11. Roggen, klete 11,25. WiesenHcu, lose 7,75. Getreide stroh. drahtgepreßt 5. * Helfenberg. Chemische Fabrik Helf««ber- A.«G. vorm. Engen Dieterich. Im Berichtsjahre hat -ie Gesellschaft ihre BorratSaktten im Nominalbeträge von 884 600 RM. etngezogen und zur Abrundung nom. 59 400 RM. erworben, DaS Aktienkapital wurde dann mit Genehmi gung der außerordentlichen Hauptversammlung vom 8. Dezember 1931 auf 2 900 000 RM. herab gesetzt. Aus dieser Transaktion ergab sich ei» Agiogerbinn von 42110 RM., der Lem orbent- lichen Reservefonds überwiesen werden soll, der dann somit 200 000 RM. betragen würde. Der Reingewinn beträgt nach 47 201 (i. B. 82 424) RM. Abschreibungen 245 483 <266 925) RM., der wie folgt verwendet werden soll: 6 Prozent Dividende auf die Stammaktien <8X Pro-, i. B.) 172 560 <249 509) RM., 7^ Pro-. Dividende aus die Vorzugsaktien 1800 RM., Ueberweisung an den gesetzlichen Reservefonds 55 899 <14 000) RM., Bortrag auf neue Rechnung 15178 <1616) RM. Ueber die Entwicklung des neuen JahreS ist eS schwer, irgendwelche BorauSsagen zu machen, doch kann unter Berücksichtigung der derzeitigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Ge schäftsgang aller Abteilungen bisher im laufen- den Jahre als gut bezeichnet werden. Ein Kriegsgefangener kehrt zurück Am Mittwoch kehrte nach 20jShriger Abwesen heit von Dresden der Sohn der in Dresden wohnhaften ArbeiterSwitwe Anna Wolf, der ehemalige Kriegsgefangene Alfred Wolf, au» Rußland zurück. Wolf fiel 1915 in russische Ge fangenschaft. Nach Lem Umsturz in Rußland, arbeitete er bei einem Bauern, dessen Tochter er 1924 heiratete. Erst 1930 konnte Wolf, der seit 1915 für vermißt galt, über LaS deutsche Konsu lat in Moskau erfahren, daß seine Mutter in Dresden noch am Leben sei. Nach langem Brief wechsel gelang eS ihm, die Ausreiseerlaubnis für sich, seine Frau und seine 5 Kinder zu erhal- ten. Wolf und seine Angehörigen wurden bet ihrer Ankunft auf dem Dresdner Hauptbahnhof von Len Vertretern mehrerer Behörden begrüßt. Kreuzwege der Liebe. Ortgtnalromau von Betty Wehrle-Genhart. Copyright by Carl Duncker Verlag, Berlin W 62. 88. Susanne suhr sich über die Stirne, als wollte sie ein quälendes Traumbild wegscheuchen. Wieder, wie schon io oft, fühlte sie eine geheimnisvolle Unruhe in ihr. Nicht grübeln — nein! Wie hatte Tante Lu gesagt? „Jürg Holten wird dich schützen vor allen Stürmen des Lebens.." Ja, die alte Frau hätte recht. Sie mußte diese Zeilen in weiser Vorahnung geschrieben haben. Und sie, Susanne, wollte nicht mehr zweifeln und überlegen. Sie wollte dein Fingerzeig der Verstorbenen folgen. „Bei Jürg war sie in treuester Hut . . Da ward leise die Türe geöffnet. Tante Holten stand auf der Schwelle. Susanne verstand die stumme Frage im Blick der alten Dame. „Bringe ihn mir nur, deinen Jürg," sagte das junge Mädchen befangen. Und er, der hinter der Tür diese Worte gehört hatte, trat hinter der Mutter ins Zimmer. Er zog die seit so vielen Iahen Heißersehnte an seine Brust, preßte seine Lip pen ans den goldenen Scheitel und flüsterte in seinem tiefen Glück „Susanne . . . Susanne . . . wie soll ich dir auch dan ken Sie lehnte an seiner Brust, wortlos. Ihr war, als sei fie bisher in der Irre gewandert und hätte sich nun in die Heimat zuriickgesunden. Und Tante Lus letzte Worte flogen ihr durch den Sinn: „Ein Segen, der aus dem Jenseits kommt, weiht Euern Bund . . ." G Harry Ihorn wars Pinsel und Palette hin — er hatte leichte Schritte auf dem Kiesweg gehört, sie war also zurück von ihrer Reise und kam zu ihm — endlich! Und da stand sie auch schon auf der Schwelle Sie schau ten sich in die Augen und jedes sand, daß sich Las andere verändert hatte seit dem legten Leisammcnieln. „Wollen vre arbeiten. Susanne, oder darf ich an meiner Madonna weitermalen? Ich wäre dankbar, wenn Sie mir heute eine Sitzung gewähren würben. Sie sehen, das Bild ist fast fertig, nur mit dem Ausdruck der Augen bin ich noch nicht ganz zufrieden." Wortlos legte Susanne Hut und Mantel ab, löste ihr Haar und setzte sich zurecht Forschend ruhten seine Augen auf ihr. „Susanne, was ist Ihnen heute? Sie sind doch nicht krank?" „Nein, nein . . widerlegte fie schwach lächelnd seine besorgte Bemerkung, „vielleicht noch etwas müde von der langen Reise." „Da darf ich Sie eigentlich nicht anstrengen. Aber der Ausdruck Ihrer Augen — da ist die leise Schwermut, die ich schon immer für meine „Mater dolorosa" suchte. Schel ten Sie mich keinen Barbaren, wenn ich Sie trotz Ihres Abgespanntseins bitte, jnir eine kurze Stunde zu widmen." Harry Thorn begann fieberhaft zu arbeiten. Susanne verharrte regungslos in der gewohnten Stellung. Was war ihr nur? Ihr Herz klopfte so stark, daß sie meinte, der ganze, große Raum müßte davon erfüllt sein. Und müde war sie .... so sterbensmüde. Es begann schon leise zu dämmern, al» Harry Thorn seine Palette weglegte. Tief aufatmend drehte er sich um. „Fertig!" Susanne trat neben ihn und betrachtete das Bild. Sie war so ergriffen, daß sie keine Worte fand. Sie wußte, hier hatte der Maler wohl das größte Kunststück seines Lebens geschaffen. Er nahm ihre Hände und zog fie an seine Lippen. „Susanne . . . Susanne ... wie soll ich Ihnen dan- ken?» Sie erbebte. Dieke selben Worte hatte vor kurzer Zeit ein anderer zu ihr gesprochen. Der. dem sie sich zu eigen gegeben hatte auf Lebenszeit . . . „Die Sitzungen haben mir ja so viel Freude gewacht, Meister Wohl noch nie hat mich ^»hr Können so sehr er schüttert." Sie sprach gepreßt, iah icheu an ihm vorbei. „Und nun muß ich Ihnen noch eine Mitteilung machen. Sie . . . Sie kennen ja Jürg Holten. Ich ... ich habe mich . . ." Sie stockte. Da sah er fie an. Endlos . . . stumm .. . Fahle Blässe überzog sein Gesicht Sie senkte die Wimpern unter seinem Blick. In ihr weißes Gesicht stieg dunkle Glut. Da packte ihn jäh ein« fürchterliche Gewißheit. „Susanne," würgte er heran». Heftig ergriff er ihr« linke Hand und sah . . . Da schrie er auf, wie ein waidwunde» Tier. ..Susann« . . . Susanne . . ." Lr wars sich nieder vor ihr. preßt« sein Gesicht in die Falten ihre» Kleide» und schüttelte sich in tränenlosem Schluchzen. Eie aber schaute mit Augen, in denen ein neue«, herr liches Licht brannte, auf ihn nieder. Ein Gefühl, bas fi« bisher nie gekannt, durchbrauste fie. Leise lösten sich die Schwingen ihrer Mädchenseele und ließen ein zur Liebe er wachte» junge« Weib zurück . . . Und diese Liebe brach durch mit elementarer Gewalt, kannte keine Schranken, keine Dämme. „Harry!" Sie jubelte wild auf und schlang ihre Arme um seinen Hals. . . . Harry . . . warum habe ich dir dies getan?" Er hielt fie in seinen Armen, küßte fie wie ein verdur stender. „Verzeih . . . verzeih . . .". schluchzte fie. „Ich weiß ja erst jetzt, daß ich dich liebe. Nie hätte ich sonst dem andern mein Wort gegeben. Ich will mit ihm lprechen. Er ist io gut. Ich weiß, er gibt mich wieder frei. Und dann bin ich dein . . . dein . . ." Wieder wollte fie ihren goldenen Kopf an seine Brust schmiegen. Er aber — al» sei er aus einem Traume er wacht — wandt« sich plötzlich ad von ihr. Sie folgte ihm nach, mit angstvollen Augen. „Kannst du mir denn nicht vergeben. Harry? Glaubst du nicht, daß ich wieder alles gut machen will ?" Höre auf. Susanne" stöhnte er. Zaubere mir nicht Zukunitskilver vor die Augen, welche sich niemals verwirk lichen können." (Zollletzung »olgt)
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