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Nr. H5. — 8. JaliiMill,. Sächsischer Der jeden Wochentag Abend (mit Datum de- folgenden Tages) zur Versendung gelangende „Sächsische LanvcS-Anzcigcr" mit täglich einem besonderen Unter- haltungsblatte und mit dem Extrabciblatt Lustiges Bilderbuch kostet bei den Ausgabe- stellen monatlich70 Psg., bei de» Post-Anst. ?5 Pst (1888er Ztgs.-Preisliste Nr. 6035.) Für Abonnenten erscheint je einmal imJahr: Lomnier-Ciseubaliufuhrglaubcft für Lachsen. Wiuttr-Eiseulnihufabrvlaubctt für Sachsen. Illnstr. Kalender des Sächsische» Laudbotcn. JllttstrirttSJahreSbuchdcsLaudc^AuzcsgcrS. -Anfkiaer mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Nuparteiischo tägliche Zeitung für Sachsen nnd Thriringen. Somlabcud, 19. Mai 1888. »nzelgenml-deS „Süchs. Lander-Anzeiger»"-. Raum einer schmale» Eorvn-zeile 16 Pfa. Bevorzugte Stelle (Isvalt. Petitzeile) 30 Ps. BeiWicdcrholunggrosierNmioncenRabatt. Bei Bestellungen von Auswärts wolle man JnsertionSbetrag (inBriefmarken) beifügen <jeKSilbonCorpusschrist bilden ca. 1 steile.) Ainioncenannabme mir bis Vormittag. Ltllnln MMtt Me. Büchdrnckcrei. Cliemnitz. Tbealcrstratze 6 (Fernsvrechstelle Nr. 138). Telcgr -Adr.: Landes-Anzeigcr, Chemnitz. Mit täglich cmcm besonderen 4. Sächsisches TtUcilei — Uttterhliltnugsblntt: i. kleine Botschaft — 2. Sächsischer Erzähler — 3. Sächsische Gerichts-Zeitung 5. FUnsirrrtes Nnterhaltnngsblatt — 6. Sonntagsblatt — Ertra-Beiblatt. Lustiges Bilderbuch. Für den Monat Juni nehmen die Ausgabestellen in Chemnitz nnd Um gegend zum Preise von 7" Psg. <die Postaustaltcn zu 75 Psg.) Abonncmcnts- Bcstellnngen auf den Sächsischen Landes-Anzciger entgegen. Der Sächsische Landes - Anzeiger ist in der deutschen Post-Zcitnngs- Preisliste unter Nr. 5035 (in der üstcrrcichischen unter Nr. 2307) eingetragen. Allen Abonnenten wird vollständig gratis als Extrabcigabe geliefert: Eisenbahn-Fahrplanhcft für Sachsen (Sommer-Halbjahr 1888). (Gütig vom 1. Juni 1888 ab.) Diese" Eisenbahn-Fahrplanhest ist in Umschlag geheftet »nd enthält in sauberem deutliche» Druck die Fahrpläne sämmtlichcr Strecken des sächsischen Eisenbahn-Netzes nebst den Anschlüssen sowie mit Angabe der Entfernungen nnd der Fahrpreise. Preis dieses Hestes sür Nicht-Abonnenten 20 Psg. Ferner erhält jeder »eubeitrclende Abonnent, welcher die Abonnements- Quittung (Post-Abonnenten wollen lO-Pfg.-Marke sür Porto beifügen) direct an die BerlagS-Exvcdition cinscndct, vollständig gratis geliefert: 1. Jknstrirter Kalender für 84 Seiten 4" mit Oeldrnckbild, Almanach. linlendarinm. Märkle-Verzcichnisi: rcich-illnstrirtem unifaugrcichen humoristischen lsheil ».fesselndenErznhlnngkn. (PreiSstNlcht-Abvnnenten lOPlg.) 2. DeS Sächsischen LanScö-Nnzeigers Jllnstrirteö JahreSbnch für irrst«; t>4 Seilen qr. 8" mit Nlnianach und vielen Erzählungen nnd Bilder». (Preis sür Nicht-Abonncnte» 40 Psg.) Abermalige» zahlreichen Beitritt neuer Abonnenten erbittet die Verlags Expedition deS Sächsischen LandcS-AnzcigcrS. Ni» Berwechslnirgen zu vermeiden, werden Post-Abonnenten ersucht, vci Bestellung frenttdlichst genau zu verlangen: de» in CheMNit; erscheinende» „Sächsischen Landes-AnMger" (Nr. 5035 der Post-ZeitungS-Preisliste). Telegraphische Nachrichten. Vom 17. Mai. Wien. Die „Pvlit. Corr." meldet: Am 8. Mai entsprangen einundzwanzig schwere Verbrecher aus dem montenegrinischen Gc- fängniß in Grmvschnr ans einer Insel des Skutciri-Sces »nd begaben sich angeblich nach den »vrdalbancsischen Berge». Tags zuvor der schwanden ans der Umgebung voll Antivari acht herzcgvwinische Flüchtlinge, welche seit Jahre» in Montenegro auf Staatskosten er halten werden, darunter die berüchtigten Bandcnführcr Kovacevic nnd Jllic. Man vcrmuthct, daß beides insccnirt worden ist, um die Bildung von Banden in der Herzegowina zu ermöglichen. Budapest. Die Konferenzen bezüglich der Orientbahnc» sind abgeschlossen- In Betreff des Personenverkehrs ist ein Ucberein kommen getroffen worden, dcingemäß nach Kvnstantinvpcl und Salonichi direkte Fahrkarten ansgegeben werden und die Grnndtax per Person und Kilometer für die erste Klasse 14, für die zweite Klasse 10,6 und sür die dritte Klasse 7 Centimes betragen soll. Be züglich des Waarcnvcrkehrs ist infolge Widerstandes der serbischen Slaatsbahncn keine Vereinbarung erzielt worden, lieber Belgrad hinaus sind daher weder direkte Tarife noch direkte Frachtenanfgabcn möglich. Vorläufig ist ein Orient-Exprcßzng jede Woche in Aussicht genommen, doch ist derselbe von den türkischen Bahnen noch nicht zugcstaiidcn. Bukarest. Aus der Moldau wird der Grcnzübcrtritt zahl reicher ans Rußland vertriebener Jadensamilien in^iiitleidciiswerthei» Zustande gemeldet. Madrid. Zahlreiche Telegramme bestätigen, daß die Königin Maria Christum in Barcelona einen enthusiastischen Empfang ge sunden hat. Die etwas empfindlichen Katalonier haben cs sehr übel vermerkt, daß der französische Delegirte, General de Berge, bei der Ankunft der Königin nicht auf dem Bahnhof war. Die spanische Marine wird den Offizieren des in Barcelona versammelten inter nationalen Geschwaders ein Diner von ungefähr 1000 Gedecken geben. Berlin, 18. Mai, 11 Uhr Vormittags. Nach dem heute früh 8 Uhr ausgegebenen Bulletin ist der Kaiser in den letzten Tagen ganz fieberfrei gewesen, die Schling beschwerden sind fast geschwunden, das Allgemeinbefinden ist so befriedigend, dah der Kaiser eine» grasten Theil des Tages im Freien zubringt. Die Kräfte nehmen sicht lich zu, die Eiter-Absonderung wird geringer. Suzon's Ende. Von Emil Peschkau. Fortsetzung. Nachdruck verboten. „Und hast nie etwas verrathen davon? Nie das Bedürfniß gefühlt, den Drang, Deiner Knnst zu lebe»? Was für neue Räthsel — ich kann Dich nicht verstehen, Vater." »Ja, ja — ich verbarg es gut. Aber es nutzte mir nichts — Du warst mein Sohn! Höre mich, Mathieu, ich will dir Alles er zählen. Ich war ein armer Teufel, aber ich ließ mich wie Du nicht beirren, ich folgte meinem Drange. Ich hungerte, ich arbeitete Tag »nd Nacht, nur um dann meinen Träumen leben zu können. Ich verzichtete auf Alles, was auch die Aermsten genießen dürfen, ich kannte nichts als Arbeit, und kein anderes Vergnügen gab es für mich, als bei meinem Piano zu sitzen und mir das vorznspiclcn, was in meinem Hirn entstanden war. Ich arbeitete wie ein Thier, Mathieu, ich fand Leute, die sich an meinen Kompositionen ergötz ten — aber ich konnte nicht mehr erreichen, als ein Dutzend Klavicr- stnnden bei armen Leuten, die mir den Lohn schuldig blieben . . . Doch ich will der Reihe nach erzählen so gut, als es geht. Ich er innere mich des Tages noch gut, an dem ich mich verliebte. Der Himmel war so blau, die Sonne schien so warm! Die Nalur hat sic uns ins Blut gelegt, diese Sehnsucht nach dem Weibe, und wir fragen nicht danach, was daraus werden kann. Wir sind berauscht, wir gehen wie im Fieber umher und alle warnenden Worte sind in den Wind gesprochen. So ging cs bei Dir, so ging es bei mir, Mathieu. Ich heirathetc und hundert und hundert mal Hab ich diese Ehe verflucht, so viel Glück sie mir auch gegeben hat. Gut war dieses Weib und schön und brav — ein Engel, wie die Welt nur wenige haben kann. Sic arbeitete, wie ich, unverdrossen, vor nichts zurückschcuend — sie war ein Engel — doch cs gab Stunden, wo ich sie verfluchte! Du schauderst, Mathieu, Du hast es nicht er lebt, und cs war meine Sorge, daß Du es nie erlebst. Es gicbl unter den Nachtgestaltcn eine, die fürchterlicher ist alle Teufel — die Noth. Denn sie macht auch die Guten schlecht; langsam, ohne daß sic cs merken, werde» sie hinabgezogcn, Schritt für Schritt, immer tiefer »nd tiefer. Nichts kann den Menschen so erniedrigen, nichts ist so grausam, so tückisch, so schmählich in seiner wilden Begierde, als dieses Gespenst der Noth, den» nichts anderes wagt sich a» den Guten heran. Wie oft liest man von dem Elend der Armen. Worte Politische Nundschan. Chemnitz, de» 18. Mai. Deutsches Reich. Ans Schloß Charlottenburg. Der Kaiser hat am Mittwoch die erste Ausfahrt durch den Schloßpark unter nommen. Folgender ausführliche Bericht hierüber dürfte von allge meinstem Interesse sein: Am Mittwoch Nachmittag gegen 3 Uhr setzte sich der Kaiser in den eigens für ihn konstruirten Tragestuhl und wurde von zwei Kammerdienern die Treppe hinnntcrgctragen. Hier vor dem Portal im Schloßpark erwartete» den Kaiser seine Ge mahlin und Töchter, das kronprinzliche Paar mit seine» vier Söhnen. Nachdem man den Monarchen im Tragstnhl bis zu dem errichteten Erholnngszelt gebracht, half man ihm, einen neben dem Zelte stehen den Lehnsessel cinnehmcn. Die kleinen Prinzen drängten sich sofort an den Großvater heran, der die Wange» seiner Enkel zärtlich streichelte. Nachdem der Kaiser längere Zeit hindurch die warme, kräftige Luft eingesoge», fuhr das für ihn bestimmte Ponnywägelchcn bis an das Zelt. Leicht unterstützt vermochte der Kaiser langsam anfzustehcn »nd wurde dann in den Wagen gehoben. Zuvor hatte der Kaiser durch Handbewegungcn seiner Freude Ausdruck gegeben über die schöne Anordnung der vor wenigen Tagen ins Freie ge brachten Orangcbänmc, die längs der ganzen Schloßhinlerfront aus gestellt sind. Nachdem der Kaiser Platz genommen, zog er den Kron prinzen »nd dessen Gemahlin an sich und küßte dieselben auf die Stirn. Dann gab er das Zeichen zur Abfahrt. Langsamen Schritt fahrend bewegte sich der leichte Wagen durch die schattigen Alleen, wobei das Pounh von einem Diener geführt wurde. Außerdem be gleiteten den Wagen Herr Mackenzie und zwei weitere Diener, welche die heftig auftretcndcn Mückcnschwärme von dem Wagen abzuhaltcn hatten. Dein Wagen folgten die Kaiserin, die Prinzessinnen Töchter und die kleinen Prinzen. Nach etwa einer halben Stunde war die Spazierfahrt beendet. Nach derselben verweilte der Kaiser noch längere Zeit ini Schloßpark neben dem Zelte sitzend nnd wurde dann wieder im Tragcstnhl nach dem Schlafzimmer gebracht. Er ging dann so fort zu Bett. Während der Fahrt trug der Kaiser Civilkleidung. Es wird ferner berichtet, daß diese Fahrt dem hohen Herrn vorzüg lich bekomme» sei. Ebenso nfic in Sa» Remo zeigt es sich jetzt: Das beste Kräftigungsmittel für den Kaiser ist frische Lust! Die Stimmung ist außerordentlich gehoben, mit großem Behagen unter hält sich der Kaiser mit seiner Umgebung und gicbt seiner Freude Ansdruck, endlich wieder das Zimmer verlasse» zu dürfen. Die Nacht zum Donnerstag war ziemlich gut. Einige Störungen sind nicht zu vermeiden, jedenfalls haben sie keinen bösen Einfluß mehr. Der Kaiser stand gestern schvn vor neun Uhr auf und empfing den Besuch der Aerzte außerhalb des Bettes. — Fürst Bismarck befindet .sich, wie aus Varzin gemeldet wird, recht wohl Seine Rückkehr nach Berlin wird wahrscheinlich erst in der zweiten Woche nach Pfingsten erfolgen. — Im Kloster Oliva bei Danzig fand am Mittwoch Nach mittag 6 Uhr die feierliche Uebcrführung der Leiche der Prinzessin Marie von Hohcnzollcrn-Hcchmgcn vom Schloß nach der Kirche statt. Das Mnsitkorps des 4. ostpreußischen Grenadierregimentes Nr. 5 ans Danzig eröffnete den Zug, dann folgte die Geistlichkeit mit Bischof Redner, welcher die Leiche zuvor cingesegnet hatte. Am Donnerstag war feierliche Todtenmesse, bei welcher die osficielle Welt Danzigs zugegen war. Die Kaiserinnen Victoria und Augusta sandte» aus Berlin Kränze. — Die Herrenhauskommission zurBcrathung dcs vom preußischen Abgcordnctcnhause beschlossenen Gesetzentwurfs betr. den Erlaß der Wittwen- nnd Waiscnkasscn-Beiträge der Volksschnllehrer hat be schlossen: 1) dem genannten Gesetzentwürfe die vcrfissnngsmäßigc Zustimmung nicht zu crtheilcn; 2) die königliche Staatsrcgierung zu ersuchen, entsprechend ihren, in dem Hanse der Abgeordneten wieder holt abgegebenen Erklärungen, in der nächsten Session des Landtages einen Gesetzentwurf vorznlcgen, durch welchen den Volksschullchrern für ihre Hinterbliebenen gleiche Vorlhcile zugewsndet werden, wie des tiefsten Mitleids, hcrzcrreißende Schilderungen von den Hütten der Bettler. Aber nie noch las ich von dem furchtbarste» aller Lei den, von den elendesten, unglücklichsten Menschen! Von jenen Aermsten, denen Gott die Sehnsucht nach dem Gute» und Schönen in die Brust gelegt hat und die hinausgcstoßcn werden in die Nacht, die eines ihrer Ideale nach dem andern versinken sehen und die nicht sterben dürfen, nicht sterben dürfen, weil es noch etwas giebt, das sie lieben, das nicht verlassen dastchcn sollte in der Welt! Wie habe ich gerungen, Mathieu! Ich war nicht schwach, ich war stark, heißblütig wie Du! In einen offenen Kampf gestellt — o was wäre das gewesen, mit welcher Lust, »ut welchem Muth hätte ich gekämpft! Aber dieses jämmerliche, »iederdrückende Ringen, diese Stiche von unsichtbaren Kobolden, die das Blut vergiften, diese ohn mächtige Wnth, in der man um sich schlägt wie ein gefesselter Riese gegen Schmeißfliegen und Wespen! Ein Sklave unter der Peitsche des Aufsehers — was für ein bcneidenswerthcs Loos — wie habe ich mich danach gesehnt! Und daran war das Weib schuld, und doch war sie schuldlos, wie nur ein Engel cs sein kann. Was konnte sie dafür, daß dasGlück mich floh, daß sie die Fessel war, die mich nicderzwang! Sie nnd Ihr — Du, Mathieu, und Deine Schwester Claire. Wäre ich allein gewesen — nun, man knirscht mit den Zähnen, aber man ringt sich weiter, auch mit einem Stück trockenen Brotes — oder inan jagt sich auch eine Kugel durch den Kopf, man stirbt. Aber drei Wesen an der Seite — zwei, die hilflos waren, die nicht ver standen, wie cs mir in's Herz schnitt, wenn sie froren und Hunger litten. Was sollte ich thun? Viel Anderes konnte ich nicht als mustcircn und ich verfluchte endlich diese Kunst, die ich einst ver götterte, ich verfluchte sie, wie ich mein Weib verfluchte. Nur daß ich Euch nicht verlassen konnte I Es giebt ja auch andere Menschen, denen cs leichter wird, aber in meiner Seele lebtet Ihr — lebtet Ihr, wie in Deiner das tobte Mädchen lebt. So oft ich auch i» meinen schweren Stunden, in wahnsinniger Verzweiflung daran dachte, Euch zu verlassen, in die Welt zu ziehen, wie es Andere, thun — ich konnte cs nicht. Da wurde es mir noch leichter, Euch mit mir zu nehmen in den Tod, mit Euch zu sterben. Das war der Ge danke, der endlich wieder und immer wieder kam, der meine einzige Hoffnung War, das letzte Licht, das mir leuchtete. Es war in meine Macht gegeben, diesem Ringen ein Ende zu machen, wenn cs nicht mehr weiter ging! Und nun denke Dir, Mathieu, ein junges Weib, dos brav und gut ist, ein Weib, das Du liebst, und zwei Kinder, — dieselben den unmittelbaren Staatsbeamten durch Erlaß der Relikten- beiträge gewährt worden sind. — Die Berathung des große» Gesetzentwurfes über die Alters- »nd Invalidenversicherung der Arbeiter schreitet in den BnndesrathS» ausschüssen recht rüstig vorwärts. Täglich werden Sitzungen unter dem Präsidium des Staatssekretärs von Bötticher abgehalteu. Bei dem bedeutenden Bcrathnngsmatcrial wird indessen wohl Mitte Juni herankommen, bis die Arbeit beendet sein wird. — Die „Nordd. Allg. Ztg." konstatirt mit großer Gcnugthuung, daß der bekannte, russische Panslawist Tatischtschaw auf Grund alten» mäßigen Studiums sich gezwungen sicht, die von ihm bisher be strittene rilss-nfrcundkl'che Haltung der deutschen Politik auf dem Berliner Kongresse anzuerkennen. — Die Ncichstagswahl in Altena-Iserlohn, welche am Diens tag stattfand, hat mit dem Siege des deutsch-freisinnigen Candidaten Or. Langerhans geendet. Die verschiedenen Angaben der auf ihn gefallenen Stimmenzahl variiren von 13—15,000, während der Candidat der Kartellparteie», Commercienrath Herders, rund 10,000 aufgebracht hat. Für ihn wurden etwa 1000 Stimmen mehr als im ersten Wahlgange abgegeben, aber 2000 weniger, als der damals siegreiche nationalliberale Canvidat am 21. Februar 1887 erhalten hatte. Langerhans dagegen hat jetzt rund 1000 Stimmen mehr, als die Deutschfreisinni'gen, Ultramontanen und Socialdemokraten zu sammen bei der diesmaligen Hauptwahl erreicht hatten, und fast 2000 mehr als bei der Wahl vom Februar 1887. Die Betracht ungen über den Ausfall der Wahl, die mit erbitterter Leidenschaft lichkeit ausgekämpft wurde, nimmt in den Parteiblätter» einen sehr breiten Raum ein. — Fette Erbschaft. Ein vor Kurzem in Paris verstorbener clsässischcr Jndustriceller Hübener vermachte dem Bürgcrspital zu Mühlhausen im Elsaß und der „Jndustriccllcn Gesellschaft" daselbst je eine halbe Million Franken. — Die deutsche Ansiedlungscommission in Posen hat bis Ende April b. I. im Ganzen 45 Güter und 20 bäuerliche Wirthschafteu mit einem Gesammtflächeninhalt von 5 Onadratmcilen angckauft und dafür rund 17 Millionen bezahlt. Es sind 341 kleine Grundstücke gebildet worden, von denen 214 bereits an Ansiedler verthcilt sind. Die Größe beträgt 8—25 Hectar. Die meisten Ansiedler sind aus Posen, Westpreuhen und den angrenzenden Provinzen, nur 34 stammen aus ferner entlegenen Theilen Preußens. — Großfürst Wladimir Vvu Rußland, der Bruder des Zaren, wird in Warschau zur Truppen- inspection erwartet. — Der deutsche Specialcommiffar für die Melbourne« Welt ausstellung, Geh. Rath Wermuth, ist in Melbourne angckommeu. Die Zuweisung der für die deutsche Industrie und Kunst bestimmte» Ausstellungsräume ist in befriedigender Weise geregelt. — Die „N. A. Z." verurtheilt in schmfen Worten die antisemitischen De monstrationen in Wien. Oesterreich-Ungarn. Pester halbamtliche Blätter gefallen sich augenblicklich darin, die politische Lage als sehr düster hinzustellen und zu bemerken, daß nur ein Krieg eine entschiedene Besserung bringen könne. Ein Krieg wird wohl allerdings das Gewitter sein, welches die politische Lust reinigt, aber daß dasselbe schon so nahe sein soll, davon merken wir in Deutschland nichts. Frankreich. Ministerpräsident Floqnet zeigte im MlNlster- rathe an, daß er Gericht und Verwaltungsbehörden angewiesen habe, wegen mit Boulangers Unterschrift versehener Wahlplakate im Jstzre- Departcmcnt eine Untersuchung einzuleiten. Ferner stimmte die Re gierung einem im Senat eingebrachten Anträge zu, wodurch alle Be freiungen und Erleichterungen im Militärdienste, soweit nicht der einzige Ernährer dadurch betroffen wird, aufgehoben werde». —Bvlt- langer hat für die streikenden Glasarbeiter im Seine-Departement 500 Franken gegeben. Rochcfort, welcher eine Saminliing dafür veranstaltete, dankte durch einen Brief an Boulangcr, der mit den Worten schließt: „Es lebe die soziale Revolution!" — Die Bon liebliche Wesen mit fröhlichen Gesichter» und glücklichen Angen — und sterben — morden — das immer vor sich zu sehen — im Wachen und im Traum — ich habe es durchlebt! Sterben — morden! — Aber was sollte ich thun? — Ich hatte ja Alles ver sucht. Anderes konnte ich nicht, als musiciren, und das nur halb. Ich lebte in meinen Kompositionen — aber cs ist so uncndlich schwer, fast wie ein Wunder Gottes, daß man durchdringt, genannt wird, die Theilnahme der Menschen erregt, Lohn empfängt. Ich weiß es nicht, was meinen Einfällen anhaftcte — vielleicht waren sie nichts Werth — ich weiß es nicht — ich habe sie vernichtet — ich habe diese Liebe aus meiner Brust gerissen — meinen Gott mit Füßen getreten. Wer diesen Kampf kämpfe» will, der muß frei sein, ganz frei, oder er muß Geld und Gut und mächtige Freunde haben. Willst Du zu den Millionen von Menschen gehen und sic zwingen, daß sie Dein Lied hören? Sie haben zu viel Anderes zu thun, es ist ihnen . nicht übel zu nehmen, wenn sie sich an die Lieder Derer halten, die ihnen schon verlraut sind. Sie haben keine Lust und Zeit, Richter zu sein, sie wollen, daß man an ihre Ohren, an ihr Herz rührt, nnd gehen dorthin, wo sic gewohnt sind, zu finden, was sie wollen. Sie gehen zu den alten Meistern, wie sie Alle in ihr Stammwi'rthshaus gehen — und mag der neue Wirth die besten Speisen haben — er wird zu Grunde gehen, wenn er seine Zeit nicht erwarte» kann. Darum warf ich den Gott zum Tempel hinaus »»d beschloß zu arbeite», nichts als zu arbeiten. Wie hätte ich meinem Vater ge dankt, Mathieu, hätte er mich ein Handwerk erlernen lassen. Nun war cs zum Lernen zu spät — ich hatte ja nicht die Zeit und nicht die Ruhe! Mein Gott — die Ruhe! Alles fieberte in mir — ich fand keinen Schlaf mehr — ich konnte keine Zeile lesen, denn ich verstand den Inhalt der Worte nicht mehr — all mein Denken war unser Elend! Ich that Alles, ich ließ nichts unversucht. Ich spickte in den häßlichsten Kneipen und gab Stunde» kür ei» Bcttelgcld. Ich bot mich als Schreiber an und ich stand endlich in den Straßen " und schaufelte Schnee. Wäre nur mein Körper kräftiger gewesen, '' dann hätte ich mir als Lastträger Verdienst verschaffen könne,i l Aber ich war schwach — kränklich — im Innerste» zerrüttet/ Nun, ich ' that was ich konnte, ich brachte immer noch Geld in's Haus, das Ende war immer noch nicht da. Aber Kinder, Mathieu, Krankheiten ^ — was kostet daS Geld! Und die Wuhlthätigkcit... Ja, man s sagt, cs giebt wohlthätige Menschen. Aber cs giebt Keine», der ein ' Auge hat für die ärmste Arnuith, Keinen, der die Armnth sucht. Ich '