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Biertes Blatt Nr. S9 Dienstag, den 16. Februar 19S2 Aus aller Welt Der Buchmacherskaudal greift um sich. Die von -er Berliner Polizei eingelettete strenge Untersuchung üoer aus viele Jahre zurüägehenbe Schiebungen mit Buch. macher-Konze stonen hat den früheren so- zialdemokrati chen Abgeordneten Ernst, den Syndikus des Reichsverbandes der deutschen Buchlnacher, veranlaßt, seinen Posten niederzulegen. In Buchmacher, kreisen sprach man schon seit Jahren da von. daß Ernst seinen Posten zu uner- lauvten Vermittlungen mißbrauchte, bis schließlich die Polizei beschloß, Ernst zu beobachten. Dieser drehte nun den Spieß um und erstattete Anzeige gegen einen Mann immens Pohlig, den er beschul digte, für die angebliche Vermittlung von Buchmacher-Konzessionen von verschiede nen Personen Geld genommen zu haben. Die Ermittelungen der Polizei erstrecken sich nunmehr auf die Feststellung, ob Be amte in -re Angelegenheit verwickelt sind. Es besteht der Verdacht, daß sich Beamte der passiven oder aktiven Bestechung schul dig gemacht haben. Die Beträge, die Ernst bzw. Pohlig gefordert haben soll, bewegen sich zwischen 4l>00 und 10 000 Mark. In zwischen ist festgestellt worden, Saß Pohlig sich den Doktvrtitel zu Unrecht beigelegt hatte. Aus der Gefangenschaft in die Fremden legion nud nach vierzehn Jahren heim gekehrt. Der Sohn des Kaufmanns Sch., im Geraer Stadtteil Untermhaus wohn haft, war 1917 nach Ablegung des Abitu- rieutencxamens als Freiwilliger ins Heer eiugetreten und 1918 in Frankreich als vermißt gemeldet worden. Vor wenigen Tagen erhielten nun die Eltern, die den jungen Mann tot glaubten, vom französi schen Kriegsministerium ein Schreiben, daß ihr Sohn -ernnächst aus Algier zu rückkommen werde und von den Eltern in Empfang genommen werden könne. Der rätselhafte Fall bedarf noch der Auf- klärullg. Möglicherweise hat sich der junge Mann zur Fremdenlegion gemeldet, da schwerlich anzunehmen ist, daß er ent gegen den Vertragsbestimmungen zwangs weise aus der Gefangenschaft in die Frem denlegion übcrgeführt und dort behalten worden ist. Merkwürdig ist auch, daß die Ellern von ihm seither keinerlei Nachricht erhalten haben. Das tägliche Autounglück Auf der Feinstraße Oppeln—Beutben in der Nähe von Groß-Strehlitz durchfuhr ein Kraft wagen, in dem sich der Versicherungsdirek tor Ltäbler aus Stuttgart und der Ober inspektor Köhler aus Oppeln befanden, die schranken eines Bahnüberganges. Der Wagen blieb auf den Gleisen stehen und wurde von einem Personenzug erfaßt. Stäbler büßte dabei das Leben ein,' sein Mitfahrer wurde schwer verletzt. Bicrftreik in Oberbayern. Die „Neue Bauerubewegung", die seit mehreren Mo naten im bayrischen Oberland hervortritt, hat mit Wirkung vom Dienstag den all gemeinen Bierstreik proklamiert, der im ganzen bayrischen Alpenvorland geschlos sen durchgeführt werden soll. Der Bier- strcik soll sich nicht gegen das mittelstän- dischc Brauerei- und Gastwirtsgewerbe richten, sondern eine Herabsetzung der un tragbar hohen Biersteuer herbeisühren. Anschlag auf einen nationalsozialistischen Landtagaabgcordneten. Wie die national sozialistische Gaupressestelle in Darmstadt mitteilt, erhielt der nationalsozialistische hessische Landtagsabgeordnete Buttler am Montagabend in Eberstadt auf offener Straße in -er Nähe -er Modaubrücke plötzlich einen Schuß in den Rücken. Er wurde in ein Krankenhaus übcrgeführt,' die Verletzung ist sehr schwer, da durch den Schub das Rückenmark verletzt wurde. Blutiger Ausgang eines Streites. Am Montagabend drang der Bauarbeiter Mescl-zynskt in angetrunkenem Zustand in die Wohnung des Ehepaars Baartz in Dortmund ein. Nach einem erregten Wortwechsel kam es zu Tätlichkeiten, in deren Verlauf Frau Baartz am Kopf er- hcblich verletzt wurde. Baartz ergriff darauf einen Revolver und gab drei Schüße auf Meschzynski ab, der so schwer verletzt wurde, daß er bald nach seiner Einlieferung ins Krankenhaus starb. Gausekretär des Reichsbanners schwer verletzt. Wie von der Pressestelle des Reichsbanners u. a. mitgeteilt wird, wurde am Sonntag eine Kundgebung des Reichsbanners in Bischdors bet Constadt «Kreis Kreuzburg, Oberschlesien) von Nationalsozialisten und Staylhelmern ge stört. Tie Störenfriede wurden vom Saalschutz entfernt, und bis zum Schluß ereigneten sich weiter keine Zusammen stöße. Als dann der Gausekretär des Rciclsbanners, Musiol und der Land- arbeitcrsckretär Olbrich mit 16 Mitglie dern -es Reichsbanners zum abseits des Dorfes gelegenen Bahnhof gingen, wur. den sie aus der Chaussee von National sozialisten und Stahlhelmern angegriffen. Musiol schoß daraus drei seiner Angreifer kampfunfähig, wurde dann aber selbst niedergeschlagen und schwer verletzt Des. gleichen erhielt Olbrich erhebliche Vcr- letzungcn. Musiol wurde bewußtlos ins Krankenhaus eingeliesert. Der älteste Man« Deutschlands. In Baumbach (Hessen-Nassau) beging ein ge wisser Peter Schupp seinen 106. Geburt-, tag. Schuvp, der als der älteste Mann Deutschlands gilt, erfreut sich Verhältnis- mäßig guter körperlicher und geistiger Rüstigkeit. wurde der wertvollen Marienstatue all dem 18. Jahrhundert der Kopf abgeschla. gen, auch wurde die Statue sämtlichen Schmuckes beraubt. Das Bekanntwerden der Tat rief größte Empörung unter den Katholiken hervor, die Kundgebungen veranstalteten. Da die Republikaner mit Gegenkundgebungen auftraten, mußte ein Ueberfallkommanoo eingesetzt werden, um die Ruhe wiederherzustellen. Achtzehn Schlittschuhläufer stürze« inS Master. Die Kälte, die seit einigen Tagen in ganz Frankreich und auch in Paris herrscht, hat alle Teiche und Seen der Um. gebung mit einer allerdings noch nicht tragfähigen Eisschicht bedeckt. Auch auf Ein Höhenwindkraftwerk Der Erbauer des Funkturmes in KönigSwusterhausen bei Berkin, Ingenieur Honnef, hat di« Berechnungen für ein Höhenwindkrastiverk bereits fertig gestellt, das ein« ganz neuartige Elektrizitätsgewinnuna bewirken soll. Ein Netz von 60 Windkraftiverken dief«r Art über Deutschland verteilt, soll danach in Verbindung mit den bestehenden Wasserkraftwerken den Gesamtenergiobedarf Deutschlands liefern können, und zwar für das Windkraftwerk zu dem Preis« von 0,1 Pfg. pro Kilowattstunde. Die Ausführung des Projektes, das zunächst noch etivas phantastisch anmutet, würde eine Umwälzung für die gesamt« Kraftwirtschaft be- deuten. — Unser Bild zeigt die für Potsdam vorgesehene Versuchsanlage, deren Gesamt, höhe 270 Meter beträgt, deren Gesamtgewicht 1800 000 kg ausmacht und di« «in« größte Brett« von 190 M«t«r haben soll. Der letzte Mann ans der Sprit-Weber- Affäre. In Kürze wird die berüchtigte Sprit-Weber-Affäre, die sich, wie noch er innerlich, in den Jahren 1928/24 abspielte, wieder aufleben. Das ganze Konsortium konnte damals vor das Gericht gebracht werden, bis auf den früheren Apotheker und Kaufmann Paul Ruben, der die Flucht ergriffen und sich ins Ausland qe- wandt hatte. Die Kriminalpolizei bat aber keinesfalls locker gelassen. Ruben ist in Bukarest aus einem Cast heraus ver haftet worden. Er befindet sich bereits auf dem Transport nach Deutschland. Das Drama von Meyerlingk dürfte demnächst eine authentische Aufklärung erfahren, nachdem jetzt der Leibkammer diener des ehemaligen Kronprinzen Ru dolf im Alter von 87 Jahren gestorben ist. Er hat seinem Sohn einige Monate vor seinem Tode die näheren Umstände über den Tod des Kronprinzen Rudolf und sei ner Geliebten in die Feder diktiert. Als Priester maskierte spanische Arbei ter überfallen. Im Ort Arjonilla in der spanischen Landschaft Jatn wurde eine Gruppe von Arbeitern, die sich als Prie ster maskiert hatten, von Republikanern, die die Masken für echt hielten, angegrif fen. Es entwickelte sich eine gröbere Schießerei, wobst neun Personen verwun det wurden. Die Polizei machte dem Kampf ein Ende. Im Dom vou Valencia dem großen Kanal des Schloßparkes von Versailles vergnügten sich am Sonntag einige tausend Schlkttschlchläufer, als die Eisdecke plötzlich brach und achtzehn Schlittschuhläufer und Schlittschuhläufe rinnen, darunter mehrere Kinder, ins Master stürzten. Alle konnten gerettet werden. Einige waren allerdings solange im eisigen Master geblieben, daß man sic vorsichtshalber ins Krankenhaus brachte. Der Postskandal von Marienbad Der tschechische Direktor des Postamtes Ma- rienbad, Franz Sinka, ist dieser Tage nach wochenlangen Verhandlungen vor dem KreiSgericht in Eger zu einer Kerkerstrafe von 15 Monaten verurteilt worden, weil er in seiner Eigenschaft als Postamtslei ter zahlreiche Ausländsbriefe, insbeson dere solche aus Deutschland, geöffnet und, wenn sie Geld enthielten, beraubt hatte. Ei« Zigeunertheater wurde in Kaschau in -er Tschechoslowakei eröffnet. Unter den ersten zur Aufführung vorgesehenen Werken befinden sich einige Stücke von Shakespeare und Shaw, die von dem Lei. ter der Bühne in die Zigeunersprache übersetzt worden sind. Somm«nifte«überfall auf Heimwehr, leute. Nach einer Heimwehrversammlung in Hallein (Salzburg) wurden Heimwehr- leute von Kommunisten überfallen un- zum Teil schwer verletzt. Als die Teil- nehmer aus Salzburg »och Schluß -er Versammlung eine enge Gaste durchschrib. ten, wurden sie aus den Fenstern mit Bierflaschen, Holzscheiten und Steinen beworsen. Mehrere Heimwehrleute, darunter auch -er Nationalratsabgeord. nete Lenaauer, wur-en verletzt. Außer, dem wurde vom Straßeneinaang aus ge. schossen und drei Heimwehrleute verletzt. Ein eigenartiger Unfall ereignete sich im Jur-Kloster in Slawonien. Die Kirche -es Dorfes Jur wurde in dem Augenblick von einer Schneelawine verschüttet, als in ihr das halbe Dorf versammelt war, um der Einsegnung eines Verstorbenen bet. zuwohnen. Die starken Mauern der auS Lem Mittelalter stammenden Kirche hieU ten dem Druck der Schneemasten stand. Tie Besucher konnten nach zehnstündiger Arbeit durch den anderen Teil der Ein wohnerschaft wieder befreit werden. Großfeuer. Im Palasthotel Kischinew, dem größten Hotel der Stadt Bukarest, brach ein Großseuer aus, das bisher noch nicht gelöscht werden konnte. Das Gc. bäude ist mit 20 Millionen Lei versichert. Belgrader Schnellzug verunglückt. Schneefall und Kälteeinbruch am Balkan hat in Südslawlen zu großen Verkehrs störungen geführt. Bei Brod an der Save stieß infolge des Nebels der Belgrader Schnellzug auf einen Lastzug, wobei meh rere Waggons beschädigt und einige Rei sende verletzt wurden. Auf der Flucht aus dem „Paradies" er. schossen. Wie aus Wilna gemeldet wir-, versuchten sieben Personen aus dem Inne ren Sowjetrußlands nach Polen zu flüch ten. Als sich die Flüchtlinge bereits dicht vor der polnis^n Grenze befanden, wur den sie von einer GPU.-Wache unter Feuer genommen. Zwei Bauern und ein Ho schüler wurden auf der Stelle getötn. Drei Bauern und einem Studenten ge lang es, die polnische Grenze unversehrt zu passieren. Die Lagunen bei Venedig gefroren. In Norditalien hält die Kältewelle nach wie vor an. Sogar die Lagunen bei Venedig sind gefroren. Im Eise waren etwa 20 Barken steckengeolieben. Sie mußten von der Feuerwehr mit einem eigens dazu hergestellten kleinen Eisbrecher herein geholt werden. Die Temperatur ist wei- ter gesunken. Bei Padua erreicht die Kälte 16 Grad. Aus dem Gebirge bei Trient wird Schneefall und starker Frost bis zu 24 Grad gemeldet. Macdonalds Tollster verlobt sich Aus Neuyork liefen Meldungen in London vor, wonach nch die Tochter des englischen Premierministers, Isabel Macdonald, mit dem jungen sozialistischen Nationalöko nomen Kenneth Lindsay verloben wird. Aus dem Gerichtssaale Beginn des Prozesses wegen des Postraubes in der Dippoldis- walder Heide Am 1. August v. I., kurz vor 6 Uhr morgen-, hatten bekanntlich Posträuber in der Dippoldis- walder Heide auf dem sogenannten Antonswege einen aus Richtung Oelsa kommenden Ueber- landkraftwagen Ler ReichSpost, der auf der Fahrt nach Dippoldiswalde war, überfallen. Mitten auf der schmalen Landstraße stand ein Personenkraftwagen, so daß der Fahrer deS PostautoS gezwungen war, anzuhalten und von seinem Wagen abzusteigen. In diesem Augen- blick erfaßten ihn plötzlich zwei maskierte MSnner, die aus dem Dickicht herausgesprun- gen kamen, warfen ihn in den Straßengraben und hielten ihn mit einem Revolver in Schach. DaS vor dem Wertgelaß befindliche Schloß wurde gewaltsam erbrochen und der Tresor mit dem Schlüssel geöffnet. Etwa 21 000 RM. waren die Beute des Wildwest Streiches, mit der Lie Räuber schleunigst die Flucht ergriffen. Von der Freiberger und Dresdner Kriminalpolizei wurden nach umfang reichen Erörterungen bald darauf der in Dresden-Cotta wohnhafte Kraftwagenführer Alfred Paul Bergmann feftgenommen, der, wie sich herausstellte, den Personenkraftwagen zur Verfügung gestellt hatte und später Geld, daS aus dem Postraub stammte, im Wagen ge funden haben wollte. Gegen ihn und zwei Ge nossen ist Anklage erhoben worden und wird am Donnerstag vom Gemeinsamen Schöffengericht im Schwurgerichtssaal verhandelt werden. Eia „schwerer Junge- zu fünf Fahren Z«chtha»s verurteilt. Das Schöffengericht Chemnitz verurteilte den 38 Jahre alten Kes- selschmied Konstantin Kowatsch wegen schweren NückfalldtebstahlS in sechs Fällen zu fünf Jah ren Zuchthaus und Ehrenrechtsverlust. Er hatte gemeinsam mit anderen Komplicen im Mat 1930, Billen und Gartenlauben heim gesucht und erhebliche Beträge erbeutet Zur Verhandlung waren 19 Zeugen und zwei Sachverständig« geladen.