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Zweites Blatt Dienstag, den IS. November Ar 26S 19S2 Sachsens Wunschzettel für Herrn von Papen Der Besuch des Reichskanzlers in Dresden, über den wir im größten Teile der gestrigen Auslage bereits kurz berichtet haben, ist pro. grammäßtg verlaufen. Wir müssen uns dar auf beschränken, heute einige Höhepunkte des Besuches referierend zusammenzufassen. Zn ihnen gehört zweifellos die Rede, die Sachsens Ministerpräsident Schieck bei der vegrüßuna Herrn v. Papens im Hauptministerialgebäude hielt. Herr Schieck führte dabei u. a. aus: Auch die sächsische Negierung stehe auf -cm Etandpunkt, daß sich Neichsregierung und Län- -erregierungen in allen lebenswichtigen Fragen bei aller Wahrung der eigenen Anschauung zu gemeinsamer Arbeit zusammenfinden müß ten um des Reiches willen. Das gelte auch bei -er Lösung -es großen Problems der Reichs- reform. Die sächsische Negierung sei bereit zur Mit arbeit aus der Grundlage, daß dem Reiche das gegeben werde, was es zur Er haltung und Festigung seiner Autorität nach außen und innen brauche, daß aber anderseits im Interesse einer gedeihlichen Entwicklung des Reiches und aller seiner Glieder das Eigenleben der Länder unter genauer Abgrenzung der beiderseitigen Zu ständigkeiten gewährleistet und den Ländern die Mitarbeit an der Gesetzgebung und Verwaltung im Reiche ermöglicht werde. Ter Ministerpräsident überreichte -em Reichskanzler eine Denkschrift über die -urch die langanhaltcn-e Wirtschaftskrisis geschaffene außergewöhnliche Lage in Sachsen, deren be sondere Beachtung er dem Reichskanzler nahe legte. Er bat ihn, daraus die Schlüsse zu ziehen, die erforderlich sind, wenn das sächsische Virtschasts- und Kulturgebiet nicht verküm mern soll, das -er Fleiß und die Genügsam keit seiner Bewohner durch die Arbeit von Generationen aufs höchste entwickelt haben, das aber auch gerade durch seine hohe Entwicklung am empfindlichsten ist gegen eine Krise wie die gegenwärtige. Darum bitte er den Reichskanzler, zu beachten, daß die Ftnanznot setzt an den Lebensnerv des Staates und seiner Gemeinden rühre, und deshalb möge der Kanzler besorgt sein, daß bei dem Arbeitsbeschasfnngsprogramm der Reichöregicrung nnd bei der Erteilung von Reichsaufträgen Sachsen bevorzngt berück sichtigt werde. Der Ministerpräsident stellte fest, -aß zarte -eime einer Entwicklung zum Besseren in einigen Zweigen unserer Wirtschaft vorhanden seien, nicht zuletzt im Vertrauen auf den ernsten Willen -er Neichsregierung, das inner deutsche Kernproblem -er Arbeitslosigkeit mit Entschlossenheit anzupacken. Diese Keime gelte es jetzt zu pflegen durch Erleichterungen in der Kreditbeschaffung. Wenn Sachsen i« dieser Zeit höchster Rot nicht im Stiche gelassen werde, dann müsse — und davon sei er durchdrungen — Sach sen zum Wohle Gesamtdeutschlands wieder das Uebcrschußgebiet an wirtschaftlichen «nd kulturellen Gütern werden, das es viele Jahrzehnte hindurch gewesen ist. Daun werde der sächsische Staat die ihm geographisch und geschichtlich gestellte Anf- gabe, zwischen dem deutschen Norden nnd Lüden Mittler z« sein, auch weiterhin in unverbrüchlicher Reichstreue erfüllen können. Ruf die Begrüßungsansprache des Minister präsidenten antwortete Reichskanzler v. Papen u. a.: Tie tätige Mitwirkung -er Länder bei der Lösung-es Problems der Reichsreform ist eine Selbstverständlichkeit. Wenn -aber auch in Zu. kunst es die besondere Sorge der Reichsregie rung sein wird, den Ländern unter genauer Abgrenzung der beiderseitigen Zuständigkeit -ie Mitarbeit an -er Gesetzgebung und Verwal tung im Reiche zu ermöglichen, so wird es nicht weniger wichtig sein — und ich habe in dieser Frage immer die besondere Unterstützung Cachsens gefunden —, die Autorität des Rei ches und seiner Negierung nach innen und nach außen in vollem Umfange zu wahren. Die Reichsregierung hat in ihrem Wirtschafts programm versucht, den Anstoß zu einer Neu belebung -er Wirtschaft zu einer tatkräftigen Bekämpfung des nationalen Unglücks der Ar- beitslosigkeit zu geben. Mit Dankbarkeit erkennen wir an, daß «user Rnf gerade in Sachsen vielfachen Widerhall gesunden hat. Wir wissen, -aß die sächsische Wirtschaft aller Zweige sich in den letzten Jahrzehnten zu einem Höchstmaß entwickelt hat. Wir wissen, -aß gerade -er sächsische mittlere und kleine Uuternchmer mit äußerster Sparsamkeit un unter Einsatz letzter eigener Kräfte arbeitet, um Aufträge hereinzuholen, seine Arbeiter in Brot und seine Industrie dem Lande zu er halten. Da die Wirtschaftspolitik des Reiches im besten Sinne eine Mittelstandspolitik sein soll, o hat die Reichsregierung nicht gezögert, auch Sachsen entsprechend seiner besonders be- »rängten Lage besondere Hilfe angedeihem zu lassen. Die sächsische Regierung hat ein ausgezeich netes Vorbild gegeben, wie das innere deutsche Kernproblem -er Arbeitslosigkeit mit Erfolg anzupacken ist. Die leichte Besserung, die wir chon heute auf manchen Gebieten -es Wirt- chaftslebens spüren, ist eine zarte Pflanze, die mit der Sorgfalt äußersten Vertrauens gehegt und gepflegt, nicht aber mit dem mitleidslosen Absatz gehässiger Parteipolitik zertreten wer den sollte. Die Neichsregierung wird dafür sorge«, daß der Gefuudungsprozeh der Wirtschaft utchl durch Leidenschaften des politischen Unverstandes gestört werden wird. Sie ist mehr wie 1« der Ansicht, -aß nur vertrauensvolle Zusammenarbeit -er Länder ihre grun-gewachsenen staatlichen und kul- turellen Funktionen erhalten und -em Reiche seine alte Kraft un- Stärke wie-ergeben kann. Sodann begab sich der Reichskanzler mit -em Ministerpräsidenten zum Landtag. In der früheren Ersten Kammer des Lan-tagsgebäu des hatten sich Lie Vertreter -er Presse zu einem Empfang versammelt. Bor ihnen führte Reichskanzler von Papen u. a. aus: Es ist selbstverständlich, -aß an -em Pro blem -er Neichsresorm, die uns zurzeit be schäftigt, die Länder in hohem Maße teil haben kn- daß sie entscheidend an diesen Fragen mit zuwirken haben. Wenn wir von einer Reform unseres verfassungsmäßigen Lebens sprechen, so haben wir niemals im Sinne gehabt, -ie Mitwirkung des Volkes an den Geschicken -es Der neue Nobelpreisträger für Chemie Die schwedische Mademic hat den diesjährige» Nobelpreis für Ebemie dem amerikanischen Forscher Prof. Dr. Irving Langmuir verliehen. Dr. L. ist in Boston geboren, er studierte in Amerika und in Göttingen, wo er auch zum Doktor promovierte. Seit 1909 ist er Leiter des Research Laboratory of General Electric Company in Shenectady. Seine Hauptarbeit hat der Verbesserung der Elektronen Röhren gegolten, um deren Vervollkommnung er sich große Verdienste erwarb. Als ein Förderer der modernen Atom- und Elektronen-Theorie ist er all- g mein bekannt geworden. DaS nach ihm benannte Langmuirsche Plasma stellt das leucht bare Gemisch der bekannten Lichtröhrcn dar, die zu Ncklamczwe^en fast in allen Ländern der Welt verwendet werden. Dr. L. ist seit 1929 Ehrendoktor der Technischen Hochschnle in Berlin. — Unser Bild zeigt den Gelehrten in seinem Laboratorium. Vereidigung der Marine-Rekruten In der großen Exerzierhalle von Kiel-Wik sand die Vereidigung der diesjährigen Re kruten der 1. Ntarine - Artillerie - Abteilung statt. — Unser Bild zeigt die Rekruten, um einen Feldaltar aufgestellt, der mit der Marinellagge bedeckt ist, während der Ansprache des Führers der Abteilung, Lie nach dem Fcldgottesdienst gehalten wurde. Landes in irgen-einer Weise auszuschalten. Im Gegenteil, mir haben uns bemüht, von vorn, herein klorzumacheu, daß wir eine neue, bessere, konstitutionelle Basis zo schaffen bemüht sind, die gerade eine Mitwirknng der drei, teste« Masse« des Volkes an der Regierung erst ermöglicht, Lie uns erst Lie Möglichkeit gibt, über Liese Zustän-e hinwegzukommen, wie sie heute zwangsläusig in -er Entwicklung der letzten Jahre im Reiche entstanden sin-. Diese neue konstitutionelle Basis will -ie brei teste Mitarbeit von Volk und Parteien, -ie -er AusLrucksfaktor der politischen Gesinnungs- gemeinschaften sind. Was wir wollen, ist lediglich, -en überspitzten Parlamentaris. mus auszuschalten, -er nach dem Vor- bilde der westlichen Demokratien in Deutsch, lan- eingeführt ist, Loch, wie mir scheint, so manches Unheil in den letzten Jahren angerich tet hat. Die Berliner Presse ist nicht immer der Ausdruck -er Meinung -es Landes. Im Gegen- teil, ich bin immer der Auffassung gewesen, -aß -er wahre Ausdruck -er öffentlichen Meinung -es Landes vielmehr -er Provinzpresse ist. Was «ns uot tut, ist die Einigkeit im Ziele und im Wille« ans diesem Zustand wirt schaftlicher, seelischer Schwäche herauszu- kommen zu einer besseren Zeit. Ich habe mit Befriedigung den letzten Brief -er Handelskammer Chemnitz gelesen, aus dem hervorgeht, -aß in fast allen Zweigen der so wun-ervoll ausgebildeten sächsischen Wirtschaft Lie Dinge anfangen, sich zu beleben. Ueberall steckt man -en Kopf aus Ler Decke und sagt: Es wir- anders werden. Wir wollen diese zarte Pflanze der Hoffnung aus eine bessere Zeit uns nicht zertreten lassen durch den mit- ei-losen Absatz gehässiger Parteipolitik, wie ich es eben zum Ausdruck gebracht habe. Lassen Sie uns zusammenarbeiten zu dem großen gemeinsamen Ziele einer Stärkung -es Reiches un- -er Länder, einer Wiedergeburt auch Ihres wunderschönen Landes Lachsen. Vom Landtagsqebäude aus begab sich Ler Reichskanzler zum Rathaus, um den städtischen Körperschaften seinen Besuch abzustatten. Ober bürgermeister Dr. Külz hielt eine Ansprache an den Kanzler, die wir bereits gestern veröffent licht haben. Der Reichskanzler erwi-erte darauf: Sie, Herr Oberbürgermeister, als Chef einer o großen Gemeindeverwaltung einer der glän. zendsten Städte, Lie -cm Deutschen Reiche io unendlich viel an Kunst- und Gemcinsinn ge- chenkt hat, haben an mich Lie Bitte gerichtet, nicht der Selbstverwaltung zu vergessen. Ge wiß nicht! Wir find i« Deutschland groß geworden, als es »och eiue wahre Selbstverwaltung gab. Das war Lie erste und wahre Demokratie, -ie wir in Deutschland hatten, längst vor jener, die Rousseau erfunden hat. Mein Wunsch ist, Lab es zu dieser Selbstveru^ltung wieder kom men möge. Wenn wir heute für eiue Erneue rung der Atmosphäre aus dem Gebiete -es Par lamentarismus kämpfen, so richtet sich dieser Kamps nicht etwa gegen naturgegebene Rechte des Volkes, an -er Regierung in Reich, Län dern un- Gemeinden tcilzunehmen, sondern das Volk soll vielmehr gerade dazu hcran- gezogen werden. Aber dieser Parlamentarismus hat auch in die Selbstverwaltung der Städte so manche Bresche geschlagen, und deshalb gilt es, Liesen über spitzten Parlamentarismus für Lie Zukunft auszuschalten, damit der Gemcinsinn wieder Gemeingut aller werde. Es ist für mich ein Tag besonderer Freude, -aß ich in Ihrer schönen Hauptstadt weilen -arf, ein Tag Ler Ausspannung, wie sic jcLer Mensch einmal in Liescm Meere von Sorgen braucht, -ie uns alle bedrücken. Aber ich nehme von hier -och auch eine neue Hoffnung mit. I« diesem Sachse« mit seinem unendlichen Fleiße und seiner vorbildlichen Industrie, -ie sich in Len Vorkriegsjahren zu einem Höchstniaße -er Entwicklung l»erausgcarbeitet hat, wo jeder einzelne Unternehmer bestrebt ist, unter Einsatz seiner eigenen Persönlichkeit Las Letzte zu leisten, seinen Arbeitern ihr Brot zu sichern und der Gesamtwirtschaft des Staates zu dienen, muß es vorwärtsgehe«, un- ich habe schon Gelegenheit gehabt, auf den letzten Bericht -er Handelskammer Chemnitz hinzuweiscn, -er eine fühlbare Belebung in fast allen Zweigen der Wirtschaft meldet. Ich verlasse Dres-en mit der absoluten Zu versicht, daß die Reichsregierung, die den Auf- Seküns weMe 2Lkns erhalten Sie bei täglichem Gebrauch von < der Zahnnast« von Sparsam im Ver ¬ brauch. Tube 50Pf. und80Pf. Verlangen Sie nur Lhlorodont und «eile» St« l«d«u Erb» dafür zurück.